BT-Drucksache 18/10928

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Caren Lay, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/7415 - Bundesweiten Aktionsplan für eine gemeinnützige Wohnungswirtschaft auflegen b) zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Britta Haßelmann, Sven-Christian Kindler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/8081 - Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit - Fair, gut und günstig wohnen

Vom 20. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10928
18. Wahlperiode 20.01.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Caren Lay, Herbert
Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/7415 –

Bundesweiten Aktionsplan für eine gemeinnützige Wohnungswirtschaft
auflegen

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Britta
Haßelmann, Sven-Christian Kindler, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/8081 –

Die neue Wohnungsgemeinnützigkeit – Fair, gut und günstig wohnen

A. Problem
Zu Buchstabe a

Die Antragsteller haben einen Antrag eingebracht, mit dem der Deutsche Bundes-
tag die Bundesregierung auffordern soll, die politische Verantwortung für die
Versorgung der Bevölkerung mit angemessenem, zeitgemäßem und bezahlbarem
Wohnraum zu übernehmen. Die Wohnungsversorgung sei Teil der sozialen In-
frastruktur der Bundesrepublik Deutschland und deshalb als Gemeinschaftsauf-
gabe von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam zu gestalten. Steigende
Mieten und der Wegfall von Sozialbindungen im Mietwohnungsbestand er-
schwerten zunehmend die Versorgung der Bedarfsgruppen mit unterdurchschnitt-
lichen Einkommen.
Drucksache 18/10928 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu Buchstabe b

Die Antragsteller haben einen Antrag eingebracht, mit dem der Deutsche Bundes-
tag die Bundesregierung auffordern soll, einen Gesetzentwurf mit im Einzelnen
genannten kurz- und langfristigen Maßnahmen für eine neue Wohnungsgemein-
nützigkeit auf den Weg zu bringen, um eine der größten Fehlentscheidungen in
der Wohnungspolitik, die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit im Jahre
1990, zu korrigieren. Der Gesetzentwurf soll Mitnahmeeffekte ausschließen und
eine zielgerichtete, effiziente Förderung von günstigem Wohnraum ermöglichen.

B. Lösung
Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/7415 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/8081 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Zu Buchstabe a

Annahme des Antrags.

Zu Buchstabe b

Annahme des Antrags.

D. Kosten
Zu den Buchstaben a und b

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10928
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 18/7415 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 18/8081 abzulehnen.

Berlin, den 18. Januar 2017

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Bärbel Höhn
Vorsitzende

Sylvia Jörrißen
Berichterstatterin

Michael Groß
Berichterstatter

Heidrun Bluhm
Berichterstatterin

Christian Kühn (Tübingen)
Berichterstatter

Drucksache 18/10928 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Sylvia Jörrißen, Michael Groß, Heidrun Bluhm und
Christian Kühn (Tübingen)

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Antrag auf Drucksache 18/7415 wurde in der 164. Sitzung des Deutschen Bundestages am 14. April 2016
zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und zur
Mitberatung an den Innenausschuss, den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz sowie den Finanzausschuss
überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Antrag auf Drucksache 18/8081 wurde in der 164. Sitzung des Deutschen Bundestages am 14. April 2016
zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und zur
Mitberatung an den Innenausschuss sowie den Finanzausschuss überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Der Antrag beinhaltet im Wesentlichen, dass der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern soll, mit
einer Föderalismusreform und einem Bundesgesetz einen gemeinwohlorientierten Wohnungswirtschaftssektor
auf Basis im Einzelnen genannter Regelungen dauerhaft zu schaffen und auszubauen. Gemeinwohlverpflichtete
Wohnungsunternehmen sollen einer Mietpreisbindung auf Basis des Kostendeckungsprinzips unterliegen und da-
für eine Vielzahl von Privilegien, unter anderem Steuervergünstigungen, erhalten.

