BT-Drucksache 18/11860

Umsetzung des Kuttenverbotes für Rocker durch Verschärfung des Vereinsgesetzes

Vom 29. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11860
18. Wahlperiode 29.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Susanna Karawanskij, Martina
Renner, Dr. Petra Sitte, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Umsetzung des Kuttenverbotes für Rocker durch Verschärfung des
Vereinsgesetzes

Aufgrund einer Verschärfung des Vereinsgesetzes dürfen Mitglieder von Ro-
ckerclubs seit dem 16. März 2017 die Symbole ihrer Kutten mit den Abzeichen
ihres Clubs bundesweit nicht mehr tragen, wenn eine einzelne Ortsgruppe (Char-
ter/Chapter) des Clubs verboten wurde. Auch an Clubhäusern oder auf Internet-
seiten dürfen die Symbole dann nicht mehr verwendet werden. Die Befürworter
des Gesetzes sehen darin eine Möglichkeit, den Missbrauch des Vereinsrechts für
Formen der organisierten Kriminalität zu bekämpfen, da Vereinigungen insbe-
sondere im Bereich krimineller Rockergruppierungen einen Deckmantel für viel-
fältige Formen der schweren und organisierten Kriminalität wie zum Beispiel
Menschenhandel und Drogengeschäfte bieten könnten. Kritiker beklagen dage-
gen, dass das Gesetz zu unbestimmt ist und auch nichtkriminelle Mitglieder von
Motorradclubs damit in ihren Rechten eingeschränkt werden. Mehrere große Rocker-
clubs haben angekündigt, gemeinsam vor dem Bundesverfassungsgericht in Karls-
ruhe Verfassungsbeschwere einzulegen (https://www.bundestag.de/dokumente/
textarchiv/2017/kw03-de-vereinsgesetz/487070; www.bz-berlin.de/berlin/gauck-
nimmt-den-berliner-rockern-die-kutten-weg).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Ortsgruppen (Charter/Chapter) von welchen Rockerclubs wurden

nach Kenntnis der Bundesregierung wann und in welchen Bundesländern
aufgrund welcher Straftatbestände verboten (Clubs bitte namentlich nen-
nen)?

2. Welche Rockerclubs im Einzelnen mit wie vielen Mitgliedern sind nach
Kenntnis der Bundesregierung von der Verschärfung des Vereinsgesetzes
betroffen (bitte namentlich nennen)?
a) Über wie viele Ortsgruppen mit wie vielen Mitgliedern verfügen die be-

troffenen Clubs bundesweit (bitte Verteilung nach Bundesländern ange-
ben)?

b) Aufgrund welcher wann zuvor verbotener Ortsgruppen dürfen die be-
troffenen Clubs nach Inkrafttreten der Änderung des Vereinsgesetzes ihre
Symbole nicht mehr tragen?

Drucksache 18/11860 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
c) Welche der betroffenen Rockerclubs sind auch außerhalb der Bundesre-
publik Deutschland vertreten bzw. international organisiert?

d) Inwieweit sind derzeit auch rockerähnliche Gruppierungen von der Ver-
schärfung des Vereinsgesetzes betroffen (bitte Gruppierungen nennen)?

3. Welche konkreten Reaktionen aus der Rockerszene auf die Änderungen des
Vereinsgesetzes sind der Bundesregierung bekannt geworden?

4. Welche Rockerclubs bzw. Ortsgruppen von Rockerclubs haben nach Kennt-
nis der Bundesregierung zum Inkrafttreten der Änderungen des Vereinsge-
setzes nunmehr verbotene Symbole von ihren Clubhäusern oder Internetauf-
tritten (auch Facebook) entfernt?

5. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis von Versuchen von Ro-
ckerclubs oder einzelnen Ortsgruppen, die durch die Änderung des Vereins-
gesetzes erfolgten Verbote ihrer Symbole durch Ersatzsymbole, Farben-,
Zahlen- oder Buchstabencodes oder dergleichen zu umgehen, und welche
Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus bezüglich der beab-
sichtigten Wirksamkeit der Gesetzesänderung?

6. Welche zustimmenden oder kritischen Reaktionen der Polizeibehörden von
Bund und – nach Kenntnis der Bundesregierung – Ländern sowie anderen
Strafverfolgungsbehörden auf die Änderung des Vereinsgesetzes sind der
Bundesregierung bekannt?

7. Welche Maßnahmen haben die Bundesregierung oder nach ihrer Kenntnis
die Landesregierungen getroffen, um Rockerclubs über das Inkrafttreten der
Änderung des Vereinsgesetzes zu informieren?

8. Welche konkreten Maßnahmen (z. B. Schulungen der Polizeibeamtinnen-
und Polizeibeamten zur Identifikation der nunmehr verbotenen Symbole) ha-
ben Polizei- und Strafverfolgungsbehörden von Bund – und nach Kenntnis
der Bundesregierung – Ländern zur Umsetzung der Verschärfung des Ver-
einsrechts getroffen?

9. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um zu verhindern,
dass ausländische Rocker mit Kutten oder sonstigen Symbolen von Ro-
ckerclubs einreisen, die aufgrund der Änderung des Vereinsgesetzes in
Deutschland nicht mehr getragen werden dürfen?
Inwieweit wurden die Bundespolizei und die Grenzbehörden geschult, um
entsprechende Symbole identifizieren zu können?

10. Ist der Bundesregierung eine Kooperation eigentlich verfeindeter oder kon-
kurrierender Rockerclubs aufgrund der Verschärfung des Vereinsgesetzes
zur Kenntnis gelangt, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie da-
raus?

11. Kann die Bundesregierung generell eine verstärkte Kooperation oder zumin-
dest Koexistenz eigentlich verfeindeter oder konkurrierender Rockerclubs
etwa durch gemeinsame öffentliche Auftritte erkennen, und wenn ja, wann,
wo und zu welchen Gelegenheiten, und welche Schlussfolgerungen zieht sie
daraus?

Berlin, den 29. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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