BT-Drucksache 18/12064

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach, Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/8887 - Kein Lobbyismus im Klassenzimmer

Vom 25. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12064
18. Wahlperiode 25.04.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Rosemarie Hein, Sigrid Hupach,
Karin Binder, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/8887 –

Kein Lobbyismus im Klassenzimmer

A. Problem
Seit den 1990er Jahren wächst der kommerzielle und politische Einfluss von Wirt-
schafts- und Finanzverbänden, Stiftungen, Vereinen sowie Unternehmen auf
Schulen und deren Unterrichtsinhalte. Aufgrund oft dramatischer Unterfinanzie-
rung bei Lehr- und Lernmitteln, aber auch der Ausstattung von Schulen, verwen-
den viele Lehrkräfte die kostenfreien Unterrichtsmaterialien der Unternehmen
und bemühen sich Schulen um eine Finanzierung ihres Programms durch Sponso-
ren. Die dahingehenden Strategien der Wirtschaft sind nach Auffassung der Frak-
tion DIE LINKE. jedoch zu einseitig sowie interessengeleitet und gehen daher am
Auftrag der allgemeinbildenden Schule vorbei. Weder Lehrkräfte noch Kultusmi-
nisterien oder andere staatliche Stellen werden in der Lage sein, alle diese Mate-
rialien zu prüfen. Zwar wurden inzwischen in vielen Schulgesetzen sogenannte
Sponsoringparagrafen eingeführt, jedoch reichen diese zur Beendigung der lob-
byistischen Einflussnahme auf Bildungsinhalte nicht aus.

B. Lösung
Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, zukünftig Lobbyismus an Schulen
in Deutschland einzudämmen. Der Antrag schlägt u. a. vor, die Unterfinanzierung
des Bildungswesens zu beenden und die Lehrkräfte bei der Auswahl der Materi-
alien im Sinne ihrer ureigenen pädagogischen Verantwortung verlässlich und von
Lobbyinteressen unabhängig zu unterstützen. Ebenso wird die Einrichtung von
Schülerfirmen, die Kooperationen der Schulen mit örtlichen Unternehmen, Ver-
einen, Verbänden und Institutionen der öffentlichen Daseinsvorsorge sowie die
Entwicklung eines allgemein zugänglichen Monitoringsystems, das einerseits
fachliche Qualität und andererseits offenen oder verdeckten Lobbyismus auf-
deckt, vorgeschlagen. Hierzu wird eine Vielzahl von Forderungen an die Bundes-
regierung erhoben.

Drucksache 18/12064 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags auf Drucksache 18/8887.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12064
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/8887 abzulehnen.

Berlin, den 29. März 2017

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Patricia Lips
Vorsitzende

Xaver Jung
Berichterstatter

Marianne Schieder
Berichterstatterin

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Beate Walter-Rosenheimer
Berichterstatterin

Drucksache 18/12064 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Xaver Jung, Marianne Schieder, Dr. Rosemarie Hein und
Beate Walter-Rosenheimer

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/8887 in seiner 193. Sitzung am 29. September 2016
beraten und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung
sowie dem Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass seit den 1990er Jahren der kommerzielle und politische Einfluss von Wirt-
schafts- und Finanzverbänden, Stiftungen, Vereinen sowie Unternehmen auf Schulen und deren Unterrichtsin-
halte wachse. Immer mehr Studien und Positionspapiere einzelner Verbände würden sich für einen verstärkten
unternehmerischen Einfluss auf Schulen aussprechen.

