BT-Drucksache 18/1158

Maßnahmen gegen die Spreeverockerung durch den Lausitzer Braunkohletagebau

Vom 10. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1158
18. Wahlperiode 10.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annalena Baerbock, Stephan Kühn (Dresden), Oliver Krischer,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke, Peter
Meiwald, Dr. Julia Verlinden und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Maßnahmen gegen die Spreeverockerung durch den Lausitzer
Braunkohletagebau

Die Spree und der Spreewald bieten einen einzigartigen Lebensraum für unzäh-
lige Tier- und Pflanzenarten. Der Spreewald genießt den Status eines UNESCO-
Biosphärenreservats und ist nahezu auf seiner gesamten Fläche als Flora-Fauna-
Habitat- und Vogelschutzgebiet ausgewiesen. Die Gewässer spielen zudem für
die Trinkwasserversorgung Südostbrandenburgs und Berlins eine zentrale Rolle.
Doch zunehmende Eisenhydroxid- und Sulfatbelastung der Spree und ihrer Zu-
flüsse in Sachsen und Brandenburg bedrohen diese einzigartige Naturlandschaft
und Trinkwasserversorgung.
Für den Braunkohletagebau in der Lausitz wurde und wird massiv Grundwasser
abgesenkt, welches nach der Auskohlung der Gruben wieder ansteigt. Mit dem
Wiederanstieg des Grundwassers wurden und werden u. a. Eisen und Sulfat in
die regionalen Gewässer sowie die Spree gespült, was eine massive Verockerung
der Spree und anderer Flüsse und Fließe zur Folge hat. Um die Auswirkungen
der Verockerung und Versauerung zu mildern, hat die bundeseigene Lausitzer
und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) ein 10-Punkte-
programm mit Sofortmaßnahmen zur Gewässergüteentwicklung beschlossen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkreten Sofortmaßnahmen, neben den kurzfristigen Lösungsan-

sätzen an Kleiner Spree und Spree/Ruhlmühle, an der Wudritz und am
Vetschauer Mühlenfließ, hat die LMBV nach Kenntnis der Bundesregierung
bisher zur Bekämpfung der Spreeverockerung in Sachsen und Brandenburg
eingeleitet, und welche wird sie wann noch einleiten?

2. Welche über die kurzfristigen Sofortmaßnahmen hinausgehenden mittelfris-
tigen Maßnahmen plant die LMBV nach Kenntnis der Bundesregierung zur
Bekämpfung der Spreeverockerung (bitte jeweiligen Zeitplan benennen)?

3. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, in welchem Maße die bereits um-
gesetzten Sofortmaßnahmen die Eisenbelastung der Spree bereits reduziert
haben, und ergeben sich hieraus Schlussfolgerungen für künftige Maßnahmen?
a) Wenn ja, in welchem Umfang konnte die Eisenkonzentration gesenkt wer-

den (bitte in mg/l angeben)?
b) Wenn nein, welche zusätzlichen Maßnahmen sind geplant?

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4. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung bereits eine Evaluation der
durchgeführten Sofortmaßnahmen?
a) Wenn ja, welche Erfahrungen wurden mit den realisierten Sofortmaßnah-

men bisher gemacht?
b) Welche Schlussfolgerungen ziehen die Bundesregierung und die LMBV

daraus für weitere Maßnahmen?
c) Wurde diese Evaluation durch unabhängige Dritte durchgeführt, und ist

diese öffentlich zugänglich?
5. Mit welchen weiteren konkreten langfristigen Maßnahmen gegen den stei-

genden Eisenhydroxid- und Sulfateintrag ist in Zukunft zu rechnen?
6. Welche Mittel wurden nach Kenntnis der Bundesregierung entsprechend

den Planungsansätzen der LMBV, die Grundlage für den im 5. Bund-/Län-
der-Verwaltungsabkommen über die Finanzierung der Braunkohlesanie-
rung in der Lausitz und in Mitteldeutschland festgelegten Finanzrahmen
waren, mit dem Abkommen für „Maßnahmen zur Gefahrenabwehr aus der
Eisen- und Sulfatbelastung des Grundwassers und der Beeinflussung der
Fließgewässer“ im Rahmen des § 2 des Verwaltungsabkommens bereitge-
stellt?

7. Welche Kosten sind nach Kenntnis der Bundesregierung der LMBV bisher
für die jeweiligen Maßnahmen gegen die Spreeverockerung entstanden?

8. Hat die Bundesregierung Kenntnis oder Prognosen über die Kostenentwick-
lung für künftige weitere Maßnahmen der LMBV gegen die Spreeverocke-
rung?

9. Rechnet die Bundesregierung damit, dass alle Maßnahmen zur Verhütung
weiterer Spreeverockerung bis zum Jahr 2017 abgeschlossen sein werden,
oder gibt es aus Sicht der Bundesregierung – auch angesichts der neben der
Spreeverockerung auftretenden Kippenproblematik – Bedarf nach einem
6. Verwaltungsabkommen?
Wenn nein, welche Pläne verfolgt die Bundesregierung für die Nachfolge-
behandlung der Seen und der zukünftigen Eindämmung von Eisenhydroxid-
und Sulfateintrag?

10. Sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Herausforderungen und
angesichts der Kippenproblematik oder langfristiger Maßnahmen – wie
zum Beispiel am Schlabendorfer See – einen Bedarf, das 5. Verwaltungsab-
kommen finanziell aufzustocken, und plant sie, hierfür in den Bundeshaus-
halt für das Jahr 2015 zusätzliche Mittel einzustellen?

