BT-Drucksache 18/12143

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksachen 18/11234, 18/11532, 18/11683 Nr. 9 - Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12143

18. Wahlperiode 26.04.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

– Drucksachen 18/11234, 18/11532, 18/11683 Nr. 9 –

Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes

A. Problem

Die verpflichtende Einführung der weltweit harmonisierten Testprozedur zur Er-
mittlung der Abgasemissionen leichter Kraftfahrzeuge („Worldwide Harmonized
Light Vehicle Test Procedure“ – WLTP) ist für Neufahrzeuge auf EU-Ebene,
schrittweise beginnend mit der Verabschiedung der hierzu erforderlichen Rechts-
akte, voraussichtlich Ende Mai 2017 vorgesehen. Nach diesem Verfahren werden
zukünftig auch die für die Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer relevanten Emis-
sionen von Kohlendioxid (CO2) ermittelt. Um Rechts- und Planungssicherheit zu
schaffen sowie die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen, wird ein
Stichtag zur Anwendung der CO2-Werte nach WLTP als Bemessungsgrundlage
festgelegt.

B. Lösung

Orientiert an den Festlegungen auf EU-Ebene, wonach für ab dem 1. September
2018 erstmals zum Verkehr zugelassene Personenkraftwagen die CO2-Werte ver-
bindlich nach WLTP zu ermitteln sind, wird dieser Stichtag ebenfalls für die Be-
messung der Kraftfahrzeugsteuer festgelegt.

Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter Fassung mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Nach dem Gesetzentwurf liegen ohne Festlegung eines verbindlichen Datums zur
Anwendung der nach WLTP ermittelten CO2-Werte in der Übergangszeit bis zu
deren verbindlicher Anwendung auf alle Erstzulassungen keine nach vergleichba-
rer Messmethode ermittelten Bemessungsgrundlagen vor. Eine sachgerechte,
gleichmäßige Besteuerung wäre nicht möglich.

Drucksache 18/12143 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Mit Inkrafttreten der geänderten Verordnung (EG) Nr. 715/2007 würde die Steu-
erbemessung nach WLTP bereits im Verlauf des Jahres 2017 zunächst sporadisch
und ab dem 1. September 2017 nur für neue Typen wirksam. Der Gesetzentwurf
bewirkt daher lediglich eine Verschiebung der Anwendung geltenden Rechts auf
den einheitlichen Stichtag 1. September 2018, um Planungssicherheit und die
Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen. Deshalb ergeben sich keine
haushalterischen Auswirkungen.

E. Erfüllungsaufwand

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die Wirtschaft entsteht kein Erfüllungsaufwand.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

Für die Verwaltung entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.

F. Weitere Kosten

Der Wirtschaft, insbesondere den mittelständischen Unternehmen, entstehen
keine direkten sonstigen Kosten.

Einzelpreisanpassungen können nicht ausgeschlossen werden. Auswirkungen auf
das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind jedoch nicht
zu erwarten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12143

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/11234, 18/11532 unverändert anzuneh-
men.

Berlin, den 26. April 2017

Der Finanzausschuss

Ingrid Arndt-Brauer
Vorsitzende

Dr. Philipp Murmann
Berichterstatter

Andreas Schwarz
Berichterstatter

Drucksache 18/12143 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Dr. Philipp Murmann und Andreas Schwarz

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/11234, 18/11532 in seiner 221. Sitzung am
9. März 2017 dem Finanzausschuss zur federführenden Beratung sowie dem Ausschuss für Verkehr und digitale
Infrastruktur und dem Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zur Mitberatung überwie-
sen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Gesetzentwurf sieht folgende Änderungen vor:

1. Änderung des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes

Das Gesetz wird hinsichtlich einer Änderung des KraftStG bereinigt, die keinen Bezug zum Beginn der Abga-
benerhebung nach dem Infrastrukturabgabengesetz hat.

2. Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes

Analog zu den Einführungsdaten des WLTP für die Erstzulassung von Personenkraftwagen wird der 1. September
2018 als Stichtag zur Anwendung der CO2-Werte nach WLTP bei der Bemessung der Kraftfahrzeugsteuer fest-
gelegt.

