BT-Drucksache 18/12351

Brennelemente aus Lingen für belgische, französische und deutsche Atomkraftwerke

Vom 10. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12351
18. Wahlperiode 10.05.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay,
Herbert Behrens, Andrej Hunko, Kerstin Kassner, Birgit Menz,
Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Brennelemente aus Lingen für belgische, französische und deutsche
Atomkraftwerke

Die beiden Uranfabriken in Gronau und Lingen sind bislang vom Atomausstieg
ausgenommen und verfügen über unbefristete Betriebsgenehmigungen. Beide
Uranfabriken versorgen mit ihren Produkten Atomkraftwerke (AKW) in aller
Welt mit den erforderlichen Brennstoffen. Zu den Kunden gehören auch störan-
fällige Atomkraftwerke, darunter die Atommeiler in Tihange und Doel in Belgien
und entsprechende Uralt-Atomkraftwerke in Frankreich oder der Schweiz. Damit
tragen die Uranfabriken dazu bei, dass Atomkraftwerke, deren Weiterbetrieb auch
aus Sicht des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsi-
cherheit (BMUB) zu kritisieren ist, weiter Atomstrom erzeugen können. Die Aus-
fuhr der Kernbrennstoffe ist genehmigungspflichtig. Zuständige Behörde dafür
ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Brennelemente wurden in den Jahren 2016 und 2017 von Lingen

zu den belgischen Reaktorblöcken Tihange 2, Doel 1, Doel 2 und Doel 3
gebracht (bitte nach jeweiligem Transporttag, Anzahl der transportierten
Brennelemente und jeweiligem Ziel-Reaktorblock in Belgien aufschlüs-
seln)?

2. Wie viele Brennelemente aus den aktuellen Ausfuhrgenehmigungen dürfen
noch bis April 2018 von Lingen nach Belgien gebracht werden (bitte nach
jeweiligem Reaktorblock und Anzahl der noch zu liefernden Brennelemente
aufschlüsseln)?

3. Seit wann wusste die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und
Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, persönlich von den im Jahr 2016
beantragten und vom BAFA bewilligten Ausfuhrgenehmigungen für Brenn-
elemente von Lingen nach Tihange 2 und Doel 3?

4. Wann wurde das BMUB erstmals – und auf welcher Fachebene – vom BAFA
über die vorliegenden Anträge für Ausfuhrgenehmigungen für Brennele-
mente von Lingen nach Tihange 2 und Doel 3 informiert?

5. Welche Konsequenzen haben die Bundesumweltministerin Dr. Barbara
Hendricks persönlich und das BMUB insgesamt aus diesem Wissen gezogen,
angesichts der intensiven Kritik durch die Bundesumweltministerin am Wei-
terbetrieb dieser Risiko-Reaktoren?

Drucksache 18/12351 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Welche neuen Anträge für Ausfuhrgenehmigungen oder bereits bewilligte
Ausfuhrgenehmigungen für Brennelementelieferungen von Lingen an belgi-
sche Atomkraftwerke liegen dem BAFA, dem Bundesamt für Strahlenschutz
(BfS) bzw. dem Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE)
oder dem BMUB seit Juli 2016 vor (bitte nach jeweiligem Antrag, Tag der
Antragstellung, Umfang der beantragten Brennelementelieferung, konkre-
tem Antragsteller, gegebenenfalls Tag der bewilligten Ausfuhrgenehmi-
gung/Transportgenehmigung sowie Ziel-Reaktorblock in Belgien aufschlüs-
seln)?

7. Plant das BMUB auch in Zukunft Brennelementexporte für die Reaktoren in
Doel, Tihange, Cattenom und Fessenheim zu bewilligen, auch wenn deren
Weiterbetrieb nach Einschätzung des BMUB wegen der Sicherheitsrisiken
nicht vertretbar ist?

8. Wurden die Brennelemente, die im AKW Brokdorf bei der Revision im
Februar und März 2017 auffällig wurden, in Lingen produziert?
Wenn ja, um wie viele Brennelemente handelt es sich, wann wurden diese
hergestellt und ausgeliefert, und welche Mängel wurden konkret festgestellt?

9. Wie viele Brennelemente wurden aus Lingen für die letzten Brennelemente-
wechsel des AKW Brokdorf konkret geliefert (bitte nach jeweiligen Liefer-
tagen und Anzahl der jeweils gelieferten Brennelemente aufschlüsseln)?

10. Welche Schlussfolgerungen hat die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein
nach Kenntnis der Bundesregierung aus den Vorkommnissen rund um die
auffällig gewordenen Brennelemente im AKW Brokdorf gezogen?

11. Gab bzw. gibt es diesbezüglich Gespräche zwischen der Landes-Atomauf-
sicht, den Betreibern und dem BMUB?
Wenn ja, wann, auf welcher Fachebene, und mit welchem Ergebnis?

12. Gibt es Hinweise auf eine fehlerhafte Herstellung der Brennelemente am
Produktionsort?
Wenn ja, was wurde konkret veranlasst, um diese Frage zu klären?

13. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung Oxidationsprobleme
auch an Brennelementen an anderen AKW-Standorten bekannt geworden?
Wer war dabei jeweils Hersteller der Brennelemente, und wie viele in wel-
cher Anlage stammten dabei jeweils aus Lingen?

14. Werden Brennelemente, bevor sie von Lingen aus ins Ausland exportiert
werden, in Lingen oder andernorts einer Qualitäts- und Sicherheitskontrolle
durch die Behörden unterzogen?

15. Inwieweit sind Transporte von Brennelementen von den neuen verschärften
Sicherheitsvorschriften für Transporte von Kernbrennstoffen durch Deutsch-
land betroffen, und welche Veränderungen sind dies konkret?

16. Wird sich am Produktionsstandort Lingen und bei der Ausstattung der
Brennelement-Transport-Lkw und ihrer – bislang fehlenden – Sicherheitsbe-
gleitung etwas ändern müssen?
Wenn ja, welche Veränderungen gibt es?
Wenn nein, warum nicht?

17. Sind die Gutachten zur Prüfung einer Stilllegung der Brennelementefabrik in
Lingen sowie der Urananreicherungsanlage in Gronau inzwischen beauf-
tragt?
Wenn ja, wann, und an wen jeweils?
Wenn nein, warum nicht, und bis wann soll das erfolgen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12351

18. Wann ist derzeit mit ersten Ergebnissen dieser Studien zu Gronau und Lin-

gen zu rechnen?
19. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung die Auslastung der Brenn-

elementefabrik in Lingen in den Jahren 2015 und 2016 gemessen an der Ka-
pazität der Anlage (siehe Bundestagsdrucksache 18/3771)?

20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die geplante Aufspaltung
des Areva-Konzerns als Eigentümer der Brennelementefabrik in Lingen?

21. Welche Auswirkungen wird die Aufspaltung des Areva-Konzerns nach
Kenntnis der Bundesregierung auf den Standort Lingen haben (neuer Eigen-
tümer etc.)?

22. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil an angereicher-
tem Uran aus Gronau bei der Brennelementeproduktion in Lingen bezogen
auf die Gesamtkapazität seit 2011 (bitte nach jeweiligem Jahr aufschlüs-
seln)?

23. Wie hoch ist der Anteil an angereichertem Uran aus Russland bei der Brenn-
elementeproduktion in Lingen seit 2011 (bitte nach jeweiligem Jahr auf-
schlüsseln)?

Berlin, den 9. Mai 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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