11. Betrachtet die Bundesregierung als Mitglied im Steuerungs- und Budget-
ausschuss (StuBA) die für die Sanierung der Altlasten des Braunkohletage-
baus insgesamt bereitgestellten ca. 1,2 Mrd. Euro im Rahmen des 5. Bund-/
Länder-Verwaltungsabkommens über die Finanzierung der Braunkohle-
sanierung für weiterhin ausreichend, um die weiteren Herausforderungen
der Spreeverockerung bewältigen zu können, ohne andere Aufgaben zu ver-
nachlässigen?

12. Welche weiteren, gemäß den Planungsansätzen der LMBV geplanten,
Sanierungsmaßnahmen der LMBV mussten bzw. müssen in Zukunft durch
die Finanzierung der Maßnahmen gegen die Spreeverockerung für wie
lange zurückgestellt werden?

13. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob die Starkniederschläge und
das Hochwasser im Jahr 2013 die Grundwasserneubildung dahingehend be-
einflusst haben, dass mit einer weiteren Zunahme des Eisenhydroxid- und
Sulfateintrags zu rechnen ist?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1158
14. Welche Kenntnisse oder Schätzungen hat die Bundesregierung über mög-
liche Kapazitätsprobleme der Reinigungsanlagen (ehem. Grubenwasserrei-
nigungsanlagen) durch die vermutlich klimabedingte Zunahme von Stark-
regenereignissen?

15. Ist aus Sicht der Bundesregierung vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit
der Spreeverockerung die Einführung eines Eisengrenzwertes für Ober-
flächengewässer erforderlich, damit die Abwehr von Problemen mit einer
für die Gewässerbiologie schädlichen Gewässerverockerung zukünftig in
Planungsverfahren stärker berücksichtigt werden kann, und um Maßnah-
men gegen die Verockerung von Gewässern verpflichtend zu machen?
a) Wenn ja, wird die Bundesregierung eine entsprechende Initiative ergrei-

fen?
b) Wenn nein, warum nicht?

16. Welche Studien zur Sulfatbelastung der Spree und zu ihren Ursachen und
Auswirkungen liegen der Bundesregierung vor?

17. Ist aus Sicht der Bundesregierung vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit
der Spreeversauerung die Einführung eines Sulfatgrenzwertes für Ober-
flächengewässer erforderlich, damit die Abwehr von Problemen mit der
Sulfatbelastung der Gewässer zukünftig in Planungsverfahren stärker be-
rücksichtigt werden kann, und um Maßnahmen gegen die Sulfatbelastung
verpflichtend machen zu können?
a) Wenn ja, wird die Bundesregierung eine entsprechende Initiative ergrei-

fen?
b) Wenn nein, warum nicht?

18. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Notwendigkeit zukünftiger län-
gerfristiger Bekalkung von Seen in der betroffenen Region, und wenn ja,
welche Gewässer sind dies, und für welchen Zeitraum und mit welchen
Kosten kalkuliert die Bundesregierung?

19. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob der Eisenoxidationspro-
zess durch die künstliche Trockenlegung von Flächen zur landwirtschaft-
lichen Nutzbarmachung befördert wird, und wenn ja, welche Schlussfolge-
rung zieht sie daraus?

20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Einsatz und Erfolg
von biologischen Wasserbehandlungsmaßnahmen, und welche Methoden
werden wo eingesetzt?

21. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über einen weiteren Grund-
wasseranstieg in den betroffenen Regionen?

22. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob ein möglicher Grundwasser-
anstieg zu einer weiteren Verschärfung der Eisenhydroxidbelastung und
neuen Austrittsstellen führen wird?

23. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über den Planungsstand neuer
und zusätzlicher Maßnahmen gegen die Eisenhydroxid- und Sulfatbelas-
tung in Sachsen, und wann rechnet die Bundesregierung mit der Ausführung
dieser Maßnahmen?

24. Welche konkreten Maßnahmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung
unternommen, um die Spree während der Sanierungsarbeiten der Talsperre
Spremberg, die, obwohl sie nicht als Flusskläranlage ausgelegt ist, nach
Kenntnis der Fragesteller de facto als solche fungiert, vor zusätzlicher
Eisenhydroxid- und Sulfatbelastung zu schützen, und geht die Bundesregie-
rung davon aus, dass mögliche Alternativmaßnahmen die Leistung der Tal-
sperre kompensieren können?

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25. Hat die Bundesregierung Kenntnis über eine zusätzliche Sulfatbelastung der
Spree durch die Einleitung von Sümpfungswasser aus laufenden Tagebau-
projekten, und wenn ja, welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

26. Welche Maßnahmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung bei den
aktiven Tagebauen sowohl in der Lausitz als auch in Nordrhein-Westfalen
ergriffen, um eine zusätzliche Eisenhydroxid- und Sulfatbelastung zu ver-
meiden, und wie und durch wen werden diese finanziert?

27. Ist es der Bundesregierung bekannt, dass das Spreerohwasser am Wasser-
werk Briesen nach Kenntnis der Fragesteller mittlerweile mehrfach den Sul-
fatgrenzwert überschritten hat, so dass es zur Trinkwassernutzung nur noch
durch Beimischung von Grundwasser genutzt werden kann, und wenn ja,
welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus?

Berlin, den 10. April 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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