BT-Drucksache 18/12400

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Katja Keul, Renate Künast, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/10965 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz ‒ OEG)

Vom 17. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12400

18. Wahlperiode 17.05.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Katja Keul, Renate Künast,

Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/10965 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die
Entschädigung für Opfer von Gewalttaten
(Opferentschädigungsgesetz ‒ OEG)

A. Problem

Das Opferentschädigungsgesetz (OEG) lässt nach Aussage der antragstellenden
Fraktion Lücken, wenn die zugrundeliegende Tat von dem Angreifer durch den
Gebrauch eines Kraftfahrzeuges verursacht worden ist. Zum Schließen dieser
Schutzlücke sei das Pflichtversicherungsgesetz (PflVG) vorgesehen. Für Ersatz-
ansprüche gegen den „Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfäl-
len“ sei die Leistungspflicht aber in diesen Fällen bei Verletzung oder Tötung von
Personen auf maximal 7,5 Millionen Euro pro Schadensfall begrenzt. Diese
Summe erscheine hoch, könnte jedoch schnell überschritten werden, wenn eine
Person absichtlich mit einem Kraftfahrzeug in eine Menschenansammlung hin-
einrase.

B. Lösung

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert, zur Sicherung einer rechtssi-
cheren Versorgung und Entschädigung für alle Opfer die Ausnahme von der An-
wendbarkeit des OEG bei Schäden aus einem tätlichen Angriff, die von dem An-
greifer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verursacht
worden seien, aufzuheben. Ersatzansprüche gegen den Entschädigungsfonds für
Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen blieben unberührt.

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Drucksache 18/12400 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen

Annahme des Gesetzentwurfs.

D. Kosten

Genaue Kostenrechnungen wurden nicht angestellt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12400

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/10965 abzulehnen.

Berlin, den 17. Mai 2017

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Gabriele Schmidt (Ühlingen)
Stellv. Vorsitzende

Jutta Eckenbach
Berichterstatterin

Drucksache 18/12400 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Jutta Eckenbach

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/10965 ist in der 216. Sitzung des Deutschen Bundestages am 27. Januar
2017 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss für Recht
und Verbraucherschutz und den Haushaltsausschuss zur Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Die Ausnahme aus dem Anwendungsbereich des OEG von Schäden aus einem tätlichen Angriff, die von dem
Angreifer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers verursacht worden seien, werde auf-
gehoben, heißt es in der Gesetzesbegründung. Das Argument, das bei Einführung dieser Ausnahme vorgebracht
worden sei – dass diese Schäden nur über den Entschädigungsfonds praktisch im gleichen Verfahren abgewickelt
werden sollten wie bei Bestehen einer Deckung durch Haftpflichtversicherung – müsse aus Opferschutzgesichts-
punkten zurücktreten, da sich gezeigt habe, dass bei Fällen des Einsatzes des Kraftfahrzeugs als „Waffe“ für einen
Anschlag die Gefahr bestehe, dass Opfer nicht angemessen entschädigt und versorgt werden könnten. Das OEG
sehe keine Obergrenze, keine Beschränkung der Leistungsdauer oder Verjährung vor. Das OEG biete über das
Bundesversorgungsgesetz einen umfangreichen Leistungskatalog, der insbesondere bei dauerhaften Schädigungs-
folgen weit über eine Entschädigung hinausgehe, die auf Grundlage des Pflichtversicherungsgesetzes von der
Verkehrsopferhilfe erbracht werden könne.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sowie der Haushaltsausschuss haben den Gesetzentwurf
auf Drucksache 18/10965 in ihren Sitzungen am 17. Mai 2017 beraten und dem Deutschen Bundestag mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN die Ablehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/10965 in seiner 117. Sitzung
am 17. Mai 2017 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU machte geltend, dass nach dem aktuellen Kenntnisstand in der Folge des schreckli-
chen Attentates auf dem Berliner Breitscheidplatz allen Opfern bzw. ihren Hinterbliebenen geholfen werden
konnte. Daher gebe es derzeit in diesem Punkt keinen akuten Regelungsbedarf. Darüber hinaus würde die vorge-
schlagene Regelung voraussichtlich rechtssystematische Probleme schaffen, da sie den Einstieg in eine Abgren-
zung der verschiedenen Opfergruppen bedeuten würde. Die Fraktion lehne den Gesetzentwurf daher ab. Man sehe
aber durchaus die Notwendigkeit, das Opferentschädigungsgesetz insgesamt zu überarbeiten und beispielsweise
Anlaufstellen für Geschädigte zu schaffen.

Die Fraktion der SPD schloss sich der inhaltlichen Einschätzung des Koalitionspartners an. Das Bundesminis-
terium für Arbeit und Soziales habe für alle Geschädigten bzw. die Hinterbliebenen der Opfer des Attentats auf
dem Berliner Breitscheidplatz letztlich Hilfen organisiert – beispielsweise über finanzielle oder psychotherapeu-
tische Unterstützung. Das zeige, dass eine Rechtsänderung nicht notwendig sei. Wenn man die Rechtsnorm, wie
von den Initiatoren gewünscht, tatsächlich ändern würde, würde dies zudem statt zu besseren Hilfsmöglichkeiten

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12400

für Geschädigte nur zu einer Entlastung der Versicherungswirtschaft führen und den Steuerzahler mit den Kosten
belasten; denn der jetzt kritisierte Passus im Gesetz finde zumeist Anwendung auf Verkehrsunfälle.

Die Fraktion DIE LINKE. begrüßte den Gesetzentwurf. Unterstützung für Opfer und Hinterbliebene von An-
schlägen, bei denen das Kfz als Tatwerkzeug verwendet werde, sei wichtig, wenn man den Zweck des Gesetzes
betrachte. Opfer dürften nicht ohne Hilfe bleiben. Es habe sich aber klar gezeigt, dass das Opferentschädigungs-
gesetz an dieser Stelle eine Lücke lasse. Der Staat sei für Hilfe in solchen Lagen zuständig. Die Hinterbliebenen
dürften nicht von Härtefallregelungen abhängig bleiben. Daher werde die Fraktion dem Gesetzentwurf zustim-
men.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwies zur Begründung ihres Gesetzentwurfs u. a. auf den An-
schlag auf dem Breitscheidplatz in Berlin. In der Folge habe sich gezeigt, dass Regelungen für die Hilfe in solchen
Fällen fehlten; denn das Opferentschädigungsgesetz sehe ausdrücklich eine Ausnahme vor, wenn die Tat von dem
Angreifer durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht worden sei. Diese Lücke wolle man jetzt schlie-
ßen. Der Gesetzentwurf sehe als Konsequenz die Streichung der genannten Ausnahme aus dem Gesetz vor. Die
Fraktion unternehme auch deshalb diesen Anlauf, weil die von der Regierungskoalition angekündigte Überarbei-
tung des Opferentschädigungsgesetzes nicht erfolgt sei.

Berlin, den 17. Mai 2017

Jutta Eckenbach
Berichterstatterin

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