BT-Drucksache 18/11967

Umweltstandards für Kohlekraftwerke

Vom 10. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11967
18. Wahlperiode 10.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annalena Baerbock, Oliver Krischer, Peter Meiwald,
Harald Ebner, Matthias Gastel, Bärbel Höhn, Stephan Kühn (Dresden),
Steffi Lemke, Markus Tressel, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Umweltstandards für Kohlekraftwerke

Kohlekraftwerke schaden durch ihre Emissionen nicht nur dem Klima, sondern
auch Mensch und Natur. Gerade Stickstoffoxid (NOx) ist sowohl für die mensch-
liche Gesundheit, insbesondere in Form von Reizungen und Schädigungen der
Atemwege, als auch für Böden und Gewässer schädlich.
In Deutschland sind die Grenzwerte für Kohlekraftwerke in der Dreizehnten Ver-
ordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (13. BImSchV)
in § 4, Emissionsgrenzwerte für Großfeuerungsanlagen bei Einsatz fester Brenn-
stoffe, ausgenommen Biobrennstoffe, geregelt. Die Grenzwerte für Stickoxid im
Tagesmittel liegen für bestehende Großkraftwerke mit einer Leistung von mehr
als 300 Megawatt bei 150 mg/m3 und für Braunkohlekraftwerke sogar mit
200 mg/m3 noch höher. Für Anlagen, die erst ab dem Jahr 2014 ans Netz gegan-
gen sind, gilt ein Jahresgrenzwert von 100 mg/m³, unabhängig ob Braunkohle
oder Steinkohle (§ 11 Absatz 3 13. BImSchV). Sowohl China als auch die USA
haben im Vergleich sehr viel strengere Grenzwerte festgelegt.
Im Gegensatz dazu zeigen Genehmigungsbescheide sowie Daten von anderen Be-
treibern von Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken, dass mit der besten verfüg-
baren Technik ein Grenzwert im Tagesmittel von 70 mg/m3 technisch erreichbar
und ökonomisch darstellbar ist (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11060).
Auf europäischer Ebene regelt die Richtlinie über Industrieemissionen (Industry
Emission Directive 2010/75/EU) Zulassung und Betrieb von Industrieanlagen.
Wichtigstes Instrument dieser Richtlinie sind die Merkblätter zur besten verfüg-
baren Technik, auch BVT-Merkblätter (engl. BAT – Best Available Techniques
oder BREF – Best Available Techniques Reference Document) genannt, ins-
besondere jenes für Großfeuerungsanlagen (LCP BREF), welches im Juli 2006
verabschiedet wurde und den „Stand der Technik“ vorgibt (http://eippcb.jrc.ec.
europa.eu/reference/lcp.html). Am 28. April 2017 wird auf europäischer Ebene
über die europaweit mit der besten verfügbaren Technik zu erzielenden Emissi-
onswerte für Großfeuerungsanlagen für den Zeitraum bis 2021 entschieden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtemissionsfracht

von Stickoxiden aus Kohlekraftwerken pro Jahr in Europa?
2. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die gesellschaftlichen Folgekosten

dieser Emissionsfracht, und wenn nein, warum nicht?

Drucksache 18/11967 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. Hat die Bundesregierung Kenntnis über den Einfluss von Stickoxiden aus
Kohlekraftwerken auf vorzeitige Todesfälle?
a) Wenn ja, welche?
b) Wenn nein, warum nicht?

4. Welche Vorteile hätte aus Sicht der Bundesregierung eine weitere Absen-
kung von Emissionsgrenzwerten für Luftschadstoffe und insbesondere Stick-
oxide, z. B. für die Bereiche Umwelt- und Naturschutz, Gesundheit, Kosten
für die Allgemeinheit?

5. Welche Position nimmt die Bundesregierung zur Abstimmung zu den euro-
päischen LCP-BREF-Standards für Großfeuerungsanlagen am 28. April 2017
ein?

6. Ist der Bundesregierung der Vorwurf gemacht worden, dass sie sich gegen
NOx-Grenzwerte von 175 mg/Nm³ ausspricht, weil damit Kraftwerke wie
Jänschwalde, Weisweiler oder Boxberg modernisierungsfrei weiterlaufen
könnten, und wie begegnet sie solchen Vorwürfen?

7. Wie viele Kohlekraftwerke müssten aus Sicht der Bundesregierung bei einer
Absenkung des Grenzwertes für NOx auf 175 mg/Nm³ nachgerüstet werden
(bitte jeweils Kraftwerksname/Kraftwerksstandort und aktuellen Ausstoß an-
geben)?

8. Wie haben sich die Stickoxidemissionen der Kohlekraftwerke in Deutsch-
land nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren entwi-
ckelt (bitte nach Kraftwerk und mg/m3 pro Jahr im Jahresmittel auflisten)?

9. Was hat die Bundesregierung unternommen, um den eigenen Erkenntnisge-
winn über die Auswirkungen von Stickoxidemissionen deutscher Kohle-
kraftwerke aufgrund des Fehlens entsprechender Informationen aus dem
Vollzug zu verbessern, und auf welchen aktuellen Erkenntnissen fußt ihre
Positionierung im europäischen Abstimmungsprozess?

10. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich der Stickoxidemissi-
onen Vollzugsdefizite, und welchen Handlungsbedarf sieht die Bundesregie-
rung ggf. in dieser Hinsicht?

11. Unter welchen konkreten Voraussetzungen können einzelne Kraftwerke von
den Vorgaben des Stands der Technik abweichen, und gibt es solche insbe-
sondere beim Einsatz von einheimischer Kohle?

12. Wie sollten nach Auffassung der Bundesregierung die Grenzwerte für Queck-
silberemissionen angepasst werden (bitte begründen)?

Berlin, den 7. April 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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