BT-Drucksache 18/12142

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/6326 - Krankenhäuser gemeinwohlorientiert und bedarfsgerecht finanzieren

Vom 26. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12142
18. Wahlperiode 26.04.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Harald Weinberg, Sabine Zimmermann
(Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE.
– Drucksache 18/6326 –

Krankenhäuser gemeinwohlorientiert und bedarfsgerecht finanzieren

A. Problem
Die Antragsteller stellen fest, dass Krankenhäuser als Teil des Sozialstaates nicht
mehr ihren ursprünglichen Zweck der Versorgung der Bevölkerung verfolgten,
sondern vorrangig an einer Gewinnmaximierung interessiert seien. Darunter leide
auch die Bezahlung der Beschäftigten. Vermehrt seien allein ökonomische Mo-
tive für eine Behandlung ausschlaggebend.

Es bedürfe daher einer gesetzlichen Neustrukturierung der Krankenhausfinanzie-
rung, welche eine verbindliche Personalbemessung und eine sektorenübergrei-
fende Bedarfsplanung beinhalte. Diagnosis Related Groups (DRG) seien zudem
durch eine bedarfsgerechte Ist-Kosten-Rechnung zu ersetzen. Zuletzt müsse sich
der Bund verstärkt an der Auflösung des Investitionsstaus im Krankenhaussektor
beteiligen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Die Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/12142 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Berlin, den 26. April 2017

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Lothar Riebsamen
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12142
Bericht des Abgeordneten Lothar Riebsamen

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/6326 in seiner 131. Sitzung am 16. Oktober 2015 in
erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außerdem
hat er ihn zur Mitberatung an den Innenausschuss, den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den Finanz-
ausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie, den Ausschuss für Ernährung und
Landwirtschaft, den Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur und den Ausschuss für Bil-
dung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller stellen fest, dass die heutige Orientierung der Krankenhäuser an marktwirtschaftlichen Zielen
dem sozialen Zweck der Versorgung der Bevölkerung mit notwendigen stationären Leistungen entgegenstehe.
Patientinnen und Patienten könnten nicht mehr sicher sein, dass ausschließlich medizinische Gründe und nicht
ökonomische Motive für ihre Behandlung auschlaggebend seien. Die bedarfsgerechte und leistungsfähige Kran-
kenhauspflege sei jedoch ein unverzichtbarer Teil der Gesundheitsversorgung, die das Bundesverfassungsgericht
in ständiger Rechtsprechung als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut ansehe. Die Krankenhausversorgung
müsse den Patientinnen und Patienten bestmöglich dienen, wobei auch die Beschäftigten anständig zu bezahlen
seien.

Es bedürfe daher einer gesetzlichen Neustrukturierung der Krankenhausfinanzierung, die eine verbindliche Per-
sonalbemessung sowie eine transparente, sektorenübergreifende Bedarfsplanung beinhalte. Diagnosis Related
Groups (DRG) seien durch eine bedarfsgerechte Ist-Kosten-Rechnungen zu ersetzen. Des Weiteren müsse sich
der Bund mit 50 Prozent, das seien 2,5 Milliarden Euro, an den künftigen Mehraufwendungen der Länder zur
Auflösung des Investitionsstaus im Krankenhaussektor beteiligen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat in seiner 116. Sitzung am 26. April 2017 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen zu empfehlen,
den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 142. Sitzung am 26. April 2017 mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Der Finanzausschuss hat in seiner 111. Sitzung am 26. April 2017 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen zu empfehlen,
den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 81. Sitzung am 22. September 2016 mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen zu
empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner 110. Sitzung am 26. April 2017 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Drucksache 18/12142 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat in seiner 81. Sitzung am 26. April 2017 mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner 113. Sitzung am 26. April 2017 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Der Verteidigungsausschuss hat in seiner 90. Sitzung am 26. April 2017 mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. beschlossen zu
empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat in seiner 90. Sitzung am 26. April 2017 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthal-
tung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326
abzulehnen.

Der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur hat in seiner 110. Sitzung am 26. April 2017 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat in seiner 94. Sitzung am 26. April
2017 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6326 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 65. Sitzung am 17. Februar 2016 seine Beratungen zu dem Antrag auf
Drucksache 18/6326 aufgenommen und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung fand in der 72. Sitzung am 13. April 2016 statt. Als sachverständige Organisationen
waren eingeladen: AOK-Bundesverband, Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege e. V.
(BAGFW), Bundesverband Deutscher Privatkliniken e. V. (BDPK), Christliche Krankenhäuser in Deutschland
(CKiD), Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V. (DKG), Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe Bundesver-
band e. V. (DBfK), Deutscher Pflegerat e. V. (DPR), GKV-Spitzenverband, Institut für das Entgeltsystem im
Krankenhaus GmbH (InEK), Interessenverband kommunaler Krankenhäuser e. V. (IVKK), ver.di – Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft, Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV) und Verband der Univer-
sitätsklinika Deutschlands e. V. (VUD). Als Einzelsachverständige waren eingeladen: Prof. Dr. Boris Augurzky,
Dr. Bernard Braun, Hartmut Reiners, Prof. Dr. Michael Simon und Prof. Dr. Jonas Schreyögg. Auf das entspre-
chende Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung und die als Ausschussdrucksachen verteilten Stellungnahmen
der Sachverständigen wird verwiesen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat seine Beratungen zu dem Antrag auf Drucksache 18/6326 in seiner 112.
Sitzung am 26. April 2017 fortgesetzt und abgeschlossen.

Als Ergebnis empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/6326.

