BT-Drucksache 18/11645

zu dem Antrag der Abgeordneten Doris Wagner, Elisabeth Scharfenberg, Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/9797 - Partizipation und Selbstbestimmung älterer Menschen stärken

Vom 22. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11645
18. Wahlperiode 22.03.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (13. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Doris Wagner, Elisabeth Scharfenberg,
Christian Kühn (Tübingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/9797 –

Partizipation und Selbstbestimmung älterer Menschen stärken

A. Problem
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt in ihrem Antrag fest, die Alte-
rung der Gesellschaft sei eine zentrale Komponente der demografischen Entwick-
lung Deutschlands. Der Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung nehme stetig
zu. Viele Menschen seien lange gesund und aktiv und auch finanziell gut gestellt.
Es gebe aber auch eine wachsende Gruppe älterer Menschen, die auf Unterstüt-
zung angewiesen oder von Ausgrenzung bedroht sei. Hierzu gehörten Menschen
mit Behinderungen, Einkommensschwache, Hochbetagte, Ältere mit Zuwande-
rungsgeschichte, Mobilitätseingeschränkte und Pflegebedürftige.

Der Staat müsse sicherstellen, dass diese wachsende und sehr heterogene Gruppe
selbstbestimmt leben, am gesellschaftlichen Leben aktiv teilnehmen und an ge-
sellschaftlichen und politischen Entscheidungen partizipieren könne. Um dies zu
gewährleisten, solle eine umfassende Strategie des „aktiven Alterns“ verfolgt
werden. Finanzielle Absicherung sei die Voraussetzung für gesellschaftliche Teil-
habe und Selbstbestimmung. Hierzu seien die Einführung einer Garantierente für
langjährige Versicherte, die Stabilisierung des Rentenniveaus und die schrittweise
Weiterentwicklung der Gesetzlichen Rentenversicherung zu einer Bürgerversi-
cherung notwendig. Außerdem fehlten in Deutschland mehr als zwei Millionen
altersgerechte Wohnungen. Ebenso brauche man in Deutschland Wohnprojekte
für Ältere und Projekte für generationenübergreifendes Wohnen.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Drucksache 18/11645 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kosten wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11645
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/9797 abzulehnen.

Berlin, den 22. März 2017

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Paul Lehrieder
Vorsitzender

Heinz Wiese (Ehingen)
Berichterstatter

Petra Crone
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Doris Wagner
Berichterstatterin

Drucksache 18/11645 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Heinz Wiese (Ehingen), Petra Crone, Jörn Wunderlich und
Doris Wagner

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 18/9797 wurde in der 193. Sitzung des Deutschen Bundestages am 29. September
2016 dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geht in ihrem Antrag davon aus, dass die Alterung der Gesellschaft
eine zentrale Komponente der demografischen Entwicklung Deutschlands sei. Die Menschen lebten deutlich län-
ger und seien auch längere Zeit agil. Gleichzeitig steige der Anteil älterer Menschen an der Gesamtbevölkerung
kontinuierlich. Es sei eine wichtige Herausforderung, gesellschaftliche Teilhabe, politische Partizipation und
selbstbestimmtes Leben älterer Menschen zu ermöglichen und aktiv zu fördern. Dafür bedürfe es einer umfassen-
den Strategie, die den verschiedenen Bedürfnissen und unterschiedlichen sozialen, finanziellen und gesundheitli-
chen Situationen älterer Menschen gerecht werde. Finanzielle Absicherung sei die Voraussetzung für gesellschaft-
liche Teilhabe und Selbstbestimmung.

Nach dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

eine Strategie des „aktiven Alterns“, die Selbstbestimmung, Teilhabe und Partizipation älterer Menschen in allen
Lebensbereichen ermögliche und fördere, zu entwickeln und umzusetzen. Im Rahmen der Strategie solle die Bun-
desregierung

1. eine altersfreundliche Kultur fördern, die Ressourcen, Werte und Bedürfnisse älterer Menschen stärker in
den öffentlichen Diskurs trage und die intergenerationelle Solidarität fördere und generationenübergreifende
Aktivitäten – auch jenseits der Mehrgenerationenhäuser – unterstütze. Ein Ausschluss von öffentlichen Man-
daten aufgrund des Alters, z. B. bei Schöffen, solle abgeschafft werden;

