BT-Drucksache 18/12063

a) zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/11164 - MINT-Bildung als Grundlage für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für die Teilhabe an unserer von Wissenschaft und Technik geprägten Welt b) zu dem Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Kai Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/11179 - Für ein gerechtes und innovatives Deutschland 2030 - Als Konsequenz aus den Ergebnissen von PISA 2015 eine Bildungsoffensive starten

Vom 25. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12063
18. Wahlperiode 25.04.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
(18. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 18/11164 –

MINT-Bildung als Grundlage für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für
die Teilhabe an unserer von Wissenschaft und Technik geprägten Welt

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, Kai Gehring,
Beate Walter-Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/11179 –

Für ein gerechtes und innovatives Deutschland 2030 ‒ Als Konsequenz aus
den Ergebnissen von PISA 2015 eine Bildungsoffensive starten

A. Problem
Zu Buchstabe a

Der Hochtechnologiestandort Deutschland genießt durch seine attraktiven Pro-
dukte, Spitzenforschung und Innovationsfähigkeit gesellschaftlichen Wohlstand.
Zu dessen Aufrechterhaltung fehlen jedoch in den Bereichen Mathematik, Infor-
matik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) hochqualifizierte Fachkräfte.
Gleichzeitig lässt das Interesse der Jugendlichen an MINT im Verlauf der
Schulkarriere nach und MINT-Berufe werden zunehmend als weniger attraktiv
empfunden. Fächer müssen oft fachfremd unterrichtet werden, denn es gibt, ins-
besondere an den Berufsschulen, zu wenige ausgebildete MINT-Lehrkräfte. Prob-
lematisch sind zudem die hohe Zahl der Studien- und Berufsschulabbrecher sowie
der Umstand, dass sich immer noch zu viele Frauen trotz Begabung gegen einen

Drucksache 18/12063 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
MINT-Beruf oder -Praktikum entscheiden. Die fortschreitende Digitalisierung al-
ler Gesellschaftsbereiche führt dazu, dass auf dem Arbeitsmarkt die Qualifizie-
rungsanforderungen erheblich steigen.

Zu Buchstabe b

Die Ergebnisse der Bildungsvergleichsstudie PISA 2015 zeigen für Deutschland
eine „Stagnation auf hohem Niveau“, denn die Jugendlichen in Deutschland ha-
ben im Vergleich zu vorhergehenden Jahrgängen sowie zu den Gleichaltrigen vie-
ler anderer Staaten nicht signifikant besser abgeschnitten. Jemand, der in eine
arme Familie hineingeboren wird, wird im Alter von 15 Jahren mit hoher Wahr-
scheinlichkeit geringere Kompetenzen in Mathe, Chemie, Deutsch und Englisch
als ein Jugendlicher aus einer finanziell gut gestellten Familie haben. Somit belegt
PISA 2015 erneut, dass es weiterhin einen deutlichen Zusammenhang zwischen
der sozialen Herkunft und dem naturwissenschaftlichen Kompetenzniveau der
Schülerinnen und Schüler gibt. Gerade auch durch das Zeitalter der digitalen
Transformation und die hohe Zahl der altersbedingt ausscheidenden Fachkräfte
gewinnt insbesondere der MINT-Nachwuchs an immer größerer Bedeutung. Dies
stellt Deutschlands Bildungs- und Ausbildungssystem vor zusätzliche Herausfor-
derungen, denn das Interesse an den MINT-Fächern ist momentan rückläufig, ins-
besondere bei den Mädchen und bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund.

B. Lösung
Zu Buchstabe a

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, die MINT-Bildung in Deutsch-
land durch ein Bündel von Maßnahmen zu stärken. Die Antragsteller schlagen
u. a. vor, dass der Bund, die Länder und die maßgeblichen Akteure im MINT-
Bereich gemeinsam ein strategisches Gesamtkonzept erarbeiten und dass die zahl-
reichen MINT-Initiativen in Zukunft koordiniert und gefördert werden. Ferner
soll Begleitforschung betrieben sowie das Potential junger Menschen mit Migra-
tionshintergrund in den Blick genommen werden. Schließlich soll die Bundesre-
gierung aufgefordert werden, das Image der MINT-Berufe weiter zu verbessern
und die MINT-Regionen weiter zu fördern.

Annahme des Antrags auf Drucksache 18/11164 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Die Bundesregierung soll aufgefordert werden, die Bildungsgerechtigkeit und die
MINT-Bildung in Deutschland durch ein Bündel von Maßnahmen zu stärken. Die
Antragsteller schlagen unter anderem vor, die Förderung und den Unterricht indi-
vidueller auszurichten, frühkindliche Initiativen zu stärken, Studiengänge im
MINT-Bereich stärker zu unterstützen, außerschulische Programme einzuleiten
und Konzepte zu entwickeln, um Mädchen und Jungen gleichermaßen und deut-
lich mehr als bisher für naturwissenschaftliche Themen zu begeistern. Ferner soll
die Bundesregierung aufgefordert werden, mit den Ländern in Verhandlungen zur
Abschaffung des Kooperationsverbotes einzutreten, damit auf allen politischen
Ebenen eine Zusammenarbeit zur Stärkung des Bildungssystems möglich wird.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11179 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/12063

C. Alternativen
Zu Buchstabe a Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11164;

Zu Buchstabe b Annahme des Antrags auf Drucksache 18/11179.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Drucksache 18/12063 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 18/11164 anzunehmen;

b) den Antrag auf Drucksache 18/11179 abzulehnen.

