BT-Drucksache 18/1147

Einsatz und Auswirkungen von Aluminiumsalzen in Kosmetika

Vom 10. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1147
18. Wahlperiode 10.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Kordula Schulz-Asche, Harald Ebner,
Bärbel Höhn, Steffi Lemke, Peter Meiwald, Friedrich Ostendorff und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einsatz und Auswirkungen von Aluminiumsalzen in Kosmetika

Aluminium begegnet uns in nahezu allen Lebensbereichen – auch in Lebensmit-
teln oder Kosmetika wie Deodorants, Sonnencreme oder Lippenstift.
Die gesundheitliche Bedenklichkeit von Aluminium, das über die Ernährung
oder die Haut aufgenommen werden kann, steht seit Jahren in der Diskussion –
insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Beteiligung an der Entwicklung
von Alzheimer oder Brustkrebs. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass hohe Alu-
miniumdosen neurotoxische Wirkungen beim Menschen und embryotoxische
Effekte in Tierstudien zeigen. Während die Aufnahmerate und Wirkung von
Aluminium über die Ernährung relativ gut untersucht ist, fehlen ausreichende
Humandaten bezüglich der Aufnahme von Aluminium über die Haut und die
damit verbundenen gesundheitlichen Auswirkungen.
Für die orale Aufnahme von Aluminium hat die Europäische Behörde für Le-
bensmittelsicherheit (EFSA) eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge
von 1 Milligramm Aluminium je Kilogramm Körpergewicht abgeleitet. Dem-
nach ist beispielsweise für einen 60 kg schweren Menschen die Aufnahme von
8,6 Mikrogramm pro Tag gerade noch unbedenklich hinnehmbar. Das Bundes-
institut für Risikobewertung (BfR) geht davon aus, dass bei einem Teil der Be-
völkerung die wöchentlich tolerierbare Aufnahmemenge alleine durch Lebens-
mittel ausgeschöpft ist.
Dazu kommt aber noch die Aufnahme von Aluminium über die Haut über Kos-
metikprodukte. Aluminiumsalze sind in unterschiedlicher Konzentration in na-
hezu allen Deodorants/Antitranspirantien enthalten, da sie die Schweißbildung
hemmen. Diesbezüglich hat das BfR im Februar 2014 eine Stellungnahme (Stel-
lungnahme Nr. 007/2014 des BfR vom 26. Februar 2014 „Aluminiumhaltige
Antitranspirantien tragen zur Aufnahme von Aluminium bei“) veröffentlicht, in
der festgestellt wird, dass die tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge bereits
durch die tägliche Verwendung von aluminiumhaltigen Deodorants/Antitranspi-
rantien überschritten wird. Bei der Verwendung auf gesunder Haut liegen die er-
rechneten systemischen Aufnahmemengen mit rund 10,5 Mikrogramm bereits
deutlich über den noch von der EFSA als hinnehmbar bewerteten 8,6 Mikro-
gramm pro Tag. Die Werte, die bei geschädigter Haut – beispielsweise durch
Rasur – festgestellt wurden, liegen um ein Vielfaches darüber.
Die Aufnahme von Aluminium sollte daher auch nach Auffassung des BfR deut-
lich reduziert werden, da aufgrund der gesundheitlichen Bedenklichkeit eine
dauerhafte Überschreitung aus toxikologischer Sicht nicht hinnehmbar ist. Vor-
geschlagen wird vom BfR in seiner Stellungnahme die Einführung von Verwen-

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dungshinweisen zur Sensibilisierung der Verbraucherinnen und Verbraucher,
zum Beispiel „Nicht auf verletzter Haut anwenden“, die in einigen Ländern der
Europäischen Union bereits angebracht werden. Außerdem empfiehlt das BfR
die Einführung eines generellen Grenzwerts für Aluminiumsalze in Antitrans-
pirantien. Während es nach EU-Kosmetikverordnung eine Begrenzung für Sub-
stanzen, die zur Gruppe der Aluminiumzirkoniumchloridhydroxide gehören,
fehlt diese für Aluminiumchlorohydrat, das in Antitranspirantien eingesetzt
wird. Nach Informationen des BfR liegt die Einsatzkonzentration hier bei 20 Pro-
zent. Der Industrieverband Körperpflege und Waschmittel e. V. spricht sogar
von bis zu 30 Prozent. Darüber hinaus wird dringender weiterer Forschungsbe-
darf konstatiert, da nach wie vor wissenschaftliche Unsicherheiten in Bezug auf
die tatsächliche Aufnahmemenge von Aluminium über die Haut sowie die Lang-
zeitfolgen chronischer Aluminiumexpositionen bestehen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie bewertet die Bundesregierung die Stellungnahme des BfR?
2. Seit wann ist der Bundesregierung das Ausmaß der geschätzten Aufnahme

von Aluminium über Deodorants und Antitranspirantien bekannt, und was
hat sie daraufhin unternommen?

3. a) Wie hoch sind die Einsatzkonzentrationen von Aluminiumsalzen und die
jeweiligen Aluminiumanteile nach Kenntnis der Bundesregierung in den
unterschiedlichen Kosmetika?

b) Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung diesbezüglich verallgemei-
nerbare Unterschiede zwischen Sprays, Sticks oder Kristallen bei Anti-
transpirantien?

