BT-Drucksache 18/12348

Brexit und die Auswirkungen auf den Urananreicherer URENCO

Vom 15. Mai 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12348
18. Wahlperiode 15.05.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Caren Lay, Eva Bulling-Schröter,
Kerstin Kassner, Thomas Lutze, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion
DIE LINKE.

Brexit und die Auswirkungen auf den Urananreicherer URENCO

Großbritannien ist sowohl als Eigentümer als auch als Kontrollinstanz im Rah-
men der Verträge von Almelo, Washington, Cardiff und Paris an dem mehrstaat-
lichen Urananreicherungsunternehmen URENCO beteiligt und außerdem über
die URENCO gemeinsam mit der französischen AREVA an der Enrichment
Technology Company (ETC) beteiligt. Die URENCO stellt in entsprechenden
Anlagen in Gronau (D), Almelo (NL), Capenhurst (UK) und Eunice (USA) an-
gereichertes Uran für den Einsatz in kommerziellen Atomreaktoren her. Die Staa-
ten Großbritannien und Niederlande sowie die deutschen Unternehmen E.on und
RWE sind zu je einem Drittel Eigentümer der URENCO. Die Kontrolle über die
URENCO, die technisch auch hochangereichertes waffenfähiges Uran herstel-
len könnte, wird über die genannten internationalen Verträge jeweils von den
Almelo-Gründungstaaten Niederlande, Großbritannien und Deutschland sowie
in den Folgeverträgen durch die USA und Frankreich durchgeführt. Auch die
Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM) ist für Kontrollen im Rahmen der
Nicht-Verbreitung zuständig. Die ETC wiederum ist seit dem Jahr 2007 nicht
mehr im alleinigen Besitz der URENCO, sondern zu jeweils 50 Prozent ein Ge-
meinschafts-Unternehmen mit der AREVA.
Großbritannien will nunmehr aus der Europäischen Union (EU) aussteigen und
hat nach Informationen der Fragesteller auch angekündigt, dass damit ein Austritt
aus EURATOM verbunden sein soll.
Mit dem Brexit und dem Ausstieg von Großbritannien aus EURATOM stellen
sich damit erhebliche neue Anforderungen an eine neue rechtliche Gestaltung der
URENCO und der bestehenden Kontrollsysteme über die URENCO. Dies ist
auch vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass unabhängig vom Brexit die Re-
gierung von Großbritannien und die deutschen Anteilseigner E.on und RWE ei-
nen Verkauf ihrer Anteile an URENCO planen. Dazu hat die Fraktion DIE
LINKE. in der Vergangenheit mehrfach Kleine Anfragen an die Bundesregierung
gestellt.
In der Ausschussdrucksache 18(16)554 hat das Referat PE3 der Verwaltung des
Deutschen Bundestages jüngst den Umweltausschuss über die Auswirkungen des
Brexit auf die Atom-, Klima- und Umweltpolitik informiert, ohne dabei allerdings
auf die mit URENCO zusammenhängenden Probleme und Anforderungen einzu-
gehen.

Drucksache 18/12348 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist sich die Bundesregierung der besonderen Problematik des Brexit mit
Blick auf die mehrstaatliche URENCO mit britischer Beteiligung bewusst?
Wenn ja, welche Fragestellungen sind dabei aus Sicht der Bundesregierung
besonders relevant?
Wenn nein, warum nicht?

2. Hat es seit dem Brexit-Beschluss Großbritanniens zwischen den beteiligten
Kontroll-Staaten sowie zwischen den Anteilseignern der URENCO Kontakte
und Gespräche gegeben, um die Anforderungen an die erforderliche Neuord-
nung der URENCO als Unternehmen und im Rahmen der mehrstaatlichen
Kontrolle zu definieren?
Wenn nein, warum nicht, und wann soll das erfolgen?
Wenn ja, wann, und was wurde inhaltlich und als Fahrplan vereinbart, um
die Neuordnung der URENCO und der Kontrolle über sie zu strukturieren?

3. Welche Auswirkungen auf den geplanten Verkauf der URENCO hat der
Brexit aus Sicht der Bundesregierung in praktischer und zeitlicher Sicht?

4. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Überlegungen, den britischen
Teil der URENCO aus dem bisherigen Unternehmen abzutrennen und als
britische Unternehmung eigenständig zu betreiben?
Wenn ja, wie sehen diese in den Eckdaten aus?

5. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die britische
URENCO-Anreicherungsanlage in Capenhurst nach einem Brexit und dem
britischen Austritt aus der EURATOM künftig nicht mehr mit Uran versorgt
werden könnte, ohne dass dazu neue Verträge zwischen Großbritannien und
der EURATOM/EU bzw. der Internationalen Atomenergie-Organisation
(IAEO) und anderen Staaten geschlossen werden müssten?
Wenn ja, wie genau ist die Problemlage?
Wenn nein, was trifft dann zu?

6. Welche rechtlichen und praktischen Folgen hat aus Sicht der Bundesregie-
rung der Brexit und der EURATOM-Austritt für den Umgang (Beschaffung,
Verarbeitung, Transport) von Kernbrennstoffen zwischen den zu URENCO
gehörenden Anlagen in den drei Staaten Niederlande, Großbritannien und
Deutschland sowie in den USA?

7. Welche grundsätzlichen Auswirkungen auf eine Neuordnung wird der Brexit
und der Austritt aus der EURATOM jeweils mit Blick auf die Verträge von
Almelo, Washington, Cardiff und Paris haben, die die Aufsicht über die
URENCO haben?

8. Ist nach Einschätzung oder Kenntnis der Bundesregierung davon auszuge-
hen, dass die Verträge von Almelo, Cardiff, Washington und Paris neu ge-
fasst werden müssen, und welche Regelungen insbesondere wären davon be-
troffen?
Wenn nein, warum wird das nicht der Fall sein?

9. Welche Auswirkungen wird der Brexit und der Austritt aus der EURATOM
mit Blick auf die Safeguards auf die britischen Teile von URENCO haben,
und welche Auswirkungen hätte dies auch für die Urananreicherungsanlagen
in den anderen (weiterhin EU-Mitglied-)Staaten?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12348

10. Sieht die Bundesregierung Möglichkeiten, die anstehende Neuordnung der

URENCO und des Kontrollregimes dahingehend zu nutzen, die endgültige
Stilllegung der Urananreicherungsanlage in Gronau zu befördern und diese
damit endlich in den Atomausstieg der Bundesrepublik Deutschland einzu-
beziehen?
Wenn ja, in welcher Weise könnte das der Fall sein?
Wenn nein, warum nicht?

11. Wird die Bundesregierung im Zusammenhang mit den Brexit-Verhandlun-
gen und den damit in Verbindung stehenden Neuregelungen auch bei der
EURATOM die Möglichkeiten dazu nutzen, den bisherigen Atomfördercha-
rakter der EURATOM endlich abzuschaffen und sich in den dabei beteiligten
Gremien der EU dafür einsetzen, dass die EURATOM künftig nicht mehr
den Ausbau der Atomenergie, sondern lediglich noch die Sicherheit der in
Betrieb befindlichen Atomanlagen bis zu deren schnellst möglicher Stillle-
gung begleitet?
Wenn nein, warum nicht?
Wenn ja, wie wird sich die Bundesregierung für die Abschaffung des bishe-
rigen Fördercharakters einsetzen?

Berlin, den 15. Mai 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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