BT-Drucksache 18/10902

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 18/8965 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften b) zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Kathrin Vogler, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/6361 - Zugang zu Cannabis als Medizin umfassend gewährleisten

Vom 18. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10902

18. Wahlperiode 18.01.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung

– Drucksache 18/8965 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher

und anderer Vorschriften

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Kathrin Vogler,
Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/6361 –

Zugang zu Cannabis als Medizin umfassend gewährleisten

A. Problem

Zu Buchstabe a

Cannabis findet in Deutschland gerade auch für schwerwiegend erkrankte
Schmerzpatienten zunehmende medizinische Anwendung. Anfang April 2016
hatten nach Angaben der Bundesregierung 647 Patientinnen und Patienten eine
Ausnahmeerlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) zum Erwerb
von Cannabis zur medizinischen Anwendung (getrocknete Cannabisblüten und
Cannabisextrakte) aus einer Apotheke.

Zu Buchstabe b

Menschen mit schweren Erkrankungen müssen Zugang zu allen Behandlungsme-
thoden haben, die ihnen eine realistische Aussicht auf Heilung oder Linderung
bieten. Allein die Aussicht auf Heilung oder Linderung einer Erkrankung sollte

Drucksache 18/10902 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

entscheidend sein, ob eine Therapiemethode rechtlich zulässig und auch erstat-
tungsfähig durch die gesetzlichen Krankenkassen ist. Die heutigen Restriktionen
beim Zugang zu Cannabis als Medizin sind dagegen ideologisch motiviert.

Weder medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse noch die Betäubungsmittelsi-
cherheit können begründen, warum Menschen mit schweren Erkrankungen eine
möglicherweise wirksame Therapieoption vorenthalten wird. Selbst wenn eine
der wenigen Ausnahmegenehmigungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) vorliegt, ist eine entsprechende Therapie nicht gesi-
chert. Da die Krankenkassen diese Mittel in der Regel nicht übernehmen und
Menschen mit schweren Erkrankungen in Deutschland die Kosten meist nicht
selbst tragen können, bleiben viele Genehmigungen Makulatur.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Dieses Gesetz dient dazu, die Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit von weite-
ren Cannabisarzneimitteln herzustellen, wie z. B. von getrockneten Cannabisblü-
ten und Cannabisextrakten in standardisierter Qualität. Damit soll Patientinnen
und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen nach entsprechender Indikati-
onsstellung und bei fehlenden Therapiealternativen ermöglicht werden, diese Arz-
neimittel zu therapeutischen Zwecken in standardisierter Qualität durch Abgabe
in Apotheken zu erhalten.

Die Änderungen im Betäubungsmittelgesetz, in der Betäubungsmittel-Verschrei-
bungsverordnung und in der Betäubungsmittel-Außenhandelsverordnung dienen
der Umsetzung der oben genannten Ziele.

Mit dem Gesetz wird zudem für Versicherte der gesetzlichen Krankenversiche-
rung in eng begrenzten Ausnahmefällen ein Anspruch auf Versorgung mit Can-
nabisarzneimitteln in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten und auf Ver-
sorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon geschaf-
fen.

Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/8965 in geän-
derter Fassung.

Zu Buchstabe b

Der Cannabis sowie enthaltene wirksame Inhaltsstoffe sollen als verkehrs- und
verschreibungsfähige Betäubungsmittel definiert werden. Das Gleiche gilt für
synthetische Cannabinoide, für die es wissenschaftliche Hinweise auf einen me-
dizinischen Nutzen gibt. Die Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln mit Cannabis
und Cannabinoiden durch die gesetzlichen Krankenkassen im Falle einer durch
das BfArM genehmigten und ärztlich verordneten medizinischen Verwendung
soll durch eine Klarstellung im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gewähr-
leistet werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/6361 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10902

C. Alternativen

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/8965.