Berlin, den 22. März 2017

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Patricia Lips
Vorsitzende

Sybille Benning
Berichterstatterin

Elfi Scho-Antwerpes
Berichterstatterin

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Özcan Mutlu
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/12063
Bericht der Abgeordneten Sybille Benning, Elfi Scho-Antwerpes, Dr. Rosemarie
Hein und Özcan Mutlu

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/11164 in seiner 219. Sitzung am 17. Februar 2017
beraten und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung,
dem Innenausschuss, dem Sportausschuss, dem Haushaltsausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie,
dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, dem Ausschuss
für Kultur und Medien sowie dem Ausschuss Digitale Agenda zur Mitberatung überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/11179 in seiner 219. Sitzung am 17. Februar 2017
beraten und dem Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zur federführenden Beratung,
dem Haushaltsausschuss, dem Ausschuss für Arbeit und Soziales, dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend sowie dem Ausschuss Digitale Agenda zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD erklären, dass der Hochtechnologiestandort Deutschland durch seine at-
traktiven Produkte, Spitzenforschung und Innovationsfähigkeit gesellschaftlichen Wohlstand genieße. Zur Auf-
rechterhaltung des Wohlstandes fehlten jedoch in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften
und Technik hochqualifizierte Fachkräfte. Gleichzeitig lasse das Interesse der Jugendlichen an MINT im Verlauf
der Schulkarriere nach und MINT-Berufe würden zunehmend als weniger attraktiv empfunden. Fächer müssten
oft fachfremd unterrichtet werden, denn es gebe, insbesondere an den Berufsschulen, zu wenige ausgebildete
MINT-Lehrkräfte. Problematisch seien zudem die hohe Zahl der Studien- und Berufsschulabbrecher sowie der
geringe Frauenanteil bei den MINT-Berufen und -Praktika.

Die Antragsteller machen darauf aufmerksam, dass technisches Wissen ein zentraler Bestandteil der Allgemein-
bildung in der Bevölkerung sei, denn Technikmündigkeit befähige zur Teilhabe an technischen Entwicklungen
und gesellschaftlichem Fortschritt in Beruf und Alltag. Sie bilde die Grundlage dafür, gesellschaftliche Zusam-
menhänge in einer wissenschaftlich-technisch geprägten Umwelt zu verstehen sowie Chancen, Risiken und mög-
liche gesellschaftliche Veränderungen erkennen, beurteilen und aktiv gestalten zu können. Im gesamten Umfeld
der Digitalisierung entstünden neue Berufsfelder und etablierte wandelten sich, was eine Anpassungsleistung der
Beschäftigten erfordere. In Deutschland gebe es zwar bereits eine Vielzahl von MINT-Initiativen aus Wirtschaft
und Politik, bundesweite Schüler- und Jugendwettbewerbe zum Thema „MINT“ sowie MINT-Regionen, jedoch
sei dies noch nicht ausreichend.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD würdigen die bereits zahlreichen wirksamen Initiativen in Bildung, Wirt-
schaft und Politik zur Stärkung der MINT-Bildung.

Vor diesem Hintergrund soll die Bundesregierung im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf-
gefordert werden,

1. gemeinsam mit den Ländern und den maßgeblichen Akteuren im MINT-Bereich ein strategisches Gesamt-
konzept zum Thema „MINT-Bildung“ zu erarbeiten, mit dem die MINT-Bildung flächendeckend, systema-
tisch und nachhaltig im Lebenslauf der Heranwachsenden verankert wird. Institutionelle und außerinstituti-
onelle Angebote sollen sinnvoller miteinander verzahnt werden;

Drucksache 18/12063 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. die existierenden Maßnahmen im Bereich der MINT-Bildung in einer gemeinsamen Koordinationsplattform,

einem bundesweiten MINT-E-Portal, zukünftig stärker zu koordinieren und zu bündeln sowie für die Pro-
jekte eine überschaubare Anzahl von nachvollziehbaren Qualitätskriterien festzulegen;

3. die Wirkung der MINT-Initiativen durch Begleitforschung zu untersuchen;

4. die bereits heute vom BMBF geförderten erfolgreichen MINT-Initiativen fortzusetzen und zu stärken;

5. Initiativen wie das „Haus der kleinen Forscher“ weiterhin dabei zu unterstützen, sich bereits frühzeitig in der
Bildungskette mit „informatischer Bildung“ und Medienkompetenz zu befassen und entsprechende Ange-
bote zu machen;

6. den „Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen“ fortzusetzen und die große Gruppe von Ingenieurinnen
zu adressieren, die nicht (mehr) im erlernten Beruf arbeiten;