2. ein Förderprogramm für „Lotsen-, Informations- und Vernetzungsbüros – LIVE“ auflegen, die über alters-
gerechtes Wohnen, Weiterbildungsangebote, Pflege und soziale Sicherung sowie Engagementmöglichkeiten
im Dorf oder Stadtteil informierten. LIVE solle Bestehendes vernetzen und Neues anstoßen. Die Ansprech-
stelle für Fragen rund ums Alter sorge für mehr Lebensqualität und gesellschaftliche Teilhabe im Wohnvier-
tel. Außerdem biete LIVE einen Rahmen für aktive Partizipation älterer Menschen. In den Büros könne über
Umbaumaßnahmen im Viertel, neue soziale Angebote und gesundheitliche Belastungen diskutiert und es
könnten gemeinsam Lösungen gefunden werden;

3. altersgerechtes und barrierefreies Wohnen stärker als bisher fördern und somit älteren Menschen ermögli-
chen, länger als bisher in ihrem vertrauten Quartier selbstbestimmt wohnen zu bleiben, indem sie

a) das Programm „Altersgerecht Umbauen“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit Bundesmitteln
in Höhe des tatsächlichen Bedarfs ausstatte,

b) dabei gegenüber der Zinsverbilligung verstärkt Finanzierungszuschüsse anbiete, damit ältere Menschen
die Mittel auch in Anspruch nehmen könnten,

c) die Kombinationsmöglichkeiten mit der energetischen Gebäudemodernisierung weiter ausbaue und at-
traktiver mache, z. B. durch einen niedrigeren Zinssatz oder einen höheren Zuschuss,

d) einen „Bewegungsfreiheitsbonus“ einführe, der den Abbau von Barrieren im Wohnumfeld finanziell
fördere,

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11645

e) in der länderübergreifenden Fachkommission „Recht des Wohnungswesens“, an der auch das BMVI
beteiligt sei, darauf hinwirke, dass die barrierearme bzw. barrierefreie Bauweise beim Neubau ver-
pflichtend in die Landesbauordnungen aufgenommen werde, und

f) die Programme mit einer Informationskampagne zum altersgerechten Umbau begleite;

4. älteren Menschen selbstbestimmte Mobilität unabhängig vom eigenen PKW ermöglichen, indem

a) das Nahverkehrsangebot in den Städten ausgebaut und auf dem Land erhalten bzw. intelligent vernetzt
werde. Dies könne z. B. durch Carsharing, elektrische Leihfahrräder oder Bürgerbusse geschehen,

b) die Barrierefreiheit im öffentlichen Nahverkehr erhöht und der ÖPNV für Menschen mit Mobilitätsein-
schränkungen oder verminderter Seh- oder Hörfähigkeit einfacher nutzbar gemacht werde. Dafür müss-
ten flächendeckend barrierefreie Zugänge zu allen öffentlichen Verkehrsmitteln geschaffen werden.
Haltestellen und Bahnhöfe sollten mit Rampen, Rolltreppen und Aufzügen ausgestattet werden. Gleich-
zeitig sei das Problem der Kompatibilität von Haltestelle bzw. Bahnsteig und Fahrzeug (Spalt, Höhen-
differenz) zu lösen. Den Fahrgästen sollten eine Kombination aus akustischen und visuellen Informati-
onen sowie leicht bedienbare Fahrscheinautomaten bereitstehen,

c) die Wege zu ÖPNV und Nahversorgung im Quartier und im öffentlichen Raum mit genügend Möglich-
keiten zum Ausruhen und „Kräftesammeln“ ausgestattet würden;

5. es Pflegebedürftigen erleichtern, selbstbestimmt und möglichst in ihren eigenen vier Wänden leben zu kön-
nen:

a) Um den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff umzusetzen, sei ausreichend Personal notwendig. Darum
müsse zügig ein Personalbemessungsinstrument für die Altenpflege entwickelt und bundesweit ver-
bindlich eingeführt werden. Dabei solle auf eine angemessene Entlohnung dieser überwiegend von
Frauen geleisteten Tätigkeit hingearbeitet werden.

b) Es müsse einen Anspruch auf ein individuelles Fallmanagement (Case Management) für Pflegebedürf-
tige geben.

c) Die Sachleistungsansprüche sollten als Pflegebudget gewährt werden können, mit denen Pflegebedürf-
tige und ihre Angehörigen sich ihre – von lizenzierten, qualitätsgesicherten Dienstleistern angebotenen
– Leistungen nach individuellen Wünschen und Bedürfnissen zusammenstellen könnten.

