BT-Drucksache 18/12812

Kontakte zwischen deutschen und ausländischen Neonazis sowie Vorbereitung und Beteiligung an bewaffneten Konflikten

Vom 19. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12812
18. Wahlperiode 19.06.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Jan van Aken, Sevim Dağdelen,
Annette Groth, Dr. André Hahn, Inge Höger, Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Petra Pau
und der Fraktion DIE LINKE.

Kontakte zwischen deutschen und ausländischen Neonazis sowie Vorbereitung
und Beteiligung an bewaffneten Konflikten

Deutsche Neonazis pflegen seit Jahren Kontakte zu anderen neonazistischen und
extrem rechten Parteien und Organisationen im Ausland. Festzustellen ist neben
der gegenseitigen Teilnahme an Aufmärschen, Konzerten und anderen Veranstal-
tungen, auch die Beteiligung an Wehrsport- und Waffentrainings sowie die aktive
Teilnahme von deutschen Neonazis und Rechtsextremisten an bewaffneten Kon-
flikten im Ausland.
Erst im März 2017 reisten Mitglieder der neonazistischen Partei „Der Dritte Weg“
auf Einladung der „European Front for Syria“ in syrisches Kriegsgebiet. Da nicht
allen Teilnehmern die Einreise gelang, trafen sie sich stattdessen mit Vertretern
der „Syrisch-Sozial-Nationalistischen Partei (SSNP)“ im Libanon (www.br.de/
nachrichten/rechtsaussen/neonazi-bayern-syrien-libanon-100.html). Bei der Wie-
dereinreise wurden zwei Neonazis am Flughafen München kontrolliert und das
bayerische Innenministerium wies auf Nachfrage darauf hin, dass Kontakte seit
mindestens Juni 2016 bekannt seien und Neonazis bereits mehrfach in die Region
gereist wären (www.pnp.de/lokales/stadt_und_landkreis_passau/pocking_bad_
fuessing_bad_griesbach/2517106_Pockinger-vom-III.-Weg-hatten-womoeglich-
Kontakt-zum-Assad-Regime.html).
Lange bekannt ist die Tatsache, dass Neonazis gezielt in Kriegsgebiete fahren um
dort an bewaffneten Konflikten teilzunehmen. Dies geschieht im Rahmen regu-
lärer Einsätze in bestimmten Bataillonen, als angeheuerte Söldnertruppen oder in
Form rechtsradikaler Milizen. Der in Südafrika lebende Neonazi Horst Klenz
warb bereits im Jahr 1980 Söldner per Anzeigen in neonazistischen Zeitungen.
Im Jahr 1992 rief die NSDAP/AO-Publikation „The new order“ zur „Bildung von
Freiwilligeneinheiten“ zur „Verteidigung der weißen Rasse“ in Kroatien auf. Neu
war die Idee bereits damals nicht, für mediale Beachtung hatten solche Pläne
bereits während des Golf-Kriegs gesorgt, als Neonazis aus antisemitischer Mo-
tivation heraus „Saddam Hussein als Held der Araber“ unterstützen wollten und
Michael Kühnen im Jahr 1991 pressewirksam die Aufstellung einer Söldner-
truppe bekannt gab. Nach Verlautbarungen von Sicherheitsbehörden waren deut-
sche und österreichische Neonazis nicht nur beim Aufbau von Söldnertruppen,
sondern auch an Waffenlieferungen und Kriegshandlungen beteiligt (www.
antifainfoblatt.de/artikel/dressed-kill).
Ein jüngstes Beispiel aus Österreich zeigt, dass auch reguläre Armeeangehörige
bereit sind, in Kriegsgebiete zu fahren und sich rechten Bataillonen anzuschlie-
ßen (derstandard.at/2000057113102/Ostukraine-Verhafteter-Oesterreicher-
sollkaempfender-Sanitaeter-gewesen-sein). Deutsche und andere europäische

Drucksache 18/12812 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Neonazis und Rechtsextremisten kooperieren seit Jahren mit rechtsradikalen
Milizen wie dem ukrainischen Bataillon Asow und pflegen darüber hinaus ins-
besondere Kontakte in andere osteuropäische Staaten wie die gegenseitige Teil-
nahme an Demonstration und Veranstaltungen z. B. in Kroatien beweist.
(www.balkaninsight.com/en/article/us-condemns-zagreb-neo-nazi-march-for-
trump-02-27-2017)
Nicht nur der aktuelle Fall des Franco A. zeigt eindringlich, welche Gefahren von
einem internationalen Netz von Neonazis ausgehen kann, die eine soldatische
Ausbildung erfahren haben oder sich über eigens organisierte Wehrsportlager in
Waffen- und Kampftrainings ausbilden können. Umso wichtiger scheint es, die
Kontakte in diese Regionen und zu bewaffneten Formationen genauestens in den
Blick zu nehmen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung zu Neonazis und Rechts-

extremisten, die zur Vorbereitung bzw. Beteiligung an bewaffneten Konflik-
ten in Krisen- oder Kriegsgebieten ausreisten (bitte unter Angabe des Lan-
des, des Jahres, der Art der Erkenntnis und möglicher strafrechtlicher Kon-
sequenzen beantworten)?

