BT-Drucksache 18/12058

Mögliche Absprachen von Bundespolizisten vor Verfahren wegen Racial Profiling

Vom 21. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/12058
18. Wahlperiode 21.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Martina Renner, Ulla Jelpke, Petra Pau, Kersten Steinke und
der Fraktion DIE LINKE.

Mögliche Absprachen von Bundespolizisten vor Verfahren wegen Racial Profiling

Am Montag, den 31. März 2014, kontrollierten zwei Bundespolizisten am Erfur-
ter Bahnhof im Rahmen einer Personalienfeststellung den Leipziger K. S. K. S.
hatte jedoch den Verdacht, dass die Beamten der Bundespolizei ihn einzig wegen
seiner Hautfarbe kontrollierten („racial profiling“). Daher reichte er im Nachgang
dieses Vorfalls Klage gegen die Personalienfeststellung am Verwaltungsgericht
Dresden ein. Schlussendlich entschied das Verwaltungsgericht Dresden am
1. Februar 2017 im Sinne des Klägers und stellte fest, dass die Personalienfest-
stellung des Klägers im März 2014 am Bahnhof in Erfurt rechtswidrig war (vgl.:
„Dieser Mann ist kein Taschendieb“, in taz.die tageszeitung, 5. Februar 2017,
www.taz.de/!5377879/).
Während der Verhandlung am 2. November 2016 kam es jedoch zu einem Wi-
derspruch. Der Bundespolizist S. gestand, dass er seine dienstliche Stellung-
nahme im Vorfeld des Verfahrens in Kenntnis der beiden Stellungnahmen seines
Kollegen H. gefertigt hatte. Im weiteren Verlauf der Verhandlung berichteten die
Beamten von weiteren Absprachen im Vorfeld des Verfahrens, diesmal mit dem
damaligen zuständigen Sachbearbeiter und Justiziar der Bundespolizeidirektion
in Pirna. Im Urteil des Verwaltungsgerichts Dresdens vom 1. Februar 2017 heißt
es dazu: „Zudem wurde von den Zeugen offengelegt, dass es im Mai am Sitz der
Bundespolizeidirektion in Pirna ein halb- bis dreiviertelstündiges Gespräch bei-
der Zeugen mit dem damaligen Justiziar Z. gegeben hat. (…). In Anbetracht der
Tatsache, dass der Zeuge S. für dieses Gespräch im Rahmen einer Dienstreise von
Bayreuth nach Pirna angereist ist, erscheint es nicht nachvollziehbar, dass es bei
diesem Gespräch lediglich um eine Belehrung zu dem grundsätzlichen Ablauf der
anstehenden Verhandlung gegangen sein sollte, sondern es ist nicht auszuschlie-
ßen, dass bei dieser Gelegenheit auch der konkrete Sachverhalt eine Rolle gespielt
hat“ (vgl.: Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden, Az: 6 K 3364/14, S. 7,
1. Februar 2017).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wer ist im Falle einer Klage gegen Maßnahmen der Bundespolizei für die

Belehrung zum Ablauf einer Gerichtsverhandlung gegenüber den als Zeugen
in Betracht kommenden Beamten zuständig?

2. Finden im Falle einer solchen Klage die Belehrungen zum Ablauf einer Ge-
richtsverhandlung gegenüber den als Zeugen geladenen Beamten während
oder außerhalb des Dienstes statt?

3. Ist Gegenstand der Belehrung auch der Hinweis auf die mögliche Strafbar-
keit von Absprachen?

Drucksache 18/12058 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wie ist allgemein die Praxis der Bundesbehörden im Umgang mit gerichtlich
bekannt gewordenen Zeugenabsprachen von Beamtinnen und Beamten hin-
sichtlich der Einleitung von Straf- und Disziplinarverfahren?

5. Wie wurde im konkreten Fall mit dem Verdacht der Zeugenabsprache im
Bundespolizeipräsidium umgegangen?

6. Welche Sanktionen beziehungsweise Disziplinarmaßnahmen sind innerhalb
der Bundespolizei geregelt, wenn dem Grundsatz der Wahrheitspflicht als
Zeuge durch Beamte nicht Folge geleistet wird?

7. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015 und 2016 straf- oder dienst-
rechtliche Verfahren gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundespo-
lizei geführt, weil diese dem Grundsatz der Wahrheitspflicht als Zeugin oder
Zeuge nicht Folge geleistet haben (bitte Fälle nach Datum, Bundesland, Vor-
wurf und Ausgang des Verfahrens auflisten)?

8. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015 und 2016 straf- oder dienst-
rechtliche Verfahren gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundespo-
lizei geführt, weil diese ihre dienstlichen Stellungnahmen als Zeugen im Vor-
feld eines Ermittlungs- oder Gerichtsverfahrens inhaltlich abgestimmt hatten
(bitte Fälle nach Datum, Bundesland, Vorwurf und Ausgang des Verfahrens
auflisten)?

9. In wie vielen Fällen wurden in den Jahren 2015 und 2016 straf- oder dienst-
rechtliche Verfahren gegen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundespo-
lizei geführt, weil im Vorfeld des Gerichtsverfahrens stattgefundene, persön-
liche Absprachen zwischen den Beklagten und dem zuständigen Justiziar öf-
fentlich geworden sind (bitte Fälle nach Datum, Bundesland, Vorwurf und
Ausgang des Verfahrens auflisten)?

Berlin, den 13. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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