Zu Buchstabe b

Annahme des Antrags auf Drucksache 18/6361.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Zu Buchstabe a

a) Bund

Dem Bund entstehen durch dieses Gesetz keine Haushaltsausgaben ohne Erfül-
lungsaufwand.

b) Länder und Gemeinden

Den Ländern und Gemeinden entstehen durch dieses Gesetz keine Haushaltsaus-
gaben ohne Erfüllungsaufwand.

c) Gesetzliche Krankenversicherung

Für die gesetzlichen Krankenkassen ergeben sich Mehrausgaben. Diese entspre-
chen der Höhe nach mindestens den derzeitigen Ausgaben, die die Bürgerinnen
und Bürger zu tragen haben, wenn sie die entsprechenden Arzneimittel selbst fi-
nanzieren. Denn nach den Vorgaben der Neuregelung im Fünften Buch Sozialge-
setzbuch haben diese Bürgerinnen und Bürger nunmehr einen Anspruch auf Ver-
sorgung mit diesen Arzneimitteln gegenüber ihrer Krankenkasse, wenn sie die
gesetzlich festgelegten Voraussetzungen erfüllen. Hinzu kommen Kosten für den
Versichertenkreis, der derzeit auf eine Selbsttherapie mit Cannabisarzneimitteln
verzichtet, aber nach der Neuregelung ebenfalls einen Anspruch auf Versorgung
haben wird. Die Anzahl dieser Versicherten kann derzeit nicht eingeschätzt wer-
den.

Zu Buchstabe b

Keine Angaben.

E. Erfüllungsaufwand

Zu Buchstabe a

E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger

Indem patientenindividuelle Ausnahmeerlaubnisverfahren nach § 3 Absatz 2 des
Betäubungsmittelgesetzes entfallen, ergibt sich für Bürgerinnen und Bürger eine
Reduzierung des Erfüllungsaufwandes in Höhe von 3 235 Stunden.

Eine genaue Berechnung der ersparten und der zusätzlichen Aufwände ist nicht
möglich, da nicht hinreichend vorhersehbar ist, in welchem Umfang Ärztinnen
und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten aufgrund der Neuregelung von einer
Verschreibungsmöglichkeit für getrocknete Cannabisblüten oder für Cannabisex-
trakte Gebrauch machen werden. Nähere Angaben hierzu enthält der Allgemeine
Teil der Begründung zu V.4.1. Gesetzesfolgen – Erfüllungsaufwand Bürgerinnen
und Bürger.

Drucksache 18/10902 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Für die Erstattung von Cannabisarzneimitteln müssen Versicherte einen Antrag
bei ihrer jeweiligen Krankenkasse stellen, in dem das Vorliegen der Anspruchs-
voraussetzungen für die Versorgung mit Cannabisarzneimitteln geschildert wer-
den muss. Die Antragstellung verursacht zusätzliche Bürokratiekosten.

E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Für die am Betäubungsmittelverkehr mit weiteren Cannabisarzneimitteln Betei-
ligten ergeben sich geringfügige Änderungen im Erfüllungsaufwand.

Bei Ärztinnen und Ärzten kann im Rahmen der Verschreibungspraxis von weite-
ren Cannabisarzneimitteln ein zusätzlicher Erfüllungsaufwand entstehen, der zwi-
schen 22 063 und 44 125 Euro liegt. Dem stehen Einsparungen entgegen, weil für
diese Patientinnen und Patienten die Erforderlichkeit der Verschreibung anderer,
gegebenenfalls vor der Verschreibung eines Cannabisarzneimittels angewendeter
Arzneimittel entfällt (Austausch).

Der Erfüllungsaufwand bei den Apotheken verringert sich um 8 542 Euro, weil
für sie die Notwendigkeit einer betäubungsmittelrechtlichen Ausnahmeerlaubnis
nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes zum Verkehr mit Cannabisarz-
neimitteln entfällt.

Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten

Durch die Änderung der Position Cannabis in den Anlagen I bis III des Betäu-
bungsmittelgesetzes wird lediglich die Anwendungsmöglichkeit der betäubungs-
mittelrechtlichen Regelungen, die bereits für andere verschreibungsfähige Betäu-
bungsmittel gelten, für weitere Cannabisarzneimittel hergestellt. Es werden inso-
weit keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert oder aufgehoben.

Es entstehen Bürokratiekosten aus Informationspflichten für die Vertragsärztin-
nen und -ärzte, die die Versicherten bei der Antragstellung auf Erstattung durch
die gesetzlichen Krankenkassen unterstützen.

Insgesamt enthält der Gesetzentwurf hinsichtlich des jährlichen Erfüllungsauf-
wands für die Wirtschaft demgemäß sowohl geringfügige, nicht vollständig quan-
tifizierbare Belastungen als auch geringfügige, nicht vollständig quantifizierbare
Entlastungen, so dass von einer Kompensation im Sinne der „One in, one out“-
Regel ausgegangen werden kann.