7. das Potential junger Menschen mit Migrationshintergrund für MINT-Berufe in den Blick zu nehmen und zu
prüfen, ob eine entsprechende Informationskampagne initiiert werden sollte;

8. die Berufs- und Studienorientierung in der Sekundarstufe in allen Schulformen stärker zu etablieren und die
MINT-Berufe, etwa durch das Berufsorientierungsprogramm des BMBF, noch mehr in den Fokus zu rücken;

9. das Image der MINT-Berufe weiter zu verbessern, vor allem durch umfassendere Informationen über Be-
rufsbilder, die unter dem Einfluss des digitalen Wandels stehen, und durch Förderung der Initiativen, die
diese Berufsbilder authentisch an Jugendliche, ihre Eltern und die pädagogischen Fachkräfte vermitteln;

10. für den Bereich der dualen Berufsausbildung im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung Instru-
mente zu entwickeln, mit denen mehr junge Menschen, insbesondere Frauen, für eine Ausbildung im MINT-
Bereich gewonnen werden können. Es gilt, verstärkt Forschungsprojekte zu fördern, die die Gründe für einen
Ausbildungsabbruch in MINT-Berufen und mögliche Gegenmaßnahmen untersuchen;

11. die Übergänge und die Durchlässigkeit zwischen den Ausbildungsberufen weiter zu erleichtern, ohne dabei
die einzelnen Bildungsgänge zu verwässern, und die Ausbildungsgänge des dualen und trialen Studiums zu
evaluieren und auszubauen;

12. die Vernetzung und Errichtung weiterer MINT-Regionen zu fördern und zu prüfen, ob in Absprache mit den
bereits bestehenden MINT-Regionen und -Aktivitäten eine unterstützende Servicestelle eingerichtet werden
kann, die Know-how sammelt und Beratungen anbietet, sowie die Auslobung eines MINT-Regionen-Preises.

Außerdem soll vor diesem Hintergrund an die Länder appelliert werden,

1. gemeinsam mit den Kommunen zu prüfen, ob MINT-Angebote und forschendes Lernen bereits in der Kita,
insbesondere für geflüchtete Kinder mit geringen Sprachkenntnissen, als Bildungszugänge genutzt werden
sollten;

2. den Ausbau von möglichst wohnort- oder schulortnahen Schülerlaboren, Schülerforschungszentren und
Lehr-Lern-Laboren als Lernorte für Schüler, Auszubildende und Lehrkräfte deutschlandweit voranzutreiben
sowie Ausbildungsangebote für die beteiligten Lehrkräfte und ggf. Unterstützung für ehrenamtlich Tätige
einzurichten;

3. für in der MINT-Bildung eingesetzte fachfremde Lehrkräfte oder Quereinsteiger passgenaue Fortbildungen
anzubieten.

Schließlich sollen die Hochschulen aufgefordert werden, zu prüfen, was zusätzlich getan werden kann, um Studi-
enanfänger in den MINT-Fächern zu halten sowie Brückenkurse und Mentorenprogramme zu intensivieren.

Zu Buchstabe b

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt, dass die PISA-Studie in einem dreijährigen Rhythmus die
Leistungsfähigkeit der jeweiligen Bildungssysteme von OECD-Staaten und ihren Partnerstaaten und damit die
Kompetenzen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwis-
senschaften in der zeitlichen Entwicklung vergleiche und einschätze. Die aktuellen Ergebnisse von PISA 2015

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/12063
zeigten für Deutschland eine „Stagnation auf hohem Niveau“, was jedoch kein Erfolg sei, denn die Jugendlichen
in Deutschland hätten im Vergleich zu vorhergehenden Jahrgängen sowie zu den Gleichaltrigen vieler anderer
Staaten nicht signifikant besser abgeschnitten.

Die Auswertung von PISA 2015 habe gezeigt, dass jemand, der in eine arme Familie hineingeboren worden sei,
im Alter von 15 Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit geringere Kompetenzen in Mathe, Chemie, Deutsch und
Englisch habe als ein Jugendlicher aus einer finanziell gut gestellten Familie. Gerechte Zugänge zu Bildung seien
jedoch ein Grundpfeiler für den Zusammenhalt der demokratischen Gesellschaft. Daher müssten Bildungspolitik
und -praxis dieses tiefgehende und gravierende Problem der Bildungsungerechtigkeit endlich mit geeigneten
Maßnahmen angehen. Zwar brächten viele Länder bereits lobenswerte Maßnahmen auf den Weg, jedoch zeige
der Rückblick auf das rot-grüne Ausbauprogramm von 2003 bis 2009, dass der gemeinsame Schulterschluss von
Bund, Ländern und Kommunen nötig sei, um dem Anspruch einer modernen Bildungsrepublik gerecht zu werden.

