BT-Drucksache 18/12158

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/11408 - Entwurf eines Gesetzes zum weiteren quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12158

18. Wahlperiode 26.04.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

– Drucksache 18/11408 –

Entwurf eines Gesetzes zum weiteren quantitativen und qualitativen
Ausbau der Kindertagesbetreuung

A. Problem

Die Bundesregierung legt in ihrem Gesetzentwurf dar, dass Kindertagesbetreuung
einen wichtigen Beitrag zur Chancengleichheit aller Kinder leiste. Sie trage dazu
bei, den Grundstein für den späteren Bildungs- und Berufsweg zu legen und stärke
die Integration. Kindertagesbetreuung unterstütze Familien in ihrer Bildungs- und
Erziehungsverantwortung und trage damit maßgeblich zur Vereinbarkeit von Fa-
milie und Beruf bei. Die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Betreuungs-
angeboten sei hierfür Voraussetzung. In Deutschland bestehe jedoch nach wie vor
ein weiterer Bedarf an Betreuungsplätzen, insbesondere für Kinder unter drei Jah-
ren. Zudem würden für anspruchsberechtigte Kinder mit Fluchthintergrund zu-
sätzliche Betreuungsplätze benötigt, die für die Städte und Gemeinden bei ihren
Planungen nicht vorhersehbar gewesen seien. Hier bestehe insbesondere ein Be-
darf für Kinder im Alter von drei Jahren bis zum Schuleintritt.

Mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) im Jahr 2005 sowie dem Kinder-
förderungsgesetz (KiföG) im Jahr 2008 und dem darin verankerten Rechtsan-
spruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder ab dem vollendeten ersten Le-
bensjahr seien die gesetzlichen Grundlagen für den beschleunigten Ausbau eines
bedarfsgerechten Betreuungsangebots geschaffen worden. Bund, Länder und
Kommunen hätten seitdem den Ausbau der Kindertagesbetreuung vorangetrie-
ben. Die Betreuungsquote habe sich im Jahr 2016 gegenüber dem Jahr 2008 fast
verdoppelt und liege nun bei 32,7 Prozent. Bei Kindern im Alter von drei Jahren
bis zum Eintritt in die Schule habe die Betreuungsquote bei 95,3 Prozent gelegen,
wobei für diese Gruppe ein noch steigender Platzbedarf prognostiziert werde. Ge-
rade auch für Kinder mit Fluchthintergrund sei eine gute Kindertagesbetreuung
und frühkindliche Förderung der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration.

Drucksache 18/12158 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

B. Lösung

Gemeinsame Finanzierung von 100.000 zusätzlichen Plätzen für Kinder von der
Geburt bis zum Schuleintritt durch Bund und Länder durch eine entsprechende
Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbe-
treuung für Kinder sowie des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens
„Kinderbetreuungsausbau“.

Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Nach den Angaben der Bundesregierung wird der Bundeshaushalt durch die Ge-
setzesänderung in Höhe von insgesamt 1,126 Mrd. Euro belastet.

Der Erfüllungsaufwand der Verwaltung wird durch die Aufstockung des Sonder-
vermögens „Kinderbetreuungsausbau“ beim Bund sowie bei den Ländern und
Kommunen jeweils geringfügig erhöht.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12158

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/11408 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) § 21 wird wie folgt geändert:

aa) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aaa) In Satz 1 wird die Angabe „31. Dezember 2018“ durch die
Angabe „31. Dezember 2019“ ersetzt.

bbb) In Satz 2 wird die Angabe „31. Dezember 2018“ durch die
Angabe „31. Dezember 2019“ und die Angabe „30. Juni
2019“ durch die Angabe „30. Juni 2020“ ersetzt.

bb) In Absatz 2 Satz 2 wird die Angabe „31. Dezember 2018“ durch
die Angabe „31. Dezember 2019“ ersetzt.

b) In § 22 Absatz 2 wird die Angabe „30. Juni 2021“ durch die Angabe
„30. Juni 2022“ und die Angabe „31. Dezember 2021“ durch die An-
gabe „31. Dezember 2022“ ersetzt.

c) § 23 wird wie folgt geändert:

aa) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „31. Dezember 2018,
31. Dezember 2019 und 30. Juni 2021“ durch die Wörter „31. De-
zember 2019, 31. Dezember 2020 und 30. Juni 2022“ ersetzt.

