BT-Drucksache 18/11309

Erfassung von Passagierdaten in grenzüberschreitenden Zügen

Vom 16. Februar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11309
18. Wahlperiode 16.02.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Annette Groth, Dr. André Hahn,
Inge Höger, Ulla Jelpke, Jan Korte, Katrin Kunert, Niema Movassat,
Dr. Alexander S. Neu, Alexander Ulrich und der Fraktion DIE LINKE.

Erfassung von Passagierdaten in grenzüberschreitenden Zügen

Die belgische Regierung will die Erfassung und Verarbeitung von Passagierdaten
im grenzüberschreitenden Zugverkehr verpflichtend machen (http://gleft.de/1AR).
Die Informationen sollen vor Antritt der Reise mit einschlägigen Datenbanken
von Polizei und Geheimdiensten abgeglichen werden. Ein entsprechendes Ab-
kommen haben die Niederlande, Frankreich und Großbritannien am Rande des
informellen Ministertreffens Justiz und Inneres in Valletta/Malta am 26. und
27. Januar 2017 unterzeichnet. Demnach sind zuerst die Fernzüge Thalys und Eu-
rostar von der Maßnahme betroffen. Der rechtskonservative belgische Innenmi-
nister Jan Jambon hatte die Pläne Anfang des Jahres 2017 angekündigt. Belgien
war damals im Gespräch mit den Niederlanden, Frankreich und Deutschland. Die
Bundesregierung hat sich dem Vorschlag gegenüber prinzipiell aufgeschlossen
gezeigt (http://gleft.de/1AQ), wollte jedoch die Diskussionen auf den Ratstreffen
abwarten. In Malta warb Belgien für weitere Unterstützer des Vorhabens. Das
Thema stand jedoch nicht auf der offiziellen Tagesordnung, sondern wurde am
Rande diskutiert und beschlossen. Laut der Mitteilung des belgischen Innenmi-
nisters habe sich sein deutscher Amtskollege Dr. Thomas de Maizière (CDU) dem
Vorhaben trotz der Vorgespräche nicht angeschlossen. Deutschland könnte dies
Jan Jambon zufolge aber zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Sofern die Bun-
desregierung an dem Verfahren nicht teilnimmt ist fraglich, inwiefern die Thalys-
Züge weiter an deutschen Bahnhöfen in Dortmund, Essen, Duisburg, Köln und
Aachen verkehren können.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wann und auf welchem Wege wurde die Bundesregierung von der belgi-

schen Regierung über Pläne zur Erfassung und Verarbeitung von Passagier-
daten im grenzüberschreitenden Zugverkehr informiert?

2. Wann und auf welchem Wege wurde die Bundesregierung von der belgi-
schen Regierung zur Teilnahme an dem Verfahren angefragt, und wie hat sie
darauf reagiert?

3. Welche etwaigen Bedenken wurden der belgischen Regierung hierzu mitge-
teilt?

4. Welche weiteren Länder wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der
belgischen Regierung zur Teilnahme angefragt?

5. Auf welche Weise wurde der Vorschlag Belgiens auf dem Ratstreffen der
Innenminister in Malta bzw. am Rande des Treffens behandelt?

http://gleft.de/1AR
Drucksache 18/11309 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Aus welchen Erwägungen hat sich der deutsche Bundesminister des Innern,
Dr. Thomas de Maizière, dem Vorhaben trotz der Vorgespräche nicht ange-
schlossen?

7. Inwiefern und mit welchem Ansinnen befindet sich die Bundesregierung zu
dem Vorhaben weiterhin im Gespräch mit der belgischen Regierung?

8. Sofern der identitätsbezogene Ticketkauf für den Thalys verpflichtend
würde, inwiefern könnte der Zug überhaupt an deutschen Bahnhöfen verkeh-
ren, ohne dass die dort Zusteigenden auf ihre Identität bzw. Übereinstim-
mung der Personendaten mit dem Ticket kontrolliert würden?

9. Was ist der Bundesregierung zu den Teilnehmenden einer Arbeitsgruppe be-
kannt, in der Belgien bis Ende März 2017 Details zur Umsetzung des Ab-
kommens ausarbeitet?

10. Inwiefern wurde auch die Bundesregierung hier um Zuarbeit gebeten, und
welche Mitteilungen hat sie diesbezüglich mit welchem Inhalt gemacht?