E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung

a) Bund

Beim BfArM führt der Rückgang der Bearbeitung betäubungsmittelrechtlicher
Ausnahmeerlaubnisse für Cannabisarzneimittel nach § 3 Absatz 2 des Betäu-
bungsmittelgesetzes zu einer geringfügigen Reduzierung des Erfüllungsaufwands
um 31 500 Euro im Jahr, der jedoch durch gegebenenfalls zusätzliche Aufgaben,
wie einem erhöhten Aufkommen bei der Ausgabe von Betäubungsmittelrezept-
formularen für die ärztliche Ausstellung von Rezepten für weitere Cannabisarz-
neimittel sowie einem entsprechenden Anstieg der Kontrollaufgaben im Abgabe-
belegverfahren nach der Betäubungsmittel-Binnenhandelsverordnung, wieder
aufgehoben werden könnte.

Durch die Einrichtung einer staatlichen Stelle beim BfArM nach dem Einheits-
Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe ist mit zusätzlichem Erfüllungsauf-
wand voraussichtlich in Form von zusätzlichen Sach- und Personalmitteln zu

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10902

rechnen. Das Personal soll über die in § 19 Absatz 2a Satz 4 des Betäubungsmit-
telgesetzes eingeräumte Möglichkeit refinanziert werden.

Die Maßnahmen dieses Gesetzes sind im Hinblick auf die Begleiterhebung mit
Personal- und Sachkosten in Höhe von 850 000 Euro für den Bund verbunden.

Geringfügig erhöhter Vollzugsaufwand entsteht dem Bund im Bereich der Straf-
verfolgung.

b) Länder

Geringfügig erhöhter Vollzugsaufwand entsteht den Ländern im Bereich der
Überwachung des Arzneimittelverkehrs.

c) Gesetzliche Krankenversicherung

Abhängig von der Komplexität der Erkrankung und der daraus resultierenden Be-
arbeitungsdauer eines Antrags auf Versorgung mit Cannabisarzneimitteln entste-
hen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgehend von der derzeitigen Patien-
tenzahl von 647 Kosten zwischen 38 820 Euro und 155 280 Euro pro Jahr.

Zu Buchstabe b

Keine Angaben.

F. Weitere Kosten

Zu Buchstabe a

Die künftige Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit weiterer Cannabisarzneimit-
tel führt zum Wegfall der eigenen Kostentragung und damit zu einer Ersparnis für
Bürgerinnen und Bürger in Höhe von 1 692 000 Euro.

Durch den Rückgang der Einzelerlaubnisverfahren für Patientinnen und Patienten
nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes ist beim BfArM mit einer Ge-
bührenmindereinnahme in Höhe von 38 820 Euro zu rechnen. Da Apotheken zur
Teilnahme am Verkehr mit weiteren Cannabisarzneimitteln keine betäubungsmit-
telrechtliche Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Absatz 2 des Betäubungsmittelgesetzes
mehr benötigen, ist beim BfArM mit einer weiteren Gebührenmindereinnahme in
Höhe von 37 575 Euro zu rechnen.

Durch die Herstellung der Verschreibungsfähigkeit weiterer Cannabisarzneimittel
(wie getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte) sind auch bei den priva-
ten Krankenversicherungsunternehmen Mehrausgaben zu erwarten. Diese lassen
sich derzeit jedoch nicht quantifizieren, da die Verschreibungspraxis der Ärztin-
nen und Ärzte, das Nutzungsverhalten der Patientinnen und Patienten sowie die
Kostenübernahme durch die einzelnen Versicherungsunternehmen hinsichtlich
dieser Cannabisarzneimittel nicht bekannt sind.

Auswirkungen auf die Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das
Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

Zu Buchstabe b

Keine Angaben.

Drucksache 18/10902 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8965 in der aus der nachstehenden
Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen;

b) den Antrag auf Drucksache 18/6361 abzulehnen.

Berlin, den 18. Januar 2017

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Edgar Franke
Vorsitzender

Karin Maag
Berichterstatterin

Burkhard Blienert
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Maria Klein-Schmeink
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10902

Zusammenstellung

des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften
– Drucksache 18/8965 –
mit den Beschlüssen des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

Entwurf Beschlüsse des 14. Ausschusses

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
betäubungsmittelrechtlicher

und anderer Vorschriften*

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
betäubungsmittelrechtlicher

und anderer Vorschriften*

Vom ... Vom ...

