BT-Drucksache 18/12888

EU-US-Ministertreffen am 15. und 16. Juni 2017 zur Kooperation im Bereich Justiz und Inneres

Vom 21. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12888
18. Wahlperiode 21.06.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger,
Niema Movassat, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

EU-US-Ministertreffen am 15. und 16. Juni 2017 zur Kooperation im Bereich Justiz
und Inneres

Am 15. und 16. Juni 2017 trafen sich die Europäische Union und die Vereinigten
Staaten von Amerika zum Ministertreffen im Bereich Justiz und Inneres
(http://gleft.de/1KW). Hierzu reisten der US-Generalbundesanwalt Jeff Sessions
und die Vize-Heimatschutzministerin Elaine C. Duke nach Malta. Seitens der Eu-
ropäischen Union nahmen der EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopou-
los, der Sicherheitskommissar Julian King und Angehörige der maltesischen
Ratspräsidentschaft teil. Es handelt sich um das erste EU-US-Ministertreffen
unter dem neuen Präsidenten Donald Trump. Es wurde von einem sogenannten
EU-US Justice and Home Affairs Senior Officials Meeting vorbereitet
(http://gleft.de/1FR). Demnach geht es unter anderem um Verfahren zur Heraus-
gabe elektronischer Beweismittel von Internetanbietern, Unterbindung von Hass-
rede, Kooperation und Informationsaustausch mit Frontex, Europol und Interpol
im Zusammenhang mit ausländischen Kämpfern, die Mitarbeit von Europol im
Projekt „Gallant Phoenix“, den Austausch und die Verarbeitung von Fluggastda-
ten (API und PNR) sowie von Angaben zu Bankkonten, die Kooperation zur Be-
kämpfung der Geldwäsche in den Bereichen Terrorismus und „illegale Migra-
tion“ unter anderem durch Verfolgung von Überweisungen mit Western Union
und die Entwicklung eines Systems zur Erweiterung des Terrorism Financing
Tracking Programmes (TFTP), die Kooperation und den Informationsaustausch
mit Frontex, der US-Küstenwache und anderen Einwanderungsbehörden gegen
„Migrantenschmuggel“, Obergrenzen des US-Resettlement-Programms, die Un-
terrichtung von US-Behörden zur Verbesserung europäischer Informationssys-
teme, die Zusammenarbeit im Bereich chemischer, biologischer, radiologischer
und nuklearer Gefahren (CBRN), die US-Unterstützung bei der Errichtung des
„EU Travel Information and Authorisation System“ (ETIAS), die Verbesserung
des EU-US-Rückübernahmeabkommens, Visaangelegenheiten, das EU-US-Da-
tenschutzabkommen, die Vereinbarkeit der Presidential Executive Order 13768
zu Massenabschiebungen und „Sanctuary Cities” mit dem europäischen Daten-
schutz oder dem Privacy Shield-Abkommen. Ebenfalls auf der Agenda stand ein
Treffen der Europäischen Kommission mit der US-Transportsicherheitsbehörde
(Transport Security Agency) sowie der Abbau von „Barrieren der Geheimdienst-
zusammenarbeit“ („bring down barriers between intelligence communities“).

Drucksache 18/12888 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Was ist der Bundesregierung über den Ort und die Teilnehmenden des EU-
US-Ministertreffens am 15. und 16. Juni 2017 bekannt?

2. Welche Themen standen auf der Tagesordnung, und welche weiteren The-
men wurden erörtert?

3. Welche einzelnen Maßnahmen wurden diskutiert und bzw. oder beschlossen?
4. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, mit welchen Maßnahmen die

G7-Staaten ihre Erklärung umsetzen wollen, die Sammlung von Beweismit-
teln auf Kampfschauplätzen („collection of battlefield evidence“) auszu-
bauen und den Informationsaustausch zu „ausländischen Kämpfern“ voran-
zutreiben („G7 Taormina Statement on the fight against terrorism and violent
extremism“ vom 26. Mai 2017)?

5. Wann soll die Mitarbeit der Polizeiagentur Europol im zivil-militärischen
Projekt „Gallant Phoenix“ beginnen?
a) Welche weiteren Nationen nehmen an „Gallant Phoenix“ teil?
b) Mit welchem Personal beteiligt sich die Bundesregierung an „Gallant

Phoenix“, bzw. wann soll hierzu eine Entscheidung fallen?
c) Was ist der Bundesregierung über ein Projekt „Sirius“ bei Europol be-

kannt?
6. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, auf welche Weise bzw. in

welchen Zusammenarbeitsformen Europol zukünftig strategisch, operativ
oder systematisch mit der „Counter Terrorism Group“ in Den Haag ko-
operieren soll (Bundestagsdrucksache 18/10686, Antwort zu Frage 1)?

7. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, auf welche Weise Behörden
der Vereinigten Staaten zu den größten Zulieferern an europäische Behörden
bzw. Europol gehören, um „ausländische Kämpfer“ zu identifizieren
(https://twitter.com/EUintheUS/status/872088583917752320)?
a) Was ist der Bundesregierung über Pläne bekannt, den Austausch und die

Verarbeitung von Fluggastdaten (API und PNR) zu erweitern oder zu ver-
bessern?

b) Auf welche Weise könnten Behörden der Vereinigten Staaten zukünftig
erweiterte Angaben zu Bankkonten abfragen, auf europäische SEPA-Da-
ten zugreifen oder Überweisungen mit Western Union verfolgen?

c) Was ist der Bundesregierung über Pläne bekannt, das Terrorism Finan-
cing Tracking Programm zu erweitern?

d) Auf welche Weise könnte die Europäische Union nach Kenntnis der Bun-
desregierung zukünftig im Bereich chemischer, biologischer, radiologi-
scher und nuklearer Gefahren (CBRN) enger kooperieren?

