BT-Drucksache 18/12713

Forschung und Entwicklung in Deutschland zu globaler Gesundheit und armutsassoziierten und vernachlässigten Erkrankungen

Vom 9. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12713
18. Wahlperiode 09.06.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Kordula Schulz-Asche, Uwe Kekeritz,
Katja Dörner, Dr. Franziska Brantner, Maria Klein-Schmeink, Tabea Rößner,
Elisabeth Scharfenberg, Ulle Schauws, Dr. Harald Terpe, Doris Wagner,
Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Forschung und Entwicklung in Deutschland zu globaler Gesundheit und
armutsassoziierten und vernachlässigten Erkrankungen

Die Bundesregierung hat im Rahmen ihrer G20-Präsidentschaft das Thema Glo-
bale Gesundheit zu einem Schwerpunkt des diesjährigen G20-Treffens in Ham-
burg gemacht. Ziel der internationalen Gemeinschaft ist es, in der Agenda 2030
„ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters zu gewährleisten und ihr
Wohlergehen zu fördern“ (vgl. Programm der deutschen G20-Präsidentschaft).
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen unter anderem Forschung und Entwicklung
an den sogenannten armutsassoziierten und vernachlässigten Erkrankungen
(PRND) auch in Deutschland in geeigneter Weise vorangebracht werden. Zu die-
sem Zweck hat die Bundesregierung im Jahr 2015 das Förderkonzept „Vernach-
lässigte und armutsbegünstigte Krankheiten“ des Bundesministeriums für Bil-
dung und Forschung beschlossen.
Der Vergleich mit Fördersummen anderer Staaten und das umfangreiche Global
Health Hochschulranking, erstellt und veröffentlicht von Universities Allied for
Essential Medicines (UAEM) gemeinsam mit der Bundesvertretung der Medizin-
studierenden in Deutschland (bvmd) (www.globale-gesundheit.de), werfen aller-
dings Fragen auf, ob die Initiativen der Bundesregierung den oben genannten Zie-
len ausreichend gerecht werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

Initiativen in Deutschland und im Ausland
1. Wie bewertet die Bundesregierung, dass sie im Vergleich zu anderen Län-

dern unterdurchschnittlich wenig Förderung von Forschung und Entwick-
lung (FuE) an PRNDs betreibt, wie es im „G-FINDER 2016 Neglected
Disease Research and Development: A Pivotal Moment in Global Health“
(G-Finder Report) dargestellt wird, und wie begründet sie die bisherige ver-
hältnismäßig geringe Beteiligung, insbesondere mit Blick auf die relative
Förderung nach Bruttoinlandsprodukt (BIP) der fördernden Staaten?

Drucksache 18/12713 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Bis wann will die Bundesregierung ihren Beitrag zur Forschung an vernach-
lässigten Krankheiten den Empfehlungen der von der WHO 2010 installier-
ten Arbeitsgruppe „Consultative Expert Working Group on Research and
Development: Financing and Coordination“ (CEWG) entsprechend auf
0,01 Prozent (entspricht ca. 261 Mio. Euro jährlich) des Bruttoinlandspro-
dukts steigern?

3. Wie bewertet die Bundesregierung das Abschneiden deutscher Hochschulen
beim Global Health Hochschulranking der UAEM in Zusammenarbeit mit
der bvmd (www.globale-gesundheit.de), und welche Konsequenzen zieht die
Bundesregierung daraus für die Bereiche
a) Forschung für globale Gesundheit (etwa an PRNDs),
b) Zugang zu Forschungsergebnissen öffentlicher Einrichtungen, und
c) Lehre in globaler Gesundheit (Global Health)?

4. Plant die Bundesregierung, ihre PRND-bezogenen nationalen Förderaufrufe
auch für Forschungseinrichtungen des globalen Südens zu öffnen, wie es im
Bericht „Neue Arzneimittel gegen vernachlässigte Krankheiten“ (Bundes-
tagsdrucksache 18/12306, S. 250) vorgeschlagen wird?
a) Wenn ja, in welcher Form?
b) Wenn nein, warum nicht?

5. Beabsichtigt die Bundesregierung, ihre Initiative zu nationalen und euro-
päischen Forschungsförderungen nach dem Vorbild anderer Staaten zu er-
gänzen, wie es z. B. Italien und Großbritannien mit der Beteiligung am Ad-
vanced Market Commitment (Fonds-Initiative zur Nachfrageabsicherung,
um Marktversagen zu begegnen) tun?
a) Wenn ja, in welcher Form?
b) Wenn nein, warum nicht?