bb) In Absatz 2 werden die Wörter „31. Dezember 2018, 31. Dezem-
ber 2019 und 30. Juni 2021“ durch die Wörter „31. Dezember
2019, 31. Dezember 2020 und 30. Juni 2022“ ersetzt.

cc) In Absatz 3 Satz 1 wird die Angabe „30. Juni 2023“ durch die An-
gabe „30. Juni 2024“ ersetzt.

dd) Absatz 5 wird wie folgt geändert:

aaa) In Satz 1 wird die Angabe „31. Oktober 2023“ durch die
Angabe „31. Oktober 2024“ ersetzt.

bbb) In Satz 2 wird die Angabe „30. Juni 2021“ durch die An-
gabe „30. Juni 2022“ ersetzt.

2. In Artikel 2 Nummer 3 wird die Angabe „2023“ durch die Angabe „2024“
ersetzt.

Drucksache 18/12158 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Berlin, den 26. April 2017

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Paul Lehrieder
Vorsitzender

Marcus Weinberg (Hamburg)
Berichterstatter

Sönke Rix
Berichterstatter

Norbert Müller (Potsdam)
Berichterstatter

Dr. Franziska Brantner
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12158

Bericht der Abgeordneten Marcus Weinberg (Hamburg), Sönke Rix, Norbert Müller
(Potsdam) und Dr. Franziska Brantner

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/11408 wurde in der 225. Sitzung des Deutschen Bundestages am 23. März
2017 dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur federführenden Beratung und dem Innenaus-
schuss, dem Haushaltsausschuss sowie dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
zur Mitberatung überwiesen. Dem Haushaltsausschuss wurde der Gesetzentwurf außerdem zur Stellungnahme
nach § 96 GO-BT überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

In der Begründung des Gesetzentwurfs wird ausgeführt, die Bundesregierung und die Länder seien sich darüber
einig, dass der Ausbau der Angebote in der Kindertagesbetreuung weiter fortgesetzt werden solle. Ziel des vor-
gesehenen Gesetzes sei es, die Schaffung von 100.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen von Kindern von der Ge-
burt bis zum Schuleintritt zu bezuschussen. Im Zuge der Evaluation des Investitionsprogramms „Kinderbetreu-
ungsfinanzierung“ 2008 bis 2013 seien durchschnittliche Kosten für einen neu gebauten Platz im Umfang von
23.136 Euro ermittelt worden. Weiterhin sei festgestellt worden, dass die Sicherung eines ohne Erhaltungsmaß-
nahmen vom Wegfall betroffenen Platzes durchschnittlich 3.241 Euro koste. Unter Beachtung des Kostenanstie-
ges der letzten Jahre komme gerundet ein Kostenfaktor im Umfang von 25.000 Euro pro neu gebautem Platz
sowie von 3.500 Euro pro gesichertem Platz zum Tragen. Bei einer geschätzten Aufteilung von 85 Prozent neu
zu bauenden und 15 Prozent zu sichernden Plätzen könne man rund 100.000 zusätzliche Betreuungsplätze bun-
desweit durch das Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2017 bis 2020 bereitstellen. Durch die
Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Artikel 1) und
des Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetzes (Artikel 2) werde eine von Bund und Ländern getroffene Finanzie-
rungsvereinbarung zu den Investitionskosten von 100.000 zusätzlichen Plätzen für die öffentlich geförderte Be-
treuung von Kindern bis zum Schuleintritt umgesetzt.

Der quantitative Ausbau der Kindertagesbetreuung sei mit dem vorgesehenen Gesetz bei Weitem noch nicht ab-
geschlossen. Die Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren habe im Jahr 2016 bei 17,6 Prozent gelegen und
habe sich gegenüber dem Jahr 2008 fast verdoppelt. Aus Elternbefragungen des Deutschen Jugendinstituts aus
dem Jahr 2015 ergebe sich, dass sich 43,2 Prozent der Eltern mit Kindern unter drei Jahren einen Betreuungsplatz
für ihr Kind wünschten. Auch aufgrund der Flüchtlingssituation erhöhe sich der Anteil von Kindern mit einem
Rechtsanspruch auf öffentlich geförderte Kindertagesbetreuung. Darüber hinaus gehe man für Kinder im Alter
von drei Jahren bis zum Schuleintritt von einem weiter steigenden Platzbedarf aus. So werde im Bildungsbericht
2016 prognostiziert, dass hier zwischen 44.000 und 58.000 zusätzliche Plätze benötigt würden.

