BT-Drucksache 18/12841

zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/11414 - Eine Lobby für die Pflege – Arbeitsbedingungen und Mitspracherechte von Pflegekräften verbessern

Vom 21. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12841
18. Wahlperiode 21.06.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg, Kordula
Schulz-Asche, Maria Klein-Schmeink, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/11414 –

Eine Lobby für die Pflege – Arbeitsbedingungen und Mitspracherechte von
Pflegekräften verbessern

A. Problem
Nach Darstellung der Antragsteller fehlten in Deutschland in Pflegeheimen, bei
Pflegediensten und in Krankenhäusern qualifizierte Pflegekräfte, die händerin-
gend gesucht würden, um die Versorgung pflegebedürftiger Menschen sicherzu-
stellen. Weniger Pflegekräfte müssten immer mehr Pflegebedürftige versorgen.
Deshalb könnten die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen teilweise
nicht mehr ausreichend berücksichtigt werden. Der Bundesregierung sei es bisher
nicht gelungen, die prekäre Personalsituation in Pflegeinrichtungen und Kranken-
häusern nachhaltig zu verbessern.

B. Lösung
Die Arbeitsbedingungen und Mitspracherechte der Pflegekräfte in Deutschland
sollten zügig verbessert werden. Dazu seien schnellstmöglich bundesweit ver-
bindliche Personalbemessungsregelungen für den Krankenhausbereich sowie für
die ambulante und stationäre Pflege zu entwickeln, zu erproben und einzuführen.
Zudem sollten die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte und ihre Mitsprache-
rechte in den Gremien der Kranken- und Pflegeversicherung verbessert werden.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/12841 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/11414 abzulehnen.

Berlin, den 21. Juni 2017

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Elisabeth Scharfenberg
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12841
Bericht der Abgeordneten Elisabeth Scharfenberg

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/11414 in seiner 221. Sitzung am 9. März 2017 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außerdem
hat er ihn zur Mitberatung an den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenab-
schätzung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In Pflegeheimen, bei Pflegediensten und in Krankenhäusern in Deutschland fehlten nach Darstellung der Antrag-
steller qualifizierte Pflegekräfte und sie würden händeringend gesucht, um die Versorgung pflegebedürftiger
Menschen sicherzustellen. Es müssten weniger Pflegekräfte immer mehr Pflegebedürftige versorgen. Dieser Per-
sonalmangel treffe insbesondere die pflegebedürftigen Menschen, deren individuelle Bedürfnisse teilweise nicht
mehr ausreichend berücksichtigt werden könnten. Trotz des massiven Pflegepersonalmangels und der zu erwar-
tenden Verschärfung der Situation in den kommenden Jahren, fehlten wirksame Maßnahmen, die die prekäre
Personalsituation in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern nachhaltig lösten.

Ziel müsse es sein, eine fachlich hochwertige, am Menschen orientierte Pflegeversorgung durch entsprechendes
Pflegepersonal sicherzustellen. Deshalb müssten schnellstmöglich bundesweit verbindliche Personalbemessungs-
regelungen sowohl für den Krankenhausbereich als auch für die ambulante und stationäre Pflege entwickelt, er-
probt und eingeführt werden. Darüber hinaus müssten die Pflege- und Gesundheitsberufe mit dem Ziel der Zu-
sammenarbeit auf Augenhöhe neu ausgerichtet und die Pflege selbst entbürokratisiert werden. Außerdem sollten
die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbessert werden. Dazu zählten eine bessere Vereinbarkeit von Familie
und Beruf, gesundheitsförderliche und alters- sowie alternsgerechte Arbeitsplätze, planbare Arbeitszeiten sowie
eine angemessene Vergütung. Des Weiteren soll die Zahlung von Tarifgehältern erleichtert werden, indem die
Neuregelungen des Dritten Pflegestärkungsgesetzes auf die häusliche Krankenpflege nach SGB V ausgeweitet
werden. Zudem fordern die Antragsteller, die Rolle professionell Pflegender in den Gremien der Kranken- und
Pflegeversicherung zu stärken, indem die Pflegeberufe in den gemeinsamen Landesgremien und in den Landes-
pflegeausschüssen vertreten seien. Darüber hinaus solle ein unabhängiges wissenschaftliches Gutachten weitere
konkrete politische Handlungsempfehlungen abgeben, um dieses Ziel zu erreichen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 108. Sitzung am 21. Juni 2017 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11414 zu empfehlen.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner 125. Sitzung am 21. Juni 2017 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11414 zu empfehlen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat in seiner 95. Sitzung am 21. Juni 2017 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
18/11414 zu empfehlen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat in seiner 99. Sitzung am 21. Juni
2017 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS

Drucksache 18/12841 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. beschlossen, die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 18/11414 zu empfehlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss für Gesundheit

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 108. Sitzung am 22. März 2017 die Beratungen zum Antrag auf
Drucksache 18/11414 aufgenommen.