2. Sind der Bundesregierung in der Antwort zu Frage 1 Fälle bekannt, in denen
vermutet wird oder bekannt ist, dass ehemalige oder aktive Angehörige der
Bundeswehr an Kampfhandlungen bzw. deren Vorbereitung in Krisen- oder
Kriegsregionen beteiligt waren (bitte unter Angabe des Landes, des Jahres,
der Anzahl Bundeswehrangehöriger und möglicher strafrechtlicher Konse-
quenzen beantworten)?

3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu sonstigen Aufenthalten und
Kontakten von deutschen Neonazis und Rechtsextremisten in Krisen- oder
Kriegsgebieten?

4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die politische bzw. ma-
terielle Unterstützung in Krisen- oder Kriegsgebieten durch deutsche Neona-
zis und Rechtsextremisten?

5. Hat die Bundesregierung von ausländischen Regierungen Hinweise auf Teil-
nahme oder Unterstützung kriegerischer Handlungen durch deutsche Neona-
zis bekommen (bitte unter Angabe des Landes und des Jahres und des Inhalts
der Information beantworten)?

6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Zusammenkünfte deut-
scher und ausländischer Neonazis und Rechtsextremisten?
Was waren tatsächliche oder vermutete Gründe für die Zusammenkunft, und
wo fanden diese statt (bitte unter Angabe des Landes, des Jahres, der Art der
Zusammenkunft und den beteiligten Gruppen, Parteien oder sonstigen Orga-
nisationen der neonazistischen und rechtsextremistischen Szene beantwor-
ten)?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über unmittelbare Kontakte
von deutschen und ausländischen Neonazis und Rechtsextremisten (bitte un-
ter Angabe der jeweiligen Länder und den beteiligten Gruppen, Parteien oder
sonstigen Organisationen der neonazistischen und rechtsextremistischen
Szene beantworten)?

8. Wie viele Schusswaffen-, Waffen- und Wehrsporttrainings von deutschen
Neonazis gab es nach Kenntnissen der Bundesregierung seit dem 1. Januar
2015 im europäischen Ausland, und wo fanden diese zu welchem Zeitpunkt
statt (bitte nach Datum, Ort, Land, Art des Trainings, Anzahl der Teilneh-
menden und Organisatoren des Trainings auflisten)?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12812
9. Wie viele Schusswaffen-, Waffen- und Wehrsporttrainings von deutschen
Neonazis gab es nach Kenntnissen der Bundesregierung seit dem 1. Januar
2015 im außereuropäischen Ausland, und wo fanden diese zu welchem Zeit-
punkt statt (bitte nach Datum, Ort, Land, Art des Trainings, Anzahl der Teil-
nehmenden und Organisatoren des Trainings auflisten)?

10. Wie viele deutsche Neonazis haben nach Kenntnissen der Bundesregierung
seit dem 1. Januar 2015 insgesamt an Schusswaffen-, Waffen- und sonstigen
Wehrsporttrainings im In- und Ausland teilgenommen?

11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Kontakte deutscher
Neonazis zu ausländischen rechtsterroristischen Strukturen?

12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Kontakten von deutschen
Neonazis mit anderen gewalttätig auftretenden Gruppierungen im Ausland?

13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Straf- und Ermittlungs-
verfahren gegen deutsche Neonazis und Rechtsextremisten im Ausland (bitte
unter Angabe des Landes, des Datums, der zuständigen Behörde und dem
juristischen Ausgang des Verfahrens beantworten)?

14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu Aufenthalten von auslän-
dischen Neonazis und Rechtsextremisten in Deutschland, und was war An-
lass für einen solchen (bitte unter Angabe des Bundeslandes, des Ortes, des
Datums und möglicher strafrechtlicher Konsequenzen beantworten)?

15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Ermittlungsverfahren
nach §109h des Strafgesetzbuchs in den Jahren 2010 bis 2016, und in wie
vielen Fällen betrafen diese Neonazis und Rechtsextremisten?

Berlin, den 19. Juni 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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