Mit dem Investitionsprogramm „Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2017 bis 2020 sollten auch qualitative Aspekte,
insbesondere bei der räumlichen Gestaltung der Kindertagesbetreuungsangebote, mit berücksichtigt werden. Da-
her könnten insbesondere auch solche Investitionen förderfähig sein, die der Bewegungsförderung, der Gesund-
heitsversorgung, der Umsetzung von Inklusion oder der Familienorientierung dienten. Zur Weiterentwicklung der
Qualität der Kindertagesbetreuung hätten Bund und Länder im Jahr 2014 einen gemeinsamen Prozess zur Ver-
einbarung von Qualitätszielen initiiert. Im November 2016 sei von den zuständigen Fachministerinnen und Fach-
ministern ein Zwischenbericht von Bund und Ländern vorgelegt worden, der Handlungsziele und Entwicklungs-
perspektiven dazu beschreibe.

Die Verteilung der Mittel erfolge nach dem vorgesehenen Gesetz auf der Grundlage der Zahl der Kinder unter
sechs Jahren in den einzelnen Ländern.

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III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat in seiner Sitzung am 26. April 2017 einstimmig empfohlen, den Gesetzentwurf anzu-
nehmen.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner Sitzung am 26. April 2017 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Gesetz-
entwurf in geänderter Fassung anzunehmen. Seinen Bericht gemäß § 96 GO-BT wird er gesondert abgeben.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat in seiner Sitzung am 26. April
2017 einstimmig empfohlen, den Gesetzentwurf in geänderter Fassung anzunehmen. Der Änderungsantrag der
Koalitionsfraktionen wurde einstimmig angenommen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

1. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt einstimmig die Annahme des Gesetzent-
wurfs in geänderter Fassung.

2. Inhalt der Ausschussberatung

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 18/11408 in
seiner 86. Sitzung am 27. März 2017 eine öffentliche Anhörung durchgeführt.

In der Anhörung wurden folgende Sachverständige gehört:

– Matthias Dantlgraber, Familienbund der Katholiken, Berlin

– Norbert Hocke, Geschäftsstelle GEW Hauptvorstand, Berlin

– Heiko Krause, Bundesverband für Kindertagespflege e. V., Berlin

– Maria-Theresia Münch, Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V., Berlin

– Prof. Dr. Thomas Rauschenbach, Deutsches Jugendinstitut, München

– Matthias Ritter-Engel, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V., Berlin

– Renate Sternatz, ver.di Bundesverwaltung, Berlin

– Uwe Lübking, Vertreter der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, Berlin.

Wegen der Ergebnisse der Anhörung wird auf das Wortprotokoll der Sitzung vom 27. März 2017 verwiesen.

Der Ausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/11408 in seiner 90. Sitzung am 26. April 2017 abschlie-
ßend beraten.

Hierzu lag ihm eine gutachtliche Stellungnahme des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung vor,
die dieser in seiner Sitzung am 15. Februar 2017 beschlossen hatte. Der Beirat kam zu dem Ergebnis, dass eine
Nachhaltigkeitsrelevanz des Gesetzentwurfs gegeben sei. Der Bezug zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie er-
gebe sich hinsichtlich des Indikators 17 (Perspektiven für Familien – Vereinbarkeit von Familie und Beruf ver-
bessern).
Dabei bezog er sich auf die Ausführungen zur Nachhaltigkeit in Abschnitt IX der Begründung des Gesetzent-
wurfs. Darin wird u. a. dargelegt, dass der Gesetzentwurf dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhalti-
gen Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie entspreche. Gute Betreuungsangebote dienten
sowohl der Bildung und frühen Förderung von Kindern als auch der Entlastung und Stärkung von Familien. Die
Umsetzung des Investitionsprogramms „Kinderbetreuungsfinanzierung“ 2017 bis 2020 und die damit einherge-
hende Schaffung von weiteren Betreuungsplätzen habe insofern eine positive Auswirkung auf die demografische

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12158

Entwicklung. Der Beirat bewertete diese Darstellung der Nachhaltigkeitsprüfung als plausibel. Eine Prüfbitte sei
deshalb nicht erforderlich.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben zu dem Gesetzentwurf einen Änderungsantrag eingebracht, dessen
Inhalt aus der Beschlussempfehlung ersichtlich ist. Er wurde einstimmig angenommen.

