BT-Drucksache 18/11802

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Sabine Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/11598 - Keine Befristung von Arbeitsverträgen ohne Sachgrund b) zu dem Antrag der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Kerstin Andreae, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/11608 - Kein Sachgrund - Keine Befristung

Vom 30. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11802
18. Wahlperiode 30.03.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Klaus Ernst, Sabine
Zimmermann (Zwickau), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
DIE LINKE.
– Drucksache 18/11598 –

Keine Befristung von Arbeitsverträgen ohne Sachgrund

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Kerstin
Andreae, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/11608 –

Kein Sachgrund – Keine Befristung

A. Problem
Beide Fraktionen kritisieren den hohen Anteil befristeter Beschäftigung in
Deutschland. Nach Angaben der Fraktion DIE LINKE. ist die Zahl befristeter Ar-
beitsverträge von 863.000 im Jahr 1994 auf 2,78 Millionen im Jahr 2014 ange-
wachsen. Fast jede zweite Befristung erfolgt nach den Ausführungen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ohne Angabe von Sachgründen. Befristete Arbeits-
verhältnisse bedeuteten oft unsichere berufliche Aussichten und erschwerten be-
sonders jungen Menschen eine langfristige Lebens- und Familienplanung.
Drucksache 18/11802 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

B. Lösung

Zu Buchstabe a
Die Fraktion DIE LINKE. fordert, die Möglichkeiten zur sachgrundlosen Befris-
tung aus dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 14 Absatz 2, 2a und 3 TzBfG) zu
streichen.
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11598 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert ebenfalls die ersatzlose Strei-
chung der Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung aus dem Teilzeit- und Be-
fristungsgesetz (§ 14 Absatz 2 und 3 TzBfG).
Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11608 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme beider Anträge.

D. Kosten
Kostenrechnungen wurden in beiden Anträgen nicht angestellt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11802
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Antrag auf Drucksache 18/11598 abzulehnen;
b) den Antrag auf Drucksache 18/11608 abzulehnen.

Berlin, den 29. März 2017

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Kerstin Griese
Vorsitzende

Gabriele Hiller-Ohm
Berichterstatterin
Drucksache 18/11802 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 18/11598 ist in der 226. Sitzung des Deutschen Bundestages am 24. März 2017 an
den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss für Wirtschaft und
Energie sowie den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Mitberatung überwiesen worden.
Der Antrag auf Drucksache 18/11608 ist in der 226. Sitzung des Deutschen Bundestages am 24. März 2017 an
den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a
Befristete Verträge verhinderten, dass Beschäftigte ihre Zukunft auf einer sicheren Grundlage planen könnten,
kritisiert die Fraktion DIE LINKE. in ihrem Antrag. Befristete Verträge bedeuteten Unsicherheit und fehlende
Perspektiven. Dies sei vor allem bei jungen Beschäftigten dramatisch, die besonders häufig nur befristete Arbeits-
verträge erhielten. Befristete Verträge höhlten zudem den Kündigungsschutz aus und seien daher auch aus ar-
beitsrechtlicher Perspektive problematisch. Ein erster wichtiger Schritt bei der Eindämmung von befristeten Ar-
beitsverhältnissen sei die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung; denn in der betrieblichen Praxis gebe es
für 48 Prozent der befristeten Arbeitsverträge keinen sachlichen Grund. Das Vorliegen eines solchen sachlichen
Grundes müsse aber eine Minimalvoraussetzung für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages sein. Es sei
daher dringend geboten, die Möglichkeit, einen Arbeitsvertrag sachgrundlos zu befristen, ersatzlos aus dem Teil-
zeit- und Befristungsgesetz zu streichen.
Zu Buchstabe b
Das Teilzeit- und Befristungsgesetz sieht nach Darlegung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eine Viel-
zahl zulässiger Gründe für Befristungen vor. Dazu gehöre ein vorübergehender Bedarf an Arbeitsleistung, Ver-
tretung anderer Beschäftigten oder die Eigenart der Arbeitsleistung, die Befristung rechtfertigten. Dessen unge-
achtet erfolge fast jede zweite Befristung ohne Angabe von sachlichen Gründen. Selbst im öffentlichen Dienst
seien über ein Drittel der Befristungen sachgrundlos. Prinzipiell könnten Befristungen ein geeigneter Weg sein,
um kurzfristig Spitzen im Arbeitsaufkommen abzufedern oder zeitlich begrenzt Personal zu ersetzen. Allerdings
müssten diesem Instrument Schranken gesetzt werden. Nicht hinnehmbar sei es, wenn Befristungen systematisch
eingesetzt würden, um den Beschäftigten unternehmerische Risiken aufzubürden oder den Kündigungsschutz zu
umgehen; denn Arbeit auf Zeit bedeute oft geringere Bezahlung, weniger Weiterbildung und ein höheres Risiko,
arbeitslos zu werden. Befristete Arbeitsverhältnisse bedeuteten unsichere berufliche Aussichten und erschwerten
insbesondere jungen Menschen eine langfristige Lebens- und Familienplanung. Die Möglichkeit einer sachgrund-
losen Befristung sei angesichts der vielfältigen zulässigen Befristungsgründe nicht notwendig. Um die Unsicher-
heiten vieler Beschäftigter zu verringern, gehöre sie ersatzlos abgeschafft.

III. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie und der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
haben den Antrag auf Drucksache 18/11598 in ihren Sitzungen am 29. März 2017 beraten und dem Deutschen
Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Anträge auf Drucksache 18/11598 und 18/11608 in seiner
111. Sitzung am 29. März 2017 abschließend beraten. Dabei hat der Ausschuss dem Deutschen Bundestag mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11598 emp-
fohlen. Die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/11608 wurde mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfoh-
len.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11802
Die Fraktion der CDU/CSU lehnte die beiden Anträge ab. Die CDU/CSU-Fraktion werde einer Abschaffung
der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen nicht zustimmen. Das Argument, Beschäftigte mit sach-
grundloser Befristung könnten ihr Leben nicht planen, ziehe nicht. Wenn überhaupt, gelte dieses Argument der
befristeten Beschäftigung insgesamt und habe nichts damit zu tun, dass keine Sachgründe vorlägen. Die Unter-
nehmen brauchten die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen weiterhin, weil diese für sie das einzige
verbliebene unbürokratische Instrument zur Gestaltung von Arbeitsverhältnissen sei. In allen anderen Fällen
müssten für eine rechtssichere Ausgestaltung der Verträge die Befristungsgründe wohl erwogen werden, um spä-
ter Niederlagen vor Gericht zu vermeiden. Für ohne Sachgrund befristete Arbeitsverträge spreche zudem der hohe
„Klebeeffekt“, also die hohe Übernahmequote der Beschäftigten. Die Möglichkeit der Befristung biete zudem
eine Brückenfunktion, Menschen in Beschäftigung zu bringen. Die in den Anträgen geübte Kritik sei darüber
hinaus nicht sachgerecht und berücksichtige auch nicht, dass der Öffentliche Dienst einen besonders hohen Anteil
befristeter Beschäftigung habe. Dabei verwiesen die Verantwortlichen oft verständlicherweise auf den Mangel
zur Verfügung stehender Planstellen. Man könne aber nicht von der Wirtschaft verlangen, was der Öffentliche
Dienst nicht einlöse.
Die Fraktion der SPD unterstrich, dass sie ebenfalls für die Abschaffung von Befristungen ohne Sachgrund sei.
An dieser Position halte sie fest. Sachgrundlose Befristungen seien nicht mehr zeitgemäß und sachgerecht. So
hätten sie negative Auswirkungen auf die Lebenssituation der Betroffenen wie dies Untersuchungen klar gezeigt
hätten. Für die Wirtschaft seien sie zudem durchaus verzichtbar. Die SPD-Fraktion werde aber gleichwohl den
vorliegenden Anträgen nicht zustimmen, da sie sich an den Koalitionsvertrag mit der CDU/CSU gebunden fühle.
Die SPD bleibe vertragstreu und damit regierungsfähig. Beide Anträge stimmten zudem im Detail nicht überein
und die SPD-Fraktion habe Kritik an der Ausgestaltung. So wolle die SPD langfristige Perspektiven statt einer
sachgrundlose Befristung. Auch sollten die bisher möglichen Befristungen mit Sachgrund überprüft werden. Zu-
dem passe die Antragsbegründung der LINKEN gar nicht zu deren Antrag. Es sei daran erinnert, dass die Mög-
lichkeit der sachgrundlosen Befristung bereits unter der Regierung Kohl im Jahr 1985 eingeführt worden sei.
Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte die dramatische Situation für die Beschäftigten in den Betrieben. Befristete
Beschäftigung raube Menschen die Lebensperspektive, besonders dann, wenn dafür auch noch der Sachgrund
fehle. Das mache die Situation oft noch schwerer überschaubar. Für sachgrundlos befristet Beschäftigte sei zudem
die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte erschwert. An Streiks würden sie sich mit Blick auf spätere Ar-
beitsmöglichkeiten im Zweifelsfall eher nicht beteiligen. Auch stünden sachgrundlos befristete Arbeitsverträge
oft im Zusammenhang mit prekärer Beschäftigung. Dies sei seit Jahren ein drängendes Thema und es sei an der
Zeit, dies jetzt zu ändern. Den Positionen des Antrags der GRÜNEN stehe man nahe und werde ihm daher zu-
stimmen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte die ersatzlose Abschaffung der sachgrundlosen Befristung
von Arbeitsverträgen. Befristete Beschäftigung bedeute zumeist eine Härte für die Beschäftigten, weil sie deren
Zukunftsplanung erschwere. Wenn aber nicht einmal ein Sachgrund für die Befristung vorliege, sei dies gar nicht
zu rechtfertigen. Betroffen davon seien weit überproportional junge Menschen. Darüber hinaus diene die sach-
grundlose Befristung auch dazu, Arbeitnehmer zu devotem Verhalten zu bewegen, etwa dazu, unbezahlte Über-
stunden zu leisten und für ihre Rechte nicht einzutreten. Auf der anderen Seite stünden Unternehmern ausreichend
Sachgründe für die befristete Beschäftigung von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zur Verfügung, so dass
sie durchaus ohne sachgrundlose Befristung auskommen könnten. Die Dokumentationspflichten in diesem Zu-
sammenhang seien zumutbar. Insgesamt zeige die steigende Zahl sachgrundlos befristeter Arbeitsverhältnisse die
Notwendigkeit politischen Handelns.

Berlin, den 29. März 2017

Gabriele Hiller-Ohm
Berichterstatterin

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

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