BT-Drucksache 18/11527

Unternehmensgründungen im digitalen Bereich

Vom 9. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11527
18. Wahlperiode 09.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Ulla Jelpke, Susanna Karawanskij,
Kerstin Kassner, Jan Korte, Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Unternehmensgründungen im digitalen Bereich

Durch Vernetzungspotenziale und einen gesellschaftsdienlichen Umgang mit Da-
ten bietet die Digitalisierung Spielräume, um gesellschaftliche Arrangements in
Sektoren wie Energie oder Verkehr solidarisch statt profitorientiert zu organisie-
ren. Ein wesentliches Merkmal von erfolgreichen Gründerinnen und Gründern in
einem sozial-ökologischen Verständnis ist das Umsetzen von kreativen Ideen, um
gesellschaftliche Probleme zu adressieren. Digitale Gründungen können ein Indi-
kator für die sozial-ökologische Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft sein.
Gründungen sind besonders zu fördern, wenn sie gesellschaftlich wertvolle Inno-
vationen umsetzen können, die über reine Profitmaximierung und Skalierung von
Datenverarbeitungsprozessen (Plattformkapitalismus) hinausgehen. Eine verant-
wortungsvolle digitale Gründungspolitik setzt deshalb Rahmenbedingungen, die
es Menschen ermöglicht, sich unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft oder
anderen Merkmalen selbstständig zu machen. Zudem sollen Gründungen beson-
ders gefördert werden, die sich zu Tarifverträgen, fairpay und ökologischen
Nachhaltigkeitsstandards bekennen. Dafür müssen soziale und bürokratische
Gründungshemmnisse abgebaut und die soziale Absicherung von Gründerinnen
und Gründern erhöht werden. Denn nur eine lebendige und vielfältige Grün-
dungskultur schafft die Voraussetzungen für zukünftige digitale Unternehmun-
gen, die die sozial-ökologische Transformation vorantreiben. Diese können der
Gesellschaft innovative, nachhaltige und sozialverträgliche Produkte und Dienst-
leistungen anbieten und damit zukunftsfeste Arbeitsplätze sichern. Offene und
vielfältige Förderprogramme sind notwendig, um nicht nur bewährte Erfolgsfor-
meln anderer Länder zu kopieren, sondern einen eigenständigen Ansatz erfolg-
reicher Gründungskultur zu beleben. Die Anstrengungen, um aus öffentlicher
Forschung mehr gemeinnützige und gesellschaftlich orientierte Gründungen zu
generieren, müssen erhöht werden. Deshalb sind erforderliche Bestandteile einer
innovativen Wirtschaftspolitik der ungehinderte Zugang zu Gründungsförderung
und -beratung sowie unnötige Bürokratiehemmnisse abzubauen. Besondere
Wertschätzung haben dabei die kleinen und mittleren Unternehmensgründungen
verdient, die durch sozialverträgliche und ökologische Produkte den großen Her-
ausforderungen der Gesellschaft wie der größer werdenden Schere zwischen Arm
und Reich oder dem Klimawandel begegnen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Gründungen mit Schwerpunkt digitales Produkt/digitale Dienst-

leistung gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2013 bis
einschließlich 2016 (bitte nach Jahren und Branchen, Teil- und Vollzeit so-
wie Frauen und Männern differenziert auflisten)?

Drucksache 18/11527 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
2. Wie viele sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze sind durch diese Grün-
dungen mit Schwerpunkt digitales Produkt/digitale Dienstleistung in den
Jahren 2013 bis 2016 entstanden?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung von digitalen Gründun-
gen für die Jahre 2013 bis 2016?

4. Wie fördert die Bundesregierung Gründungen mit ökologisch-nachhaltigen
und sozial-gemeinnützigen Geschäftszielen?

5. Prüft die Bundesregierung die Einhaltung von sozialen und ökologischen
Standards bei der Vergabe von Kapital aus dem Ko-Investitionsfonds copa-
rion, dem ERP/EIF-Dachfonds, INVEST, dem High-Tech-Gründerfonds
und dem European Angels Fonds?

Wenn ja, welche Standards, und wie wird geprüft?
Wenn nein, warum nicht (bitte einzeln nach Fonds aufschlüsseln)?

6. Plant die Bundesregierung die spezielle Förderung von digitalen Genossen-
schaftsgründungen unter Berücksichtigung der speziellen Bedürfnisse dieser
Unternehmensart?

7. Wie fördert und kontrolliert die Bundesregierung bei digitalen Start-Ups die
Einhaltung von Arbeitsgesetzen, Tarifverträgen und fairpay-Modellen?