Im Rahmen der Ausschussberatung führte die Fraktion der CDU/CSU aus, dass man nunmehr das Vierte Inves-
titionsprogramm zum Ausbau der Kindertagesbetreuung auf den Weg bringe und damit das erfülle, was man sich
im Koalitionsvertrag vorgenommen habe. Der Bedarf an Plätzen in Kindertagesstätten solle durch Unterstützung
der Bundesländer gedeckt werden. Man wolle damit zusätzlich 100.000 Betreuungsplätze für Kinder bis zum
Schuleintritt schaffen. Im Rahmen des Investitionsprogramms werde nicht nur in den reinen Ausbau investiert,
sondern es könnten auch Investitionen gefördert werden, die z. B. der Bewegungsförderung, der gesundheitlichen
Versorgung, der Umsetzung von Inklusion oder der Schaffung von familienorientierten Sport- und Bewegungs-
räumen dienten.

Das Vierte Investitionsprogramm habe ein Volumen von 1,126 Mrd. Euro. Die Investitionsmittel des Bundes
lägen damit insgesamt bei über 7 Mrd. Euro. Darüber hinaus zahle der Bund jährlich 945 Mio. Euro zur Deckung
der Betriebskosten. Dies sei eine freiwillige Leistung, da es sich hier um eine originäre Aufgabe der Länder han-
dele.

Die in der Stellungnahme des Bundesrates geforderte isolierte Förderfähigkeit von Ausstattungsinvestitionen
lehne man ab. Es sei der Wunsch geäußert worden, dass der Bund eine Unterstützung für Investitionen auch dann
gewähre, wenn kein neuer Kitaplatz geschaffen werde. Hier habe man deutlich gemacht, dass man die Unterstüt-
zung von Investitionen davon abhängig mache, dass die Kitaplätze, für die ein zusätzlicher Bedarf bestehe, tat-
sächlich geschaffen würden. Auch der Forderung nach Einführung einer Bundesförderung von 100 Prozent für
bestimmte ausbaubeschleunigende Einzelmaßnahmen könne man nicht zustimmen. Es gehe nämlich darum, dass
Bund und Länder den Ausbau gemeinsam tätigen sollten. Im Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen habe man
jedoch die vom Bundesrat gewünschte Fristverlängerung bis zum 31. Dezember 2019 aufgegriffen. Dies sei sinn-
voll, um den Ländern mehr Zeit für die Genehmigungsverfahren einzuräumen. Der Ausbau der Infrastruktur för-
dere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und diene der Erfüllung der sozialpolitischen und integrationspoli-
tischen Aufgaben der Kindertagesbetreuung.

Die Fraktion DIE LINKE. kündigte an, sie werde dem vorgesehenen Gesetz zustimmen, obwohl damit ein qua-
litativer Ausbau der Kindertagesbetreuung noch nicht erreicht werde. Die öffentliche Anhörung habe gezeigt,
dass auch nach der Schaffung von 100.000 zusätzlichen Kitaplätzen noch erhebliche Platzkapazitäten fehlen wür-
den. Wahrscheinlich handele es sich um mehr als 250.000 fehlende Plätze. Der Vertreter der kommunalen Spit-
zenverbände und Professor Dr. Rauschenbach hätten dargelegt, dass schon gegenwärtig mehr als 300.000 Plätze
zusätzlich benötigt würden und zudem der Bedarf dynamisch steigen werde, da durch die Schaffung weiterer
Plätze mit dem Angebot einer frühkindlichen Bildung voraussichtlich ein neuer Bedarf geweckt werde. Man laufe
also der Entwicklung hinterher. Dennoch sei es richtig, dass der Bund ein weiteres Mal investive Mittel zur Ver-
fügung stelle.

Gleichzeitig fordere die Fraktion DIE LINKE., dass der Bund sich auf den Weg mache, ein Kita-Qualitätsgesetz
vorzulegen. Das BMFSFJ sei bislang über die Ankündigung eines Qualitätsentwicklungsgesetzes nicht hinausge-
kommen. Innerhalb der SPD-Fraktion gebe es große Sympathien dafür, bundesweite Qualitätsstandards zu ver-
einbaren. Dies sei jedoch nur möglich, wenn der Bund sich an der Finanzierung beteilige.