4. a) Inwiefern ist die Höhe des Gesamtanteils bzw. die Einsatzkonzentration
nach Kenntnis der Bundesregierung entscheidend für die Wirksamkeit
(Schweißhemmung etc.) eines Antitranspirants?

b) Gibt es eine Grenze, ab der eine höhere Konzentration die Wirksamkeit
nicht weiter steigert?

5. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass bessere Kennzeichnungshin-
weise notwendig sind, die Verbraucherinnen und Verbraucher einfacher er-
kennen lassen, welche (Kosmetik-)Produkte Aluminiumsalze beinhalten?

6. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die bislang gängige eng-
lischsprachige Bezeichnung (Angabe der Inhaltsstoffe auf der Verpackung,
z. B. „Ammonium Alum“ oder „Potassium Alum“), nicht ausreichend ist?

7. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung Vorschläge, eine Kennzeich-
nung, z. B. „enthält Aluminiumsalze“, direkt auf der Vorderseite oder auf
dem Deckel anzubringen, so dass diese gut sicht- und lesbar ist?

8. Welche Form der Kennzeichnung hält die Bundesregierung für am besten
geeignet, und wie setzt sie sich dafür ein, diese einzuführen?

9. Wie steht die Bundesregierung zum Vorschlag des BfR, Verwendungshin-
weise, z. B. „Nicht auf verletzter Haut anwenden“ oder „Nicht auf frisch
rasierter Haut anwenden“, einzuführen?
Sollten diese nach Auffassung der Bundesregierung freiwillig oder obliga-
torisch sein?

10. Sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit, Verbraucherinnen und Ver-
braucher besser über mögliche Auswirkungen von Aluminiumsalzen in
Kosmetika aufzuklären?
In welcher Form hält sie dies für angemessen?

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11. Welche Möglichkeiten hält die Bundesregierung für geeignet, Verbrauche-
rinnen und Verbraucher über aluminiumfreie Alternativen zu informieren?

12. a) Setzt sich die Bundesregierung, wie vom BfR empfohlen, für die Einfüh-
rung eines generellen Grenzwerts für Aluminiumsalze in Antitranspiran-
tien ein, anstatt wie bisher einzelne Aluminiumsalze zu regulieren?

b) Wird dieser Vorschlag bereits auf EU-Ebene diskutiert, oder plant die
Bundesregierung diesen einzubringen?

13. a) Welche konkreten derzeit laufenden Forschungsprojekte zur Aufnahme
von Aluminium über die Haut und deren Gesundheitsrelevanz sind der
Bundesregierung bekannt?

b) Welche davon wurden von der Bundesregierung angeregt oder in Auf-
trag gegeben?

c) Stellt die Bundesregierung im Haushaltsplan 2014 Mittel dafür zur Ver-
fügung, und wenn ja, in welcher Höhe, und mit welchem konkreten For-
schungsauftrag?
Wenn nein, warum nicht?

14. Wann ist mit einem Abschluss der derzeit vom Wissenschaftlichen Aus-
schuss „Verbrauchersicherheit“ der Europäischen Kommission (SCCS)
durchgeführten Überprüfung und Bewertung der Gesundheitsrisiken durch
aluminiumhaltige Kosmetikprodukte zu rechnen?

15. Hält die Bundesregierung es – auch angesichts der BfR-Stellungnahme und
anderen Studien (z. B. „Aluminium and human breast diseases“ der briti-
schen Wissenschaftlerin Philippa Darbre von der University of Reading
oder „Possible relationship between Al/ferritin complex and Alzheimer’s
disease“ der italienischen Wissenschaftler der katholischen Universität
Rom um Pasquale de Sole), die die Gesundheitsrelevanz aluminiumhaltiger
Kosmetika thematisieren – für angebracht und notwendig, diese Ergebnisse
abzuwarten, um Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene in An-
griff zu nehmen oder zumindest zu prüfen?

16. a) Welche Gespräche und Vereinbarungen hat die Bundesregierung bereits
mit der Wirtschaft geführt und getroffen, um die Transparenz und
Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher zu erhöhen?

b) Fanden Gespräche mit der Wirtschaft statt, um den Einsatz von Alumi-
niumsalzen in Kosmetika zu reduzieren bzw. das Angebot von nichtalu-
miniumhaltigen Kosmetika zu erhöhen?

c) Welche Gespräche sind mit welchen Zielen geplant?
17. a) Wie verläuft der entsprechende Diskussionsprozess auf EU-Ebene?

b) In welchen Gremien hat sich die Bundesregierung bereits eingebracht,
um mehr Transparenz und Sicherheit für die Verbraucherinnen und Ver-
braucher zu erreichen?

c) Werden nach Kenntnis der Bundesregierung von Seiten der Europä-
ischen Kommission diesbezüglich konkrete Maßnahmen geprüft, bzw.
welche konkreten (Zeit-)Pläne bestehen hier?

18. Wie steht die Bundesregierung zu nationalen Regelungen (ggf. Selbstver-
pflichtungen), sollten EU-weite Verbesserungen zeitnah nicht absehbar
sein?

Berlin, den 10. April 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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