6. Beabsichtigt die Bundesregierung, ihre Initiative zu nationalen und europäi-
schen Forschungsförderungen nach dem Vorbild von Norwegen und Kanada
mit der Beteiligung am Global Financing Facility Trust Fund (Fonds-Initia-
tive insbesondere zur Förderung des Produktzugangs zur Mutter/Kind-Ge-
sundheit) zu ergänzen?
a) Wenn ja, in welcher Form?
b) Wenn nein, warum nicht?

7. Setzt sich die Bundesregierung für eine Verstetigung des 2013 von der Euro-
päischen Kommission getesteten Ideenwettbewerbs zur Lösung von beste-
henden globalen Gesundheitsproblemen „Prize for Innovation“ ein, und wie
sieht sie die Chancen für eine erneute Austragung des Wettbewerbs?
Falls die Bundesregierung sich nicht für eine Verstetigung einsetzt, warum
nicht?

8. Hat die Bundesregierung Pläne, einen nationalen Ideenwettbewerb, beispiels-
weise in Form von Forschungsprämien, ins Leben zu rufen?
a) Wenn ja, wie sehen diese Pläne aus?
b) Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12713
9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass zusätzliche
Anreize benötigt werden, um die Kosten für Forschung und Entwicklung im
Bereich der PRNDs von Produktpreis und Verkaufsmenge zu entkoppeln
(De-linkage), da sich Entwicklungskosten häufig nicht über Einnahmen auf
dem Markt refinanzieren lassen?
a) Wenn ja, welche Anreize und De-linkage Konzepte unterstützt die Bun-

desregierung?
b) Wenn nein, warum nicht?

10. Unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag eines globalen Forschungs-
fonds zur Antibiotikaforschung, oder setzt sie stattdessen auf nationale Initi-
ativen, wie es der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für
Bildung und Forschung, Stefan Müller, in der Sitzung des Forschungsaus-
schusses am 22. März 2017 nahelegte?

G20-Gipfel
11. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag im Bericht „Neue Arznei-

mittel gegen vernachlässigte Krankheiten“ (Bundestagsdrucksache 18/12306,
S. 285), die vielen Evaluationen zu einzelnen Elementen des deutschen
PRND-Engagements durch einen regelmäßigen Bericht des gesamten För-
derkonzeptes zu ersetzten (wie es z. B. mit den Geo-Forschungsberichten im
Bereich Geoinformationswesen geschieht), und welche Möglichkeiten sieht
sie, diese Anregung umzusetzen?

12. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung im Rahmen des G20-Gipfels
konkret fordern, um einen universellen Zugang zu Gesundheitsdienstleistun-
gen (UHC) für alle Menschen sicherzustellen?

13. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung im Rahmen des G20-Gipfels
fordern, um die Forschungsförderung im Bereich der Tuberkulose zu stär-
ken?

Zugänglichkeit
14. Was unternimmt die Bundesregierung um sicherzustellen, dass Ergebnisse

öffentlich finanzierter Forschung im Bereich globale Gesundheit und PRND
sozialverträglich lizensiert werden (Equitable Licensing), und hat sie Pläne,
öffentliche Förderung mit der Bedingung zu verbinden, dass die Geförderten
ein Konzept für sozialverträgliche Verwertung erarbeiten?

15. Wo fördert die Bundesregierung die gemeinsame Nutzung von moderner
Forschungsinfrastruktur (Substanzbibliotheken und Biodatenbanken, auto-
matisierte Laborausstattungen, Hochleistungsrechner) zu FuE an PRND?

16. Werden öffentliche FuE-Einrichtungen, die an globaler Gesundheit und/oder
an armutsassoziierten und vernachlässigten Erkrankungen forschen, von der
Bundesregierung dabei unterstützt, sich an WIPO RE:Search der World
Intellectual Property Organization zu beteiligen, in dem Daten, Unterlagen
und Patente für FuE-Aktivitäten zu PRNDs bereitgestellt werden und Lizen-
zen an „least developed countries“ (LDC) im Falle einer Produktzulassung
kostenlos vergeben werden?
a) Wenn ja, in welcher Form?
b) Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 18/12713 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

17. Wie werden öffentliche FuE-Einrichtungen, die an globaler Gesundheit und/

oder an armutsassoziierten und vernachlässigten Erkrankungen forschen,
von der Bundesregierung dazu angeregt, ihre Ergebnisse für alle zugänglich
zu machen, wie es z. B. in den USA oder Großbritannien mit der PubMed
Central Datenbank bzw. der Europe PubMed Central Datenbank geschieht?

18. Hat die Bundesregierung Pläne, ein Programm zu Open-Source-Medikamen-
tenentwicklung, wie z. B. das Open Source Drug Discovery Project der indi-
schen Regierung (www.osdd.net/), einzuführen?
a) Wenn ja, wie soll dies ausgestaltet werden?
b) Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 8. Juni 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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