BT-Drucksache 18/12863

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/11796 - Programm für soziale Gerechtigkeit - Konsequenzen aus dem Fünften Armuts- und Reichtumsbericht b) zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Norbert Müller (Potsdam), Katja Kipping, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/9666 - Jedes Kind ist gleich viel wert - Aktionsplan gegen Kinderarmut c) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Kerstin Andreae, Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/12557 - Teilhabe statt Armut - Alle Menschen am Wohlstand beteiligen

Vom 22. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12863
18. Wahlperiode 22.06.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann
(Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/11796 –

Programm für soziale Gerechtigkeit – Konsequenzen aus dem Fünften
Armuts- und Reichtumsbericht

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Norbert
Müller (Potsdam), Katja Kipping, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/9666 –

Jedes Kind ist gleich viel wert – Aktionsplan gegen Kinderarmut

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Kerstin Andreae, Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/12557 –

Teilhabe statt Armut – Alle Menschen am Wohlstand beteiligen

Drucksache 18/12863 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

A. Problem
Zu Buchstabe a
Die Fraktion DIE LINKE. kritisiert, dass die Perspektive der von Armut betroffe-
nen Menschen in dem Armuts- und Reichtumsbericht keine erkennbare Rolle
spiele. Zudem liege die Zuständigkeit für die Armuts- und Reichtumsberichter-
stattung unverändert in den Händen der Bundesregierung. Damit berichte und be-
werte die politisch verantwortliche Instanz selbst die Entwicklung der sozialen
Ungleichheit. Dieses Verfahren führe streckenweise zu einer geschönten Darstel-
lung der Wirklichkeit.
Zu Buchstabe b
Kinderarmut sei nach wie vor eines der prägendsten und gravierendsten Probleme
in Deutschland, argumentiert die antragstellende Fraktion. Soziale Sicherheit sei
ein soziales Menschenrecht und unverzichtbar zur Verwirklichung des Kindes-
wohls gemäß Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention. Hier bestehe akuter
Handlungsbedarf.
Zu Buchstabe c
Der Fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zeige, dass der
Wohlstand in Deutschland nicht bei allen Menschen ankomme, kritisiert die Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ungleichheit und Armut bewegten sich trotz
der guten Rahmenbedingungen und sinkender Arbeitslosigkeit seit gut zehn Jah-
ren auf Rekordniveau. Die Vermögensungleichheit in Deutschland sei die höchste
in der Eurozone.

B. Lösung
Zu Buchstabe a
Die Fraktion DIE LINKE. fordert, die Zuständigkeit für die Armuts- und Reich-
tumsberichterstattung auf eine unabhängige Sachverständigenkommission unter
Beteiligung von von Armut betroffenen Personen zu übertragen. Die Kommission
solle den Auftrag für eine unabhängige und kritische Analyse der sozialen Wirk-
lichkeit und für die Erarbeitung konkreter Vorschläge zur Bekämpfung sozialer
Ungleichheit und offener sowie verdeckter Armut erhalten. Zu den Vorschlägen
solle die Bundesregierung Stellung nehmen und darüber dem Bundestag berich-
ten.
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11796 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE.
Zu Buchstabe b
Der Fraktion DIE LINKE. fordert einen umfassenden Aktionsplan gegen Kinder-
armut von der Bundesregierung noch für dieses Jahr. Der Aktionsplan müsse die
Vielschichtigkeit von Armutslagen berücksichtigen und mehrdimensionale Lö-
sungsmöglichkeiten beinhalten, um alle Kinder und Jugendlichen sowie ihre Fa-
milien aus Armut zu befreien. Ferner sei es nötig, sich beim Ausbau der sozialen
Sicherungssysteme im Rahmen des Aktionsplans gegen Kinderarmut u. a. daran
zu orientieren, dass die Höhe der Leistungen Armut von Kindern und Jugendli-
chen ausschließe; der Bezug von Leistungen müsse repressionsfrei und nicht stig-
matisierend sein; die Leistungen inklusive Beratung müssten zu den Familien
kommen und entbürokratisiert werden u. a. m.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12863
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/9666 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Zu Buchstabe c
Der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert ebenfalls ein umfassendes
Konzept gegen Armut und Ungleichheit. Damit solle dafür gesorgt werden, dass
Arbeit gut bezahlt werde und dazu insbesondere die Tarifpartner gestärkt und in
die Lage versetzt würden, die Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen zu verbes-
sern. Ferner müssten Arbeitslose besser abgesichert werden und vor allem für
Langzeitarbeitslose, Geringqualifizierte, Geflüchtete, Ältere und Alleinerzie-
hende der Zugang zum Arbeitsmarkt verbessert werden. Bezahlbarer Wohnraum
müsse geschaffen und Menschen mit geringen Einkommen müssten von hohen
Wohnkosten entlastet werden sowie mehr Anreize zum Bau preisgünstiger, barri-
erefreier Wohnungen für Ältere und Menschen mit Behinderungen geschaffen
werden. Schließlich sollten Zugang zu guter Bildung geschaffen werden, das
Existenzminimum von Kindern besser abgesichert und Familien mit geringen und
mittleren Einkommen entlastet werden u. v. a. m.
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/12557 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Annahme der Anträge.

