BT-Drucksache 18/11000

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Christian Kühn (Tübingen), Corinna Rüffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/7547 - Wohnungslosigkeit wirkungsvoll angehen - Bundesweite Statistik einführen

Vom 25. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/11000
18. Wahlperiode 25.01.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Christian
Kühn (Tübingen), Corinna Rüffer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/7547 –

Wohnungslosigkeit wirkungsvoll angehen ‒ Bundesweite Statistik einführen

A. Problem
Wohnungs- und Obdachlosigkeit hätten nach Einschätzung der antragstellenden
Fraktion seit Jahren kontinuierlich zugenommen. Schätzungen zufolge seien im
Jahr 2014 ca. 335.000 Menschen in Deutschland ohne Wohnung gewesen, 18 %
mehr als zwei Jahre zuvor. Es sei zu erwarten, dass sich diese Entwicklung fort-
setzen werde.

B. Lösung
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert die Bundesregierung auf, ei-
nen Gesetzentwurf mit dem Ziel vorzulegen, eine bundesweite nationale Statistik
zur Erfassung der Obdach- und Wohnungslosigkeit einzuführen. Damit solle die
Basis für die nachhaltige Bekämpfung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit ge-
schaffen werden.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Kostenberechnungen wurden nicht angestellt.

Drucksache 18/11000 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/7547 abzulehnen.

Berlin, den 25. Januar 2017

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Kerstin Griese
Vorsitzende

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/11000
Bericht des Abgeordneten Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 18/7547 ist in der 155. Sitzung des Deutschen Bundestages am 18. Februar 2016 an
den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz, Bau und Reaktorsicherheit zur Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN argumentiert, dass die vorliegenden Schätzungen eine empirische
Untersuchung nicht ersetzten. Diese solle insbesondere auf die jährliche Erfassung derer abzielen, die entweder
unmittelbar von Wohnungslosigkeit bedroht oder bereits wohnungslos geworden seien. Die Zunahme der Woh-
nungslosigkeit habe vielfältige Gründe. Es gebe auch keine einfachen Antworten, die einerseits zur Verhinderung
und andererseits zur Beseitigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit führten.
Bisher beziehe sich die Bundesregierung in Teilen auf die Schätzungen der Bundesarbeitsgemeinschaft Woh-
nungslosenhilfe, stelle aber gleichzeitig auch deren Repräsentativität immer wieder in Frage. Obwohl sich die
Bundesregierung seit der Föderalismusreform nicht mehr in der Zuständigkeit der Wohnungspolitik verorte, gebe
es eine Verantwortlichkeit ihrerseits. In dieser Position habe die Bundesregierung die Kompetenz und die Pflicht,
hier aktiv zu werden. Ausschließlich der Bundesgesetzgeber habe die Möglichkeit, einheitliche und damit ver-
gleichbare Statistiken einzuführen, deren Kriterien in einem für alle Bundesländer geltenden Rahmengesetz fest-
geschrieben würden.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat den Antrag auf Drucksache 18/7547
in seiner Sitzung am 25. Januar 2017 beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ab-
lehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf Drucksache 18/7547 in seiner 104. Sitzung am 25. Ja-
nuar 2017 beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung empfohlen.
Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, dass es für die Politik vor Ort durchaus wichtig sein könne, frühzeitig
entsprechende Daten zur Wohnungs- und Obdachlosigkeit zur Verfügung zu haben. Mit der Föderalismusreform
I sei daher auch einvernehmlich beschlossen worden, die Wohnraumförderung auf die Länder zu übertragen. Für
die politische Praxis spielten zeitnahe und regionale Zahlen eine Rolle, aber nicht bundesweit erhobene. Ob allein
die Begründung, dass man für den Armuts- und Reichtumsbericht die statistischen Zahlen haben müsse, ausreiche,
um den zusätzlichen Aufwand in den Kommunen zu rechtfertigen, also eine vernünftige Kosten-Nutzen-Relation
bestehe, müsse ernsthaft bezweifelt werden. Die im Antrag vorgebrachten Argumente überzeugten nicht.
Die Fraktion der SPD verwies darauf, dass nach Ansicht der Bundesregierung die Einführung einer Statistik zur
Wohnungslosigkeit seit der Föderalismusreform I in die Zuständigkeit der Länder falle. Tatsächlich teile man die
Auffassung, dass das Problem zunehme und eine Statistik daher notwendig sei – jedoch sei es fraglich, ob wie
vom Antragsteller gefordert oder als bundeseinheitliche Länderstatistik. Da die Zuständigkeit für den Wohnungs-
bau bei den Ländern liege, sei es sinnvoll, wenn sich die Bundesländer und die Bundesregierung hier über den
richtigen Weg verständigten. Dies schließe natürlich nicht aus, auch auf der Bundesebene Obdachlosigkeit und
Wohnungslosigkeit mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen. Die Fraktion der SPD verwies in

Drucksache 18/11000 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
diesem Zusammenhang auf eine Reihe von erfolgreichen Maßnahmen, beispielsweise im Wohnungsbau oder bei
der Bekämpfung und Vermeidung von Arbeitsausbeutung, etwa bei Werkverträgen. Außerdem funktioniere der
Mittelabruf aus dem europäischen Hilfsfonds EHAP, womit viele wichtige Projekte zur Bekämpfung von Woh-
nungslosigkeit auf kommunaler Ebene finanziert würden.
Die Fraktion DIE LINKE. begrüßte den Antrag. Bisher seien 300 Kältetote in diesem Winter aus der Zeitung
und 335.000 Wohnungslose bekannt. Es gehe allerdings nicht nur um das Erkennen der Obdach- und Wohnungs-
losigkeit, sondern auch um deren Bekämpfung. Verlässliche Zahlen über die steigende Wohnungslosigkeit zu
haben, sei ein erster Schritt. Damit sage man als Gesellschaft und Politik, dass man ein Problem erkannt habe.
Eine statistisch saubere Erfassung des Problems sei die Grundlage, um die Wohnungslosigkeit zu bekämpfen,
weiter Maßnahmen seien nötig.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisierte, dass es keine bundesweite Statistik der Wohnungslosig-
keit gebe. Auch im nächsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung werde es wieder keine offiziel-
len Zahlen zu Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit sowie extremer Armut in Deutschland geben. Dies sei ein
Armutszeugnis. Gerade jetzt sei es notwendig, mehr Anstrengungen gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit zu
unternehmen. Um das zu erreichen, brauche man genaue Statistiken über das Ausmaß, die Struktur und vor allem
die Ursachen. Dafür reichten Schätzungen nicht aus. Vielmehr müsse man genau wissen, wer betroffen sei, um
zielgenau handeln zu können. Es gebe keinen Grund, warum es nicht möglich sein solle, auch eine bundesweite
Statistik einzuführen.

Berlin, den 25. Januar 2017

Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
Berichterstatter

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