Die Universität Augsburg habe im Jahr 2012 im Internet außerhalb des geprüften Schulbuchsortiments über
880 000 Lehrmaterialien von 482 Anbietern gefunden, die Dunkelziffer werde jedoch auf etwa eine Million Un-
terlagen geschätzt. In Deutschland besuchten 87,5 Prozent der 15-Jährigen eine Schule, an der Wirtschaft und
Industrie Einfluss auf die Lehrinhalte ausüben würden, womit Deutschland signifikant über dem OECD-Durch-
schnitt von 63,7 Prozent liege. Über die Materialien werde versucht, bestimmte Branchen in einem guten Licht
darzustellen, Kritikpunkte zu verschweigen oder einfach Produktwerbung zu betreiben. Insbesondere die Lebens-
mittelwirtschaft spreche mit ihren ungeprüften Unterrichtsmaterialien auch die Vorbilder der Kinder an, also El-
tern, Großeltern und ältere Geschwister sowie Erziehungs- und Lehrkräfte. Aber nicht nur kommerzielle Zwecke
würden verfolgt, sondern auch die Verbreitung von politischen Ansichten und anderweitige Partikularinteressen.
Oftmals würden die Lehrkräfte auf solche kostenlosen Materialien zurückgreifen, weil die Mittel für die Anschaf-
fung von Schulmaterialien sinken würden oder die Unterrichtsmaterialien veraltet seien. Neben den Unterrichts-
materialien biete die Wirtschaft auch Fortbildungen für Lehrkräfte an.

Die Einflussnahme auf den Unterricht sei in den vergangenen Jahren immer professioneller geworden. Mittler-
weile gebe es sogar Kommunikationsagenturen, wie beispielsweise die „cobra youth communications GmbH“
oder die „Deutsche Schulmarketing Agentur“, die sich gezielt darauf spezialisiert hätten, die wirtschaftlichen
Interessen ihrer Auftraggeber in die Schulen zu tragen, denn die Schülerinnen und Schüler sollten schon im Klas-
senzimmer frühzeitig als potentielle Kunden, Wähler, Unterstützer oder Mitarbeiter gewonnen werden, denn sie
verfügten schätzungsweise über eine Kaufkraft von jährlich 20 Milliarden Euro.

Die Strategien der Wirtschaft, stärker auf Unterrichtsinhalte Einfluss zu nehmen, seien jedoch zu einseitig sowie
interessengeleitet und würden daher am Auftrag der allgemeinbildenden Schule, der Herausbildung selbstständig
denkender, ihre gesellschaftliche Umwelt kritisch reflektierender Menschen, vorbeigehen. Das nach dem Grund-
gesetz unter staatlicher Aufsicht stehende Schulwesen habe aber den Auftrag, alle Seiten der Persönlichkeitsent-
wicklung in den Blick zu nehmen und dürfe sich nicht einseitig auf die Interessen der Wirtschaft ausrichten.

Auch die Bundesregierung teile das Anliegen, unternehmerisches Denken und Handeln früh zu fördern. Beispiels-
weise tue sie dies bereits durch das seit 2010 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie betriebene
Internet-Portal „Unternehmergeist in die Schulen“, welches zum Ziel habe, die Kooperation zwischen Wirtschaft
und Schule zu fördern. Jedoch entstehe hierdurch eine Einflussnahme des Bundes auf Bildungsinhalte an der
Verantwortung der Länder vorbei.

Nach dem PISA-Schock Anfang der 2000er Jahre würden das mangelnde Interesse und die schlechten Kenntnisse
bei den Jugendlichen in Bezug auf wirtschaftliche Fragen beklagt und die Forderung nach einem eigenständigen
Fach „Wirtschaft“ werde immer lauter. So sei beispielsweise sogar gefordert worden, dass Schulen „Dienstleister
der Wirtschaft“ werden sollten.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12064
Die Antragsteller kritisieren, dass weder Lehrkräfte noch Kultusministerien oder andere staatliche Stellen in der
Lage seien, alle diese Materialien zu prüfen, und eine kontroverse oder kritische Auseinandersetzung sei kaum
möglich. Die Initiative „Lobbycontrol“ warne sogar davor, dass die ungebremste Einflussnahme auf Schulen zu
problematischen Verzerrungen führe, die auch Werten wie eigenständiger Meinungsbildung, Kontroversität oder
Kritikfähigkeit entgegenliefen. Zwar seien inzwischen in vielen Schulgesetzen sogenannte Sponsoringparagrafen
eingeführt worden, jedoch reichten diese zur Beendigung der lobbyistischen Einflussnahme auf Bildungsinhalte
nicht aus, obwohl Produktwerbung im eigentlichen Sinne in den meisten Bundesländern verboten sei.