III. Öffentliche Anhörung

Der Finanzausschuss hat in seiner 103. Sitzung am 20. März 2017 eine öffentliche Anhörung zu dem Gesetzent-
wurf auf Drucksachen 18/11234, 18/11532 durchgeführt. Folgende Einzelsachverständige, Verbände und Institu-
tionen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme:

1. ACE Auto Club Europa e. V., Matthias Knobloch

2. BDZ - Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft, Dieter Dewes

3. Deutsche Umwelthilfe e.V., Dorothee Saar

4. Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) e. V., Björn Klusmann

5. Hechtner, Prof. Dr. Frank, Freie Universität Berlin

6. Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA)

7. Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller e. V. (VDIK)

8. Verkehrsclub Deutschland e. V., Gerd Lottsiepen.

Das Ergebnis der öffentlichen Anhörung ist in die Ausschussberatungen eingegangen. Das Protokoll einschließ-
lich der eingereichten schriftlichen Stellungnahmen ist der Öffentlichkeit zugänglich.

IV. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat den Gesetzentwurf in seiner 109. Sitzung am 26. Ap-
ril 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/11234,
18/11532 unverändert anzunehmen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12143

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat den Gesetzentwurf in seiner 117. Sit-
zung am 26. April 2017 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei
Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf auf Druck-
sachen 18/11234, 18/11532 unverändert anzunehmen.

Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat sich in seiner 59. Sitzung am 8. März 2017 mit
dem Gesetzentwurf gutachtlich befasst und festgestellt, dass die Plausibilität der im Gesetzentwurf getroffenen
Aussage zu Nachhaltigkeitsaspekten wegen der fehlenden Begründung nicht bewertet werden könne. Eine Prüf-
bitte sei aber nicht erforderlich.

V. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/11234, 18/11532 in seiner 101. Sitzung am
8. März 2017 vorbehaltlich der Überweisung erstmalig beraten und die Durchführung einer öffentlichen Anhö-
rung beschlossen. Nach Durchführung der Anhörung am 20. März 2017 hat der Finanzausschuss die Beratung
des Gesetzentwurfs in seiner 108. Sitzung am 29. März 2017 fortgeführt und in seiner 111. Sitzung am 26. April
2017 abgeschlossen.

Der Finanzausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung
der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf auf Drucksachen 18/11234,
18/11532 unverändert anzunehmen.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD betonten, dass es beim vorliegenden Gesetzentwurf um das
sogenannte WLTP-Verfahren (Worldwide Harmonized Light Duty Test Procedure) gehe, das eine weltweit har-
monisierte Testprozedur zur Ermittlung von Abgasemissionen von Fahrzeugen darstelle. Sie werde eingeführt,
um realitätsnähere CO2-Emissionswerte zu erhalten. Damit werde eine EU-Richtlinie umgesetzt.

Das wesentliche Element des Gesetzentwurfes sei, dass erst ab dem 1. September 2018 die Neuregelung für alle
dann neu zugelassenen Fahrzeuge gelte. Für alle anderen Fälle bestehe Bestandsschutz.

Bisher gelte in Deutschland das sogenannte NEFZ-Verfahren (Neuer europäischer Fahrzyklus). Man sei zu der
Auffassung gekommen, dass dieses nicht immer realitätsnahe Werte ergebe und habe deshalb das WLTP-Verfah-
ren eingeführt, das sich erheblich von dem bisherigen Verfahren unterscheide und CO2-Werte deutlich realitäts-
näher ermitteln lasse. Zum Gesetzentwurf habe es eine öffentliche Anhörung gegeben, wo deutlich geworden sei,
dass sich die Automobilindustrie schon lange auf das neue Messverfahren einstelle. Man rechne damit, dass das
WLTP-Verfahren einen etwa 20 Prozent höheren CO2-Ausstoß ausweisen könnte.

Als Folge des neuen Messverfahrens müsse die Zulassungsordnung für Kfz verändert werden. Der CO2-Ausstoß
sei neben dem Hubraum ein wesentliches Kriterium zur Festsetzung der Kfz-Steuer. Die Auswirkungen auf die
Steuereinnahmen seien schwer vorherzusagen. Dies hänge von der Entwicklung der Zusammensetzung des Fahr-
zeugbestandes ab. Außerdem würden noch Details beim Messverfahren zu klären sein. Die einschlägige Verord-
nung werde erst Ende Mai 2017 vorliegen. Ob, wie manchmal befürchtet, eine Steuererhöhung resultieren werde,
lasse sich derzeit nicht absehen. Es handle sich zunächst um eine Änderung der Bemessungsgrundlage.