In seiner 113. Sitzung am 26. April 2017 hat er die Beratungen fortgesetzt und beschlossen, eine öffentliche
Anhörung durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung fand in der 119. Sitzung am 31. Mai 2017 statt. Als sachverständige Organisationen
waren eingeladen: Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V. (BAGFW), Bundesverband pri-
vater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände e. V. (BDA),
Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG), Deutsche Stiftung Patientenschutz, Deutscher Gewerkschafts-
bund (DGB), Deutscher Pflegerat e. V. (DPR), Deutscher Verband der Leitungskräfte von Alten- und Behinder-
teneinrichtungen e. V. (DVLAB), Deutsches Institut für angewandte Pflegeforschung e. V. (dip), GKV-Spitzen-
verband, Marburger Bund, Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V.,
ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft und Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv). Als Einzel-
sachverständiger war Prof. Dr. Stefan Greß eingeladen. Auf das Wortprotokoll und die als Ausschussdrucksachen
verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird Bezug genommen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 120. Sitzung am 21. Juni 2017 seine Beratungen zum Antrag auf
Drucksache 18/11414 gemeinsam mit der Beratung des Gesetzentwurfs „Entwurf eines Gesetzes zur Reform der
Pflegeberufe (Pflegeberufereformgesetz – PflBRefG)“ auf Drucksache 18/7823 fortgesetzt und abgeschlossen.

Als Ergebnis empfiehlt der Ausschuss für Gesundheit mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.,
den Antrag auf Drucksache 18/11414 abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, das Gesetz sei ein Kompromiss zwischen Generalistik und spezialisierter
Ausbildung. Man habe einen politischen Kompromiss erzielt, der von hoher Fachlichkeit getragen sei. Dieses
Gesetz gebe die richtige Richtung vor und spiegle die Differenziertheit der Lebenssituationen und des Arbeits-
marktes. Es sei mit großer Transparenz unter Beteiligung aller Betroffenen zustande gekommen und erhalte die
größtmögliche Entscheidungsfreiheit für die Auszubildenden. Nach zwei Jahren Generalistik hätten die Auszu-
bildenden dann die Möglichkeit, sich zu verändern. Sie könnten sich neben der Generalistik für die Altenpflege
und die Kinderkrankenpflege entscheiden, so dass diese Spezialisierungen erhalten blieben. Letztlich würden also
die Auszubildenden selbst entscheiden, welches Modell sich am Arbeitsmarkt durchsetzen werde. Von einer Ge-
neralistik durch die Hintertür könne also nicht gesprochen werden. Wichtig sei gewesen, alle für die Ausbildung
relevanten Institutionen einzubinden, so dass auch in Zukunft alle Jugendlichen die Chance hätten, einen Pflege-
beruf zu erlernen. Zudem sei es gelungen, das Mitspracherecht des Parlaments bei der Prüfungsverordnung durch-
zusetzen. Nicht glücklich sei man allerdings darüber, dass die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung noch nicht
vorliege. Zur Bezahlung der Pflegekräfte hieß es, es sei nicht Aufgabe des Gesetzgebers, diese zu regeln, sondern
der Tarifpartner. Hervorzuheben sei in diesem Zusammenhang die flächendeckende Abschaffung des Schulgel-
des.

Die Fraktion der SPD erklärte, durch das Pflegeberufereformgesetz erfolge die längst überfällige und dringend
notwendige Neuausrichtung der Pflegeberufe und werde die Generalistik als Regelausbildung für alle eingeführt.
Durch die Zusammenlegung der Gesundheits- und Kinderkrankenpflegeausbildung mit der Ausbildung in der
Altenpflege reagiere man auf die sich ändernden Pflegesettings und stelle die Berufsausbildung breiter auf. Damit
erhalte der Pflegeberuf mehr Attraktivität. Die akademische Ausbildung werde in die Regelausbildung überführt
und durch die Abschaffung des Schulgeldes bundesweit kostenfrei. Damit sei die Altenpflege EU-konform. Für
eine Übergangszeit von sechs Jahren werde es in der Altenpflege und der Kinderkrankenpflege als Wahloption
und als Ausnahme zur generalistischen Regelausbildung die spezialisierte Ausbildung im 3. Ausbildungsjahr ge-
ben. Die allgemeine Krankenpflege sei dagegen vollständig generalistisch angelegt. Man gehe davon aus, dass
sich die Auszubildenden überwiegend für die generalistische Ausbildung entscheiden würden, da sie den Einsatz
in allen Pflegebereichen ermögliche. Durch die Wahloption im 3. Ausbildungsjahr, die langen Übergangs- und