Vor diesem Hintergrund solle die Bundesregierung aufgefordert werden,

1. zukünftig keine von Unternehmen und Lobbygruppen erarbeiteten Unterrichtsmaterialien mit dem emp-
fehlenden Stempel oder dem Logo eines Bundesministeriums zu versehen;

2. sich gegenüber der Kultusministerkonferenz dafür einzusetzen, klare Kriterien für Kooperationen zwi-
schen Schule und Wirtschaft, Verbänden und anderen Akteuren der Zivilgesellschaft zu formulieren, die
einseitige und interessengeleitete Einflussnahme in Unterricht und Schule ausschließen;

3. unverzüglich, insbesondere mit den Bundesländern, die bisher keine entsprechenden Regelungen in ihren
Schulgesetzen vorsehen, Gespräche aufzunehmen mit der Bitte, in ihren Schulgesetzen ein Verbot von
Werbung zu verankern;

4. die Initiative zu ergreifen, den „Beutelsbacher Konsens“ durch einen Transparenzkodex zu ergänzen.
Dabei müsse offengelegt werden, wer die externen Unterrichtsmaterialien finanziert, welche Autoren
daran beteiligt sind und welche Drittmittel hierdurch eingenommen wurden;

5. gemeinsam mit den Ländern

a) eine unabhängige Monitoringstelle für externe Unterrichtsmaterialien einzurichten, die als Informa-
tions- und Anlaufstelle für Lehrkräfte dient und die einen kritischen Umgang mit Unterrichtsmate-
rialien fördert,

b) in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften aller Schulformen (verpflichtend) Module einzufüh-
ren, die für die Gefahren der Einflussnahme von Lobbygruppen auf den Unterricht sensibilisieren;

6. das Projekt des Bundes „Materialkompass Verbraucherbildung“ wieder aufzunehmen, weiterzuführen
und zu verstetigen;

7. die Werberegeln des Deutschen Werberates so zu fassen, dass auch indirekter und direkter Lobbyismus
in Schulen und Kitas nicht zulässig ist und diese Regeln verbindlich zu gestalten.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner Sitzung am 29. März 2017 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/8887 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat den Antrag auf Drucksache
18/8887 in seiner 92. Sitzung am 29. März 2017 beraten und empfiehlt:

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/8887 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass seit vielen Jahren bekannt sei, dass es Lobbyismus im Klassenzimmer
gebe, aber über das Maß und die Frage, ob dies gut oder schlecht sei, noch diskutiert werde.

Drucksache 18/12064 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Es gebe drei Ebenen der Einflussnahme durch Unternehmen auf die Schulen. Zum einen geschehe dies durch das
Einbringen der eigenen Unternehmensinteressen in den Unterricht. Zwar werde beispielsweise für die polytech-
nische Bildung die Zusammenarbeit mit Unternehmen gebraucht, jedoch müsse dabei zwischen einem altruisti-
schen Herangehen und dem Unterbringen der eigenen Unternehmensinteressen unterschieden werden.

Die zweite Ebene betreffe die Produktwerbung durch das Verteilen von Produkten bestimmter Marken in den
Schulen. Dazu gehöre auch das Sponsoring, beispielsweise von Sportfesten.

Die dritte Ebene beziehe sich auf die sehr erfindungsreiche und professionelle Imagewerbung von Unternehmen,
wodurch sich diese unterschwellig als positiv und offen darstellen würden.

