BT-Drucksache 18/1263

Sprengstoffbesitz von Neonazis (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/465)

Vom 24. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1263
18. Wahlperiode 24.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, Katrin Kunert,
Petra Pau, Halina Wawzyniak, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Sprengstoffbesitz von Neonazis (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/465)

Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort vom 10. Februar 2014 – Bundestags-
drucksache 18/465 – auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. u. a. mit-
geteilt, dass die Beantwortung der gestellten Fragen aus verschiedenen Gründen
für den angefragten Zeitraum nur in begrenztem Umfang möglich sei. So könn-
ten Erkenntnisse zu Straftaten im Bereich der PMK-rechts mit Bezügen zum
Tatmittel Sprengstoff aus der insoweit relevanten Datei LAPOS (Lagebild Aus-
wertung politisch motivierte Straftaten) erst beginnend ab Einrichtung des
KPMD-PMK im Jahr 2001 recherchiert werden, sofern diesbezügliche Informa-
tionen durch die örtlich zuständigen Beamten mitgeteilt wurden. Zudem handele
es sich bei der Datei LAPOS um eine Datei, die keine einzelfallbezogenen Daten
enthalte.
Tatsächlich jedoch führt das Bundeskriminalamt (BKA) in seiner Abteilung
ZD32 bereits seit den 70er-Jahren mit der Zentralen Datei für Spreng- und Brand-
vorrichtungen (Tatmittelmeldedienst – TMD) eine umfassende Datei, in welcher
neben den der Meldung jeweils zugrunde liegenden Spreng- und Brandvorrich-
tungen, deren technischer Aufbau und Funktionsweise sowie Informationen zu
den Umständen des Einsatzes des Tatmittels, den (vermuteten) Motiven der Tat-
verdächtigen sowie deren Zielrichtung eingetragen wird. Zweck der zentral auch
für Auskünfte an die Landeskriminalämter und Landespolizeien zur Verfügung
stehenden Datei ist es, Spreng- und Brandvorrichtungen nicht nur anhand der
technischen oder chemischen Zusammensetzungen sondern bspw. auch anhand
des Tatobjektes (bspw. Anschläge gegen Einrichtungen und Fahrzeuge der Bun-
deswehr) vergleichen zu können, um so alle in Betracht kommenden Ermittlungs-
ansätze aus anderen Ermittlungsverfahren nutzbar zu machen. So verfügte die
Tatmittelmeldedatei im Jahr 2009 über ca. 15 000 verschiedene Einträge, zu
denen auch solche über die mutmaßlichen Mitglieder des Nationalsozialistischen
Untergrunds (NSU), Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe zählten
(Quelle: Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, 2. Untersuchungsausschuss,
Protokoll Nr. 36 vom 25. Oktober 2012, Aussagen der Zeugen Jürgen Maurer und
Ernst Setzer vom BKA). Nach Angaben des Zeugen Ernst Setzer lassen die
229 Datenfelder auch eine Recherche unter dem Schwerpunkt Tatobjekt oder
Tätermotivation zu.
Leider findet diese Datei und die hierdurch gegebene Informationsmöglichkeit
in der Antwort der Bundesregierung keine Erwähnung.
Ebenso ist in der Antwort der Bundesregierung nicht zu entnehmen, dass die
Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit den nach §§ 7, 8,