Dem Bundestag soll ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, mit dem § 3 Absatz 2 des Gesetzes zur Entflechtung
von Gemeinschaftsaufgaben und Finanzhilfen (Entflechtungsgesetz – EntflechtG) aufgehoben und durch ein Ge-
setz zur Schaffung eines gemeinnützigen Sektors in der Wohnungswirtschaft ersetzt werde. In verbindlichen
Bund-Länder-Vereinbarungen sollen die konkrete Aufgaben- und Kostenverteilung geregelt werden. Die bisheri-
gen Kompensationszahlungen an die Länder wegen Beendigung der Finanzhilfen des Bundes zur sozialen Wohn-
raumförderung sollen in einen dauerhaften Zuschuss des Bundes umgewidmet und aufgestockt werden.

In einem Bundesgesetz über die Einführung eines gemeinnützigen Sektors in der Wohnungswirtschaft sollen in
Anlehnung an europäische Praxisbeispiele steuerliche und haushälterische Regelungen getroffen werden, die ge-
meinwohlverpflichtete Wohnungsunternehmen für die Wahrnehmung ihrer Versorgungspflicht wirtschaftlich pri-
vilegieren.

Die Wohnungsgemeinnützigkeit soll als Unternehmensmodell grundsätzlich jeder Unternehmensform und jedem
Eigentümer offenstehen. Öffentliches wie privates Kapital sollen im Wohnungssektor gleichermaßen auf einen
dem Gemeinwohl dienenden Zweck verpflichtet werden. Folgenden Pflichten sollen gemeinnützige Wohnungs-
unternehmen unterliegen:

– Mietpreisbindung auf der Basis des Kostendeckungsprinzips,

– Beschränkung des Geschäftskreises auf die Zielgruppe mittlerer und niedriger Einkommen,

– Bau- oder Modernisierungspflicht,

– Bedarfsdeckungspflicht, sowohl absolut als auch für spezielle Bevölkerungsgruppen,

– Vermögensbindung: Gewinn wird unter Abzug der begrenzten Eigenkapitalrendite vollkommen in den ge-
meinnützigen Zweck reinvestiert,

– Zweckbindung der öffentlichen Mittel im Bereich der Wohnungswirtschaft.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10928
Folgende Förderungen sollen zu den Privilegien der gemeinnützig gebundenen Wohnungsunternehmen zählen:

– Körperschaftsteuerbefreiung,

– Gewerbesteuerbefreiung,

– reduzierter Umsatzsteuersatz bei der Herstellung und Instandhaltung von Gebäuden,

– exklusiver Zugang zur Wohnraumförderung,

– privilegierter Zugang zur Städtebauförderung,

– privilegierter Zugang zu öffentlichen Liegenschaften und Beständen,

– zinsgünstige oder zinslose Kapitaldarlehen,

– öffentliche Garantien,

– weitere individuelle Förderungen auf regionaler oder lokaler Ebene, beispielsweise Grunderwerbsteuerver-
zicht der Länder.

Als Zielgruppe der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft soll ein weit gefasster Personenkreis definiert werden,
der mittlere und niedrige Einkommen erfasst, um der sozialen Segregation in den Städten entgegenzuwirken.
Grundlegendes Ziel soll es sein, dass kein Haushalt mehr als 30 Prozent seines Einkommens für das Wohnen
insgesamt aufbringen müsse.

Der Tätigkeitsbereich der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen soll auf den Bau, die Beschaffung und Bewirt-
schaftung von Miet- und Genossenschaftswohnraum innerhalb einer Kommune oder eines Landkreises be-
schränkt werden, wobei die Bewirtschaftung das Wohnumfeld einbeziehen soll.

Gemeinnützige Wohnungsunternehmen sollen einer Vier-Ebenen-Kontrolle unterliegen: Mietermitbestimmung,
kommunale Rechenschaftspflicht, Verbandskontrolle und landesbehördliche Prüfung.

Vor allem öffentliche und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen seien potentielle Träger einer gemeinnüt-
zigen Wohnungswirtschaft. Sie sollen ihre Bestände entweder ganzheitlich in die Gemeinnützigkeit überführen
oder Tochterunternehmen ausgliedern und diese in getrennter Buchführung verwalten und dem Wohnungsge-
meinnützigkeitsgesetz unterstellen.