Die Fraktion teilt mit, dass manche Lehrerinnen und Lehrer nicht wüssten, mit welchen Unterlagen sie unterrich-
ten sollten, wenn sie keine kommerziellen Materialien verwenden dürften. Deshalb müssten sie manchmal darauf
zurückgreifen, weil sie keine Zeit hätten, intensiv genug nach anderen Materialien zu suchen. Daher sei es auch
wichtig, diese Ambivalenz in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Die Fraktion führt aus, dass der Bund selbst nicht werberisch tätig sein dürfe, denn sein empfehlender Stempel
werde so verstanden, dass die Materialien getrost verwendet werden könnten. Außerdem dürfe der Bund den
Lobbyismus der Unternehmen nicht unterstützen und müsse gemeinsam mit den Ländern Maßstäbe festlegen
sowie Monitoringstellen entwickeln und fördern. Mehr könne der Bund jedoch nicht tun, da die Thematik Län-
dersache sei.

Die Fraktion der CDU/CSU merkt an, dass sie dem Antrag weitestgehend zustimme. Es werde jedoch die An-
nahme, dass der Bund hinsichtlich einer Gesetzesänderung auf die Länder einwirken könne, als naiv betrachtet.
Die Fraktion befinde genauso wie die Antragsteller, dass ideologische Beeinflussung an Schulen nicht stattfinden
dürfe und gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der deutschen Vergangenheit mit rechts- und links-
extremen Gruppen vermieden werden müsse. In der Regel komme es zur Beeinflussung im Finanz- und Wirt-
schaftsbereich, zu dem aber noch zu wenig Schulunterricht stattfinde.

Außerdem mache der Antrag nicht klar, wie eine Konsumentenberatung Schülerinnen und Schüler zu einem Ak-
tivisten, einer Interessenvertretung oder am Ende vielleicht sogar zu einem Lobbyisten werden lassen könne.

Des Weiteren könnten es sich die Großbetriebe durchaus leisten, altruistisch pädagogische Aufgaben zu überneh-
men. Dies greife der Antrag jedoch nicht auf, sondern es werde nur verallgemeinert und alle Aktivitäten negativ
betrachtet.

Unklar sei außerdem das Vorhaben bezüglich einer Prüfstelle, denn mit dem Materialkompass gebe es eine solche
bereits. Dieser laufe zwar im Herbst 2017 aus, aber die Fraktion der CDU/CSU hoffe auf eine Verlängerung. Eine
solche Prüfstelle würde das Schulpersonal auch in seinen wesentlichen Kompetenzen beschneiden. Außerdem
kritisiert die Fraktion, dass die Fraktion DIE LINKE. dem Schulpersonal und den -leitungen nicht die Qualitäts-
auswahl zutraue. Auch die Kultusministerkonferenz tue dies und es sei das Ziel eines Lehrers, seine Abiturienten
dazu zu bringen, selbst kritisch Materialprüfungen vorzunehmen, weshalb dies auch von den Lehrerinnen und
Lehrern erwartet werden müsse.

Des Weiteren sei der Bund nicht zuständig und die Länder würden ungern den Bund an dieser Stelle mitentschei-
den lassen. Vor dem Hintergrund des Föderalismus und der unterschiedlichen Schulmaterialien in den Ländern
sei unklar, wie eine Oberprüfstelle des Bundes praktisch arbeiten solle. Zwar sei die Analyse des Antrages größ-
tenteils korrekt, jedoch könne die Fraktion der CDU/CSU den Lehren, die die Fraktion DIE LINKE. daraus ziehe,
nicht zustimmen.

Die Fraktion der SPD erklärt, dass sie dem Antrag nicht zustimmen könne. Zwar wolle auch sie nicht, dass die
Klassenzimmer zu verkappten Verkaufsveranstaltungen würden oder dort Werbeplattformen für die Wirtschaft
und ihre Produkte entstünden, jedoch ginge der Antrag über dieses Ziel hinaus, schließlich gebe es von Unterneh-
men auch gut verwendbare Materialien.

