BT-Drucksache 18/1274

Die deutsche Medienberichterstattung und der Regime-Change in der Ukraine

Vom 24. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1274
18. Wahlperiode 24.04.2014

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Dr. Sahra Wagenknecht, Annette Groth,
Heike Hänsel, Ulla Jelpke, Niema Movassat, Dr. Alexander S. Neu und der
Fraktion DIE LINKE.

Die deutsche Medienberichterstattung und der Regime-Change in der Ukraine

„Da ist er wieder, der Iwan, die Rote Flut. 25 Jahre nach dem Kalten Krieg, ist
der Kalte Krieg zurück. Ein Viertel der Deutschen sieht in Russland wieder eine
Gefahr, hat eine Umfrage ergeben 76 Prozent halten das deutsch-russische Ver-
hältnis für gestört. Symptomatisch dafür ist auch, dass sich mehrere Politiker
und Prominente einer Unterschriftenaktion der ‚Revolverabteilung‘ der Sprin-
gerpresse angeschlossen haben, die fordert, dass die beiden Panzer der Roten
Armee aus dem zweiten Weltkrieg am sowjetischen Ehrenmahl am Branden-
burger Tor entfernt werden.“ (www.radioeins.de/programm/index.htm/psdoc=
!content!rbb!rad!programm!sendungen!sendungen!4!1404!140417_eins_der_sch
_ne_morgen_mo_fr_9807.html). Hans-Ulrich Jörges vom „stern“ kommentierte
die „schändliche Aktion von BILD und BZ“ auf Radioeins vom RBB vom 17. April
2014: „Ich muss sagen, diese Propagandaaktion gegen Russland ist geschichts-
los, dumm und gefährlich […] Sie führt nämlich zu einer Eskalation der Krise
mit Russland […]. Ich finde es nicht erstaunlich, angesichts solcher Propaganda,
dass 55 Prozent der Deutschen, Russland mit Gefahren in Verbindung bringen.
Ich finde es erstaunlich, dass es fast die Hälfte der Menschen nicht tun.“ (www.
radioeins.de/programm/index.htm/psdoc=!content!rbb!rad!programm!sendungen
!sendungen!4!1404!140417_eins_der_sch_ne_morgen_mo_fr_9807.html).
Im Aufmacher des Beitrages „Ukraine – Berichterstattung durch die West-
Brille?“ des NDR-Magazins „ZAPP“ vom 5. März 2014 heißt es: „Putins Pro-
paganda: Russische Medien sind sein Sprachrohr. Aber auch bei uns gibt es
Diskussionen, ob deutsche Medien hinreichend ausgewogen über die Ukraine
berichten.“ In dem Beitrag wurde deutlich, dass deutsche Korrespondenten nicht
zuletzt auch aus politischem Interesse eine erkennbar einseitige Sichtweise ver-
breiten (www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/media/zapp7203.html). So sagt
Kai Griffke, erster Chefredakteur von ARD-Aktuell, dass „unsere Aufgabe ist
[…], journalistisch zu bewerten und journalistisch zu gewichten.“ Nach Infor-
mationen von „ZAPP“ wurde vor dem Regime-Change nicht nur in der ARD,
sondern auch in anderen Programmen und Zeitungen den Regierungsgegner we-
sentlich mehr Raum eingeräumt. Fast 80 Prozent der Interviewten waren dem-
nach zu jener Zeit Regierungsgegner/-innen. Der Politikwissenschaftler Simon
Weiß sieht gegenüber „ZAPP“ die Darstellungen in den deutschen Medien sehr
stark von den gewohnten Deutungsmustern geprägt. So sei der ukrainische Prä-
sident Viktor Janukowitsch ein „korrupter Diktator“ und die Menschen auf dem
Maidan und zwar alle Gruppierungen, alle Akteure und die Mittel, die sie an-
wenden „gerecht und gut“ (www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/media/zapp
7203.html).