8. Plant die Bundesregierung zur Unterstützung der Demokratisierung der di-
gitalen Wirtschaft und zur Demokratisierung digitaler Daten, besonders Un-
ternehmen zu fördern, die gemeinnützig oder genossenschaftlich aufgebaut
sind?

Wenn ja, wann, und warum?
Wenn nein, warum nicht?

9. Wie viele Spin-off-Gründungen mit Schwerpunkt digitales Produkt/digitale
Dienstleistung gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2013
bis einschließlich 2016 aus staatlich geförderter Wissenschaft (bitte nach
Hochschulen, Fachhochschulen, außeruniversitärer Forschung aufschlüs-
seln)?

10. Was plant die Bundesregierung, um dem Rückgang von forschungsbasierten
Spin-offs entgegenzuwirken?

11. Was unternimmt die Bundesregierung, um dem Trend eines fallenden Frau-
enanteils bei Existenzgründungen entgegenzutreten?
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Wirkung von existenzgru-
enderinnen.de und „FRAUEN unternehmen“?

12. Plant die Bundesregierung die Gründungstätigkeit von Menschen mit Behin-
derungen statistisch zu erfassen, und sollen entsprechende Förderungsbedin-
gungen angepasst werden?

13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Gründungstätigkeit im di-
gitalen Bereich (digitales Produkt/digitale Dienstleistung) von
a) Personen, die über eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck einer selbststän-

digen oder freiberuflichen Tätigkeit verfügen,
b) Personen nicht-deutscher Staatsangehörigkeit,
c) Menschen mit Migrationshintergrund?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11527

14. Wie viele Anträge für eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck einer selbststän-

digen oder freiberuflichen Tätigkeit wurden in den Jahren 2013 bis ein-
schließlich 2016 gestellt?
Wie viele davon wurden stattgegeben (bitte nach Branchen getrennt auf-
schlüsseln)?

15. Plant die Bundesregierung Menschen mit einen oder mehreren häufig diskri-
minierten Merkmalen besonders bei der Existenzgründung im digitalen Be-
reich zu fördern?

16. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um den Rückgang des Zu-
gangs zum Einstiegsgeld und Gründungszuschuss auszugleichen?

17. Laut KfW Gründungsmonitor 2016, gab es im Jahr 2016 wieder weniger
Gründungen, wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund die
Ergebnisse und Folgen der Initiative „Neue Gründerzeit“?

18. Wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnisse und Folgen des Pro-
gramms „INVEST-Zuschuss für Wagniskapital“?

19. Welche Pläne verfolgt die Bundesregierung hinsichtlich der beabsichtigten
Digitalagentur, welche speziell digitale Start-Ups unterstützen soll?

20. Wie viele EXIST-Gründerstipendien wurden vergeben (bitte nach Jahren
und Höhe aufschlüsseln)?

21. Spielen bei der Vergabe von EXIST-Gründerstipendien Faktoren wie ökolo-
gische Nachhaltigkeit oder Sozialverträglichkeit eine Rolle?

Wenn ja, welche weiteren Faktoren sind für die Vergabe entscheidend?
Wenn nein, warum nicht?

22. Wie schätzt die Bundesregierung die Konsequenzen des Gründerwettbe-
werbs hinsichtlich der Anzahl und des Erfolgs digitaler Gründungen ein?

23. Welchen sozialen oder ökologischen Problemen kann aus Sicht der Bundes-
regierung mit den geförderten Projekten des Gründerwettbewerbs begegnet
werden?

24. Welche Modifikationen wird die Bundesregierung in Zukunft an der Aus-
richtung des Gründerwettbewerbs vornehmen?

25. In welchen Branchen sieht die Bundesregierung hinsichtlich digitaler Exis-
tenzgründungen besonderen Handlungsbedarf?

26. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung für die Nichteinfüh-
rung eines Venture-Capital-Gesetzes entgegen der Vereinbarung im Koaliti-
onsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD?

27. Wie ordnet die Bundesregierung ihre Förderprogramme verschiedenen
Gründungsphasen (Seed-Phase, Start-up-Phase, Emerging growth, Expan-
sion) zu?

28. Wie schätzt die Bundesregierung ihre Förderung der einzelnen Gründungs-
phasen (Seed-Phase, Start-up-Phase, Emerging growth, Expansion) ein?

29. In welchen der o. g. Phasen der Finanzierung einer Unternehmensgründung
in Deutschland sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf?

30. Plant die Bundesregierung, den Zugang zu langjährig ungenutzten Patenten
zu ermöglichen?

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31. Sieht die Bundesregierung Entwicklungsbedarf hinsichtlich des Patentrechts,

um die Anmeldung, Lizenzierung oder Weitergabe von Patenten zu verein-
fachen und zu beschleunigen?

Wenn ja, warum?
Wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 8. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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