Eine weitere Erkenntnis sei, dass in Deutschland immer weniger junge Menschen die höchsten Kompetenzstufen
in den Naturwissenschaften erreichten. Aber gerade durch das Fortschreiten der Digitalisierung in der deutschen
Gesellschaft und die hohe Zahl der altersbedingt ausscheidenden Fachkräfte gewinne der MINT-Nachwuchs an
immer größerer Bedeutung. Doch die jüngste PISA-Studie habe gezeigt, dass das Interesse an den MINT-Fächern
momentan rückläufig sei, insbesondere bei den Mädchen. In Deutschland könnten sich 27 Prozent der Jungen,
aber nur 18 Prozent der Mädchen im Jahr 2015 vorstellen, in Zukunft einen naturwissenschaftlichen Beruf zu
ergreifen. Der Frauenanteil von MINT-Studienfächern habe 2015 bei lediglich 28 Prozent gelegen. Bei der Ver-
besserung ihrer naturwissenschaftlichen Kompetenzen konnten die SchülerInnen in Deutschland keine nennens-
werten Fortschritte verzeichnen, die Leistungen der leistungsschwächeren SchülerInnen seien im Zeitverlauf so-
gar gesunken. Ebenso sei besorgniserregend, dass in Deutschland der Kompetenzunterschied in den Naturwissen-
schaften zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund in den europäischen Vergleichsstaaten am
stärksten ausgeprägt sei. Damit belege PISA 2015 erneut, dass es weiterhin einen deutlichen Zusammenhang
zwischen der sozialen Herkunft und dem naturwissenschaftlichen Kompetenzniveau der Schülerinnen und Schü-
ler gebe.

Die meisten naturwissenschaftlichen Unterrichtsstunden seien wenig kognitiv anregend und würden kaum durch
Experimente ergänzt. Aufgrund der föderalen Zuständigkeit habe der Bund bisher allein durch die Qualitätsof-
fensive Lehrerbildung halbherzig an der Problemlösung mitgewirkt. Auch die ICILS-Studie der OECD im Jahr
2014, die die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Achtklässlern getestet habe, habe gezeigt,
dass das deutsche Bildungssystem nicht in der Lage sei, Achtklässler auf das digitale Zeitalter vorzubereiten. Nur
„Bildung 4.0“ könne „Industrie 4.0“ gewährleisten und die Zukunft Deutschlands als Wirtschafts- und Innovati-
onsstandort sichern.

Vor diesem Hintergrund soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

mit den Ländern in Verhandlungen einzutreten, um das Kooperationsverbot in Gänze abzuschaffen, damit Bund,
Länder und Kommunen zur Stärkung des Bildungssystems in allen Bereichen zusammenarbeiten können.

Solange die Verfassung eine echte Kooperation von Bund und Ländern in Bildungsfragen noch nicht ermögliche,
soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

1. die Qualitätsoffensive Lehrerbildung in der zweiten Förderrunde stärker auf individuelles Fördern und pro-
duktives Umgehen mit Verschiedenheit auszurichten und das Vermitteln von Selbstlernkompetenzen zu stär-
ken;

2. die Länder dabei zu unterstützen, mit multiprofessionellen Teams an allen Schulen besser auf die Vielfalt
und Unterschiedlichkeit der Kinder und Jugendlichen und ihre individuellen Lern- und Lebensbedürfnisse
eingehen zu können;

3. die Länder dabei zu unterstützen, die sprachlichen Anforderungen in der Schule nicht nur an der Einspra-
chigkeit der Kinder auszurichten und das auch in Hinblick auf die Leistungsüberprüfung zu berücksichtigen;

4. die Länder dabei zu unterstützen, alle Schulformen und -typen so auszustatten, dass guter Unterricht mit
individueller Förderung, der Nutzung digitaler Anwendungen und mit experimentellem Lernen in den
MINT-Fächern in allen Jahrgangsstufen möglich ist;

Drucksache 18/12063 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. die Förderung der individuellen Sprachbildung aller Kinder und Jugendlichen in allen Bildungsetappen zu

verankern und gezielt zu fördern;

6. die sprach- und kulturübergreifende Dimension von mathematischem und naturwissenschaftlichem Lernen
stärker zu nutzen und zu fördern;

7. Initiativen wie „Schachschule 2020“, naturwissenschaftliche Sommer-Camps und „MINTalente“ weiterzu-
führen und bundesweit zu vernetzen;

8. die Länder dabei zu unterstützen, besonders gelungene Projekte für die gezielte Mädchenförderung wie das
schulübergreifende Programm „mintpink“ aus Hamburg in die Breite zu tragen;

9. die Länder dabei zu unterstützen, die Elternarbeit und -beratung als regulären Bestandteil des Schullebens
zu verankern. Darüber hinaus sollten gezielte Informationsgespräche und Ansprechpartner an den Schulen
angeboten werden, um elternunterstütztes Lernen im Bereich Naturwissenschaften und die Zusammenarbeit
zu stärken;

10. in allen Förderprogrammen für pädagogische Fachkräfte das Lehren und Unterstützen von selbstständigem
Lernen inklusive Experimentieren zu stärken;

