BT-Drucksache 18/11465

Prekäre Beschäftigung in der Wissenschaft und Auswirkungen der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom 17. März 2016

Vom 6. März 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11465
18. Wahlperiode 06.03.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Gohlke, Sigrid Hupach, Dr. Rosemarie Hein,
Ralph Lenkert, Dr. Petra Sitte und der Fraktion DIE LINKE.

Prekäre Beschäftigung in der Wissenschaft und Auswirkungen der Novelle des
Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom 17. März 2016

Der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2017 hat erneut die prekären
Arbeitsverhältnisse im deutschen Wissenschaftssystem offengelegt. Der Bericht
umfasst jedoch nicht den Zeitraum seit Inkrafttreten der Novelle des Wissen-
schaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) im März 2016 und untersucht lediglich
die Situation von Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaft-
lern, nicht jedoch die Arbeitsbedingungen im Wissenschaftsbereich insgesamt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell der Anteil der be-

fristeten Stellen beim wissenschaftlichen und künstlerischen Personal (in
Prozent und absoluten Zahlen)
a) an Hochschulen;
b) an außerhochschulischen Forschungseinrichtungen?

2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell der Anteil der be-
fristeten Stellen beim wissenschaftsunterstützenden Personal (in Prozent und
absoluten Zahlen)
a) an Hochschulen;
b) an außerhochschulischen Forschungseinrichtungen?

3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil des wissen-
schaftlichen und künstlerischen Personals an Hochschulen mit befristeten
Arbeitsverträgen mit einer Vertragsdauer von
a) zwei Jahren oder weniger;
b) einem Jahr oder weniger;
c) sechs Monaten oder weniger
am gesamten befristet beschäftigten Personal derselben Personengruppe?

Drucksache 18/11465 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
4. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil des wissen-
schaftlichen und künstlerischen Personals an außerhochschulischen For-
schungseinrichtungen mit befristeten Arbeitsverträgen mit einer Vertrags-
dauer von
a) zwei Jahren oder weniger;
b) einem Jahr oder weniger;
c) sechs Monaten oder weniger
am gesamten befristet beschäftigten Personal derselben Personengruppe?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die hohe Zahl von befristeten Arbeitsver-
trägen an Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtun-
gen?

6. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil des befristet be-
schäftigten wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Hochschulen
mit Arbeitsverträgen mit einem Umfang von
a) 20 Wochenstunden oder weniger;
b) 15 Wochenstunden oder weniger;
c) 10 Wochenstunden oder weniger?

7. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil des befristet be-
schäftigten wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an außerhoch-
schulischen Forschungseinrichtungen mit Arbeitsverträgen mit einem Um-
fang von
a) 20 Wochenstunden oder weniger;
b) 15 Wochenstunden oder weniger;
c) 10 Wochenstunden oder weniger?

8. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil des wissen-
schaftlichen und künstlerischen Personals mit zwei oder mehr parallel lau-
fenden Arbeitsverträgen
a) an Hochschulen;
b) an außerhochschulischen Forschungseinrichtungen?

9. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Anteil und Umfang
des befristet beschäftigten wissenschaftlichen und künstlerischen Personals
an Hochschulen und anderen öffentlichen Wissenschaftseinrichtungen in an-
deren OECD-Staaten (OECD: Organisation für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung) vor?

10. Wie bewertet die Bundesregierung Anteil und Umfang des befristet beschäf-
tigten wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Hochschulen und
anderen öffentlichen Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland im interna-
tionalen Vergleich?

11. Wie hoch sollte der Anteil der befristeten Arbeitsverträge für das wissen-
schaftliche und wissenschaftsunterstützende Personal an Hochschulen und
außerhochschulischen Forschungseinrichtungen sein, damit er nach Ansicht
der Bundesregierung akzeptabel wäre (bitte begründen)?

12. Welche Hinweise, Daten und Informationen liegen der Bundesregierung
über die Auswirkungen der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
vom März 2016 auf Anzahl und Anteil der Befristungen von Arbeitsverträ-
gen für das wissenschaftsunterstützende sowie das wissenschaftliche und
künstlerische Personal an Hochschulen und außerhochschulischen For-
schungseinrichtungen vor?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11465

13. Welche konkreten Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch die

Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auf Anzahl und Anteil der
sachgrundlosen Befristungen von Arbeitsverträgen an Hochschulen und an
außerhochschulischen Forschungseinrichtungen?