D. Kosten
Kostenrechnungen wurden in den Anträgen nicht angestellt.

Drucksache 18/12863 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Antrag auf Drucksache 18/11796 abzulehnen;
b) den Antrag auf Drucksache 18/9666 abzulehnen;
c) den Antrag auf Drucksache 18/12557 abzulehnen.

Berlin, den 21. Juni 2017

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Kerstin Griese
Vorsitzende

Daniela Kolbe
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12863
Bericht der Abgeordneten Daniela Kolbe

I. Überweisung

1. Überweisung
Der Antrag auf Drucksache 18/11796 ist in der 238. Sitzung des Deutschen Bundestages am 2. Juni 2017 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Finanzausschuss, den Ausschuss
für Wirtschaft und Energie sowie den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung über-
wiesen worden.
Der Antrag auf Drucksache 18/9666 ist in der 190. Sitzung des Deutschen Bundestages am 22. September 2016
an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend und den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur Mit-
beratung überwiesen worden.
Der Antrag auf Drucksache 18/12557 ist in der 238. Sitzung des Deutschen Bundestages am 2. Juni 2017 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend und den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zur Mitberatung
überwiesen worden.
2. Voten der mitberatenden Ausschüsse
Zu Buchstabe a
Der Finanzausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Energie und der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend haben den Antrag auf Drucksache 18/11796 in ihren Sitzungen am 21. Juni 2017 beraten
und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung empfohlen.
Zu Buchstabe b
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung haben den Antrag auf Drucksache 18/9666 in ihren Sitzungen am 21. Juni 2017 be-
raten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung emp-
fohlen.
Zu Buchstabe c
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau
und Reaktorsicherheit haben den Antrag auf Drucksache 18/12557 in ihren Sitzungen am 21. Juni 2017 beraten
und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung empfoh-
len.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a
Die Armuts- und Reichtumsberichterstattung sei im Grundsatz ein wichtiges und geeignetes Instrument zur Ana-
lyse der sozialen Wirklichkeit in Deutschland, heißt es in dem Antrag. Ausdrücklich zu begrüßen sei, dass Be-
funde, Gutachten und Studien, Veranstaltungsberichte und Daten auf einer eigenen Homepage öffentlich zugäng-
lich gemacht worden seien. Bedauerlich sei aber, dass die Perspektive der betroffenen Menschen zwar in einem
Workshop aufgegriffen worden sei, aber in dem Bericht selbst keine erkennbare Rolle spiele.
Unverändert liege die Zuständigkeit für die Armuts- und Reichtumsberichterstattung in den Händen der Bundes-
regierung. Die politisch verantwortliche Instanz berichte und vor allem bewerte die Entwicklung der sozialen
Ungleichheit. Dieses Verfahren führe streckenweise zu einer geschönten Darstellung der Wirklichkeit. Auch beim