8. Was ist der Bundesregierung über Pläne der Europäischen Union und der
Vereinigten Staaten bekannt, die gegenseitigen Verfahren zur Herausgabe
elektronischer Beweismittel von Internetanbietern dahingehend zu erwei-
tern, eine Plattform zum Austausch von Informationen einzurichten, um die
direkte Anordnung der Vorlage elektronischer Daten gegenseitig zu ermög-
lichen (sogenannte production orders, siehe http://gleft.de/1JR)?
a) Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur möglichen Rechts-

grundlage eines EU-US-Abkommens zu „production orders“?
b) Auf welche Weise könnte ein solches Abkommen aus Sicht der Bundes-

regierung reziprok ausgestaltet werden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12888
c) Welche EU-Mitgliedstaaten haben zur Anforderung elektronischer Be-
weismittel bei Internetdienstleistern in den Vereinigten Staaten bzw. in
Irland bereits zentrale Kontaktstellen eingerichtet?

9. Was ist der Bundesregierung über ein Abkommen bekannt, das die Regie-
rung der Vereinigten Staaten mit Großbritannien verhandelt und das auf an-
dere EU-Mitgliedstaaten übertragbar wäre („The US delegation ruled out
changes to US law in this respect, but mentioned the possibility of executive
agreements with EU Member States to overcome current limitations, in line
with the agreement currently being negotiated with the UK“,
http://gleft.de/1FR)?
a) Was ist der Bundesregierung über jüngste Änderungen des Electronic

Communications Privacy Act bekannt, der Auswirkungen auf die Heraus-
gabe elektronischer Beweismittel an europäische Behörden haben
könnte?

b) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die US-Behör-
den im Bereich der Unterbindung von Hassrede oder der Löschung von
Internetinhalten mit der Europäischen Union kooperieren wollen?

10. In welchen Bereichen und in welchen Maßnahmen könnten die US-Küsten-
wache und die EU-Grenzagentur Frontex nach Kenntnis der Bundesregie-
rung zukünftig kooperieren?

11. Welche Angaben hat die US-Regierung bei dem Ministertreffen bzw. dem
Senior Officials Meeting nach Kenntnis der Bundesregierung zu Kapazitäten
des US-Resettlement-Programms gemacht?

12. Auf welche Weise wollen die Behörden der Vereinigten Staaten nach Kennt-
nis der Bundesregierung die Errichtung des „EU Travel Information and Au-
thorisation System“ (ETIAS) unterstützen?

13. Was ist der Bundesregierung über Pläne zur Verbesserung des EU-US-Rück-
übernahmeabkommens bekannt?

14. Was ist der Bundesregierung über den Zweck eines Treffens der Europäi-
schen Kommission mit der US-Transportsicherheitsbehörde (Transport
Security Agency) bekannt?

15. Was ist der Bundesregierung über jüngste Verschärfungen im Visa-Waiver-
Programm bekannt, und welche EU-Mitgliedstaaten setzen ihre diesbezügli-
chen Verpflichtungen aus Sicht der Regierung der Vereinigten Staaten nicht
ausreichend um?

16. Inwieweit und mit welchem Ergebnis wurden bei dem EU-US-Ministertref-
fen nach Kenntnis der Bundesregierung auch die Vereinbarkeit der vom US-
Präsidenten erlassenen Presidential Executive Order mit europäischen Men-
schenrechts- oder Datenschutzstandards erörtert?

17. Auf welche Weise wollen welche Behörden der Vereinigten Staaten und
Großbritanniens nach Kenntnis der Bundesregierung im neuen „Europäi-
schen Zentrum gegen hybride Bedrohungen“ in Finnland mitarbeiten (Pres-
semitteilung der NATO vom 11. April 2017, „NATO welcomes opening of
European Centre for Countering Hybrid Threats”)?

18. In welchem Umfang ermöglichen es die Behörden der Vereinigten Staaten
den deutschen Behörden, „die hohe Zahl an jungen, männlichen, muslimi-
schen Asylsuchenden und Migranten, die zu einem großen Teil ohne geklärte
Identität bei uns sind und über die wir nichts wissen“, mit dortigen Daten-
banken oder Geheimdiensterkenntnissen abzugleichen (welt.de vom 29. Mai
2017, „De Maizière lobt Kooperation unter Trump als ‚hervorragend‘“)?

Drucksache 18/12888 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

19. Wann und wo sollen im Jahr 2017 die informellen Treffen europäischer

Innenminister und US-Behörden (die sogenannte Gruppe der Sechs+1) statt-
finden?

20. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, wann und wo im Jahr 2017
Treffen der europäischen Geheimdienstchefs, die sich in der „Paris-Gruppe“
zusammenschließen, stattfanden oder stattfinden sollen (Bundestagsdrucksa-
che 18/10686, Antwort zu Frage 14)?

21. Mit welchen Maßnahmen wollen die Regierung der Vereinigten Staaten und
die Europäische Union den Abbau von „Barrieren der Geheimdienstzusam-
menarbeit“ vorantreiben („bring down barriers between intelligence commu-
nities“)?

Berlin, den 20. Juni 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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