Zu Buchstabe b

Der Antrag beinhaltet im Wesentlichen, dass der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern soll, einen
Gesetzentwurf für ein neues Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz auf den Weg zu bringen, der Mitnahmeeffekte
ausschließen und eine zielgerichtete, effiziente Förderung von günstigem Wohnraum ermöglichen soll. Er soll
insbesondere folgende Kriterien erfüllen:

– Wiederaufbau eines günstigen und sozial gebundenen Segments auf den Wohnungsmärkten der wachsenden
Städte und Ballungszentren mit dem Ziel, 100 000 zusätzliche Wohnungen im Jahr in diesem Segment zu
errichten oder sozial zu binden,

– Stärkung der Vielfalt der Akteure auf dem Wohnungsmarkt durch ein Sofort- und ein Dauerprogramm für eine
neue Wohnungsgemeinnützigkeit,

– Förderung in Gebieten mit Mietpreisbremse, Kappungsgrenze oder den Wohngeld-Mietstufen IV-VI anbieten,
um eine Förderung mit der Gießkanne zu vermeiden und zugleich die Beihilfekriterien der EU zu erfüllen,

– Auflage eines zeitlich befristeten Sofortprogramms mit einmaliger Investitionszulage als Steuergutschrift zu
den Anschaffungs- und Herstellungskosten pro Quadratmeter in Höhe von bis zu 20 bzw. 10 Prozent der Ge-
samtkosten, kombinierbar mit anderen Förderinstrumenten, z. B. der KfW, oder der sozialen Wohnraumför-
derung, aufzulegen,

– Gewährung eines Zuschusses für die Einräumung von Dauerbindungen am ungebundenen Wohnungsbestand
bei Wiedervermietung im Rahmen des Sofortprogramms als Steuergutschrift in Höhe von 20 bzw. 10 Prozent,

Drucksache 18/10928 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
– Verankerung von Regelungen über die Festsetzung der Miethöhe unter Beachtung der sog. Kostenmiete und

einer vom Einkommen abhängigen Fehlbelegungsabgabe,

– Überführung des Sofortprogramms in ein unbefristetes Dauerprogramm und dazu Einleitung eines Notifizie-
rungsverfahrens bei der EU,

– Förderung im Dauerprogramm von Wohnungsunternehmen und -gesellschaften, die mindestens 90 Prozent
ihre Wohnungsbestände dem geförderten gemeinnützigen Zweck zuführen,

– Befreiung von Wohnungsbeständen bzw. Wohnungsunternehmen für ihre gemeinnützigen Tätigkeiten von der
Grunderwerbsteuer, der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer,

– Förderung von Wohnungsunternehmen und -gesellschaften, die unter anderem die Buchhaltung für gemein-
nützige und nicht gemeinnützige Wohnungsbestände trennen,

– Einrichtung einer staatlichen Aufsicht über die steuerlich geförderten Wohnungsunternehmen, beispielsweise
angegliedert an das Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) oder
das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR),

– Sicherstellung der Überprüfung der Wohnberechtigungsscheine in Intervallen von fünf Jahren,

– Wiedereinführung des alten gemeinnützigen Grundsatzes, dass sparsam zu wirtschaften sei und die Kosten
von Bau, Unterhaltung und Verwaltung in engen Grenzen zu halten seien,

– Erarbeitung detaillierter Regelungen zur Sicherung des künftig zu schaffenden gemeinnützigen Vermögens
mit einer Begrenzung von Spekulation und Gewinnausschüttung auf den eingebrachten Kapitalanteil und eine
umfassende Mietermitbestimmung,

– Einführung rechtlicher Regelungen zur Abschöpfung zu hoher Förderung inklusive Einrichtung eines Fonds,
an den Ausgleichszahlungen bei Überkompensation zu leisten sind,

– Vorgabe eines realistischen und dynamischen Baukostendeckels, um überteuerte und Luxuswohnungen zu
vermeiden,

– Überprüfung der Einhaltung der wohnungsgemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben alle drei Jahre,

– Prüfung einer Begrenzung des zulässigen Geschäftsbezirks der gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, z. B.
als regionale Begrenzung oder Obergrenze des zu verwaltenden Bestandes zur Vermeidung unkontrollierbarer
Großkonzerne wie der damaligen „Neue Heimat“,

– Schaffung spezieller Regelungen zur Instandhaltungspflicht, die insbesondere für die Mieterinnen und Mieter
nachprüfbar sein sollen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Innenausschuss hat in seiner 101. Sitzung am 18. Januar 2017 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/7415 abzulehnen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 127. Sitzung am 18. Januar 2017 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/7415 abzulehnen.