14. Was versteht die Bundesregierung unter dem Begriff „Qualifizierung“, wie
er in § 2 Absatz 1 WissZeitVG Verwendung findet?

15. Was versteht die Bundesregierung unter dem Begriff „angemessen“, wie er
in § 2 Absatz 1 WissZeitVG Verwendung findet?

16. Welche Bedingungen müssen nach Ansicht der Bundesregierung erfüllt
sein, damit die Befristungsdauer eines Arbeitsvertrages gemäß §2 Absatz 1
WissZeitVG der Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstleri-
schen Qualifizierung angemessen ist?

17. Unter welchen Umständen umfasst nach Ansicht der Bundesregierung die
Förderung der eigenen wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizie-
rung als Begründung für eine befristete Beschäftigung gemäß § 2 Absatz 1
WissZeitVG
a) die Antragsstellung zur Einwerbung von Drittmitteln für Forschungspro-

jekte;
b) die organisatorische Vorbereitung von Auslandsaufenthalten;
c) managementbezogene Tätigkeiten;
d) sonstige Tätigkeiten jenseits der unmittelbaren Arbeit an einem zertifi-

zierbaren Qualifikationsziel (z. B. Masterarbeit, Promotion, Habilitation
etc., bitte jeweils ausführen)?

18. Inwiefern ist eine weite Auslegbarkeit des Begriffs Qualifizierung im Wis-
senschaftszeitvertragsgesetz intendiert, um kurze Befristungen für wissen-
schaftliches und künstlerisches Personal zu ermöglichen?

19. Wie viele Fälle von Klagen gegen Befristungen von Arbeitsverträgen auf
Basis des § 2 Absatz 1 WissZeitVG sind der Bundesregierung seit Inkraft-
treten der Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes von März 2016 be-
kannt?

20. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, der sich etablierenden
Praxis an Hochschulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen
entgegenzuwirken, drittmittelfinanzierte befristet Beschäftigte nach einer be-
stimmten Anzahl an Jahren und Verträgen aufgrund der Gefahr einer nicht
mehr rechtssicheren weiteren Befristung nicht weiter zu beschäftigen?

21. Inwiefern besteht nach Ansicht der Bundesregierung ein Zusammenhang
zwischen dem wachsenden Anteil von Drittmitteln an den Budgets der Hoch-
schulen und außerhochschulischen Forschungseinrichtungen und dem hohen
Anteil von befristet angestellten wissenschaftlichen und künstlerischen so-
wie wissenschaftsunterstützenden Personal?

22. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Promovieren-
den, die zur Finanzierung ihrer Promotion
a) sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind (bitte getrennt nach Hoch-

schulen, FhG, HGF, MPG, WGL, sonstige öffentliche Einrichtungen, Pri-
vatwirtschaft, sonstige Arbeitgeber aufführen);

b) ein Stipendium beziehen (bitte getrennt nach Hochschule, FhG, HZG,
MPG, WGL, sonstige öffentliche Einrichtungen, Privatwirtschaft, sons-
tige Stipendiengeber aufführen)?

Drucksache 18/11465 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

23. Wie viele Lehrveranstaltungen an Hochschulen werden nach Kenntnis der

Bundesregierung durch Lehrbeauftragte abgedeckt (bitte absolut und in Pro-
zent der Lehrveranstaltungen insgesamt angeben)?

24. Wie viele Lehrbeauftragte sind nach Kenntnis der Bundesregierung in einem
Dauerarbeitsverhältnis bei einem Arbeitgeber beschäftigt, der nicht die Ein-
richtung ist, an der der Lehrauftrag stattfindet (bitte getrennt nach Vollzeit-
und Teilzeitbeschäftigung aufführen)?

25. Wie viele Lehrbeauftragte sind nach Kenntnis der Bundesregierung bereits
in Pension oder Altersrente?

26. Wie viele Lehrbeauftragte sind nach Kenntnis der Bundesregierung wirt-
schaftlich selbstständige Unternehmer?

27. Wie viele Lehrbeauftragte haben nach Kenntnis der Bundesregierung keine
weiteren Einkünfte neben denen für ihre Lehrveranstaltungen?

28. Wie viele Lehrbeauftragte betreuen nach Kenntnis der Bundesregierung
a) nur eine Lehrveranstaltung im Semester;
b) zwei Lehrveranstaltungen im Semester;
c) drei Lehrveranstaltungen im Semester;
d) vier Lehrveranstaltungen im Semester;
e) mehr als vier Lehrveranstaltungen im Semester?

Berlin, den 6. März 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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