Die Fraktion der CDU/CSU bezeichnete den Antrag als veraltet, da dieser vor Verabschiedung des Kranken-
hausstrukturgesetzes, mit dem umfangreiche Verbesserungen für die Finanzierung der Krankenhäuser beschlos-
sen worden seien, geschrieben worden sei. So seien der Versorgungszuschlag in einen Pflegezuschlag in Höhe
von 500 Millionen Euro umgewandelt und ein Pflegestellenförderprogramm mit jährlich 330 Millionen Euro ins
Leben gerufen worden. Zudem könnten die Krankenhäuser von den Krankenversicherungen einen Ausgleich ein-
fordern, wenn Tarifabschlüsse höher als die Grundlohnsumme ausfielen. Weitere Maßnahmen seien die Schaf-
fung eines Strukturfonds sowie die Fortsetzung und Erhöhung des Hygieneförderprogramms. Damit habe man
insgesamt eine Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich für die Krankenhäuser ausgegeben. Problematisch sei nach wie
vor die unzureichende Investitionskostenförderung der Bundesländer. Weiterhin würden aus Betriebsmitteln Gel-

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12142
der entzogen, um Investitionen in die Krankenhäuser vorzunehmen. Diese Mittel fehlten dann im laufenden Be-
trieb. Die Fraktion fordere daher die Bundesländer auf, ihrem Auftrag in diesem Bereich nachzukommen und die
Investitionen ausreichend zu finanzieren.

Die Fraktion der SPD wies ebenfalls darauf hin, dass der Antrag fachlich veraltet sei, da er die positiven Verän-
derungen, die durch das Krankenhausstrukturgesetz erreicht worden seien, ignoriere. Insbesondere für den Perso-
nalbereich habe man erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. So würden mit dem zweckgebundenen
Pflegestellenförderprogramm 660 Millionen Euro für drei Jahre bereitgestellt. Hinzu kämen 500 Millionen Euro
Pflegezuschlag. Die Einsetzung der Expertenkommission „Pflegepersonal im Krankenhaus“ sei ebenfalls im
Krankenhausstrukturgesetz beschlossen worden. Diese habe auftragsgemäß einen Vorschlag gemacht, wie das
Pflegestellenförderprogramm dauerhaft in den Pflegezuschlag überführt werden solle, wodurch den Krankenhäu-
sern jährlich bis zu 830 Millionen Euro zur Verfügung stehen würden. Zum anderen habe die Kommission vor-
geschlagen, für pflegesensitive Bereiche verbindliche Pflegepersonaluntergrenzen zu vereinbaren. Diese Vor-
schläge setze man nun mit gesetzlichen Regelungen um. Dadurch werde die Personalsituation in den Kranken-
häusern deutlich entschärft und die Pflegekräfte spürbar entlastet, wovon letztendlich auch die Patientinnen und
Patienten profitierten.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies darauf, dass die Sicherstellung der Krankenhausversorgung zum Bereich der
Daseinsvorsorge des Staates gehöre. Da dies im Grundgesetz im Rahmen des Sozialstaatsprinzips festgehalten
und unabänderbar sei, könne sich die öffentliche Hand dieser Verantwortung nicht entziehen. Die zentrale Auf-
gabe der Krankenhäuser sei, die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherzustellen, und nicht, Gewinne zu
erzielen. Das Preissystem der DRG gehöre dementsprechend abgeschafft, auch da es viele Versprechen nicht
gehalten habe. So sei versprochen worden, dass das Geld der Leistung folge. Tatsächlich folge aber die Leistung
dem Geld; es gebe Anreize, aus wirtschaftlichen statt aus medizinischen Gründen Therapieentscheidungen zu
treffen. Es gebe auch keine Einsparungen durch die DRG, sondern sogar beschleunigte Ausgaben. Dies alles sorge
in den Krankenhäusern für einen ständigen Konflikt zwischen Monetik und Ethik und übe Druck zum Beispiel
auf den Pflegebereich aus. Um den Investitionsstau in den Krankenhäusern anzugehen, schlage die Fraktion vor,
dass sich der Bund an zusätzlichen Ausgaben der Länder hälftig beteilige.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekräftigte, dass die Vorschläge der Fraktion DIE LINKE. nicht
geeignet seien, um das berechtigte Anliegen einer patientengerechten und bedarfsgerechten Krankenhausversor-
gung zu realisieren und deshalb abgelehnt werde. Die Abschaffung des DRG-Systems und die Wiedereinführung
von krankenhausindividuell ausgehandelten Vergütungen seien grundlegend falsch, da daraus Intransparenz und
unterschiedliche Preise für die gleiche Leistung resultierten. Das DRG-System sei allerdings reformbedürftig. Es
seien Anreize für die Qualität der Leistung und nicht zur Steigerung der Mengen nötig. Derzeit erfolge die Finan-
zierung der Investitionskosten außerdem teilweise aus den DRG-Einnahmen. Infolge dessen könnten die DRG
eigentlich nicht zu niedrig kalkuliert sein. Das sei aber eine sachfremde Verwendung der Einnahmen und entspre-
che nicht dem Prinzip der dualen Finanzierung der Betriebskosten durch die Krankenhäuser und der Investitions-
kosten durch die Länder. Die Krankenhausreform habe hinsichtlich der Investitionskostenfinanzierung allerdings
keine Ergebnisse erzielt, während die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bereits 2007 einen Vorschlag zur
Investitionskostenfinanzierung gemeinsam durch Kassen und Länder vorgelegt habe, der nach wie vor aktuell sei.

Berlin, den 26. April 2017

Lothar Riebsamen
Berichterstatter

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