Der Finanzausschuss hat in seiner 97. Sitzung am 18. Januar 2017 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/7415 abzulehnen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10928
Zu Buchstabe b

Der Innenausschuss hat in seiner 101. Sitzung am 18. Januar 2017 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfoh-
len, den Antrag auf Drucksache 18/8081 abzulehnen.

Der Finanzausschuss hat in seiner 97. Sitzung am 18. Januar 2017 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfoh-
len, den Antrag auf Drucksache 18/8081 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat in seiner 96. Sitzung am 9. November
2016 eine öffentliche Anhörung zu den Anträgen auf Drucksachen 18/7415 und 18/8081 durchgeführt.
Hierzu hat der Ausschuss folgende Sachverständige eingeladen:

Hilmar von Lojewski, Deutscher Städtetag, und
Dr. Torsten Mertins, Deutscher Landkreistag
Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände

Axel Gedaschko
Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (GdW)

Ulrich Ropertz
Deutscher Mieterbund e. V.

Dr. phil. Andrej Holm
Humboldt-Universität zu Berlin, Institut für Sozialwissenschaften

Jan Kuhnert
KUB Kommunal- und Unternehmensberatung GmbH.

Die Ergebnisse der Anhörung sind in die Beratungen des Ausschusses eingeflossen. Die hierzu eingegangenen
schriftlichen Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen sowie das Wortprotokoll der Anhörung sind der
Öffentlichkeit über das Internet zugänglich (www.bundestag.de).

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat die Anträge auf den Drucksachen
18/7415 und 18/8081 in seiner 100. Sitzung am 18. Januar 2017 abschließend beraten.

Die Fraktion DIE LINKE. unterstrich, dass die derzeitigen Instrumente der Wohnraumförderung des Bundes
nicht ausreichten, die Menschen dauerhaft mit bezahlbarem, Demografie- und Klimaschutz berücksichtigendem
Wohnraum zu versorgen. Neue Wohnungen würden nicht in ausreichendem Maße gebaut. Mit dem Antrag werde
eine Konzeptidee vorgelegt, die nicht nur Einzelaspekte behandle, sondern einen Weg aufzeige, wie der Bund mit
einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit dauerhaft in der Verantwortung bleiben könne. Ansonsten werde der
Bund 2019 die letzten Gestaltungsmöglichkeiten verlieren. Die Abschaffung der Wohnungsgemeinnützigkeit im
Jahre 1990 sei einhergegangen mit der Erwartung, dass der Markt die Aufgabe des Staates übernehmen könne, es
sei aber weder zu einer Bereitstellung von sozialem Wohnraum in ausreichenden Dimensionen gekommen, noch
zu den erhofften Entlastungen der Haushalte. Die Subjektförderung sei im Gegenteil in Form von Wohngeld oder
Kosten der Unterkunft seit 1990 erheblich auf inzwischen 17 Milliarden Euro jährlich angestiegen. Durch die
Wohnungsgemeinnützigkeit würde die derzeitige, zeitlich befristete, Wohnraumförderung abgelöst. Mit öffentli-
chem Geld sollte künftig nur noch die dauerhafte Bereitstellung von sozialem Wohnraum gefördert werden. Die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN komme in ihrem Antrag zu sehr ähnlichen Ergebnissen, das sei zu begrü-
ßen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, dass vor 1990 die Wohnungsgemeinnützigkeit eine der
zentralen Säulen der Wohnraumversorgung gewesen sei und sich ihre Abschaffung als elementarer Fehler erwie-
sen habe. Es wäre besser gewesen, sie zu reformieren. Beinahe zeitgleich mit dem Auslaufen des derzeitigen
Systems der sozialen Wohnraumförderung 2019 greife ab 2020 die Schuldenbremse bei den Bundesländern, so-
dass diese nicht in der Lage sein würden, bei 300 angespannten Wohnungsmärkten in Deutschland und einem