d) Kommunen sollten dauerhaft mehr Kompetenzen bei der Pflegeberatung, -planung und -steuerung er-
halten. Dafür müsse die Finanzierung sichergestellt werden.

e) Kommunen sollten dauerhaft mehr Kompetenzen bei der Organisation von Gesundheitsversorgung vor
Ort erhalten, so dass Angebote miteinander verzahnt seien, ein effizientes Hilfenetz entstehe, das auch
im ländlichen Raum trage, und eine abgestimmte Versorgung, auch von älteren Menschen mit (mehre-
ren) chronischen Erkrankungen, gewährleistet werde;

6. Forschungsvorhaben unterstützen und fördern, die die Voraussetzungen für gelingende Partizipation, Teil-
habe und Selbstbestimmung im Alter untersuchten. Die Forschungsvorhaben sollten v. a. ältere Personen-
gruppen unter die Lupe nehmen, die besonders von Ausgrenzung bedroht seien: Menschen mit Behinderun-
gen, Einkommensschwache, Hochbetagte, Ältere mit Zuwanderungsgeschichte, Mobilitätseingeschränkte
und/oder Pflegebedürftige. Hierbei sollten auch Genderaspekte sowie unterschiedliche sexuelle Identitäten
und Orientierungen berücksichtigt werden. Außerdem sollten Konzepte gelingender Partizipation und Teil-
habe in ländlichen Räumen erforscht werden, die auf die besonderen Faktoren dort eingingen;

7. auf die Bundesländer einwirken, damit diese

a) die heterogenen Bedürfnisse älterer Menschen in Entscheidungsprozesse einbezögen. Das könne mit
Hilfe dialogorientierter Verfahren wie Runden Tischen und Zukunftswerkstätten geschehen,

b) Seniorenmitwirkungsgesetze verabschiedeten und stärkten. Seniorenvertretungen seien wichtig, um Äl-
tere an der Gestaltung ihres Lebensumfeldes mitwirken zu lassen. Die Einbindung von Seniorenbeauf-
tragten in den Kommunen sollte direkt und verbindlich erfolgen,

Drucksache 18/11645 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

c) im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung insbesondere barrierefreien Wohnraum förderten,

d) Koordinationsstellen für Wohnberatung einrichteten bzw. auszubauten, die die Wohnberatung vor Ort
stärkten und die Rahmenbedingungen im Land verbesserten.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/9797.

Der Ausschuss hat die Vorlage in seiner 85. Sitzung am 22. März 2017 abschließend beraten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies auf den Demografie-Gipfel der Bundesregierung in der ver-
gangenen Woche hin. Ein Kriterium des demografischen Wandels sei die große Alterung der Gesellschaft. Altern
sei heute vielfältig wie nie zuvor. Viele Menschen würden gesund deutlich älter und seien fitter, als dies in frühe-
ren Generationen der Fall gewesen sei. Dennoch gebe es eine erhebliche Anzahl von Menschen, die Unterstüt-
zungsleistungen bräuchten. Es handele sich um Menschen, die von Ausgrenzung bedroht seien, um Menschen mit
Behinderungen, um einkommensschwache Menschen und um hochbetagte Ältere mit Zuwanderungsgeschichte.
Es sei bekannt, dass es bis zum Jahre 2050 gut 23 Mio. Menschen geben werde, die über 65 Jahre alt sein würden,
was ungefähr einem Drittel der Bevölkerung entspreche. Altern sei damit auch für die Politik eine Herausforde-
rung. Dazu gehöre auch, dass ältere Menschen teilhaben können müssten. Politische Partizipation sei notwendig
und Selbstbestimmung sei aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein hohes Gut. Hierbei gehe es
auch um Generationengerechtigkeit. Ebenso wie man in dieser Wahlperiode den Antrag „Von Anfang an beteili-
gen – Partizipationsrechte für Kinder und Jugendliche im demografischen Wandel stärken“ (Drucksache 18/3151)
vorgelegt habe, setze man sich in dem vorliegenden Antrag im Sinne der Generationengerechtigkeit für die Par-
tizipation älterer Menschen ein. Das Recht auf Selbstbestimmung habe keine Altersgrenze.