11. im Rahmen des Programms „Kultur macht stark“ außerschulische Programme und Initiativen einzuleiten, zu
stärken und zu vernetzen, die über kulturelle und spielerische Zugänge das Interesse und die Freude der
Kinder und Jugendlichen an Naturwissenschaften wecken und stärken können;

12. frühkindliche Initiativen auszubauen und dabei besonders auf Vielfalt zu achten, damit alle teilhaben wollen
und können. In diesem Zusammenhang soll die Bundesregierung ebenso aufgefordert werden, Initiativen
wie „Haus der kleinen Forscher“ nachhaltig zu sichern und zu unterstützen. Gleichzeitig sind Initiativen wie
„Schule experimentiert“ und „Jugend forscht“ stärker auf das Ermutigen von Mädchen sowie von Kindern
und Jugendlichen mit Einwanderungsgeschichte auszurichten und zu fokussieren;

13. die Webseite der „Komm mach MINT“-Initiative so auszugestalten, dass sie Kinder und Jugendliche direkt
etwa durch den MINT-Test oder das Video anspricht. Hier müsse der erste und aktivierende Fokus liegen.
Danach erst müsse sie auch das Interesse von Eltern wecken und potenzielle Vermittlerinnen und Partneror-
ganisationen ansprechen und beraten. Auch der YouTube-Kanal sollte generalüberholt und deutlich anspre-
chender gestaltet werden;

14. gemeinsam mit den Ländern die Ausbildungen und Studiengänge im MINT-Bereich attraktiver zu gestalten.
Dazu:

a) müsse die anstehende Vernetzung und Digitalisierung der Schulen dafür genutzt werden, um im Unter-
richt wie auch darüber hinaus das Verstehen und Mitgestalten der digitalen Codes zu fördern. Dazu müss-
ten zum einen die Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebote für Erzieher, Lehrer und Sozialarbeiter erwei-
tert werden. Zudem müssten auch die IT-Ausbildungs- und -Studiengänge so weiterentwickelt werden,
dass die besonderen Qualifikationen erworben werden könnten, die für technische Berufe an pädagogi-
schen Standorten, z. B. Administration an Schulen, Kitas und Hochschulen, und die dortigen besonderen
Anforderungen v. a. auch für die Zusammenarbeit mit den pädagogischen Berufen notwendig seien;

b) müssten die Kooperationen von Schulen etwa im Bereich der „Kinder-Universitäten“ gezielt auch mit
den Technischen Universitäten und den Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte Wissen-
schaften ausgebaut werden;

c) müssten duale Studiengänge im MINT-Bereich stärker unterstützt werden, um mehr Jugendlichen und
jungen Erwachsenen diesen Weg zu eröffnen;

d) müssten praktische, psychologische und kulturelle Barrieren für Frauen in den MINT-Ausbildungen ab-
gebaut werden, indem MINT-Aspekte schon in der frühkindlichen und in der Grundschulbildung fest
verankert würden, so dass Geschlechterstereotype weniger wirksam würden, als wenn diese Aspekte erst
in der Sekundarphase angesprochen werden;

e) müssten die MINT-Unterrichtskonzepte auch im Hinblick auf Schülerinnen und Schüler mit Migrations-
hintergrund lebensnäher entwickelt werden;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/12063

f) müsste in der Bildungsforschung die Didaktik naturwissenschaftlichen Unterrichts, auch vor dem Hin-
tergrund der Mehrsprachigkeit der Schülerinnen und Schüler, in den Blick genommen werden;

g) müsste das „Calliope-Projekt“ genau daraufhin untersucht und ausgewertet werden, wie es im MINT-
Bereich, aber auch darüber hinaus, das Interesse von Kindern sowohl an Digitalisierung und Program-
mieren als auch an Fachsprachenkompetenz und Teamarbeit fördert;

h) müsste in der Bildungsforschung die Wirkung von Berufsorientierungsangeboten stärker untersucht wer-
den, um die dort angewendeten Konzepte v. a. im Bereich der MINT-Berufe gezielt überprüfen und über-
arbeiten zu können. Daraus müssten dann auch abgestimmte Konzepte für die Fähigkeitsselbstkonzeption
und die berufliche Orientierung in der Sekundarstufe 1 und in der Sekundarstufe 2 entwickelt werden.
Sie müssten wiederum abgestimmt werden mit außerschulischen Angeboten und Fördermaßnahmen;

i) müsste gemeinsam mit den Ländern die Aus- und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer zügig refor-
miert und sie für „Bildung 4.0“ fit gemacht, müssten Bildungseinrichtungen mit notwendiger Hardware
– einschließlich Breitbandausbaus und schnellen Internetverbindungen – ausgestattet und der verstärkte
Einsatz digitaler Medien im Unterricht ermöglicht werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Innenausschuss, der Sportausschuss, der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Ener-
gie, der Ausschuss für Arbeit und Soziales, der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der
Ausschuss für Kultur und Medien sowie der Ausschuss Digitale Agenda haben jeweils in ihren Sitzungen am
22. März 2017 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag auf Drucksache
18/11164 anzunehmen.