Drucksache 18/12863 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Entwurf des Fünften Armuts- und Reichtumsberichts von Dezember 2016 seien kritische Aussagen früherer Ent-
würfe schönfärberisch umgedeutet worden. So würden etwa die Befunde der Begleitforschung, dass die Interessen
von Reichen durch die Politik stärker umgesetzt würden als die Interessen von Armen, in dem endgültigen Bericht
nicht hinreichend wiedergegeben. In Teilen lese sich der Bericht als eine Apologie des Regierungshandelns. Die
antragstellende Fraktion begrüßt daher ausdrücklich die Veröffentlichungen alternativer Armutsberichte – etwa
durch den Paritätischen Gesamtverband oder die Schattenberichte der Nationalen Armutskonferenz.
Zu Buchstabe b
Mit geringen Differenzen verharre die sogenannte Armutsgefährdungsquote von Kindern seit über zehn Jahren
bei knapp unter 20 Prozent bei zuletzt steigender Tendenz, heißt es zur Antragsbegründung. Nahezu jedes
fünfte Kind sei von Armut bedroht oder arm. In absoluten Zahlen seien das ca. 2,5 Mio. Kinder. Die Hartz-IV-
Bezugsquote habe im Jahr 2015 bei Kindern unter 15 Jahren bei 14,4 Prozent gelegen. Jedes siebte Kind unter
15 Jahren sei abhängig von Hartz IV. In absoluten Zahlen seien dies durchschnittlich 1,5 Mio. Kinder gewesen.
Das bedeute, jedes vierte Kind unter 15 Jahren lebe entweder von Hartz IV oder sei arm bzw. armutsgefährdet.
Kinderarmut habe verheerende Folgen für die Betroffenen, die Gesellschaft und die Demokratie.
Zu Buchstabe c
Ziel sollte es sein, dass alle Menschen selbstbestimmt an der Gesellschaft teilhaben können und niemand ausge-
grenzt werde, begründet die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ihren Antrag. Um Armut und Ungleichheit
in Deutschland zu reduzieren sowie geringe und mittlere Einkommen, vor allem Familien, zu entlasten, sei ein
umfassendes Programm notwendig. Dafür seien die Gewährung des Existenzminimums und universelle soziale
Sicherungssysteme ebenso wichtig wie eine Infrastruktur, die Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt, gute Arbeit,
Wohnen und Gesundheit für alle ermögliche.
Nach wie vor sei die Situation in Deutschland davon geprägt, dass Ungleichheit und Armut sich trotz guter Rah-
menbedingungen und sinkender Arbeitslosigkeit seit gut zehn Jahren auf Rekordniveau bewegten. Die Vermö-
gensungleichheit in Deutschland sei die höchste in der Eurozone. Laut Armuts- und Reichtumsbericht besäßen
die reichsten 10 Prozent nach wie vor mehr als 50 Prozent des Vermögens, während die ärmere Hälfte fast kein
Vermögen besitze. Die Altersarmut in Deutschland steige ebenso an wie das Armutsrisiko trotz Erwerbstätigkeit.
Und obwohl die Arbeitslosigkeit sinke, habe sich Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt und gehe nur sehr langsam
zurück. Kinderarmut habe ein erschreckend hohes Niveau erreicht.