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„Seit Jahren verfestigt sich schon der Eindruck, dass die großen deutschen
Medien in ihrer Auslandsberichterstattung (aber nicht nur dort) Einheitsbrei
produzieren. Afghanistan, Irak, Georgien, Libyen, Ägypten, Syrien – bei aus-
ländischen Konflikten blieben die journalistischen Deutungsmuster oft sym-
metrisch, ja geradezu austauschbar. Das Vokabular ist das Gleiche, egal ob
bei phoenix oder RTL. Die Schlussfolgerungen sind dieselben, egal ob in
der taz oder FAZ: Der Westen muss helfen, Russland blockiert, Krieg ist die
Ultima Ratio, Deutschland muss mehr Verantwortung übernehmen.“ (www.
novo-argumente.com/magazin.php/novo_notizen/artikel/0001530). Bezogen auf
die Situation in der Ukraine setzte in großen deutschen Medien „überall etwa
folgende Version der Auseinandersetzung durch: Ein despotischer Diktator [Prä-
sident Viktor Janukowitsch, Anmerkung des Verfassers] lässt sein friedlich pro-
testierendes Volk von brutalen Milizen niederknüppeln. Die Menschen, die sich
,Europa‘ zuwenden wollen, sind gezwungen, sich selbst zu verteidigen. Der kor-
rupte Herrscher lässt schließlich auf sein Volk schießen und flieht bei Nacht und
Nebel, als die Menschen trotz vieler Todesopfer nicht weichen. Der wirkliche
Strippenzieher hinter allem ist jedoch der russische Präsident Putin, denn er
braucht die Ukraine für sein Imperium […] Deutsche Korrespondenten, Mo-
deratoren, Publizisten und Kommentatoren haben sich nahezu geschlossen auf
die Seite der EU und der ukrainischen Opposition gestellt – von Beginn an.
Genauso wie die hierzulande gern kritisierten russischen Staatsmedien kollektiv
für Viktor Janukowitsch und die ukrainische Regierung Partei ergriffen haben.“
(www.novo-argumente.com/magazin.php/novo_notizen/artikel/0001530).
Frank Schirrmacher, Herausgeber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ),
äußerte sich bezogen auf das Interview von Claus Kleber mit dem Siemens-Vor-
standsvorsitzenden Joe Kaeser im ZDF-heute journal vom 26. März 2014, die
„Deutschen sollten nicht erfahren, was Joe Kaeser in Moskau tat, sondern, wie
Claus Kleber darüber denkt“ und schreibt von „Inquisition, die auch in ihrem nur
dem Remmidemmi verpflichteten Desinteresse daran, was Kaeser von Putin
denn gehört haben könnte, alles in den Schatten stellt, was man an Vaterlands-
verratsrhetorik aus dem wirklichen Kalten Krieg kannte“ (www.faz.net/aktuell/
feuilleton/debatten/echtzeitjournalismus-dr-seltsam-ist-heute-online-12867571.
html). In der Sendung „hart aber fair“ mit dem Thema „Eiszeit im Frühling –
müssen wir Angst vor Russland haben?“ schienen nicht „nur zwischen dem Wes-
ten und Russland, sondern auch im ARD-Studio […] die Gräben unüberwindbar
zu sein. Frank Plasberg tat alles dafür, dass das auch so blieb.“ (http://aktuell.
evangelisch.de/artikel/93175/krim-krise-bei-plasberg-rueckfall-eine-blutige-zeit).
„Die Parteinahme der Medien hat jedoch weitere problematische Folgen: Zum
einen setzt sie Grundprinzipien moderner demokratischer Gesellschaften wie
etwa die Achtung der Menschenrechte, den Grundsatz der Gewaltlosigkeit oder
die Rechtstaatlichkeit für eine Seite außer Kraft. Verstöße gegen solche Grund-
prinzipien werden von Journalisten nur noch angeprangert, wenn ‚pro-rus-
sische‘ Akteure sie begehen. Handeln ‚pro-europäische‘ Aufständische falsch,
wird hingegen verharmlost, geschwiegen und zum Teil sogar verherrlicht.“
(www.novo-argumente.com/magazin.php/novo_notizen/artikel/0001530).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob das ZDF in seiner Bericht-

erstattung über die Ukraine-Krise eng mit dem Ukraine Crisis Media Center
(UCMC) zusammenarbeitet (www.freitag.de/autoren/lapple08m214/zdf-
skandal-berichte-im-auftrag-kiews)?

2. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob die Tätigkeit des UCMC unter
anderem vom US-Milliardär George Soros, der ukrainischen Übergangs-
regierung und einer ukrainischen Tochtergesellschaft von Weber Shandwick,
einem weltweit bedeutenden PR-Unternehmen, finanziert wird?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1274

3. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob das Ziel des UCMC nach
eigener Angabe ist, v. a. die Botschaften weltweit in der internationalen
Presse zu verankern, dass die Ukraine Opfer einer „russischen Aggression“,
die ukrainische Übergangsregierung legitim, die Behauptung einer rechts-
radikalen Gefahr Teil der „russischen Propaganda“ sei (obwohl das EU-Par-
lament selbst noch in einer Resolution am 13. Dezember 2012 feststellte, dass
die Regierungspartei Swoboda in den vergangenen Jahren „rassistische, anti-
semitische und ausländerfeindliche Auffassungen“ verbreitete) und auch der
Verdacht, die Erschießungen von Polizisten und Demonstranten des Maidan
seien im Auftrag der jetzigen Regierungskoalition geschehen, „russische Pro-
paganda“ wäre?

4. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob UCMC zur Erreichung seines
Ziels tägliche Pressekonferenzen ausschließlich von Befürwortern der ukrai-
nischen Übergangsregierung, ausgewählte Interviewpartner, Übersetzer, aus-
gewähltes Video-Material, Stellungnahmen von regierungsnahen Künstlern
und Akademikern wie etwa Historikern und anderen „Ukraine-Experten“ zur
Verfügung stellt (http://uacrisis.org/ua) und weder ukrainische noch interna-
tionale Kritiker der Übergangsregierung zu Wort kommen (www.freitag.de/
autoren/lapple08m214/zdf-skandal-berichte-im-auftrag-kiews)?

5. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob eine speziell eingerichtete Ko-
ordinierungsgruppe entscheidet, wer sich über UCMC äußern darf, und dass
eines der Mitglieder dieser Koordinierungsgruppe Nataliya Popovych, Präsi-
dentin von PRP, der ukrainischen Tochtergesellschaft von Weber Shandwick
und Gründungsmitglied des UCMC, stolz darauf ist, als Bandera-Anhängerin
– also als Anhängerin eines Nazi-Kollaborateurs und Antisemiten – bezeich-
net zu werden (www.freitag.de/autoren/lapple08m214/zdf-skandal-berichte-
im-auftrag-kiews)?

6. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis davon, dass laut Politbarometer
im April 2014 (die Befragung wurde vom 8. bis 10. April 2014 durchgeführt)
die Zahl der Befragten, die Russland zunehmend Annexionsbestrebungen
zutrauen auf 67 Prozent gestiegen ist und 26 Prozent der Ansicht sind, Russ-
land werde sich mit dem Anschluss der Krim zufrieden geben (www.
forschungsgruppe.de/Aktuelles/Politbarometer/) – bei den Befragungen vom
25. bis 27. März 2014 waren 41 Prozent der Meinung, dass sich Russland mit
dem Anschluss der Krim zufrieden geben wird und 49 Prozent meinten, dass
Russland versuchen wird, weitere Gebiete an seinen Grenzen dem russischen
Staatsgebiet anzugliedern (www.heute.de/mehrheit-der-deutschen-macht-
sich-sorgen-wegen-putins-aktueller-politik-32523776.html) –, was laut Auf-
fassung der Fragesteller auch Ergebnis einer einseitigen Berichterstattung
infolge eines „russlandfeindliche[n] Konformitätsdruck in deutschen Re-
daktionsstuben“ ist (www.novo-argumente.com/magazin.php/novo_notizen/
artikel/0001530)?

7. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Sorge, dass eine einseitige Bericht-
erstattung „Grundprinzipien moderner demokratischer Gesellschaften wie
etwa die Achtung der Menschenrechte, den Grundsatz der Gewaltlosigkeit
oder die Rechtstaatlichkeit für eine Seite außer Kraft“ setzen, „Verstöße ge-
gen solche Grundprinzipien […] von Journalisten nur noch angeprangert
[werden], wenn ‚pro-russische‘ Akteure sie begehen“, während das kritik-
würdige „Handeln ‚pro-europäische[r]‘ Aufständische[r] […] hingegen ver-
harmlost, geschwiegen und zum Teil sogar verherrlicht“ wird (www.novo-
argumente.com/magazin.php/novo_notizen/artikel/0001530)?