Drucksache 18/1263 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
8a, 20 des Sprengstoffgesetzes (SprengG) erforderlichen behördlichen Auskünf-
ten für die Erlaubnis oder einen Befähigungsschein für den beruflichen Umgang
mit Sprengstoffen berücksichtigt worden wären, da insoweit allein auf die An-
gaben in der Datei KPMD-PMK Bezug genommen wird.
Darüber hinaus sind den Ermittlungsbehörden mit dem Gesetz zur Verfolgung
der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG vom
30. Juli 2009, BGBl. I 2437) und dabei insbesondere dem § 89a des Strafge-
setzbuches (StGB) tatsächlich weitreichende Befugnisse bei der Verfolgung von
Vorbereitungshandlungen in die Hand gegeben worden, die auch auf Orga-
nisationen und Aktivitäten der rechtsextremen Szene abzielen (Bundestags-
drucksache 16/12428, S. 1; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, Strafgesetz-
buch-Kommentar, 28. Auflage 2010, § 89a, Rn. 1). Hier besteht eine grund-
sätzliche Verfolgungszuständigkeit des Generalbundesanwaltes im Rahmen der
Bundesgerichtsbarkeit i. S. d. Artikels 96 Absatz 5 des Grundgesetzes (GG)
(Maunz/Düring/Jachmann, Grundgesetz-Kommentar, 69. Ergänzungslieferung
2013, Art. 96, Rn. 56 f.). Allerdings geht aus der Antwort der Bundesregierung
vom 7. März 2011 – Bundestagsdrucksache 17/4988 – auf die Kleine Anfrage der
Fraktion DIE LINKE. hervor, dass bis zum damaligen Zeitpunkt Ermittlungsver-
fahren des Generalbundesanwaltes wegen Straftaten nach § 89a StGB allein ge-
gen mutmaßliche Angehörige des Phänomenbereichs Islamismus gerichtet ge-
wesen seien. Dies ist angesichts der in der Antwort der Bundesregierung vom
10. Februar 2014 – Bundestagsdrucksache 18/465 – genannten Beispielfälle
(dort S. 5 f.) nicht nachvollziehbar.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die in der Datei Tatmit-

telmeldedienst zu Brand- und Sprengvorrichtungen beim BKA gespeicherten
Ermittlungsvorgänge im Hinblick auf die Verwendung der sichergestellten
Tatmittel im Bereich von Straftaten der PMK-rechts (bitte nach Bundesland,
Art und Menge der Spreng- und Brandstoffe bzw. der Spreng- und Zündvor-
richtungen, Datum der Ereignismeldung im TMD und Ausgang etwaiger Er-
mittlungsverfahren aufschlüsseln)?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die in der Datei Tatmit-
telmeldedienst zu Brand- und Sprengvorrichtungen beim BKA gespeicherten
Ermittlungsvorgänge im Hinblick auf den Besitz der sichergestellten Tatmit-
tel durch Personen aus dem Bereich der PMK-rechts (bitte nach Bundesland,
Art und Menge der Spreng- und Brandstoffe bzw. der Sprengvorrichtung,
Datum der Ereignismeldung in den TMD und Ausgang etwaiger Ermittlungs-
verfahren aufschlüsseln)?

3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung aufgrund von Zuverlässig-
keitsüberprüfungen der Sicherheitsbehörden nach dem SprengG über die Er-
teilung oder die Ablehnung von Erlaubnissen oder Befähigungsscheinen zum
beruflichen Umgang mit Sprengmitteln durch Personen aus der neonazisti-
schen oder extrem rechten Szene?

4. In wie vielen Fällen sind Erlaubnisse oder Befähigungsscheine zum beruf-
lichen Umgang mit Sprengmitteln infolge von Ermittlungsverfahren gegen
Personen aus der neonazistischen oder extrem rechten Szene widerrufen wor-
den?

5. Wie viele Ermittlungsverfahren nach § 89a StGB wurden seit Inkrafttreten
des Gesetzes im Zusammenhang mit Brand- und Sprengvorrichtungen einge-
leitet?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1263
6. Wie viele dieser Ermittlungsverfahren richteten bzw. richten sich jeweils ge-
gen wie viele mutmaßliche Angehörige des Phänomenbereichs Rechtsextre-
mismus (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)?

7. In wie vielen der Fälle der in der Frage 6 genannten Ermittlungsverfahren
wurde zugleich wegen Straftaten nach den §§ 129, 129a StGB ermittelt (bitte
nach Bundesländern aufschlüsseln)?

Berlin, den 22. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.