Zu Buchstabe b

Der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Arbeit und Soziales, der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend sowie der Ausschuss Digitale Agenda haben jeweils in ihren Sitzungen am 22. März 2017
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/11179 ab-
zulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss hat am 8. März 2017 ein öffentliches Fachgespräch zum Thema „MINT-Bildung in Deutschland“
mit den nachfolgend aufgeführten Sachverständigen durchgeführt:

Dr. Sven Baszio, Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Jugend forscht e. V., Hamburg
Michael Fritz, Vorsitzender des Vorstands der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, Berlin
Stephan Noller, Mitgesellschafter der Computerfirma Calliope gGmbH, Berlin
Prof. i. R. Dr. Christian Rittelmeyer, Professor für Erziehungswissenschaft am Pädagogischen Seminar
der Universität Göttingen bis 2003, Kassel
Dr. Nathalie von Siemens, Sprecherin des Nationalen MINT-Forums, Berlin
Dr. Ulrike Struwe, Geschäftsführerin der Geschäftsstelle des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancen-
gleichheit e. V., Fachhochschule Bielefeld, Leiterin der Geschäftsstelle Nationaler Pakt für Frauen in MINT-
Berufen, Bielefeld
Prof. Dr. Heike Wiesner, Professur für Betriebliche Informations- und Kommunikationssysteme, Fachbereich
Wirtschaftswissenschaften, Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), Berlin.

Drucksache 18/12063 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die Stellungnahmen und das Wortprotokoll wurden auf der Webseite des Ausschusses veröffentlicht. Die Ergeb-
nisse des Fachgesprächs sind in die Beratungen der vorliegenden Anträge eingegangen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat die Anträge in seiner 90. Sitzung
am 22. März 2017 beraten und empfiehlt:

Zu Buchstabe a

Annahme des Antrags auf Drucksache 18/11164 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei
Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11179 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärt, der Koalitionsantrag gründe auf der Vereinbarung im Koalitionsvertrag, die
MINT-Bildung zu stärken, die Innovationsfähigkeit zu fördern und dem Fachkräftemangel in diesem Bereich
entgegenzuwirken. Sie wolle außerdem Wissenschaftskompetenzen von der Grundschule bis hin zur Hochschule
unterstützen und zielgerichtet Mädchen und junge Frauen für MINT-Berufe begeistern, denn MINT-Bildung sei
Grundlage für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für die alltägliche Teilhabe an der von Wissenschaft und
Technik geprägten Welt. Des Weiteren sei sie sowohl für die beruflichen Chancen der zukünftigen Fachkräfte als
auch für die deutsche Wirtschaft von Bedeutung, denn diese sei auf MINT-Fachkräfte, sowohl aus dem akademi-
schen als auch aus dem beruflichen Ausbildungsbereich, angewiesen.

Die Fraktion weist darauf hin, dass der Koalitionsantrag ausführlich darstelle, wo man im MINT-Bereich stehe
und dass die erfolgreichen Initiativen der Bundesregierung gestärkt und fortgeführt werden müssten.

In Bezug auf das zurückliegende öffentliche Fachgespräch des Ausschusses zur MINT-Bildung sei die Fraktion
erfreut, dass alle Gäste das Engagement in diesem Bereich begrüßt hätten und es unterstützen würden. Es sei
angemerkt worden, dass insbesondere eine Verbesserung der Abstimmung zwischen den institutionellen und den
nichtinstitutionellen MINT-Angeboten entlang der Bildungskette wichtig sei und es für die Erarbeitung und Um-
setzung von Qualitätskriterien noch einer Begleitforschung bedürfe.

Die Fraktion der CDU/CSU führt dazu aus, dass es bereits deutschlandweit vielfältiges Engagement in diesem
Bereich gebe, aber ein vom Bund, den Ländern und den maßgeblichen Akteuren zusammen erarbeitetes, strategi-
sches Gesamtkonzept nötig sei, damit die MINT-Bildung flächendeckend, systematisch und nachhaltig im ge-
samten Lebenslauf von Heranwachsenden verankert werde. Im Zuge dessen entstünde ein bundesweites MINT-
E-Portal, mit dem MINT-Bildung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden könne. Durch das Prä-
sentieren von Angeboten regionaler Initiativen und die Vernetzung der Wirtschaft mit den Schulen und Initiativen
könnten dort Synergien erreicht werden. Die Initiativen würden nach nachvollziehbaren Qualitätskriterien wie die
Arbeitsweise, die Umsetzung der Projekte und ihre Nachhaltigkeit ausgesucht werden, wodurch ein fachlicher
Grundstandard sichergestellt werden könne.

Um keine Talente zu verlieren, strebe die Fraktion die Erhöhung des Frauenanteils, den Ausbau der Berufs- und
Studienorientierung, die Vermehrung der Möglichkeiten, eigene Erfahrungen zu sammeln, die Erleichterung von
Übergängen zwischen einzelnen Ausbildungsgängen und die Förderung von MINT-Regionen an. Der MINT-
Bedarf sei regional so unterschiedlich, dass dieses Ziel nicht ohne die Länder erreicht werden könne. Es müssten
Schülerlabore ausgebaut und den Lehrerinnen und Lehrern passgenaue Fortbildungen angeboten werden, sowohl
in Bezug auf Fachkenntnisse im MINT-Bereich als auch hinsichtlich pädagogischer Fähigkeiten.