Drucksache 18/1274 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

8. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, dass die Gescheh-
nisse in der Ukraine häufig von Journalistinnen und Journalisten kommen-
tiert wurden bzw. werden, die stark in euro-atlantische Eliten-Netzwerke
eingebunden sind, wodurch es nach Auffassung der Fragesteller zu einer
„Art kognitiver Vereinnahmung“ kommt, da sich diese Journalisten ganz im
Sinne transatlantischer Denkmuster von internationaler Sicherheits- und
Interventionspolitik für eine enge Zusammenarbeit von EU und USA aus-
sprechen und traditionell in Russland ihren Hauptgegner sehen (www.novo-
argumente.com/magazin.php/novo_notizen/artikel/0001530)?

9. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung „eine gewisse Nähe zu
den USA zentrale Voraussetzung für die spätere Tätigkeit als Osteuropa-
Korrespondent“, und würde dies nach Kenntnis der Bundesregierung „auch
erklären, warum es bislang kaum Korrespondenten aus Ostdeutschland oder
mit russlanddeutschem Wurzeln gibt“ (www.novo-argumente.com/magazin.
php/novo_notizen/artikel/0001530)?

10. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis, ob eine Einflussnahme aus
der Art und Weise der Berichterstattung beispielsweise des ZDF zum Kon-
flikt in und um die Ukraine bzw. in diesem Zusammenhang über Russland,
durch parteipolitisch organisierte informelle Zirkel (sogenannte Freundes-
kreise) stattfindet, wodurch vorab Positionen festgelegt würden, die von den
Gremien kaum noch zu ändern wären, was unter anderem nach Ansicht der
Fragesteller zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts führte, dass
der Staatsvertrag des öffentlich-rechtlichen Senders in mehreren Teilen
nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, weil insbesondere die Zusam-
mensetzung des Fernsehrats und des Verwaltungsrats demnach gegen die
Rundfunkfreiheit verstößt (www.zeit.de/kultur/film/2014-03/zdf-gremien-
verfassungsgericht-brender)?

11. Inwieweit ist der Bundesregierung der Bericht „Todesschüsse in Kiew. Wer
ist für das Blutbad vom Maidan verantwortlich“ des ARD-Magazins „Mo-
nitor“ vom 10. April 2014 bekannt, nachdem es erhebliche Zweifel an den
vom Generalstaatsanwalt der Ukraine (Oleg Machnizki) von der extrem
rechten Partei Swoboda präsentierten Ergebnissen einer vermeintlichen
Untersuchung gibt, wonach eine Beteiligung der damaligen Opposition an
den Todesschüssen ausgeschlossen und die Verantwortung einzig beim
Präsidenten Viktor Janukowitsch, seinem Innenminister und der „Schwar-
zen Kompanie“, einer Spezialtruppe der „Berkut“-Einheiten sowie der
„Alfa“-Einheit, einer Sondertruppe für Terrorismusbekämpfung, liegt
(www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2014/0410/maidan.php5)?

12. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass laut diesem Bericht von
„Monitor“
a) ein hochrangiges Mitglied des Ermittlerteams die Aussagen der ukraini-

schen Generalstaatsanwaltschaft in Zweifel zieht und aussagte: „Meine
Untersuchungsergebnisse stimmen nicht mit dem überein, was die
Staatsanwaltschaft in der Pressekonferenz erklärt hat“,

b) ein Mitschnitt des Funkverkehrs der Scharfschützen, die dem damaligen
Präsidenten unterstanden, existiert, der offenbar von einem Amateurfun-
ker mitgeschnitten wurde, demnach die Schützen gegenseitig abfragten,
wer da schieße und einer der Schützen sagte: „Unsere Leute schießen
nicht auf Unbewaffnete“,

c) ein Augenzeuge berichtete, dass die Oppositionellen auf der Institutska-
Straße nicht nur aus Richtung der Regierungsgebäude beschossen wur-
den, sondern auch vom Hotel Ukraina, das in ihrem Rücken lag – was
auch Schusskanäle belegen –, welches sich an jenem Tag fest in der Hand
der damaligen Opposition befand?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/1274

13. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass die Aussagen
von Kommandeuren der damals eingesetzten Antiterroreinheiten und des
Geheimdienstes nicht zutreffen, die bestritten, Todesschüsse abgegeben zu
haben, sondern es darum gegangen sein soll, bewaffnete Demonstranten
durch Schüsse in die Beine „unschädlich“ zu machen, wofür der Funkver-
kehr zu sprechen scheine (www.sz-online.de/nachrichten/suche-nach-den-
moerdern-von-kiew-2790245.html)?