Voraussetzung für ein gutes Leben im Alter sei eine entsprechende finanzielle Ausstattung. Daneben gebe es eine
Reihe von weiteren Kriterien, die erfüllt sein müssten, um im Alter gut leben zu können. Es sei eine umfassende
Strategie notwendig, die alle Lebensbereiche abdecke. In dem Antrag stütze man sich auf das WHO-Konzept des
aktiven Alterns. Ein Forderungskomplex beziehe sich auf das Wohnen. Man wisse, dass die meisten Menschen
möglichst lange in ihren eigenen vier Wänden verbleiben wollten. Es gebe aber schon jetzt 2 Mio. Wohnungen
zu wenig, die barrierefrei bzw. altersgerecht seien. Deshalb fordere man, dass das Programm „Altersgerechtes
Wohnen“ der KfW-Bank deutlich besser mit Finanzmitteln ausgestattet werde. Bislang seien die Mittel immer
schon vorzeitig ausgeschöpft. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setze sich für Finanzierungszuschüsse
ein, damit auch ältere Menschen diese Mittel in Anspruch nehmen könnten. Die länderübergreifende Fachkom-
mission „Recht des Wohnungswesens“ solle darauf hinwirken, dass eine barrierearme bzw. barrierefreie Bau-
weise bei Neubauten verpflichtend in die Landesbauordnungen aufgenommen werde.

Es sei notwendig, dass Menschen im Alter, auch wenn sie pflegebedürftig seien, selbstbestimmt leben könnten.
Dazu müsse ein Anspruch auf ein individuelles Fallmanagement eingeführt werden. Außerdem sollten Sachleis-
tungsansprüche als Pflegebudget gewährt werden können, damit Pflegebedürftige und ihre Angehörigen nach
ihren individuellen Wünschen selbst entscheiden könnten, welche Leistungen sie in Anspruch nehmen wollten.

Die Fraktion der CDU/CSU stellte fest, dass in dem Antrag auf der Grundlage des Sechsten und Siebten Alten-
berichts einige Punkte vorgeschlagen würden, die bereits erledigt seien. So werde darauf hingewiesen, dass akti-
ves Altern und die Herausforderung des demografischen Wandels eine hohe Bedeutung hätten. Gleichzeitig werde
der unzutreffende Eindruck erweckt, dass hier noch Vieles „im Argen“ liege. Die Partizipation älterer Menschen
habe man bereits verbessert und in manchen Bereichen sei man auf dem besten Wege zu einer weiteren Verbes-
serung. So habe das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Demografiestrategie bereits
im Sommer 2015 den Runden Tisch „Übergänge gestalten – aktives Altern“ (RTAA) ins Leben gerufen. Dessen
zentrale Zielsetzung sei es, die Gruppe der über 55-jährigen Bürgerinnen und Bürger vor dem Übergang in den
Ruhestand anzusprechen und zu aktivieren. Hier gehe es um die 13 Mio. „Babyboomer“, wobei der Jahrgang
1964 der geburtenreichste Jahrgang sei. Diese machten derzeit rund 27 Prozent der Erwerbstätigen aus. Außerdem
sei das Projekt Demografie-Werkstatt der Kommunen gestartet worden. Hier wolle man im kommunalen Bereich

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/11645
die Selbstbestimmung älterer Menschen in den Handlungsfeldern Mobilität, Wohnen, Integration und Nahversor-
gung stärken.

Altersbilder in der Gesellschaft seien bereits im Sechsten Altenbericht verankert. Darauf wolle man nun aufbauen.
Es gehe nunmehr um differenzierte Altersbilder, die eine wichtige Grundlage für das gegenseitige Verständnis
und eine solidarische Gesellschaft bildeten. Teilhabe und Gerechtigkeit auch für ältere Menschen seien die Eck-
pfeiler einer humanen Gesellschaft. Hierzu habe die Regierungskoalition eine Reihe von Maßnahmen auf den
Weg gebracht, wie etwa die Schaffung von derzeit 550 Mehrgenerationenhäusern. Mittlerweile gebe es auch neue
Möglichkeiten und neue Wege, um eine längere Versorgung in den eigenen vier Wänden und eine Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Mit dem Förderprogramm „Life“ habe man für mehr Lebensqualität
und gesellschaftliche Teilhabe in den Wohnvierteln gesorgt. Die Empfehlungen der Siebten Altenberichtskom-
mission beinhalteten eine umfassende Teilhabe älterer Menschen im Quartier. Die Arbeitsgruppe „Bildung im
und für das Alter“, die in dem Runden Tisch verankert sei, verfolge die Zielsetzung des „lebensbegleitenden
Lernens“. In Bezug auf das altersgerechte Wohnen sei festzustellen, dass auch die Mittel für das KfW-Programm
von 50 Mio. Euro auf 75 Mio. Euro aufgestockt worden seien. Im Übrigen seien für die Wohnbauförderung zu-
nächst die Länder zuständig. In Bezug auf die Forderungen nach mehr Mobilität und nach einer altersgerechten
Infrastruktur sei darauf hinzuweisen, dass hier die Zuständigkeit in erster Linie bei den Kommunen liege.