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12841
Bestandsschutzfristen sowie durch den Start der neuen Ausbildung im Jahr 2020 hätten Schulen und Ausbildungs-
träger ausreichend Zeit, sich auf die Neuerungen einzustellen. Die SPD gehe davon aus, dass die Ausbildungs-
und Prüfungsordnung dem Bundestag zeitnah zugeleitet werde und der Ausbildungsstart im Jahr 2020 nicht ge-
fährdet sei. Die generalistische Pflegeausbildung sei im Interesse der Patientinnen und Patienten und deren Si-
cherheit. Deshalb werde man dafür Sorge tragen, dass sie eine höhere materielle und immaterielle Wertschätzung
sowohl stationär als auch ambulant sowie über alle Phasen der Pflege und in allen Bereichen, in den Pfleg eine
Rolle spiele, erfahre.

Die Fraktion DIE LINKE. bezeichnete die Reform als ein „Desaster“. Sie sei ausschließlich ein politischer
Kompromiss und nicht fachlich begründet. Die neue Ausbildung beginne zwei Jahre später, werde unübersichtli-
cher und organisatorisch schwerer umsetzbar. Die Qualität der Ausbildung werde nicht erhöht, was insbesondere
die Alten- und die Kinderkrankenpflege zu spüren bekämen. Die Ausbildungsinhalte seien unklar, da die Ausbil-
dungs- und Prüfungsverordnungen noch nicht einmal als Entwurf vorlägen, obwohl die Bundesregierung öffent-
lich zugesagt habe, im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens einen Entwurf vorzulegen. Wenn die neuen Aus-
bildungslehrgänge nach sechs Jahren ausgewertet werden sollten, sei keine wissenschaftliche Auswertung ge-
plant, sondern lediglich eine zahlenmäßige Erfassung. Eine fundierte wissenschaftliche Evaluation sei aber wich-
tig, um eine Einschätzung der Ausbildungsqualität, auch für die Generalistik, zu ermöglichen. Zudem werde sug-
geriert, dass die Generalistik zu einer besseren Bezahlung der Altenpfleger führen würde. Unerwähnt bleibe aber,
dass sie auch eine deutliche Verschlechterung der Bezahlung in der Krankenpflege nach sich ziehen könne.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies darauf hin, dass sich viele Fachleute mit guten Argumenten
gegen eine generalistische Pflegeausbildung ausgesprochen hätten. Das Pflegeberufereformgesetz sei ein fauler
Kompromiss, der weder die Befürworter noch die Unterstützer einer generalistischen Ausbildung zufrieden stelle.
Dass durch die Reform die Attraktivität insbesondere des Altenpflegeberufs gesteigert werde, die Bezahlung bes-
ser werde oder die Arbeitsplätze attraktiver würden, seien bloße Ankündigungen, die das Gesetz nicht realisieren
könne, da die Bezahlung oder die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes vom Arbeitgeber und nicht von der Ausbil-
dung abhänge. Der Gesetzentwurf enthalte Unklarheiten, die in einer zweiten Anhörung hätten geklärt werden
müssen. Es sei unklar, wie die Ausbildung an den Schulen organisiert oder wie die Ausbildung zum Pflegehelfer
oder -assistenten geregelt werde. Es existiere auch kein echtes Wahlrecht, das den Wechsel in alle Fachrichtungen
ermögliche. Aus den genannten Gründen sei das Gesetz nicht zustimmungsfähig. Durch den Abschluss des An-
trages „Eine Lobby für die Pflege“ weise die Fraktion darauf hin, dass bei der Pflege nicht nur die Ausbildung im
Argen liege. Es brauche eine bessere Personalausstattung, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Mitsprache-
rechte für Pflegekräfte in den Gremien des Pflege- und Gesundheitssystems.

Berlin, den 21. Juni 2017

Elisabeth Scharfenberg
Berichterstatterin

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