BT-Drucksache 18/11354

Aktuelle Entwicklungen am Atomstandort Fukushima

Vom 21. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11354
18. Wahlperiode 21.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Annalena Baerbock, Matthias Gastel,
Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden), Christian Kühn (Tübingen),
Steffi Lemke, Dr. Julia Verlinden, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Aktuelle Entwicklungen am Atomstandort Fukushima

Am 11. März 2011 kam es infolge einer tragischen Naturkatastrophe zu der wohl
schwersten zivilisatorisch bedingten Katastrophe der letzten Jahrzehnte. Auf eine
verheerende Flutwelle folgte die Atomkatstrophe von Fukushima, die mehr als
185 000 Menschen zwang, ihre Heimat zu verlassen, und zu großflächigen Kon-
taminationen von Böden, Wäldern und Gewässern führte. Die Atomkatastrophe
von Fukushima ist ein Mahnmal für die Unbeherrschbarkeit von Atomkraft.
Noch immer gibt es viele ungelöste Probleme bei der Bewältigung des Unglücks.
Täglich sind tausende Arbeiter mit den Aufräumarbeiten auf der Anlage beschäf-
tigt. Immer noch ist unklar, wie es um die zerstörten Reaktorblöcke 1 bis 3 tat-
sächlich steht. Durch die Kernschmelzen sind die Sicherheitsbehälter stark be-
schädigt worden, eine erneute Freisetzung radioaktiver Stoffe kann nicht ausge-
schlossen werden. Immer noch fehlt eine Lösung für die riesigen Mengen konta-
minierten Wassers, mit denen die Reaktoren dauergekühlt werden. Bisher werden
sie in Tanks auf dem Gelände gelagert, doch der Platz ist begrenzt. Die Regierung
hat bereits damit begonnen, Wasser ins Meer einzuleiten. Das dekontaminierte
Wasser soll von den hochradioaktiven Substanzen Strontium und Cäsium befreit
werden. Allerdings enthält es immer noch das strahlende Wasserstoff-Isotop Tri-
tium (vgl. „Summary of Decommissioning and Contaminated Water Manage-
ment“, December 22, 2016, Secretariat of the Team for Countermeasures for De-
commissioning and Contaminated Water Treatment, www.meti.go.jp/english/
earthquake/nuclear/decommissioning/pdf/20161222_e.pdf). Erst im Februar die-
ses Jahres wurde die höchste radioaktive Strahlung auf dem Gelände seit der Ka-
tastrophe gemessen (vgl. „Höchste radioaktive Strahlung in Fukushima seit
Atomkatastrophe 2011 gemessen“ vom 3. Februar 2017, www.welt.de/newsticker/
news1/article161777489/Hoechste-radioaktive-Strahlung-in-Fukushima-seit-
Atomkatastrophe-2011-gemessen.html). Trotz der dauerhaft anhaltenden Prob-
leme und der bestehenden Risiken hat die japanische Regierung bereits drei Re-
aktoren an den Standorten Sendai und Ikata wieder angefahren. Obwohl es im-
mer noch starke radioaktive Strahlung in den Gebieten rund um Fukushima gibt,
will die Regierung bereits im Jahr 2017 mit einer Rücksiedlung der früheren
Bewohnerinnen und Bewohner beginnen und plant für März 2017 die kosten-
freien Ersatzwohnungen für 27 000 Betroffene zu streichen (vgl. „Tausenden
Fukushima-Flüchtlingen droht Verlust ihrer kostenlosen Wohnungen“ vom
17. Januar 2017, www.welt.de/newsticker/news2/article161249611/Tausenden-
Fukushima-Fluechtlingen-droht-Verlust-ihrer-kostenlosen-Wohnungen.html).

http://www.meti.go.jp/english/earthquake/nuclear/decommissioning/pdf/20161222_e.pdf
http://www.meti.go.jp/english/earthquake/nuclear/decommissioning/pdf/20161222_e.pdf
http://www.welt.de/newsticker/news1/article161777489/Hoechste-radioaktive-Strahlung-in-Fukushima-seit-Atomkatastrophe-2011-gemessen.html
http://www.welt.de/newsticker/news1/article161777489/Hoechste-radioaktive-Strahlung-in-Fukushima-seit-Atomkatastrophe-2011-gemessen.html
http://www.welt.de/newsticker/news1/article161777489/Hoechste-radioaktive-Strahlung-in-Fukushima-seit-Atomkatastrophe-2011-gemessen.html
http://www.welt.de/newsticker/news2/article161249611/Tausenden-Fukushima-Fluechtlingen-droht-Verlust-ihrer-kostenlosen-Wohnungen.html
http://www.welt.de/newsticker/news2/article161249611/Tausenden-Fukushima-Fluechtlingen-droht-Verlust-ihrer-kostenlosen-Wohnungen.html
Drucksache 18/11354 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bei dieser Kleinen Anfrage soll auch das spezifische Wissen der Gesellschaft für
Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) gGmbH abgefragt werden, die nach der
Nuklearkatastrophe als Gutachterorganisation des Bundes vor Ort ihre Arbeit auf-
nahm und seitdem für die Erstellung von themenspezifischen Berichten, For-
schungsarbeiten und der fortlaufenden Berichterstattung aus Fukushima zustän-
dig ist.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die geplante Rückführung