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung der Anträge auf den Drucksachen 18/11796 und 18/12557
in seiner 122. Sitzung am 2. Juni 2017 aufgenommen und die Durchführung einer öffentlichen Anhörung von
Sachverständigen beschlossen.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung des Antrags auf Drucksache 18/9666 in seiner 86. Sitzung
am 28. September 2016 aufgenommen und die Durchführung einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen
beschlossen.
Die Anhörung zu allen drei Anträgen fand in der 124. Sitzung am 19. Juni 2017 statt.
Die Teilnehmer der Anhörung haben schriftliche Stellungnahmen abgegeben, die in der Ausschussdrucksache
18(11)1100 zusammengefasst sind.
Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverständige haben an der Anhörung teilgenommen:
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)
Institut der deutschen Wirtschaft e. V.
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH (ZEW)
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI)
Bundesagentur für Arbeit (BA)
Deutscher Caritasverband
Arbeiterwohlfahrt – Bundesverband (AWO)
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12863
Der Paritätische Gesamtverband
Nationale Armutskonferenz
Prof. Dr. Horst-Dieter Westerhoff, Berlin
Bernhard Boockmann, Tübingen
Der Inhalt der Stellungnahmen sind der Materialzusammenstellung sowie dem Protokoll der Anhörung zu ent-
nehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Anträge auf den Drucksachen 18/11796, 18/9666 und 18/12557
in seiner 125. Sitzung am 21. Juni 2017 abschließend beraten. Dabei hat der Ausschuss dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11796 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. empfohlen. Ferner hat der Ausschuss
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/9666 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen sowie die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/12557 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE.
Die Fraktion der CDU/CSU lehnte die Anträge ab. Der Armuts- und Reichtumsbericht zeige – anders als in den
Oppositionsanträgen behauptet – eine sehr gute Bilanz der Regierungspolitik. Seit dem Jahr 2005 gebe es dem-
zufolge über 4 Millionen mehr Erwerbstätige. Die Zahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter sei seit 2012
um 2,1 Millionen gestiegen. Die Zahl der Langzeiterwerbslosen sei dagegen gesunken. Die Einkommensanteile,
auf die die obere und die untere Hälfte der Einkommensbeziehenden entfielen, lägen seit 2005 in einem stabilen
Verhältnis von 70:30. Die Behauptung einer starken Zunahme von Armut könne auf Basis dieser statistischen
Daten nicht bestätigt werden. Die gefühlten Zusammenhänge entsprächen offensichtlich nicht dem statistisch
Feststellbaren. Die Anträge der Fraktion DIE LINKE. entbehrten also offensichtlich der Grundlage. Der Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN enthalte „Licht und Schatten“, lese sich aber letztendlich wie ein
Wunschzettel für den ganzen Politikbereich. Einige Forderungen seien auch hier nicht nachvollziehbar.
Die Fraktion der SPD lehnte die Anträge ebenfalls ab. Der Bericht beinhalte viele Anstöße für politisches Han-
deln. So zeige er etwa als Ursache für Kinderarmut die Erwerbssituation der Eltern. Insgesamt werde der Armuts-
und Reichtumsbericht der Bundesregierung in der Fachwelt sehr anerkannt, Entstehungsprozess, Methoden und
die Einbeziehung von Armut betroffener Menschen würden als gut beurteilt. Auch die Schwerpunktsetzung auf
die Erforschung der Ursachen von Armut sowie bei dem Thema Reichtum werde gewürdigt und sei geeignet, eine
Grundlage für politische Aktivitäten zu bilden. Auch solle es – anders als in dem Antrag der Fraktion DIE LINKE.
gefordert – dabei bleiben, dass die Bundesregierung den Bericht verantworte. Dies sichere ihm und damit dem
Thema Aufmerksamkeit. Dementsprechend wäre es angemessen und sachgerecht, für eine zeitnahe Auseinander-
setzung mit dem Bericht eine Debatte im Plenum zu vereinbaren.
Die Fraktion DIE LINKE. verwies darauf, dass der Bericht die soziale Spaltung der Gesellschaft dokumentiere.
Die Ungleichheit der Einkommen sowie der Zusammenhang von Einkommen und politischer Teilhabe seien ge-
rade in einer Demokratie skandalös. Ein wichtiges Ergebnis sei auch, dass trotz der wirtschaftlich guten Lage in
den vergangenen Jahren die Armut nicht entsprechend abgebaut werden könne. Die Fraktion sehe es ferner als
problematisch an, dass mit der Bundesregierung die für die Verhältnisse verantwortliche Instanz die Befunde und
damit die Ergebnisse ihrer Politik selbst beurteile. Dass führe immer wieder dazu, dass unliebsame Passagen aus
dem Bericht gestrichen würden und wirke sich auf die Handlungsvorschläge aus. Das könne man vermeiden,
indem eine unabhängige Kommission mit dem Bericht beauftragt werde.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte fest, dass der Armuts- und Reichtumsbericht der Regierungs-
koalition ein schlechtes Zeugnis ausstelle. So zeige beispielsweise das „Armutsparadoxon“, dass es auch in einer
wirtschaftlich guten Situation nicht gelinge, die Armut abzubauen. Um den von Armut betroffenen Menschen zu
helfen, werde dringend ein Aktionsplan gegen Armut mit verstärkten Anstrengungen gebraucht. Dabei sei die
Kinderarmut ein zentrales Problem. Dazu ziele der entsprechende Antrag der Fraktion DIE LINKE. zwar in die
richtige Richtung, bleibe aber zu wenig konkret. Der Bericht selbst solle in der Verantwortung von Bundesregie-
rung und Parlament verbleiben. Dort liege auch die Verantwortung, die Probleme zu lösen. Allerdings müsse die

Drucksache 18/12863 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Untersuchung künftig viel früher in der Wahlperiode debattiert werden, um Grundlagen für politische Entschei-
dungen zu bieten.

Berlin, den 21. Juni 2017

Daniela Kolbe
Berichterstatterin

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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