BT-Drucksache 18/12702

Maßnahmen der Bundesregierung zur Reduzierung der Feinstaubemissionen bei Benzinfahrzeugen mit Direkteinspritzung

Vom 8. Juni 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12702
18. Wahlperiode 08.06.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Herbert Behrens, Caren Lay, Eva Bulling-Schröter,
Susanna Karawanskij, Birgit Menz, Dr. Kirsten Tackmann und der
Fraktion DIE LINKE.

Maßnahmen der Bundesregierung zur Reduzierung der Feinstaubemissionen bei
Benzinfahrzeugen mit Direkteinspritzung

Im Zusammenhang mit dem aktuellen ADAC EcoTest wurde bekannt, dass be-
stimmte Benzinfahrzeuge mit Direkteinspritzung den derzeit für Dieselfahrzeuge
geltenden Feinstaubgrenzwert im Durchschnitt um das 4,6-fache überschreiten,
bei einem smart for two sogar um das bis zu 138-fache (vgl. ADAC EcoTest vom
März 2017, www.adac.de/infotestrat/tests/eco-test/emissionen_in_der_uebersicht/
default.aspx?ComponentId=288644&SourcePageId=31832).
Die Deutsche Umwelthilfe fordert ein entsprechendes Fahrverbot (www.wiwo.
de/unternehmen/auto/feinstaub-bei-benzinern-wenn-ein-smart-so-dreckig-wie-
ein-luxusdampfer-ist/19785582-all.html).
Pressemeldungen zufolge sollen auch im Rahmen der Partikelreinigung Manipu-
lationen erfolgen, zum Beispiel durch eine Simulation des Vorhandenseins eines
nicht existenten Partikelfilters bzw. dessen in Wahrheit nicht gegebener Funkti-
onstüchtigkeit (vgl. z. B. Deutschlandfunk, Beitrag vom 12. Januar 2017 „Parti-
kelfilter im großen Umfang manipuliert“ vom www.deutschlandfunk.de/diesel-
skandal-partikelfilter-im-grossen-umfang-manipuliert.697.de.html?dram:article
_id=376200 zuletzt abgerufen am 22. Mai 2017).
Gemäß eines im Dezember 2016 veröffentlichten Berichts der Europäischen Um-
weltagentur vom 16. August 2016 starben im Jahr 2013 europaweit etwa
467 000 Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung. Die Ver-
schmutzung aus dem Verkehr, insbesondere die Belastung mit Feinstaubpartikeln
spielt hierbei eine hervorgehobene Rolle (vgl. www.eea.europa.eu/de/articles/
luftqualitaet-fuer-viele-europaeer-noch, zuletzt abgerufen am 22. Mai 2017).
Laut Berechnungen der statista GmbH beläuft sich der je zum Ersten des Jahres
festgestellte Bestand an Benzinfahrzeugen jeweils in den Jahren 2016 auf
29 978 635 und 2017 auf 29 825 223, bei Dieselfahrzeugen auf jeweils 15 089 392
in 2016 und 14 532 426 in 2017 (vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/
4270/umfrage/pkw-bestand-in-deutschland-nach-kraftstoffarten/, zuletzt abgeru-
fen am 31. Mai 2017).
In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN (Bundestagsdrucksache 18/12468) geht hervor, dass die
Bundesregierung keine eigenen Kenntnisse zu den oben genannten Mess-
ergebnissen hat. In der Antwort zu Frage 12 teilt die Bundesregierung mit, dass
im Jahr 2015 80 Prozent der gesamten Pkw-bedingten Partikelemissionen auf
Diesel-Pkw und 20 Prozent auf Benzin-Pkw entfallen.