Ein Großteil der Forderungen des Antrages falle in die Länderzuständigkeit und daher müsse die Fraktion DIE
LINKE. ihre Landtagsfraktionen auffordern, einen solchen Antrag in den Landtagen zu stellen. Die Antragsteller
kritisierten in ihrem Antrag sogar selbst die Plattform „Unternehmergeist in die Schulen“ der Bundesregierung,
weil so eine Einflussnahme auf die Schulen vorbei an den Ländern stattfinde.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12064

Des Weiteren sei die Darstellung der Lehrkräfte als unkritische Personen zu extrem, denn sie könnten sehr wohl
beurteilen, ob ein Einfluss der Wirtschaft vorhanden sei und was damit beabsichtigt werde.

Auch die Fraktion der SPD sei für eine Fortführung des Materialkompasses nach dem Herbst 2017, jedoch würden
die Antragsteller zusätzlich noch eine Monitoringstelle schaffen wollen, welche jedoch aufgrund des vorhandenen
Materialkompasses überflüssig sei.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führt eine aktuelle Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesver-
band e. V. (vzbv) an, die zeige, dass 71 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer angegeben hätten, mehrmals in der
Woche externe Schulmaterialien zu nutzen und für neun von zehn von ihnen seien solche Materialien genauso
relevant wie reguläre Schulbücher. Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland der hohe Einfluss von Wirtschaft
und Industrie auf die Lehrinhalte weiterhin ansteige und Schule ein geschützter Raum bleiben solle, bestehe sei-
tens des BMBF, der Länderminister und der Kultusministerkonferenz großer Handlungsbedarf. Es würden 16 der
20 umsatzstärksten deutschen Unternehmen solche Unterrichtsmaterialien produzieren und dies nehme immer
mehr zu.

Eine Untersuchung des Materialkompasses von 2014 habe gezeigt, dass wirtschaftsnahe Publikationen qualitativ
schlechter abschneiden würden als Materialien aus öffentlicher Hand oder von nichtkommerziellen Interessen-
verbänden. Lediglich ein Drittel habe die Note „gut“ erhalten und 18 Prozent der Materialien seien aufgrund von
teilweiser offener Markenproduktwerbung, einseitig verkürzten Informationen und Mängeln in der Didaktik man-
gelhaft gewesen. Dreiviertel davon würden aus der Wirtschaft stammen. Trotzdem müsse eine unabhängige Ko-
operation mit der Wirtschaft entstehen, jedoch nicht in der Weise, dass Lobbyisten in den Schulen Produktver-
marktung betreiben könnten.

Die Fraktion führt an, dass die Lehrerinnen und Lehrer auf kommerzielle Materialien zurückgreifen würden, weil
sie kostenfrei seien und die Schulbücher oft veraltet wären. Studien hätten aber ergeben, dass viele der Materialien
selektiv und manipulativ seien, weshalb der Einfluss an manchen Stellen gestoppt werden müsse.

Hinsichtlich des Antrages schätze die Fraktion viele Aussagen ähnlich ein. Sie teile die Auffassung, dass Schul-
materialien frei von einseitigen und wirtschaftsgeleiteten Interessen gehalten werden müssten und ein kritischer
Umgang mit den Unterrichtsmaterialien auch Teil der Lehreraus- und -fortbildung sein müsse, damit den Schülern
auch vermittelt werden könne, womit gearbeitet werde. Aber am wichtigsten sei, dass die Ersteller der Materialien
transparent würden. Viele der Forderungen des Antrags würden an die Länder gehen, die aber auch vom Bund
nicht übernommen werden könnten.

Letztlich halte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Kooperation mit der Wirtschaft für wichtig, ins-
besondere im Bereich von Betriebspraktika und -erkundungen sowie im Rahmen von Jobmessen. Daher enthalte
sie sich bei diesem Antrag der Stimme.
Berlin, den 29. März 2017

Xaver Jung
Berichterstatter

Marianne Schieder
Berichterstatterin

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Beate Walter-Rosenheimer
Berichterstatterin

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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