Problematisch sei, dass für die 100.000 zusätzlichen Plätze faktisch keine staatlich anerkannten Erzieherinnen
und Erzieher vorhanden seien. Es gebe inzwischen einen „Wildwuchs“ von kreativen Berufsbildern deutlich un-
terhalb der Qualifikation eines staatlich anerkannten Erziehers. Beispielsweise gebe es in Bayern eine Fachkraft
für Mittagsbetreuung, für die über die Bundesagentur für Arbeit eine Weiterbildung im Umfang von 40 Stunden
angeboten werde. Dies sei mit Blick auf eine echte frühkindliche Bildung nicht erstrebenswert. Der Beruf des
staatlich anerkannten Erziehers müsse von der Bundesagentur für Arbeit als Mangelberuf eingestuft werden. Hier-
durch würden bessere Förderungsmöglichkeiten für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger geschaffen. Derzeit
gebe es sogar Regionen in Deutschland, in denen sich die Betreuer-Kind-Relation verschlechtere. Der Ausbau
gehe insgesamt zu langsam voran.

Auch dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen werde man zustimmen. Es sei sinnvoll und geboten, die
Fristen zu verlängern. Die Argumentation des Bundesrates treffe zu. Überall wo es um den Ausbau der sozialen

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Infrastruktur gehe, dauerten die öffentlichen Planungs- und Genehmigungsverfahren zu lange, damit investive
Mittel ausgegeben werden könnten. Dies liege auch daran, dass man in den Ländern und Kommunen in den ver-
gangenen 20 bis 25 Jahren zu viel Personal im öffentlichen Dienst eingespart habe. Eigentlich gehe es um eine
Ertüchtigung der öffentlichen Planungs- und Genehmigungsbehörden, damit diese ihren Aufgaben wieder nach-
kommen könnten.

Die Fraktion der SPD erklärte, sie schließe sich den Ausführungen der CDU/CSU-Fraktion an und unterstütze
den vorliegenden Gesetzentwurf und den Änderungsantrag. Es sei richtig, dass nicht der Bund alleine dafür Sorge
zu tragen habe, dass der Kitaausbau vorankomme. Man müsse auch bedenken, dass die Koalition in dieser Wahl-
periode bereits sehr viel für die Entlastung der Länder und Kommunen insgesamt getan habe. Die Entlastung sei
gerade auch mit der Zielsetzung verbunden gewesen, dass das Geld in die Infrastruktur investiert werde. Vielfach
sei allerdings festzustellen, dass die Länder die Mittel den Kommunen nicht direkt zur Verfügung stellten und der
Schwerpunkt gerade nicht auf bildungs- und familienpolitischen Maßnahmen liege. Investitionen in die Bildung
seien jedoch aus Sicht der SPD-Fraktion sehr wesentlich.

Den Ausführungen der Fraktion DIE LINKE. sei insofern zuzustimmen, als das vorliegende Investitionspro-
gramm nur wenig mit einem qualitativen Ausbau der Kindertagesstätten zu tun habe. Eine Voraussetzung dafür
sei, dass sich der Bund mit den Ländern auf entsprechende Qualitätsstandards einige. Die Länder reklamierten
hier viele Kompetenzen für sich. Der vom BMFSFJ in Gang gebrachte Qualitätsprozess werde nicht von allen
Bundesländern mitgetragen. Die an dem Prozess beteiligten Länder seien zum Teil eher zurückhaltend, weil sie
um ihre Kompetenzen fürchteten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kündigte an, sie werde dem Gesetzentwurf und dem Änderungsan-
trag zustimmen. Bei letzterem handele es sich um eine Fristverlängerung, die zu einer inhaltlichen Verbesserung
des vorgesehenen Gesetzes führen werde. Da die Anhörung gezeigt habe, dass das Geld nur für ein Drittel des
notwendigen Ausbaus reichen werde, wäre eine Erhöhung des Investitionsvolumens wünschenswert gewesen.
Mit dem jetzt vorgesehenen Investitionsprogramm werde lediglich ein Ausbauvolumen von 100.00 Plätzen abge-
deckt. Der jetzt schon identifizierte Bedarf liege jedoch bei 345.000 Plätzen. Es gebe somit weder genügend Plätze
noch genügend Geld für Investitionen in die Qualität.

