BT-Drucksache 18/11915

Verlegerbeteiligung in der Verwertungsgesellschaft WORT

Vom 28. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11915
18. Wahlperiode 28.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Halina Wawzyniak, Frank Tempel,
Sigrid Hupach, Jan Korte, Ulla Jelpke, Ralph Lenkert, Kersten Steinke und
der Fraktion DIE LINKE.

Verlegerbeteiligung in der Verwertungsgesellschaft WORT

In seinem Urteil „Verlegeranteil“ (I ZR 198/13) hat der BGH am 21. April 2016
entschieden, dass die gesetzlichen Vergütungen aus der Privatkopieabgabe aus-
schließlich den Autoren als den originären Rechteinhabern zustehen. Die in die-
sem Rechtsstreit unterlegene Verwertungsgesellschaft (VG) WORT hat darauf-
hin auf ihrer Mitgliederversammlung am 26. November 2016 einen „Korrektur-
Verteilungsplan“ beschlossen, der eine „Rückabwicklung“ der unrechtmäßigen
Verteilung vorsieht, sofern die entsprechenden Ansprüche noch nicht verjährt wa-
ren. Im Zuge dieser Rückabwicklung ist vorgesehen, dass Autoren freiwillig auf
einen Teil ihrer Ansprüche verzichten können, wenn die VG WORT den betref-
fenden Verlagen gegenüber auf einen entsprechenden Teil der Rückforderungen
verzichtet. Der Korrekturverteilungsplan ist veröffentlicht unter www.vgwort.de/
fileadmin/pdf/verteilungsplan/Korrektur-Verteilungsplan_der_VG_WORT_2012-
2016.pdf, www.vgwort.de/fileadmin/pdf/verteilungsplan/Korrektur-Verteilungs
plan_der_VG_WORT_2012-2016.pdf. Die Frist, innerhalb derer Autoren solche
Erklärungen abgeben konnten, lief Ende Februar 2017 ab.
Vor dem Hintergrund der treuhänderischen Verantwortung der Verwertungsge-
sellschaft für die ihr anvertrauten Gelder wirft das skizzierte Verfahren etliche
Fragen auf. Die Rechtsaufsicht des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA)
ist jedoch bislang nicht dagegen eingeschritten. Insofern die Aufsichtsbehörde
dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) unterstellt
ist, fällt dies zumindest mittelbar auch in den Verantwortungsbereich der Bun-
desregierung. Die Fragesteller möchten mit den vorliegenden Fragen Aufklärung
über die Haltung der Bundesregierung zu dem skizzierten Verfahren sowie dar-
über hinaus zu den Mitwirkungsrechten der Mitglieder und Wahrnehmungsbe-
rechtigten von Verwertungsgesellschaften erlangen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung über die Gesamtsumme, die

dem BGH-Urteil „Verlegeranteil“ zufolge seit 2002 von der VG WORT an
Nichtberechtigte ausgeschüttet wurde?

2. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung über die Gesamtsumme der bis-
lang von Verlagen an die VG WORT zurückgezahlten Vergütungen?

3. Welche Erkenntnis hat die Bundesregierung über die Höhe der Summe, auf
die Autoren zugunsten ihrer Verlage verzichten wollen und dies bis Ende
Februar 2017 gegenüber der VG WORT erklärt haben?

Drucksache 18/11915 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, welcher Anteil dieser Summe auf
Verlage mit einem Jahresumsatz von unter 7 Mio. Euro entfällt?

5. Ist der Bundesregierung bekannt, mit welcher Begründung die VG WORT
ihren Wahrnehmungsberechtigten die Einsicht in die im Zuge des Prozesses
für – nach Angaben der VG WORT – rund 1 Mio. Euro erstellten Rechtsgut-
achten verweigert (http://meedia.de/2016/09/12/vg-wort-neuverteilung-der-
millionenausschuettung-wird-zur-haengepartie)?

6. Ist der Bundesregierung bekannt, warum die VG WORT ihren Anspruch aus
ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 des Bürgerlichen Gesetzbuches
(BGB)) gegen die Verlage bis dato nicht geltend gemacht hat und warum das
DPMA als Aufsichtsbehörde die daraus resultierende weitere Gefährdung
der Ansprüche der Gesamtgemeinschaft der Urheber bislang nicht unterbun-
den hat?

Wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?
7. Ist es aus Sicht der Bundesregierung vor dem Hintergrund des Luksan-Ur-

teils des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) (C-277/10) mit dem
Europarecht vereinbar, dass die VG WORT im Zuge ihres Korrekturvertei-
lungsplans ihren Wahrnehmungsberechtigten die Möglichkeit eröffnet, auf
einen Teil ihres „gerechten Ausgleichs“ zugunsten von Verlagen zu verzich-
ten?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, warum die VG WORT von ihrem ur-
sprünglich geplanten Modell einer Rechteabtretung auf ein Verzichtsmodell
umgestiegen ist (www.vgwort.de/fileadmin/pdf/verteilungsplan/161216_
Brief_an_Verlage_mit_Erkl%C3%A4rung_zu_Informationsverzicht.pdf,
,,Im Ergebnis wurde die zunächst angestrebte Lösung über eine Abtretung
des Nachforderungsanspruchs des Autors an seinen Verlag nicht weiter ver-
folgt. An die Stelle der Abtretung ist vielmehr nunmehr ein Verzicht des Au-
tors getreten“)?

9. Wie ist es aus Sicht des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) und
der Bundesregierung mit dem Treuhandgrundsatz zu vereinbaren, dass die
VG WORT, wenn sie auf Teile ihrer Rückforderungen gegenüber Verlagen
verzichtet, damit die Summe schmälert, die für die Ausschüttung an alle an-
deren Wahrnehmungsberechtigten zur Verfügung steht?

10. Hat die Bundesregierung Kenntnis davon, wie das DPMA die Tatsache be-
wertet, dass die VG WORT beabsichtigt, Erträge aus der Wahrnehmung der
Ansprüche auf die Gerätevergütung, die sie für die Jahre 2002 bis 2007 er-
zielt hat, für Ausschüttungen einzusetzen, die sich auf die Abrechnungsjahre
2012 bis 2015 beziehen?

Wenn ja, welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie hieraus?
11. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht nach Kenntnis der

Bundesregierung das DPMA vor dem Hintergrund der Vorgaben zur Mitwir-
kung der Mitglieder und Berechtigten nach § 16 des Verwertungsgesellschaf-
tengesetzes (VGG) aus der Tatsache, dass bei der Abstimmung über den
„Korrekturverteilungsplan“ der VG WORT die Berufsgruppen der Verleger
mit vollem Stimmrecht mitwirkten?

12. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht nach Kenntnis der
Bundesregierung das DPMA aus der Tatsache, dass weniger als 1 Prozent
der Wahrnehmungsberechtigten der VG WORT als Mitglieder an deren we-
sentlichen Entscheidungen, etwa über den Verteilungsplanung, mitwirken
können, vor dem Hintergrund der Vorgaben von § 16 VGG?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11915

13. Erstreckt sich die Aufsichtspflicht des DPMA im Sinne von § 85 VGG nach

Auffassung der Bundesregierung in Bezug auf Verwertungsgesellschaften
auch auf vereinsrechtliche Fragen oder lediglich auf Rechtsfragen nach dem
VGG?

14. Teilt die Bundesregierung die vom Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur
und Medien in der Bundestagsdebatte zur Verlegerbeteiligung (Plenarproto-
koll 18/209) geäußerte Auffassung, es sei mit der Novelle des Urheberver-
tragsrechts gelungen, „die von den Richtern festgestellte Lücke einigerma-
ßen rechtssicher zu schließen“, jedoch bleibe „noch einiges zu tun, damit das
auch europarechtlich wasserdicht ist“?
Falls ja, in welcher Hinsicht ist das derzeitige nationale Recht aus Sicht der
Bundesregierung europarechtlich nicht „wasserdicht“?

15. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung derzeit eine europarechtskonforme
Rechtsgrundlage dafür, bei den Ausschüttungen der Verwertungsgesell-
schaften Verleger an gesetzlichen Vergütungsansprüchen zu beteiligen,
wenn hierfür keine nachträglich erklärten, individuellen Abtretungen der An-
spruchsberechtigten vorliegen?

Berlin, den 28. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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