BT-Drucksache 18/11922

Treffen von Innenministern aus Europa und Nordafrika zur Migrationsabwehr

Vom 4. April 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11922
18. Wahlperiode 04.04.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Christine Buchholz, Annette Groth,
Inge Höger, Katrin Kunert, Niema Movassat, Alexander Ulrich und der
Fraktion DIE LINKE.

Treffen von Innenministern aus Europa und Nordafrika zur Migrationsabwehr

Unter dem Titel „Illegale Migration gemeinsam bekämpfen und eindämmen“ be-
richtete das Bundesministerium des Innern auf seiner Webseite am 20. März 2017
über die Teilnahme des Bundesministers des Innern, Dr. Thomas de Maizière, an
der „ersten Konferenz zur zentralen Mittelmeerroute in Rom“. Ziel der Konferenz
sei es gewesen, „sich über Möglichkeiten auszutauschen, wie die Zahl der Flücht-
linge aus Afrika eingedämmt werden kann“. Der Bundesinnenminister
Dr. Thomas de Maizière nennt als Adressaten Menschen aus Staaten in Afrika,
„die nicht schutzbedürftig sind“. Hierzu seien laut dem Bundesministerium des
Innern „gemeinsame Schritte wie eine stärkerer Grenz- und Küstenschutz oder
aber auch eine konsequente Rückführung erforderlich“. An der Konferenz nah-
men außer Italien, Frankreich, Österreich, Malta, Slowenien und der Schweiz
auch der EU-Kommissar Dimitiris Avramopoulos teil. Seitens nordafrikanischer
Länder waren die Regierungen Tunesiens und Libyens an den Beratungen betei-
ligt. Erstmals seien laut der Pressemitteilung „Länder zusammen gekommen, die
u. a. als Herkunfts-, Transistoren oder Zielländer besonders von der Flüchtlings-
krise betroffen sind“. In einer Erklärung verpflichten sich die teilnehmenden Län-
der zu einem „noch engeren Austausch“ und mehr Zusammenarbeit bei der „Be-
kämpfung der illegalen Migration“. Dazu gehörten auch Informationskampag-
nen. Die Treffen sollten nun im Rahmen einer Kontaktgruppe regelmäßig fortge-
setzt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Themen standen auf der Tagesordnung einer „ersten Konferenz zur

zentralen Mittelmeerroute in Rom“, und wer trug dazu jeweils vor?
2. Welche Behörden welcher Länder bzw. welche sonstigen Einrichtungen nah-

men an der Konferenz teil?
a) Auf welche Weise hat sich auch das Europol-Zentrum (Europol = Euro-

pean Police Office) gegen Migrantenschmuggel bei der Konferenz einge-
bracht?

b) Aus welchen Abteilungen stammte das Personal, das Tunesien und Li-
byen zu der Konferenz entsandten?

c) Aus welchen Gründen wurde Ägypten nicht zu der Konferenz eingeladen
bzw. blieb dieser fern?

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3. Welche weiteren Länder, „die u. a. als Herkunfts-, Transistoren oder Ziellän-
der besonders von der Flüchtlingskrise betroffen sind“ sollen zu zukünftigen
Konferenzen bzw. dort geplanten Zusammenarbeitsformen eingeladen wer-
den?

4. Welche Möglichkeiten wurden gefunden, „wie die Zahl der Flüchtlinge aus
Afrika eingedämmt werden kann“?

5. Welche „gemeinsame[n] Schritte“ eines stärkeren Grenz- und Küstenschut-
zes oder aber auch eine konsequente Rückführung wurden identifiziert oder
verabredet?

6. Auf welche Weise könnte der „noch engere Austausch“ und mehr Zusam-
menarbeit bei der „Bekämpfung der illegalen Migration“ umgesetzt werden,
wozu sich die teilnehmenden Länder in einer Erklärung verpflichten?

7. Wo sind „Informationskampagnen“ zur Verhinderung von Migration ge-
plant, wer soll diese erstellen, und wie würden diese veröffentlicht?

8. Wer gehört der Kontaktgruppe an, in deren Kontext die Treffen der an der
Konferenz beteiligten Länder „regelmäßig fortgesetzt werden“ sollen?

9. Welche weiteren Treffen (etwa einer „Central Mediterranean Contact Group“
oder nächste Ministertreffen) sind derzeit geplant, und wann, und wo finden
diese statt (bitte Datum und Ort angeben)?

10. Was ist der Bundesregierung über Pläne des Europäischen Auswärtigen
Dienstes bekannt, die libysche Polizei in bestimmten Gebieten für Rückfüh-
rungen oder Abschiebungen in zentralafrikanische Staaten zu unterstützen?

11. Was ist der Bundesregierung über Pläne der EU-Grenzagentur Frontex be-
kannt, mit afrikanischen Ländern neue Modalitäten für freiwillige Rückfüh-
rungs- oder unter Zwang durchgeführte Abschiebeoperationen zu entwi-
ckeln?

12. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchem Umfang Frontex
nach der neuen Verordnung Schiffe und Flugzeuge beschafft bzw. geleast
hat, und wo diese eingesetzt werden?

13. Was ist der Bundesregierung über die Höhe finanzieller Anträge oder Forde-
rungen der libyschen Regierung zur Umsetzung eines Abkommens mit Ita-
lien bekannt, um Flüchtlinge von der Überquerung des Mittelmeers abzuhal-
ten (Onlineausgabe Der Standard vom 20. März 2017, „Flüchtlingsgipfel in
Rom: Libyen fordert von EU 800 Millionen Euro“)?
a) Welche Mittel hat die Europäische Kommission bereits für die Umset-

zung des Abkommens zur Verfügung gestellt?
b) Welche Sachmittel hat die libysche Regierung zur Stärkung ihrer Küsten-

wache angefragt oder angefordert?
14. Auf welche Weise und in welchen Projekten sollen Bundesbehörden wie ge-

plant noch enger mit Partnern in Ägypten zur „Schleusungskriminalität“ zu-
sammenarbeiten (vgl. Bundestagsdrucksache 18/11508)?

15. Wie will die Regierung in Ägypten die Forderung nach mehr „Sicherheit von
Reisedokumenten“ umsetzen und auf welche Weise will die Bundesregie-
rung dies unterstützen?
a) Welche „notwendigen technischen Entwicklungsarbeiten“ wurden bereits

identifiziert, um biometrische Merkmale in ägyptische Reisedokumente
aufzunehmen?

b) Wann will die Bundesregierung Dokumenten- und Visumberater entsen-
den, und wo würden diese eingesetzt?

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16. An welche zuständigen ägyptischen Behörden wollen deutsche Partner In-

formationsersuchen stellen dürfen?
17. An welche Stellen kann ein Ersuchen in dringenden Fällen auch mündlich

übermittelt werden?
18. Auf welche Weise und in welchen Projekten des „Kapazitätsaufbaus im Mi-

grationsmanagement“ will die Bundesregierung die „Zusammenarbeit im
Bereich der Migration“ mit Tunesien zukünftig unterstützen (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 18/11509)?
a) Welche Schulungen von Bediensteten von Konsulaten und Migrationsbe-

hörden beider Vertragsparteien sind derzeit geplant?
b) Welche „Informations- und Orientierungsleistungen“ zu Migrationswe-

gen in das Gebiet von Mitgliedstaaten der Europäischen Union, zu den
mit illegaler Migration verbundenen Risiken sowie zu den rechtlichen und
tatsächlichen Rahmenbedingungen sind in Tunesien geplant, wer soll
diese erstellen, und wie würden diese veröffentlicht?

19. Auf welche Weise und in welchen Vorhaben soll die im Abkommen festge-
schriebene „Zusammenarbeit mit Nachbar- und Transitstaaten“ Tunesiens zur
Verbesserung und Verstärkung von Grenzkontrollen erfolgen?
a) Wie will die Regierung in Tunesien die Forderung nach mehr „Sicherheit

der nationalen Identitätsdokumente“ umsetzen, und auf welche Weise
will die Bundesregierung dies unterstützen?

b) Welche Einführung biometrischer Verfahren wurde hierzu bereits identi-
fiziert oder beschlossen?

20. Inwiefern hält auch die Bundesregierung Rettungsmaßnahmen im Mittel-
meer, um Geflüchtete vor dem Tod zu bewahren, für einen „Pull-Faktor“ zur
Überfahrt („Flüchtlingshilfe: Die umstrittene Rolle der Rettungsschiffe“,
Onlineausgabe derStandard.at vom 27. März 2017)?

21. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die Flüchtlingszah-
len bzw. die Seenotrettungen auf dem Mittelmeer in den vergangenen Jahren
mit Phasen korrelieren, in denen besonders viele oder besonders wenige Ret-
tungsmissionen oder EU-GSVP-Missionen auf dem Mittelmeer präsent wa-
ren?
a) Inwiefern teilt die Bundesregierung wie die Verfasserinnen und Verfasser

einer Studie das Fazit, wonach gilt „Je mehr Hilfsschiffe unterwegs sind,
desto weniger Menschen kommen ums Leben“?

b) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Preisspanne Schleu-
ser derzeit für Überfahrten im Mittelmeer veranschlagen, und aus welchen
Gründen dies wie vom „Standard“ berichtet stark gesunken ist?

c) Inwiefern wurde die Bundesregierung von der italienischen Staatsanwalt-
schaft kontaktiert oder um Mithilfe gebeten, gegen deutsche private See-
notrettungsmission zu ermitteln, denen die Kooperation mit libyschen
Schleusernetzwerken unterstellt wird (thelocal.it vom 23. März 2017, „It-
aly steps up investigation into charity-funded migrant rescue boats”)?

Berlin, den 4. April 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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