Der Aufwand für das Messverfahren selber werde sich erhöhen, da die Prüfungen sehr viel genauer sein würden.
Der Zusatzaufwand werde von der Automobilindustrie und den zulassenden Stellen bemängelt.

Man halte es vor dem Hintergrund der jüngsten Verwerfung im Automobilmarkt für richtig, ein Messverfahren
einzuführen, das mit realistischeren Werten arbeite. Die Automobilindustrie sei damit nicht vollständig zufrieden,
wie die öffentliche Anhörung gezeigt habe. Vielleicht könne dies aber auch ein Ansporn zu alternativen Entwick-
lungen in der Elektromobilität oder anderen Antriebstechniken sein.

Schließlich bitten die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD das Bundesministerium der Finanzen, die
Auswirkungen des Wirksamwerdens neuer realitätsnäherer CO2-Werte nach WLTP ab dem 1. September 2018
auf die Kraftfahrzeugsteuer für erstmals zugelassene Personenkraftwagen nach einer Erfahrungszeit von 12 Mo-
naten zu prüfen und den Finanzausschuss des Deutschen Bundestages über das Ergebnis zu unterrichten. Bei
dieser Überprüfung sei die europäische Fahrzeugeffizienz-Strategie für Personenkraftwagen und leichte Nutz-
fahrzeuge nach dem Jahr 2020 zu berücksichtigen.

Drucksache 18/12143 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Die Fraktion DIE LINKE. bezeichnete die Anwendung des neuen Messverfahrens als einen Schritt in die rich-
tige Richtung. Es sei logisch, dass der CO2-Ausstoß als umweltpolitisch und ökologisch zurecht festgelegte Be-
steuerungsgrundlage der Kfz-Steuer auch korrekt erfasst werden müsse. Dies sei offensichtlich bisher nicht der
Fall gewesen. Ob das neue WLTP-Verfahren dabei wesentlich besser sei, müsse sich erweisen. Auch diese La-
bormessungen seien manipulationsanfällig. Aber in jedem Fall sei eine korrekte Feststellung des CO2-Ausstoßes
keine Steuererhöhung.

Das Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft habe in der öffentlichen Anhörung verdeutlicht, dass von 2010
bis 2015 ungefähr 3,3 Milliarden Euro an Mehreinnahmen bei der Kfz-Steuer angefallen wären, wenn das WLTP-
Verfahren angewendet worden wäre.

Das WLTP-Verfahren stelle eine Verbesserung dar. Dennoch müsse man evaluieren, ob die Erfassung tatsächlich
korrekt sei oder ob es für die Automobilindustrie andere Möglichkeiten gebe, die Werte noch einmal zu beschö-
nigen und den Umstieg auf Elektrofahrzeuge hinauszuzögern.

Die Fraktion DIE LINKE. würde eine schnellere Einführung des neuen Verfahrens schon im September 2017
befürworten, obwohl das Ziel einer einheitlichen Gesamtlösung verständlich sei und eine schnellere Umsetzung
erschwere.

Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sah in der Ermittlung der CO2-Werte nach WLTP einen Schritt
in die richtige Richtung. Allerdings sei überhaupt nicht einzusehen, warum man nicht die so genannten Real Drive
Emissions erfasse. Auch wenn es nun eine europäische Einigung gebe, sei bekannt, welche Rolle Deutschland in
diesem Zusammenhang spiele. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordere daher die Bundesregierung
auf, sich stärker für effektive Kontrollen einzusetzen. Es gehe um die tatsächlichen Abgasemissionen im Verkehr
und nicht um das, was in Laboren gemessen werde.

Der zweite Kritikpunkt sei, dass die realistische Berechnung nach dem WLTP-Verfahren nur für neu zugelassene
Fahrzeuge gelten solle. Für ca. 40 Millionen Bestandsfahrzeuge werde sich so nichts ändern. Außerdem fordere
man eine grundsätzliche Reform der Kfz-Steuer, die auch möglich gewesen wäre. Der jetzige Schritt erfülle nur
die Mindestanforderungen der EU-Richtlinie. Eine grundsätzliche Reform der Kfz-Steuer nach CO2-Gesichts-
punkten stehe weiterhin aus.

Berlin, den 26. April 2017

Dr. Philipp Murmann
Berichterstatter

Andreas Schwarz
Berichterstatter

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.