BT-Drucksache 18/1229

Industrieprivilegien

Vom 24. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1229
18. Wahlperiode 24.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Caren Lay, Ralph Lenkert,
Hubertus Zdebel, Heidrun Bluhm und der Fraktion DIE LINKE.

Industrieprivilegien

Die Bundesregierung befreit die energieintensive Industrie weitgehend von den
Kosten der Energiewende, etliche Firmen verdienen gar daran. In der Folge zah-
len private Haushalte und kleine Firmen über den Strompreis zusätzlich bzw. es
gehen dem Bundeshaushalt Einnahmen verloren. Beispiele dafür sind die abge-
senkte Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), der Spitzenaus-
gleich bei der Ökosteuer oder Befreiungen bei Netzentgelten und der Umlage
nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG-Umlage). Hinzu kommt die
weitgehend kostenlose Zuteilung von Zertifikaten für die Industrie im Emis-
sionshandel in der Europäischen Union (EU). In der Summe führen die Begüns-
tigungen zu einer enormen Umverteilung. Nach einer Studie von arepo consult
für die Fraktion DIE LINKE. vom Februar 2013 hätten sie im Jahr 2013 voraus-
sichtlich ca. 16,2 Mrd. Euro betragen. Dabei wurde als Vergleichsszenario zu-
grunde gelegt, wie die Kostenverteilung ausgesehen hätte, hätte eine Gleichver-
teilung der jeweiligen Belastungen auf alle Endverbraucher stattgefunden bzw.
wäre der volle Steuersatz bzw. die volle Abgabe erhoben worden.
Die größte Subvention im Jahr 2013 stellten nach der Studie die Industrieprivi-
legien der Besonderen Ausgleichsregelung und des Eigenstromverbrauchs im
EEG dar. Auf sie entfielen demnach mit etwa 5,5 Mrd. Euro ein Drittel der
Gesamtentlastung im Jahr 2013. Vom Volumen der Begünstigung folgten der da-
maligen Prognose zufolge die Ausnahmen von der Ökosteuer (5,1 Mrd. Euro)
und von den Konzessionsabgaben (3,6 Mrd. Euro). Auf die Vorteile durch die
kostenlose Zuteilung der CO2-Zertifikate im EU-Emissionshandel entfielen auf-
grund der niedrigen Zertifikatepreise „nur“ 1,1 Mrd. Euro. Dazu kamen weitere
Begünstigungen beim Netzentgelt und dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz so-
wie bei der Haftungsregelung für Versäumnisse der Netzbetreiber beim An-
schluss von Offshore-Windanlagen.
Im Zuge der Novellierung des EEG und weiterer diesbezüglich relevanter Ge-
setze dürfte – unabhängig von der Debatte um die Berechtigung des Ausmaßes
der Industrieprivilegien – von Interesse sein, inwieweit sich diese Zahlen aus
Sicht der Bundesregierung bestätigt haben, und wie hoch die Bundesregierung
die entsprechenden Entlastungswirkungen für das Jahr 2014 schätzt, legt sie als
Vergleichsszenario zugrunde: jeweils eine fiktive Gleichverteilungsumlage bzw.
einen vollen Steuer- bzw. Abgabesatz, auktionierte statt kostenlos vergebene
Emissionszertifikate und einen Verzicht auf eine Strompreiskompensation im
EU-Emissionshandel. Bei der EEG-Umlage sollte dabei zunächst die Rechts-
lage des geltenden EEG 2012 für das gesamte Jahr 2014 zugrunde gelegt wer-
den. Anschließend sind die Auswirkungen der von der Bundesregierung geplan-
ten EEG-Reform einzubeziehen.

Drucksache 18/1229 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch waren im Begrenzungsjahr 2013 und wie hoch werden wahrschein-

lich für das Begrenzungsjahr 2014 die Entlastungen der Wirtschaft innerhalb
des EEG ausfallen, aus
a) der Besonderen Ausgleichsregelung und
b) dem Eigenstromprivileg,
und um welchen Cent-Betrag stieg bzw. steigt dadurch für nicht privilegierte
Endverbraucher die EEG-Umlage?