Der Kritik der Fraktion DIE LINKE., dass der Koalitionsantrag die Stärkung der MINT-Bildung insbesondere auf
Kosten der kulturellen Fächer vorantreiben wolle, weist die Fraktion der CDU/CSU insofern zurück, als dass sie
an keiner Stelle fordern würde, in die Curricula mehr MINT als bisher aufzunehmen, sondern, dass sie lediglich
den vorhanden Rahmen nachhaltiger ausfüllen wollen würde. Mit dem Antrag der Koalition wolle man die MINT-
Bildung nachhaltiger gestalten, und wenn sich herausstellen würde, dass dafür fächerübergreifender Unterricht
am besten geeignet sei, dann wäre dies der Fraktion auch recht.

Die Fraktion der CDU/CSU begrüße den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur MINT-Bildung,
jedoch kritisiert sie, dass die Antragsteller mit Blick auf die PISA-Ergebnisse beklagten, dass Deutschland auf

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/12063
einem hohen Niveau stagnieren würde, denn in den Naturwissenschaften und der Mathematik liege Deutschland
deutlich über dem OECD-Durchschnitt. Trotzdem müsse dies noch verbessert werden und dafür sei der Antrag
der Koalition deutlich zielführender als der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Die Fraktion DIE LINKE. erkennt an, dass gute Bildung eine wichtige Grundlage für den Wirtschaftsstandort
Deutschland sei. Sie kritisiert jedoch das einseitige Vorgehen der Koalition, denn die Tatsache, dass auch kreative
Fächer zur MINT-Bildung beitrügen, werde nicht berücksichtigt. Allerdings sei auch der Anteil der naturwissen-
schaftlich-technischen oder informatischen Fächer auf den Stundenplänen durchaus ausbaufähig. Sie hebt hervor,
dass dieser Anteil in den verschiedenen Schulformen und auch in den Ländern sehr unterschiedlich sei.

Des Weiteren bemängelt die Fraktion, dass die Vermittlung von Naturwissenschaften in den Schulen relativ spät
einsetzen würde und es unglaublich schwierig sei, die Schulen und Kultusministerien dahingehend zu einem Um-
denken zu bewegen. Daher seien die vielen vorhandenen Initiativen bei der Problemerkennung nur teilweise hilf-
reich. Außerdem gebe es auch nur sehr wenige Initiativen, die auf eine Verbesserung der Bildung in den Schulen
abzielen würden. Solche seien jedoch sehr sinnvoll und unterstützenswert, insbesondere auch im Bereich der
außerschulischen Arbeit.

Weiterhin kritisiert die Fraktion DIE LINKE., dass diejenigen, die kein MINT-Talent hätten, aber trotzdem inte-
ressiert seien, übersehen werden würden und dass es für diese mehr Angebote geben müsse.

In Bezug auf die Möglichkeiten, Mädchen und junge Frauen für die naturwissenschaftlich-technische Bildung zu
begeistern, gehe die Fraktion davon aus, dass es möglich sei, die Interessen einer Person zu fördern, denn ansons-
ten seien sämtliche Versuche, Frauen und Mädchen von MINT zu überzeugen, wenig erfolgversprechend. Außer-
dem fehle dem Koalitionsantrag der Blick auf die Rollenbilder. Es sei deutlich schwerer, später gegen ein einmal
festgelegtes Rollenbild vorzugehen.

Um flächendeckend Nachhaltigkeit im MINT-Bereich zu schaffen, sollte Vereinen, Verbänden und Initiativen
auch in den Schulen die Möglichkeit eröffnet werden, aktiv zu werden, ansonsten ernte man keine großen Erfolge.
Dabei stünde jedoch das Kooperationsverbot im Weg.

Zwar sei der Antrag der Koalition konsequent und stringent, jedoch teile die Fraktion DIE LINKE. nicht alle
Sichtweisen und enthalte sich daher der Stimme.

Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erscheine ihr etwas konfus und man hätte mehr aus diesem
Antrag machen können. Auch wenn es der Fraktion DIE LINKE. schwerfalle, werde sie sich bei diesem Antrag
enthalten. Sie kritisiert, dass man erst vor einer Woche von dem Antrag erfahren habe.
Die Fraktion der SPD setzt der Kritik der Fraktion DIE LINKE. entgegen, dass sich der Ausschuss bereits seit
langer Zeit mit dem Thema „MINT“ beschäftige. Zwar seien bereits wichtige Impulse gegeben worden, jedoch
sei in den letzten Jahren dahingehend noch nicht genug getan worden. Daher hoffe die Fraktion der SPD, dass
sich nun alle Demokraten beteiligen würden.