Im Rahmen der drei in dieser Wahlperiode beschlossenen Pflegestärkungsgesetze werde nunmehr eine Differen-
zierung nach fünf Pflegegraden vorgenommen, wobei die Demenzkranken einbezogen worden seien. Jetzt gehe
es noch um eine Einigung bei der Pflegeberufe-Reform. Man wolle erreichen, dass die Menschen in den Bereichen
der Altenpflege und der Krankenpflege und – nach Möglichkeit – der Kinderkrankenpflege kompatibel eingesetzt
werden könnten. In Bezug auf Forschungsvorhaben verweise man darauf, dass es mit dem Alterssurvey Grundla-
genforschung zur zweiten Lebenshälfte gebe. Hier gehe es u. a. um die Lebenssituation, um gesellschaftliche
Teilhabe und um nachberufliche Aktivitäten. In den Bereichen, in denen die Länder und die Kommunen zuständig
seien, sei es erforderlich, diese zu motivieren, noch mehr zu tun. Hier sei auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN in denjenigen Bundesländern gefordert, in denen ihre Partei an der Regierung beteiligt sei.

Die Fraktion DIE LINKE. stellte fest, der Antrag gehe in die richtige Richtung. Vielfach deckten sich die darin
enthaltenen Forderungen mit den eigenen Positionen. Es sei richtig, dass man auf die Länder einwirken müsse
und dass die Kommunen finanziell gut ausgestattet werden müssten. Allerdings gebe es in den Bereichen Wohnen
und Pflege unterschiedliche Auffassungen, weshalb man sich im Ergebnis der Stimme enthalten werde.

In dem Antrag werde eine Förderung empfohlen, bei der u. a. neben der Zinsverbilligung verstärkt Finanzierungs-
zuschüsse angeboten würden und bei der die Kombinationsmöglichkeiten mit der energetischen Gebäudemoder-
nisierung weiter ausgebaut und attraktiver gemacht würden, z. B. durch einen niedrigeren Zinssatz oder einen
höheren Zuschuss. Hier werde jedoch die soziale Schieflage außer Acht gelassen, da gerade energetische Gebäu-
desanierung oftmals genutzt werde, um die Menschen durch eine Mieterhöhung aus der Wohnung zu drängen.
Bei der Pflege werde in dem Antrag ein individuelles Fallmanagement gefordert. Die Fraktion DIE LINKE. for-
dere demgegenüber eine individualisierte Pflege. Das Fallmanagement führe zu einem Denken in „Schubladen“.
Pflege eigne sich nicht für marktwirtschaftliche Instrumente, sondern müsse auf die einzelnen Menschen zuge-
schnitten sein.

Die Fraktion der SPD verwies auf die Ausführungen der Fraktion der CDU/CSU und hob hervor, dass es darauf
ankomme, eine Strategie zu entwickeln und umzusetzen. Dabei gehe es nicht nur um die ältere Generation, wich-
tig sei das Miteinander. Das Beispiel der Mehrgenerationenhäuser sei bereits genannt worden, dort werde ein
Miteinander praktiziert.

Maßgebend könne der Fünfte Altenbericht sein, der der Politik gute inhaltliche Handlungsoptionen aufgezeigt
habe, zum Beispiel zum altersgerechten Wohnen und zur Pflege. Im Bereich der Pflege habe die Bundesregierung
schon viel getan. Unabhängig davon gelte es, die Pflegeinfrastruktur in den Kommunen weiter zu stärken. Dazu
müssten die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Es müsse geprüft werden, wie diese
Mittel an die Kommunen weitergegeben werden könnten, ohne dass das allein an den Bundesländern hängen
bleibe.
Drucksache 18/11645 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Insgesamt habe die Bundesregierung in diesem Bereich schon Vieles auf den Weg gebracht, deshalb trage die
SPD-Fraktion den vorliegenden Antrag nicht mit. Gleichwohl erkenne sie darin wichtige Anregungen, die man
weiter verfolgen werde.

Berlin, den 22. März 2017

Heinz Wiese (Ehingen)
Berichterstatter

Petra Crone
Berichterstatterin

Jörn Wunderlich
Berichterstatter

Doris Wagner
Berichterstatterin

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