Drucksache 18/12702 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Geht die Bundesregierung den presseöffentlichen Hinweisen auf stark er-
höhte Feinstaubpartikel und auf mögliche Manipulationen nach?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche Maßnahmen wurden bislang konkret ergriffen, und welche
sind beabsichtigt?
Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung oder welche Weisun-
gen hat das Bundesverkehrsministerium in Wahrnehmung der Fach- und
Rechtsaufsicht an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) erteilt, um diesen Hin-
weisen auf massive Feinstaubbelastungen durch Benzinfahrzeuge mit Di-
rekteinspritzung nachzugehen?

2. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse der Studie der Europäi-
schen Gesundheitsagentur zu den Zahlen an vorzeitigen Todesfällen durch
Luftverschmutzung, insbesondere durch Feinstaubpartikel, die zu einem gro-
ßen Teil vom Straßenverkehr emittiert werden?

3. Welche weiteren Kenntnisse liegen der Bundesregierung zu den Auswirkun-
gen von Verkehrsemissionen, insbesondere zu Feinstaubpartikeln, auf Leben
und Gesundheit von Menschen vor?
Welche Studien hat die Bundesregierung in den letzten zehn Jahren hierzu
selbst in Auftrag gegeben?

4. Ergibt sich nach Einschätzung der Bundesregierung aufgrund der veröffent-
lichten Zahlen zur Feinstaubbelastung durch Direkteinspritzer ein dringender
akuter Handlungsbedarf, den hohen Partikelemissionen unverzüglich entge-
genzuwirken?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen bzw. beab-
sichtigt diese?

5. Aus welchen Gründen gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bislang
für Benzinfahrzeuge mit Direkteinspritzung im Gegensatz zu Dieselfahrzeu-
gen aktuell keine gesetzliche Grenzwertregelung auf europäischer Ebene?
a) Welche Überlegungen haben dazu geführt, dass Grenzwerte für Feinstaub

für Benzinfahrzeuge mit Direkteinspritzung erst in zweiter Stufe einge-
führt werden, wie in der Antwort zu Frage 13 der Kleinen Anfrage
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache
18/12468 dargelegt?

b) Seit wann und aus welchen Quellen ist der Bundesregierung bekannt, dass
Benzinfahrzeuge mit Direkteinspritzung sehr hohe Feinstaubpartikelmas-
sen emittieren?

c) Seit wann wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Technik des Di-
rekteinspritzens in Benzinfahrzeugen serienmäßig eingesetzt?
Wie viele Direkteinspritzer sind nach Kenntnis der Bundesregierung ak-
tuell zugelassen?

d) Auf welchen Quellen und Messungen basieren die Angaben der Bundes-
regierung in der Antwort zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/12468?
Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass die PM (Partikelmasse)-Emis-
sionen von Diesel-Pkw 80 Prozent beträgt, obwohl für Diesel-Pkw zum
einen ein Grenzwert vorgegeben ist, und zum anderen der Bestand nur
etwa die Hälfte im Vergleich zu Benzin-Pkw beträgt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12702
e) Ist beabsichtigt, aufgrund der hohen Partikelemissionen speziell von Ben-
zin-Pkw mit Direkteinspritzung diese zukünftig statistisch gesondert zu
erfassen (vgl. Antwort zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/12468)?
Wenn nein, warum nicht?
Welche Position hat die Bundesregierung zu den in Frage 5 erfragten As-
pekten bislang auf der Ebene der Europäischen Gesetzgebung vertreten,
und welche vertritt sie aktuell (bitte die jeweiligen Begründungen ange-
ben)?

6. Welche Möglichkeiten der Manipulation der Feinstaubpartikelreinigung an
Benzinfahrzeugen sind der Bundesregierung und deren nachgeordneten Be-
hörden bekannt?
Inwieweit können nach Kenntnis der Bundesregierung Manipulationen be-
reits durch die Hersteller vorgenommen werden, inwieweit durch Halterin-
nen und Halter bzw. Werkstätten im Rahmen von Wartungsarbeiten?