11. Inwiefern könnte es sich aus Sicht der Bundesregierung bei den Kontrollen
an Bahnhöfen in Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien
um versteckte Grenzkontrollen handeln, die nach dem Schengener Grenzko-
dex ausgeschlossen sind?

12. Was ist der Bundesregierung über die Haltung der Europäischen Kommis-
sion zu den neuen Maßnahmen bekannt?

13. Inwiefern und mit welcher Fragestellung werden die Maßnahmen nach
Kenntnis der Bundesregierung auch in EU-Ratsarbeitsgruppen behandelt?

14. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, nach welchem Fahrplan Bel-
gien die Erhebung von Passagierdaten auch für Fernbusse und Fähren im
grenzüberschreitenden Verkehr verpflichtend machen will?

15. Was ist der Bundesregierung über Pläne der österreichischen Regierung be-
kannt, Daten von Zugreisenden speichern und verarbeiten zu wollen?

16. Mit welcher Begründung hält die Bundesregierung die Verlängerung der
Kontrollen an den Binnengrenzen im Schengen-Raum nach Artikel 29 des
Schengener Grenzkodex als Rechtsgrundlage für rechtens und verhältnismä-
ßig (tagesschau.de vom 20. Oktober 2016, „Deutschland will weiterhin
Grenzkontrollen“)?
a) Inwiefern könnten die Kontrollen aus Sicht der Bundesregierung nach

derzeitiger Gefährdungslage nicht nur mit einem Zustrom von Geflüchte-
ten gerechtfertigt werden, sondern auch mit Terrorismusgefahr?

b) Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, mit welcher Begründung
die EU-Mitgliedstaaten Ungarn, Slowenien und die Slowakei gegen den
Durchführungsbeschluss des Rates mit einer Empfehlung zur Verlänge-
rung zeitlich befristeter Kontrollen an den Binnengrenzen in Österreich,
Deutschland, Dänemark, Schweden und Norwegen gestimmt haben
(Ratsdokument 5750/17)?

c) Aus welchen Gründen wollten sich Bulgarien, Zypern und Polen der
Stimme enthalten?

d) Inwiefern kann die Bundesregierung die Kritik der Regierung Griechen-
lands nachvollziehen, die darauf hinweist, dass keine konkreten Erkennt-
nisse für eine Sekundärmigration aus seinem Hoheitsgebiet in andere Mit-
gliedstaaten der EU vorliegen und das Land stattdessen alle Grenzkon-
trollen und -patrouillen an sämtlichen griechischen Grenzübergangsstel-
len nachweislich verschärft hat?

http://www.tagesschau.de/
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11309
e) Inwiefern kann die Bundesregierung den Einwand Griechenlands nach-
vollziehen, wonach Asylanträge nicht als relevanter Faktor für die Ver-
längerung der zeitlich befristeten Kontrollen an den Binnengrenzen her-
angezogen werden dürfen?

f) Aus welchem Grund verlangt die Europäische Kommission von den fünf
Mitgliedstaaten, die Kontrollen an den Binnengrenzen durchführen, über
die Zahl der Asylanträge Bericht zu erstatten?

17. In welcher Zahl haben Geflüchtete im Januar 2017 versucht, mit Güterzügen
aus Belgien, der Schweiz und Österreich nach Deutschland einzureisen (bitte
die Zahlen für die einzelnen Binnengrenzen getrennt ausweisen)?

18. Wie viele irregulär Einreisende haben die Bundespolizei bzw. die im Auftrag
der Bundesregierung mit Grenzkontrollen betrauten Länderpolizeien im Jahr
2016 sowie im Januar 2017 (bitte Zahlen getrennt ausweisen) in grenzüber-
schreitenden Fernbussen festgestellt?

19. Mit welcher Fragestellung und mit welchem Ergebnis haben EU-Ratsarbeits-
gruppen nach dem Amoklauf in einem Thalys-Hochgeschwindigkeitszug im
Sommer 2015 die Sicherheit im Bahnverkehr thematisiert (http://gleft.de/1AS)?

20. Mit welcher Begründung lehnt die Bundesregierung die Einrichtung von Si-
cherheitsschleusen im grenzüberschreitenden Verkehr von Hochgeschwin-
digkeitszügen weiterhin ab?

Berlin, den 15. Februar 2017

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

http://gleft.de/1AS
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