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Drucksache 18/10928 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Verlust von 60 000 Sozialwohnungen pro Jahr die erforderlichen Investitionen in Milliardenhöhe zu leisten. Der
Bund könne anstreben, die Verfassung an dieser Stelle erneut zu ändern, um weiter Zuständigkeiten zu behalten.
Erfolgversprechender sei jedoch die Einführung einer neuen Gemeinnützigkeit, deren Förderung über das Steu-
errecht erfolge und bei der die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liege. Die Gemeinnützigkeit müsse in Kom-
bination mit den Anstrengungen der Bundesländer wirken und dürfe dazu nicht in Konkurrenz stehen. Im Unter-
schied zum Gemeinnützigkeitskonzept der Fraktion DIE LINKE., das auf eine Verpflichtung setze, müsse die
Gemeinnützigkeit auf Freiwilligkeit basieren.

Die Fraktion der CDU/CSU erläuterte, dass es zwar einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum gebe, dieser sich
aber nicht kurzfristig durch die Einführung einer Wohnungsgemeinnützigkeit beheben ließe. Die Rahmenbedin-
gungen unterschieden sich erheblich von denen in der Zeit nach den beiden Weltkriegen, als die damalige Woh-
nungsgemeinnützigkeit ein wichtiger Teil der Wohnungspolitik gewesen sei. Der Umfang und die Kosten des
Bauens und damit die Bezahlbarkeit des Wohnens hingen nicht von der Organisationsform der Unternehmen ab.
Steigende Baukosten und knappes Bauland seien Probleme, die nicht durch die Einführung einer neuen Woh-
nungsgemeinnützigkeit gelöst werden könnten. Bei Beschränkungen des Geschäftskreises könnten Wohnungs-
bauunternehmen und Wohnungsgenossenschaften, die sich durchaus ihrer sozialen Verantwortung bewusst seien,
vielfältige Aufgaben bei der Stadtentwicklung nicht mehr wahrnehmen. Die vorliegenden Konzepte beinhalteten
die Gefahr, neue Problemquartiere zu schaffen.

Die Fraktion der SPD gab zu bedenken, dass über bezahlbares Wohnen hinaus an die Entwicklung der Quartiere
gedacht werden müsse, mit Zugang zu Grünflächen und Schulen, sowie generell guter Bildung. Ein zentrales Ziel
sei aber, kurzfristig bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Durch die Aufstockung der sozialen Wohnraumförde-
rung werde es gelingen, die aus der Bindung fallenden Sozialwohnungen zu kompensieren. Das reiche aber noch
nicht aus. Die Einführung einer neuen Wohnungsgemeinnützigkeit würde erst in fünf bis zehn Jahren zu Ergeb-
nissen führen. Die sozialen Ziele könne man schon jetzt in jeder kommunalen Wohnungsbaugesellschaft umset-
zen. Zunächst seien andere Instrumente gefragt. Dazu gehörten die Liegenschaftspolitik und die Handlungsfähig-
keit der Kommunen. Die Gründung neuer öffentlicher Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften müsse
unterstützt werden. Das Baugesetzbuch müsse hinsichtlich der Baulandentwicklung und Stadtentwicklungspolitik
geändert werden, um Baupreise steuern zu können. Der Bund müsse auch nach 2019 in diesem Bereich Verant-
wortung übernehmen. Wohnungsgemeinnützigkeit könne dabei durchaus eine Rolle spielen, aber die Wiederein-
führung der alten Wohnungsgemeinnützigkeit sei nicht zielführend.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beschloss mit den Stimmen der Frakti-
onen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu empfehlen, den Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf Drucksache 18/7415 ab-
zulehnen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit beschloss mit den Stimmen der Frakti-
onen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zu empfehlen, den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 18/8081 abzulehnen.

Berlin, den 18. Januar 2017

Sylvia Jörrißen
Berichterstatterin

Michael Groß
Berichterstatter

Heidrun Bluhm
Berichterstatterin

Christian Kühn (Tübingen)
Berichterstatter

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