Bei der MINT-Bildung gehe es um gesellschaftliche Gerechtigkeit, Chancengleichheit und Teilhabe aller. Auch
die frühkindliche Bildung spiele eine wichtige Rolle, denn dort werde der Grundstein für die Entdeckung und
Förderung von Talenten gelegt.

Die Fraktion erklärt, dass Ängste abgebaut werden müssten, um in der modernen Gesellschaft, die ohne Digitali-
sierung nicht mehr funktioniere, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Wichtig sei es, alle dazu zu befä-
higen, wozu es zunächst einer guten Aus- und Weiterbildung des Lehrpersonals bedürfe, aber auch der Beteili-
gung der Eltern, denn diese seien für die Berufsfindung, den Ängsteabbau und die Erarbeitung eines strategischen
Gesamtkonzeptes wichtig. Ferner müsse computergestützter Unterricht eingeführt werden. An einigen Schulen
funktioniere das bereits hervorragend.

Sie führt weiterhin an, dass für die gesamte Bildungskette ein bundesweiter Qualitätsstandard eingeführt werden
müsse.

Außerdem sei die Begleitforschung heranzuziehen, damit Ergebnisse gebündelt und ausgewertet werden könnten.
Um hier voranzukommen, sei eine Zusammenarbeit mit den Ländern erforderlich, welche nach der Abschaffung
des Kooperationsverbotes auch sehr effektiv sein könne.

Drucksache 18/12063 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Die Fraktion der SPD regt die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an, den Antrag der Koalition zu unterstüt-
zen, denn er enthalte vieles, was auch sie fordern würden.

Zur Qualitätsoffensive Lehrerbildung führt sie an, dass den Lehrenden Raum für eine adäquate Aus- und Weiter-
bildung gegeben werden müsse, wozu aber Geld und Ressourcen benötigt würden.

Dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimme die SPD nicht zu, aber sie bittet alle, dem Antrag
der Koalition zuzustimmen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bemängelt, dass es nicht ausreiche, erst am Ende der Legislaturpe-
riode auf die MINT-Bildung einzugehen. Sie kritisiert, dass der Antrag lediglich bestehende Projekte aufführe
und die weitere Förderung vorschlage. Es werde jedoch ein Gesamtkonzept benötigt und nicht bloß ein Stück-
werk, wie es momentan vorhanden sei.

Die PISA-Ergebnisse des zweiten Durchlaufs zu den MINT-Fächern zeigten deutlich, dass sich die Mädchen und
Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund verschlechtert hätten, weshalb dort Nachholbedarf bestünde.
In den vergangenen neun Jahren sei es nicht gelungen, das Interesse dieser beiden Gruppen an MINT-Fächern zu
erhöhen, momentan sei es sogar rückläufig, und auch eine Stagnation sei kein Erfolg. Um Exportweltmeister zu
bleiben und die Marke „Made in Germany“ weltweit hochzuhalten, müsse sich deutlich mehr auf die MINT-
Fächer fokussiert werden, wozu es aber keines zusätzlichen Faches bedürfe. Die Vorbereitung der Schulen, der
Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler auf das digitale Zeitalter finde immer noch nicht statt, obwohl vor
zwei Jahren die ICILS-Studie gezeigt habe, dass Schülerinnen und Schüler zwar mit Handys umgehen könnten,
deshalb aber noch nicht technikaffin seien oder mit den Errungenschaften der digitalen Welt umgehen könnten.

Die Fraktion zeigt auf, dass für das unverzichtbare Vorantreiben der „Industrie 4.0“ eine „Bildung 4.0“ etabliert
werden müsse, was jedoch noch nicht geschehe. Zwar gebe es bereits zahlreiche Leuchtturmprojekte verschiede-
ner Institutionen und eine Förderung seitens der Bundesregierung, jedoch müsse es ein Gesamtkonzept geben,
welches aber ohne die Länder nicht möglich sei. Daher müsse das Kooperationsverbot abgeschafft werden.

Die bildungspolitischen Herausforderungen seien immens und daher könne man es sich nicht weiter leisten, die-
sen Bereich nur nebenher mit Sonderprogrammen zu behandeln, um das Kooperationsverbot zu umgehen, sondern
die Probleme müssten vor Ort gelöst werden.

Im Antrag der Koalitionsfraktionen finde sich der Digitalpakt der Bundesbildungsministerin Prof. Dr. Johanna
Wanka nicht wieder, weil der Pakt im Haushalt 2018 nicht berücksichtigt werde. Er sei jedoch ohne zusätzliche
Gelder nicht zu meistern und daher würden auch die Wähler Wahlkampfankündigungen bezüglich eines Digital-
paktes keinen Glauben mehr schenken.

Die Fraktion appelliert an die Vernunft der Ausschussmitglieder und bittet um Zustimmung zu ihrem Antrag.
Dem Antrag der Koalitionsfraktionen werde die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht zustimmen, denn
dieser enthalte nur ein Sammelsurium bestehender Projekte und kein Maßnahmenpaket.
Berlin, den 22. März 2017

Sybille Benning
Berichterstatterin

Elfi Scho-Antwerpes
Berichterstatterin

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Özcan Mutlu
Berichterstatter

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