BT-Drucksache 18/11066

Position der Bundesregierung zu den Maßnahmen der Europäischen Union infolge des Abgasskandals

Vom 26. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11066
18. Wahlperiode 26.01.2017

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Stephan Kühn (Dresden), Oliver Krischer, Dr. Valerie Wilms,
Matthias Gastel, Tabea Rößner, Markus Tressel und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Position der Bundesregierung zu den Maßnahmen der Europäischen Union infolge
des Abgasskandals

Auch als Reaktion auf den Abgasskandal hat die Europäische Kommission am
1. Februar 2016 einen Vorschlag für eine Verordnung über die Genehmigung und
die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen vorgelegt (Ratsdok. 5712/16). Der
Vorschlag sieht verschiedene Maßnahmen vor, um sicherzustellen, dass Fahr-
zeuge insgesamt und somit auch die Abgaswerte den Vorschriften entsprechen.
Durch die Verordnung soll nicht nur die Überwachung durch die Mitgliedstaaten
selbst verbessert werden. Die Europäische Kommission möchte künftig auch mit
eigenen Kontrollen nachprüfen, ob bereits zugelassene Fahrzeuge die Vorschrif-
ten einhalten. Prüfstellen, die Typgenehmigungen von Kraftfahrzeugen durchfüh-
ren, sollen unabhängiger von den beauftragenden Automobilherstellern werden,
indem z. B. eine nationale Gebührenordnung eingeführt wird. Auch eine gegen-
seitige Überprüfung der Typgenehmigungsbehörden, eine befristete Gültigkeit
der Typgenehmigungen sowie eigene Sanktionsmöglichkeiten für die Europäi-
sche Kommission bei Verstößen gegen die Vorschriften sind vorgesehen.
Nach Ansicht der Fragesteller wurde der Kommissionsvorschlag im Laufe der
Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten an wesentlichen Stellen abgeschwächt.
Unter anderem sieht der aktuelle Arbeitsentwurf (Ratsdok. 14713/16) vor, dass
die Europäische Kommission nur im Ausnahmefall eigene Prüfungen vornehmen
darf. Die gegenseitige Prüfung der Typgenehmigungsbehörden soll gestrichen
werden, die Sanktionsmöglichkeiten der Europäischen Kommission stehen unter
Vorbehalt. EU-Industriekommissarin Elżbieta Bieńkowska forderte einen schnel-
len Abschluss der Verhandlungen, denn „wenn die EU jetzt nicht handelt, wird
die Öffentlichkeit zunehmend misstrauisch werden“ (Handelsblatt, 29. November
2016, S. 9). Dies gibt Anlass für Fragen zur Bewertung des Verhandlungsver-
laufs.
Abgeschlossen sind hingegen die Beratungen über das dritte RDE-Verordnungs-
paket (RDE: Real Driving Emissions), das insbesondere den Ausstoß von Parti-
kelemissionen reguliert. Eine Folgenabschätzung und Bewertung durch die Bun-
desregierung ist den Fragestellern jedoch nicht bekannt, so dass auch hier wesent-
liche Fragen offen sind.

Drucksache 18/11066 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

Verordnung über die Genehmigung und Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen
und weitere Maßnahmen

1. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus dem bisherigen
Verlauf und den aktuellen Verhandlungsstand zur geplanten Verordnung
über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen (In-
terinstitutionelles Dossier Nr. 2016/0014)?

2. Aus welchen Gründen sind die Verhandlungen weiterhin nicht abgeschlos-
sen?

3. Welche wesentlichen Konfliktlinien bestehen bei den Verhandlungen, und
welche Position nimmt die Bundesregierung dabei jeweils ein?

4. Wann rechnet die Bundesregierung mit dem Abschluss der Verhandlungen?
5. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-

schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass
Marktüberwachungsbehörden regelmäßige Kontrollen – auch durch Prüfun-
gen im praktischen Fahrbetrieb und auf dem Prüfstand – durchführen sollen,
um nachzuprüfen, ob Fahrzeuge die Anforderungen erfüllen und insbeson-
dere, ob die Typgenehmigungen korrekt sind (Artikel 8, Absatz 1)?

6. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass nicht länger vorgesehen ist, bei der
Kontrolle auch zu prüfen, ob die Typgenehmigungen korrekt sind?

7. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass Prüfungen im praktischen Fahrbe-
trieb und auf dem Prüfstand nicht in jedem Fall, sondern nur dann durchge-
führt werden sollen, wenn dies zweckmäßig erscheint („where appropri-
ate“)?

8. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-
schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass die
Mitgliedstaaten mindestens alle vier Jahre die Funktionsweise ihrer Überwa-
chungstätigkeiten überprüfen und bewerten sowie die Ergebnisse den übri-
gen Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und der Öffentlichkeit
mitteilen sollen (Artikel 8, Absatz 7)?

9. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass die Überprüfung der Überwa-
chungstätigkeiten nicht länger vorgesehen ist?

10. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-
schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass die
Europäische Kommission eigene Prüfungen und Kontrollen von bereits auf
dem Markt befindlichen Fahrzeugen durchführen oder ihre Durchführung
anordnen soll, um nachzuprüfen, ob diese Fahrzeuge den Typgenehmigun-
gen und weiteren Vorschriften entsprechen (Artikel 9, Absatz 1)?

11. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass die Europäische Kommission statt-
dessen nur dann eigene Tests durchführen soll, wenn Mitgliedstaaten ihren
eigenen Verpflichtungen nicht nachkommen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11066

12. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-

schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass die
Prüfungen bzw. Kontrollen der Europäischen Kommission nicht nur an Neu-
fahrzeugen durchgeführt werden sollen, die von Herstellern oder Wirt-
schaftsteilnehmern bereitgestellt werden, sondern auch an zugelassenen
Fahrzeugen privater Fahrzeughalter (Artikel 9, Absatz 1)?

13. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass Prüfungen bzw. Kontrollen nur
noch an Fahrzeugen durchgeführt werden können, die von Automobilherstel-
lern oder Wirtschaftsteilnehmern bereitgestellt werden?

14. Auf welche Weise setzt sich die Bundesregierung dafür ein, Rahmenbedin-
gungen wie Anzahl und Auswahl der zu prüfenden Fahrzeuge und Art der
Nachkontrollen in der Verordnung zu konkretisieren und festzulegen?

15. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-
schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass die
Mitgliedstaaten eine nationale Gebührenordnung zur Deckung der Kosten
ihrer Typgenehmigungs- und Marktüberwachungstätigkeiten erlassen sollen
(Artikel 30, Absatz 1) und dass die Gebühren von den Herstellern erhoben
werden sollen, die im betreffenden Mitgliedstaat eine Typgenehmigung be-
antragt haben (Artikel 30, Absatz 2)?

16. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass nicht länger vorgesehen ist, dass die
Mitgliedstaaten eine nationale Gebührenordnung erlassen sollen?

17. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-
schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass die
Gebühren, die von den Automobilherstellern u. a. für die Typgenehmigung
erhoben werden sollen, nicht unmittelbar von den technischen Diensten er-
hoben werden sollen (Artikel 30, Absatz 2)?

18. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass Kosten weiterhin unmittelbar von
den technischen Diensten erhoben werden können?

19. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-
schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass Typ-
genehmigungen für Fahrzeuge nur für eine bestimmte Dauer erteilt werden
sollen (Artikel 33, Absatz 1)?

20. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass die Frist nunmehr acht statt fünf
Jahre betragen soll?

21. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-
schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass eine
nationale Typgenehmigungsbehörde alle zwei Jahre einer Überprüfung
durch zwei Typgenehmigungsbehörden anderer Mitgliedstaaten (Peer-Re-
view) unterzogen werden soll (Artikel 71, Absatz 8)?

22. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Änderungen im aktuellen Ar-
beitspapier (Ratsdok. 14713/16), so dass nicht länger vorgesehen ist, dass
eine nationale Typgenehmigungsbehörde alle zwei Jahre einer Überprüfung
durch zwei Typgenehmigungsbehörden anderer Mitgliedstaaten unterzogen
werden soll?

Drucksache 18/11066 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

23. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung das Prinzip des Peer-Reviews von

Typgenehmigungsbehörden im Allgemeinen, wie es derzeit auch in Arti-
kel 10 des aktuellen Arbeitspapiers (Ratsdok. 14713/16) diskutiert wird?

24. Inwiefern hat die Bundesregierung die im ursprünglichen Kommissionsvor-
schlag (Ratsdok. 5712/16) vorgeschlagene Maßnahme unterstützt, dass die
Europäische Kommission bei Fahrzeugen, die den Anforderungen nicht ent-
sprechen, Sanktionen gegen den betreffenden Wirtschaftsteilnehmer in Höhe
von max. 30 000 Euro verhängen kann (Artikel 90, Absatz 1)?

25. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass dieser Absatz im aktu-
ellen Arbeitspapier (Ratsdok. 14713/16) für eine eingehendere Prüfung vor-
gesehen ist, und wie erklärt sich die Bundesregierung, dass diese Prüfung
nötig ist?

26. Wann wird die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregie-
rung die Leitlinien für die Anwendung von Abschalteinrichtungen und Emis-
sionsstrategien den Mitgliedstaaten zur Verfügung stellen?

27. Inwiefern beteiligt sich die Bundesregierung direkt oder indirekt an der Er-
stellung dieser Leitlinien?

28. Inwiefern hat sich die Erstellung der Leitlinien aufgrund gegebenenfalls not-
wendiger Zulieferungen von Informationen durch die Bundesregierung ver-
zögert?

Drittes RDE-Paket
29. Zu welcher inhaltlichen Bewertung kommt die Bundesregierung in Bezug

auf den Beschluss zum dritten RDE-Paket, der am 20. Dezember 2016 im
Technischen Ausschuss „Kraftfahrzeuge“ (TCMV) gefasst wurde?

30. Wie begründet sich die festgelegte Höhe des Konformitätsfaktors für Parti-
kelemissionen und hält die Bundesregierung die Höhe dieses Faktors für an-
gemessen?

31. Inwiefern hält die Bundesregierung die festgeschriebenen Einführungszeit-
räume für die Einhaltung der Partikelgrenzwerte (ab September 2017 für
neue Modelle, ab September 2018 für alle Fahrzeugtypen) für durch die Au-
tomobilindustrie einhaltbar?

32. Aus welchem Grund haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung einzelne
Automobilersteller für eine Verlängerung der Einführungszeiträume einge-
setzt, und um welche Hersteller handelt es sich nach Kenntnis der Bundesre-
gierung?

33. Welche Automobilhersteller haben sich an die Bundesregierung gewandt
und sich dabei für eine Verlängerung der Einführungszeiträume eingesetzt?

34. Wie viele Fahrzeugtypen mit direkteinspritzenden Ottomotoren halten nach
Kenntnis der Bundesregierung bereits heute die in der Verordnung festgeleg-
ten Partikelgrenzwerte ein, und wie viele halten sie nicht ein?

35. Wie viele Fahrzeugtypen mit direkteinspritzenden Ottomotoren sind nach
Kenntnis der Bundesregierung ab September 2018 von den in der Verord-
nung festgelegten Partikelgrenzwerten betroffen?

36. Wie hoch fallen nach Kenntnis der Bundesregierung die Kosten für die Um-
stellung der ab September 2018 betroffenen Fahrzeugtypen für die Automo-
bilindustrie aus?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/11066

37. Ist beschlossen oder wird beabsichtigt, im Rahmen der RDE-Gesetzgebung

auch Messungen und Konformitätsfaktoren für CO2 bzw. Verbrauchsmes-
sungen und Konformitätsfaktoren für den Verbrauch einzuführen?

Berlin, den 17. Januar 2017

Katrin-Göring Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
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