2. Wie hoch werden wahrscheinlich für das Begrenzungsjahr 2015 die Entlas-
tungen der Wirtschaft innerhalb des EEG ausfallen, aus
a) der Besonderen Ausgleichsregelung und
b) dem Eigenstromprivileg,
legt man die Vereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und der
Bundesregierung zu den Industrieprivilegien sowie den Kabinettsentwurf des
EEG 2014 zugrunde, und um welchen Cent-Betrag steigt dadurch für nicht
privilegierte Endverbraucher die EEG-Umlage?

3. Wie hoch waren im Jahr 2013 und wie hoch werden wahrscheinlich im Jahr
2014 die Entlastungen der Wirtschaft im Rahmen der allgemeinen Energie-
und Stromsteuerentlastung nach § 9b des Stromsteuergesetzes (StromStG)
und § 54 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) sein, die zu entsprechend
hohen Einnahmeausfällen des Bundeshaushalts führten bzw. führen?

4. Wie hoch waren im Jahr 2013 und wie hoch werden wahrscheinlich im Jahr
2014 die Entlastungen der Wirtschaft aus §§ 9a, 10 StromStG und §§ 51, 55,
26, 37, 44 sowie 47 EnergieStG sein, die zu entsprechend hohen Einnahme-
ausfällen des Bundeshaushalts führten bzw. führen?

5. Wie hoch waren im Jahr 2013 (nach Anwendung der rückwirkenden Än-
derungen vom 14. August 2013) und wie hoch werden wahrscheinlich im
Jahr 2014 die Entlastungen der Wirtschaft sein, die sich aus der sogenannten
§ 19-StromNEV-Umlage (StomNEV = Stromnetzentgeltverordnung) bei den
Netzentgelten ergeben, aufgeschlüsselt nach
a) Entlastungen für Stromspeicher,
b) Entlastungen für sonstige Stromverbraucher,
und um welchen Cent-Betrag stieg bzw. steigen dadurch für nicht privile-
gierte Endverbraucher die Netzentgelte?

6. Wie hoch waren im Jahr 2013 und wie hoch werden wahrscheinlich im Jahr
2014 die Entlastungen der Wirtschaft sein, die sich aus der Entlastung bei den
Konzessionsabgaben ergeben, die zu entsprechend hohen Einnahmeausfällen
der kommunalen Haushalte führten bzw. führen?

7. Wie hoch waren im Jahr 2013 und wie hoch werden wahrscheinlich im Jahr
2014 die Entlastungen der Wirtschaft sein, die sich aus Ermäßigungen bei der
Offshore-Haftungsumlage nach § 17f des Energiewirtschaftsgesetzes
(EnWG) ergeben, und um welchen Cent-Betrag stieg bzw. steigt dadurch für
nicht privilegierte Endverbraucher die Offshore-Haftungsumlage?

8. Wie hoch waren im Jahr 2013 und wie hoch werden wahrscheinlich im Jahr
2014 die Entlastungen der Wirtschaft sein, die sich aus Ermäßigungen bei der
KWKG-Umlage ergeben, und um welchen Cent-Betrag stieg bzw. steigt da-
durch für nicht privilegierte Endverbraucher die KWKG-Umlage?

9. Wie hoch waren im Jahr 2013 und wie hoch werden wahrscheinlich im Jahr
2014 die Entlastungen der Wirtschaft infolge der kostenlosen Zuteilung für
Prozessemissionen an das produzierende Gewerbe im Rahmen des EU-Emis-
sionshandels sein, welche zu entsprechenden Einnahmeausfällen im Bundes-
haushalt führen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1229
10. Wie hoch waren im Abrechnungsjahr 2013 und wie hoch werden wahr-
scheinlich im Abrechnungsjahr 2014 die Entlastungen der Wirtschaft sein,
die sich aus der Strompreiskompensation im Rahmen des EU-Emissions-
handelssystems ergeben, und die zu entsprechend hohen Belastungen des
Bundeshaushalts führten bzw. führen?

11. Wie hoch waren im Jahr 2013 und wie hoch werden wahrscheinlich im Jahr
2014 insgesamt die Entlastungen der Wirtschaft sein, die sich aus der Ent-
lastung bei den Tatbeständen nach den Fragen 1 bis 10 ergeben?

Berlin, den 24. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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