7. Liegen der Bundesregierung die diesbezüglichen protokollarischen Aussa-
gen und Stellungnahmen der von den im 5. Parlamentarischen Untersu-
chungsausschuss der 18. Wahlperiode „Abgasskandal“ mit der Stellung-
nahme zu Manipulationsmöglichkeiten bei der Abgasreinigung beauftragten
Sachverständigen vor?
Wenn ja, wie bewertet sie diese?

8. Welche Kenntnisse und Hinweise liegen der Bundesregierung über den der-
zeitigen tatsächlichen Einsatz von Manipulationstechniken vor?
Auf welche Weise bzw. mit welchen Verfahren sind Manipulationen nach
Kenntnis der Bundesregierung identifizierbar, und wer ist für die jeweiligen
Prüfungen zuständig?

9. Mittels welcher Maßnahmen und Anweisungen an nachgeordnete Behörden
stellt die Bundesregierung sicher, dass das Kraftfahrt-Bundesamt rechtswid-
rige Manipulationen an der Feinstaubpartikelreinigung an Direkteinspritzern
identifiziert, und welchen Informationsaustausch führt die Bundesregierung
und nachgeordnete Behörden diesbezüglich mit den für die Erteilung der Be-
triebszulassung zuständigen Behörden der Bundesländer?

10. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung ein verlässlicher Informations-
und Fachaustausch innerhalb des Kraftfahrt-Bundesamtes bei Auftreten von
technischen Auffälligkeiten oder Unregelmäßigkeiten, die in den Prüfungen
des Kraftfahrt-Bundesamtes auftreten, gewährleistet?
Wie wird gewährleistet, dass die entsprechenden Erkenntnisse an die rele-
vanten Abteilungen der Bundesministerien (vor allem Verkehr, Umwelt, Ge-
sundheit, Verbraucherschutz) gelangen?

11. Nach welchen Kriterien gehen die Bundesregierung und nachgeordnete Be-
hörden Hinweisen von externen Institutionen auf Unregelmäßigkeiten bei
Messungen auf der Basis des Amtsermittlungsgrundsatzes gemäß § 24 des
Verwaltungsverfahrensgesetzes nach?

12. Welche Vorgaben und Fachanweisungen hat diesbezüglich die Bundesregie-
rung an die nachgeordneten Behörden, insbesondere das Kraftfahrt-Bundes-
amt sowie das Umweltbundesamt, wann erteilt (bitte diesbezügliche Anwei-
sungen der letzten zehn Jahre angeben)?

Drucksache 18/12702 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

13. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die von Dritten und insbeson-

dere so genannten Hinweisgebern (Whistleblowern) aufgestellten Behaup-
tungen über Missstände von diesen auch zu beweisen sind (bitte begründen)?
Wenn ja, wie sollen derartige Beweise nach Auffassung der Bundesregierung
beschaffen sein, damit diese als „belastbar“ gelten?

14. Welche Vorkehrungen haben die Bundesregierung und die nachgeordneten
Behörden zum Schutz von Whistleblowern getroffen?

15. Durch welche Abläufe und Vorgaben ist nach Kenntnis der Bundesregierung
die rechtskonforme Anwendung und Auslegung der Vorschriften zur Emis-
sionsminderung durch das Kraftfahrt-Bundesamt sichergestellt?

16. Durch welche Vorgaben oder Weisungen an das Kraftfahrt-Bundesamt wird
dabei konkret sichergestellt, dass bei in Tests auftretenden Auffälligkeiten
(Verdachtsfällen) eine angemessene weitergehende Prüfung, rechtliche Be-
wertung sowie angemessene Verfolgung stattfindet?

17. Wie stellen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahlen der Anträge
auf Typenzulassung (nur Gesamtzulassung und emissionsrelevante Geneh-
migung) von leichten Nutzfahrzeugen und Personenkraftwagen seit Januar
2016 bis Mai 2017 dar (bitte getrennt nach Monaten darstellen, und bitte nach
Benzinfahrzeugen und Dieselfahrzeugen aufschlüsseln)?

Berlin, den 6. Juni 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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