von tausenden Betroffenen in Gebiete rund um den Unfallort?
2. Welche konkrete Kenntnis hat die Bundesregierung bezüglich der Lokalisie-

rung und Bergung der geschmolzenen und nun verfestigten Reaktorkerne aus
den Reaktorblöcken 1 bis 3?

3. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung weiterhin mit dem Beginn der Brenn-
elementeentnahme aus Block 3 ab April 2017 zu rechnen (vgl. Antwort zu
Frage 12 auf Bundestagsdrucksache 18/7739)?

4. Welche speziellen Stabilisierungsmaßnahmen müssen nach Kenntnis der
Bundesregierung derzeit in den einzelnen Reaktorgebäuden durchgeführt
werden?

5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl der Tanks und
das darin enthaltene Volumen von kontaminiertem Wasser auf dem Ge-
lände?

6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Leckagen an den Wasser-
tanks?

7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Einleitung von kontaminier-
tem Wasser ins Meer?

8. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zur Dekontamination des radi-
oaktiv belasteten Wassers auf dem Gelände?

9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung insbesondere zu der Problema-
tik des Wasserstoff-Isotops Tritium und des geplanten Baus einer Anlage zur
Tritium-Entfernung (vgl. Antwort zu Frage 10 auf Bundestagsdrucksache
18/7739)?

10. Wie sind die radiologischen Bedingungen an den Reaktorblöcken 1 bis 3
nach Kenntnis der Bundesregierung?

11. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung, darüber, dass die Strahlung in
Fukushima in Teilen der Reaktoren so hoch ist, dass selbst die speziell her-
gestellten Erkundungsroboter kaum einsatzfähig sind (vgl. „Fukushimas
Strahlung ist für Roboter zu hoch“ vom 13. Februar 2017, www.neues-
deutschland.de/artikel/1041575.fukushimas-strahlung-ist-fuer-roboter-zu-
hoch.html)?

12. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung mit dieser Problematik im Zu-
sammenhang mit der Vorbereitung zur Entnahme der kontaminierten Mate-
rialien umgegangen?

13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Vorfälle vom 4. und
5. Dezember 2016 (Ausfall der Kühlung und Wassereinspeisung in mehreren
Reaktoren, vgl. „Summary of Decommissioning and Contaminated Water
Management“, December 22, 2016, Secretariat of the Team for Counter-
measures for Decommissioning and Contaminated Water Treatment,
www.meti.go.jp/english/earthquake/nuclear/decommissioning/pdf/2016
1222_e.pdf)?

http://www.neues-deutschland.de/artikel/1041575.fukushimas-strahlung-ist-fuer-roboter-zu-hoch.html
http://www.neues-deutschland.de/artikel/1041575.fukushimas-strahlung-ist-fuer-roboter-zu-hoch.html
http://www.neues-deutschland.de/artikel/1041575.fukushimas-strahlung-ist-fuer-roboter-zu-hoch.html
http://www.meti.go.jp/english/earthquake/nuclear/decommissioning/pdf/20161222_e.pdf
http://www.meti.go.jp/english/earthquake/nuclear/decommissioning/pdf/20161222_e.pdf
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11354

14. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, dass diese Vorfälle auf

Personalfehlhandlung zurückzuführen sind, und wie sind nach Ansicht der
Bundesregierung eine mögliche Überforderung der Mitarbeiter und die Si-
cherheitskultur in Fukushima im Allgemeinen einzuschätzen?

15. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den gebauten Eiswall,
der als unterirdische Barriere den Austausch von kontaminierten Reaktorab-
wässern aus den Reaktoren 1 bis 4 und dem übrigen Grundwasser verhindern
soll?

16. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über bereits entstandene Kosten
für die japanische Regierung bzw. den Betreiber TEPCO als Folge der Kata-
strophe von Fukushima, insbesondere zu
a) den Kosten für den Rückbau der havarierten Meiler,
b) den Kosten für die Dekontaminierung und Entsorgung des radioaktiv ver-

seuchten Wassers,
c) Kosten für die Entschädigung für Betroffene, und
d) mit welchen weiteren Kosten ist zu rechnen?

17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Wiederinbetrieb-
nahme weiterer Reaktoren in Japan?

Berlin, den 21. Februar 2017

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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