BT-Drucksache 18/12168

Relocationverfahren von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus Griechenland

Vom 25. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12168
18. Wahlperiode 25.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Christine Buchholz, Annette Groth,
Inge Höger, Andrej Hunko, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Relocationverfahren von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus
Griechenland

In den sogenannten Hotspots in Griechenland und Italien befindet sich eine große
Zahl von Geflüchteten, unter ihnen auch viele Kinder, die auf die Möglichkeit zur
Umverteilung (Relocation) innerhalb der EU warten. Von insgesamt 160 000 im
Rahmen des Relocationprogramms vorgesehenen Umverteilungen sind mit
Stand vom 4. April 2017 nur gut 16 000 vorgenommen worden (https://ec.europa.
eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/european-agenda-
migration/press-material/docs/state_of_play_-_relocation_en.pdf). In diesem Zu-
sammenhang stellen sich drängende Fragen bezüglich der Hindernisse im Reloca-
tionverfahren, zumal sich die Berichte über Misshandlungen und Übergriffe auf der
Balkanroute häufen, die nicht wenige Geflüchtete beschreiten, wenn keine legale
Weiterreise möglich ist (www.die-linke.de/nc/presse/presseerklaerungen/detail/
zurueck/presseerklaerungen/artikel/klarer-bruch-der-fluechtlingskonvention-muss-
folgen-haben-wegschauen-bei-misshandlungen-ist-eine-a/).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung den griechischen Behörden Vorschläge zu den Kri-

terien, die beim sogenannten Matchingverfahren, mit dem Geflüchtete im
Rahmen von Relocation (vgl. Antwort zu Frage 15 auf Bundestagsdrucksa-
che 18/10152) eingeordnet werden, eine Rolle spielen sollten, gemacht?
Wenn ja, welche?

2. Welche Kriterien werden nach Kenntnis der Bundesregierung beim Mat-
ching-Verfahren in Griechenland angewandt?

3. Wie viele Relocation-Ersuchen wurden von deutschen Behörden im Jahr
2016 aus welchem Grund zurückgewiesen (bei Ablehnung aus Sicherheits-
gründen bitte Phänomenbereich zuordnen)?

4. Gehört Deutschland zu den im 9. Bericht der Europäischen Kommission zu
Relocation und Resettlement (Seite 7) angesprochenen Ländern, die zögern,
bestimmte Kategorien besonders Schutzbedürftiger zu akzeptieren, zum Bei-
spiel Schwerkranke (https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/
what-we-do/policies/european-agenda-migration/20170208_ninth_report_
on_relocation_and_resettlement_en.pdf), und welche EU-Länder lehnen
nach Kenntnis der Bundesregierung welche Kategorien besonders Schutzbe-
dürftiger ab (bitte nach Land und Kategorie aufschlüsseln)?

Drucksache 18/12168 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Gibt es Fälle, in denen Fristen für Relocation nach Deutschland aufgrund
einer Erkrankung der Betroffenen nicht eingehalten werden konnten und in-
folgedessen die zuvor bewilligte Relocation danach abgelehnt wurde (bitte
für das Jahr 2016 bis einschließlich März 2017 monatlich aufschlüsseln)?

6. Trifft die im 9. Bericht der Europäischen Kommission zu Relocation und Re-
settlement beschriebene Problematik, dass rechtliche Vorschriften zur Straf-
barkeit der Ehe zwischen Minderjährigen und Erwachsenen in einigen Mit-
gliedstaaten zu einer Zurückweisung von Anfragen bzgl. Relocation führten,
auch auf Deutschland zu (https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/
files/what-we-do/policies/european-agenda-migration/20170208_ninth_
report_on_relocation_and_resettlement_en.pdf)?
a) Stellt die geplante automatische Annullierung von Ehen mit unter

16 Jahre alten Minderjährigen ein Hindernis bei Relocation dar?
Welche Abwägung trifft die Bundesregierung in diesem Rahmen zwi-
schen dem Kindeswohl, das durch die Ehe mit einem Erwachsenen ge-
fährdet sein könnte (was aber nicht in jedem Einzelfall so sein muss), und
der Gefährdung des Kindeswohls durch den weiteren Aufenthalt in „Hot-
spots“ oder anderen Formen der Unterbringung?

b) Sieht die Bundesregierung in den Fällen von minderjährigen Verheirate-
ten eine Einzelfallprüfung vor?

c) Ist nach Auffassung der Bundesregierung die Relocation einer minderjäh-
rigen Mutter mit ihren Kindern zum in Deutschland aufhältigen Ehemann
prinzipiell möglich oder gibt es aufgrund des Verbots der Eheschließung
Minderjähriger Einschränkungen, und wenn ja, welche?

d) Wie trägt die Bundesregierung der besonderen Schutzbedürftigkeit min-
derjähriger Verheirateter im Rahmen von Relocation Rechnung?

e) Erkennt die Bundesregierung eine erhöhte Schutzbedürftigkeit von min-
derjährigen Ehepartnern an (bitte ausführen)?

f) Inwiefern versucht die Bundesregierung auf eine der besonderen Schutz-
bedürftigkeit von minderjährig verheirateten Kindern entsprechende Form
von Relocation hinzuwirken, und welche Probleme sieht sie dabei?

7. Welche Regelungen sieht die Europäische Kommission für die Relocation
von Minderjährigen, die von ihren Eltern getrennt wurden und in Begleitung
einer erwachsenen Bezugsperson reisen, als besonders vulnerable Gruppe
(vgl. VN-Sicherheitsresolution 1261 zu Kindern im bewaffneten Konflikt)
vor?
a) Hält die Bundesregierung einen Nachweis des Sorgerechts bzw. der Über-

tragung des Sorgerechts für die das minderjährige Kind begleitende Per-
son für zwingend notwendig, welche Alternativen sieht sie, und sind zu-
mindest Einzelfallprüfungen vorgesehen?

b) Welche Maßnahmen sind vorgesehen, wenn die Bezugsperson ihre Sor-
geberechtigung nicht nachweisen kann?

c) Wie viele Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen von ihren
Eltern getrennte Minderjährige im Rahmen des Relocationverfahrens von
ihren Bezugspersonen getrennt wurden?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12168
8. Unterstützt die Bundesregierung die Aussage des EU-Kommissars für Mi-
gration, Inneres und Bürgerschaft Dimitris Avramopoulos, dass der Reloca-
tion-Plan im September 2017 sein Ziel erreicht haben wird, und wie wird sie
sich dafür einsetzen (www.theguardian.com/world/2016/dec/08/eu-met-only-
5-of-target-for-relocating-refugees-from-greece-and-italy)?

Berlin, den 24. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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