14. Inwieweit sind der Bundesregierung die Vorwürfe des ehemaligen Sicher-
heitschef der Ukraine, Alexander Jakimenko, bekannt, wonach er die dama-
lige Opposition für die Toten auf dem Maidan verantwortlich gemacht hat,
denn „die Scharfschützen agierten von einem Gebäude, das vollständig in
der Hand der Opposition war“, und inwieweit war nach Kenntnis der Bun-
desregierung neben dem Hotel Ukraina auch die Philharmonie unter der
Kontrolle der damaligen Opposition bzw. des damaligen „Maidan-Kom-
mandanten“ Andrej Parubij, der heute Sekretär des Nationalen Sicherheits-
rates der Ukraine ist (www.n24.de/n24/Nachrichten/Politik/d/4400104/us-
drohne-ueber-krim-abgefangen-.html)?

15. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass Sergej Paschinski, Mitglied
der Vaterlandspartei von Julia Timoschenko und geschäftsführender Leiter
des Präsidialamts in Kiew, nach einer am 18. Februar 2014 veröffentlich-
ten Aufnahme gezeigt wird, wie er vermeintlich ein Scharfschützengewehr
im Kofferraum transportiert (www.youtube.com/watch?v=kl6RUgAMaiA;
www.focus.de/politik/ausland/umstrittenes-waffen-video-ukrainische-
antiterroreinheit-streitet-todesschuesse-ab_id_3668734.html)?

16. Inwieweit wird sich die Bundesregierung für eine international unabhängige
Untersuchung der Todesschüsse durch Scharfschützen einsetzen?

17. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass die De-facto-
Regierung bzw. der De-facto-Präsident der Ukraine ein Eingreifen der regu-
lären ukrainischen Armee im Inneren planen bzw. bereits befohlen haben
(www.krone.at/Welt/Ukraine_Militaer_in_umkaempfte_Region_beordert-
Ultimatum_abgelaufen-Story-400535), und inwieweit wäre der Einsatz re-
gulärer Truppen der ukrainischen Armee im Inneren mit der derzeit gültigen
Verfassung der Ukraine vereinbar?

18. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass die De-facto-
Regierung bzw. der De-facto-Präsident der Ukraine einen Einsatz der dem
Innenministerium unterstellten Armeekräfte, deren Aufgabe gemäß Gesetz
„Über die Inneren Truppen des Innenministeriums der Ukraine“ vom 26. März
1992 die Sicherung der Gesellschafts- und Verfassungsordnung sowie die
Bekämpfung von Diversionsgruppen und des Terrorismus ist (www.
bundestag.btg/Wissen/Dossiers/Ablage/4729/Ausarbeitung_4729_8.pdf),
plant bzw. vorbereitet?

19. Inwieweit teilt die Bundesregierung ihrer Kenntnis nach die Einschätzung,
dass es sich beim Einsatz gegen die prorussischen Kräfte in der Ostukraine um
einen „Anti-Terror-Einsatz“ handelt (www.tagesspiegel.de/politik/ konflikt-
in-der-ukraine-kiew-erteilt-befehl-fuer-anti-terror-einsatz/9759136.html)?

20. Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Widerspruch darin, dass bei den
Demonstrationen auf dem Maidan fast ausschließlich der demokratische
Charakter betont wurde, auch als Rathäuser, Ministerien (z. B. Energie- und
Justizministerium; www.sueddeutsche.de/politik/machtkampf-in-der-ukraine-
klitschko-fordert-raeumung-des-besetzten-justizministeriums-1.1871965)
und andere Einrichtungen (www.tagesspiegel.de/politik/machtkampf-in-
ukraine-opposition-lehnt-angebot-ab-demonstranten-besetzen-kongress
zentrum/9385004.html) besetzt, Demonstranten in Kiew 67 Polizisten
als Geiseln genommen wurden (www.tagesspiegel.de/politik/gewalt-in-der-

Drucksache 18/1274 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

ukraine-eskaliert-demonstranten-offenbar-gezielt-mit-scharfer-munition-
erschossen/9509530.html) und selbst die Abwahl des Präsidenten in An-
wesenheit bewaffneter Männer stattfand, und dagegen den jetzigen De-
monstranten in der Ost-Ukraine, die Rathäusern und Verwaltungen besetzen,
als „kaltblütige Terroristen“ bezeichnet werden (www.deutschlandfunk.de/
ukraine-konflikt-ordnung-in-der-ostukraine-wiederherstellen.694.de.html?
dram:article_id=282846), gegen die ein „Anti-Terror-Einsatz“ von Nöten sei
(http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/04/13/regierung-in-kiew-
startet-anti-terror-einsatz-in-ost-ukraine/comment-page-1/)?

21. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass das ZDF im
„heute journal“ vom 28. März 2014 zu Aufnahmen vor dem Kiewer Parla-
ment berichtete, es handele sich um erneute Proteste „gegen den gestürzten,
pro-russischen Präsidenten Janukowitsch“, der „aus dem russischen Exil zu
Volksabstimmungen in allen ukrainischen Regionen aufgerufen“ habe
(www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2123274/ZDF-heute-journal-
vom-28.-Maerz-2014#/beitrag/video/2123274/ZDF-heute-journal-vom-
28.-Maerz-2014), während die ARD zu demselben Kameramitschnitt be-
richtete, dass Hunderte Anhänger des rechten Sektors gegen den Innen-
minister demonstrieren, was die entsprechenden politischen Zeichen und
Symbole auch nahelegen (www.tagesschau.de/multimedia/sendung/ts47504.
html)?

22. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse über einen möglichen Zu-
sammenhang zwischen dem Besuch von CIA-Chef John Brennan in der
Ukraine und dem kurz darauf vom ukrainische Innenminister angekündig-
ten „Anti-Terror-Einsatz“ in Slawjansk und anderen Städten im Osten des
Landes (www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-cia-chef-brennan-sprach-
in-kiew-mit-geheimdienstbeamten-a-964489.html)?

23. Inwieweit ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Aussetzen eines
Kopfgeldes auf vermeintlich „pro-russische Kämpfer“ durch den Gouver-
neur des ukrainischen Gebietes Dnepropetrovsk (Igor Kolomoiski), der je-
dem, „der in dem Gebiet ein ‚grünes Männchen‘ (Bezeichnung für pro-rus-
sische Kämpfer ohne Hoheitsabzeichen) festnimmt, eine Belohnung von
10.000 US-Dollar“ und für „jedes von Separatisten ‚befreite‘ Gebäude […]
sogar 200.000 US-Dollar“ zahle, ein Aufruf zur Denunziation und Selbst-
justiz und nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar (www.focus.
de/politik/news-ticker-zur-ukraine-drei-tote-bei-schusswechsel-in-der-
ostukraine_id_3778182.html)?

24. Inwieweit ist der Bundesregierung bewusst, dass es sich bei den Angaben
der ukrainischen Rüstungsexportagentur, auf die sich das schwedische
Friedensforschungsinstitut SIPRI beruft, wonach sich der ukrainische Ex-
port von Pistolen und Gewehren zuletzt im Jahr 2012 auf 28 821 derartiger
Waffen belief (www.sipri.org/research/armaments/transfers/transparency/
national_ reports/ukraine/UKR-12.pdf) und zu denen die Bundesregierung
keine eigenen Erkenntnisse haben will (Antwort der Bundesregierung zu
Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestags-
drucksache 18/1222), um den ukrainischen Export von Pistolen und Geweh-
ren in die Bundesrepublik Deutschland handelt?

25. Inwieweit spielt für die Bundesregierung die Registrierung der Partei „Rech-
ter Sektor“ eine Rolle bezüglich der Beantwortung der Frage, ob nach ihrer
Kenntnis diese gegründete Partei als „rechtsextrem“ bzw. faschistisch zu
bezeichnen ist (Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen An-
frage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1222), oder
ist für möglicherweise zu ziehende Konsequenzen eine solche Einschätzung
nicht allein schon deshalb notwendig, weil Mitglieder der ukrainischen
politischen Führung eine entsprechende Nähe als Mitglieder bzw. Sympa-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/1274

thisanten haben (Antwort der Bundesregierung zu Frage 18 der Kleinen An-
frage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1222)?

26. Inwieweit ist für die Bundesregierung zur politischen Zuordnung von Mi-
nisterinnen und Ministern der ukrainischen De-facto-Regierung einzig die
Mitgliedschaft in der entsprechenden Fraktion einer Partei entscheidend
und nicht die Parteimitgliedschaft – wie sie es bezüglich des ehemaligen
Vereidigungsministers Igor Tenjuch von der „Swoboda“ getan hat (Antwort
der Bundesregierung zu Frage 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE
LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/1222)?

Berlin, den 24. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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