Die SPD-Fraktion habe zu Recht darauf hingewiesen, dass beim Qualitätsprozess eine Mitwirkung der Länder
erforderlich sei. Deren Motivation, über ein Qualitätsgesetz zu verhandeln, werde steigen, wenn man ihnen zu-
nächst die notwendigen Mittel für den Ausbau zur Verfügung stelle. Aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN sei ein Qualitätsgesetz erforderlich, damit das Geld auch wirklich in den Kitas ankomme. Bei den
Ländern bestehe in der Tat die Tendenz, dass die Mittel nicht eins zu eins weitergereicht würden. Man setze sich
dafür ein, einen Fachkraft-Kind-Schlüssel festzulegen. Aus Studien ergebe sich, dass dieser bei kleineren Kindern
bei eins zu drei oder eins zu vier liegen sollte. Neben einem Qualitätsgesetz verfolge man als Fernziel die Bei-
tragsfreiheit. Priorität habe jedoch, dass Erzieherinnen und Erzieher mehr Gehalt bekämen. Solange das Geld für
den Kitaausbau nicht ausreiche, solle man keine beitragsfreien Plätze versprechen.

B. Besonderer Teil

Soweit die Bestimmungen des Gesetzentwurfs unverändert übernommen wurden, wird auf deren Begründung
verwiesen.

Zu den vom Ausschuss vorgenommenen Änderungen ist Folgendes zu bemerken:

Zu Nummer 1 (Änderung des Artikels 1 – Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbe-
treuung für Kinder – KitaFinHG-E)

Zu Buchstabe a (§ 21 KitaFinHG-E)

Zu Doppelbuchstabe aa

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Mit einer Verlängerung der Bewilligungsfrist der Bundesmittel um ein Jahr, bis zum 31. Dezember 2019, in § 21
Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E wird eine ausreichende Zeitspanne für die Bewilligungsphase seitens der Länder
und Kommunen sichergestellt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12158

Es hat sich deutlich gezeigt, dass die örtlichen Jugendhilfeplanungen angemessene Zeit benötigen, um den weite-
ren Ausbau des Betreuungsangebotes entsprechend den unterschiedlichen länderspezifischen Bedarfen und der
zum Teil stark differierenden regionalen Nachfrageentwicklung zielgenau auszugestalten. Darüber hinaus sind
die Bauverwaltungen der Kommunen und Kreise durch die Planung und Genehmigung zur Schaffung von not-
wendigem Wohnraum insbesondere auch für Familien mit Fluchthintergrund in starkem Maße belastet. Hierdurch
können sich die Antrags- und Bewilligungsverfahren für Baumaßnahmen auch für die Kindertagesbetreuung er-
heblich verzögern. Durch eine von Anfang an angemessene Berücksichtigung der Zeitspanne für die Bewilli-
gungsphase kann eine qualitative Prüfung der Anträge für Investitionsmaßnahmen zur bedarfsorientierten Schaf-
fung zusätzlicher Plätze im Bereich der Kindertagesbetreuung erfolgen.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Infolge der Verlegung des Stichtags für die Bewilligung der Bundesmittel nach § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-
E handelt es sich um eine gleichartige Anpassung von Folgefristen bzw. Folgestichtagen.

Zu Doppelbuchstabe bb

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E.

Zu Buchstabe b (§ 22 KitaFinHG-E)

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E.

Zu Buchstabe c (§ 23 KitaFinHG-E)

Zu Doppelbuchstabe aa

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E.

Zu Doppelbuchstabe bb

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E.

Zu Doppelbuchstabe cc

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E.

Zu Doppelbuchstabe dd

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E.

Zu Nummer 2 (Änderung des Artikels 2 – Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetz)

Die Vorschrift regelt die Verlängerung der Laufzeit des Sondervermögens „Kinderbetreuungsausbau“ gleichfalls
um ein Jahr. Es handelt sich um eine Folgeänderung zur Änderung des § 21 Absatz 1 Satz 1 KitaFinHG-E.

Berlin, den 26. April 2017

Marcus Weinberg
(Hamburg)
Berichterstatter

Sönke Rix
Berichterstatter

Norbert Müller
(Potsdam)
Berichterstatter

Dr. Franziska Brantner
Berichterstatterin

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