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos-
sen:

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos-
sen:

Artikel 1 Artikel 1

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes Änderung des Betäubungsmittelgesetzes

Das Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der
Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358),
das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11.
November 2015 (BGBl. I S. 1992) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

Das Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der
Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358),
das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11.
November 2015 (BGBl. I S. 1992) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

1. Nach § 19 Absatz 2 wird folgender Absatz 2a ein-
gefügt:

1. u n v e r ä n d e r t

„(2a) Der Anbau von Cannabis zu medizi-
nischen Zwecken unterliegt der Kontrolle des
Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinpro-
dukte. Dieses nimmt die Aufgaben einer staatli-
chen Stelle nach Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe d
und Artikel 28 Absatz 1 des Einheits-Überein-
kommens von 1961 über Suchtstoffe vom 30.
März 1961 (BGBl. 1973 II S. 1354) wahr. Der
Kauf von Cannabis zu medizinischen Zwecken
durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte nach Artikel 23 Absatz 2 Buch-
stabe d Satz 2 und Artikel 28 Absatz 1 des Ein-
heits-Übereinkommens von 1961 über Sucht-
stoffe erfolgt nach den Vorschriften des Vergabe-
rechts. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte legt unter Berücksichtigung der

* Notifiziert gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informations-
verfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom
17.9.2015, S. 1).

Drucksache 18/10902 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 14. Ausschusses

für die Erfüllung der Aufgaben nach Satz 2 entste-
henden Kosten seinen Herstellerabgabepreis für
den Verkauf von Cannabis zu medizinischen
Zwecken fest.“

1a. § 24a wird wie folgt geändert:

a) In Satz 3 Nummer 3 wird das Wort „aus-
gesäte“ gestrichen.

b) Nach Satz 3 wird folgender Satz einge-
fügt:

„Erfolgt die Aussaat von Nutzhanf nach
dem 1. Juli des Anbaujahres, sind die amt-
lichen Etiketten nach Satz 3 Nummer 3
bis zum 1. September des Anbaujahres
vorzulegen.“

2. In Anlage I (zu § 1 Abs. 1) (nicht verkehrsfähige
Betäubungsmittel) werden in der Position „Can-
nabis (Marihuana, Pflanzen und Pflanzenteile der
zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen)“ in
Buchstabe e die Wörter „in den Anlagen II und
III“ durch die Wörter „in Anlage III“ ersetzt.

2. u n v e r ä n d e r t

3. In Anlage II (zu § 1 Abs. 1) (verkehrsfähige, aber
nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel)
wird folgende Position gestrichen:

3. u n v e r ä n d e r t

Entwurf

INN andere nicht geschützte oder
Trivialnamen

chemische Namen (IUPAC)

„– Cannabis (Marihuana, Pflanzen
und Pflanzenteile der zur Gattung
Cannabis gehörenden Pflanzen)



– sofern sie zur Herstellung von Zubereitungen zu medizinischen Zwecken bestimmt sind –“.

Beschlüsse des 14. Ausschusses

u n v e r ä n d e r t

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/10902

Entwurf Beschlüsse des 14. Ausschusses

4. In Anlage III (zu § 1 Abs. 1) (verkehrsfähige und
verschreibungsfähige Betäubungsmittel) wird die
Position

4. u n v e r ä n d e r t

Entwurf

INN andere nicht geschützte oder
Trivialnamen

chemische Namen (IUPAC)

„– Cannabis (Marihuana, Pflanzen
und Pflanzenteile der zur Gattung
Cannabis gehörenden Pflanzen)



– nur in Zubereitungen, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind –“.

Beschlüsse des 14. Ausschusses

u n v e r ä n d e r t

Entwurf Beschlüsse des 14. Ausschusses

wie folgt gefasst: u n v e r ä n d e r t

Entwurf

INN andere nicht geschützte oder
Trivialnamen

chemische Namen (IUPAC)

„– Cannabis (Marihuana, Pflanzen
und Pflanzenteile der zur Gattung
Cannabis gehörenden Pflanzen)



– nur aus einem Anbau, der zu medizinischen Zwecken unter staatlicher Kontrolle gemäß den Artikeln 23 und
28 Absatz 1 des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe erfolgt, sowie in Zubereitungen, die als
Fertigarzneimittel zugelassen sind –“.

Beschlüsse des 14. Ausschusses

u n v e r ä n d e r t

Drucksache 18/10902 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 14. Ausschusses

Artikel 2 Artikel 2

Änderung der Betäubungsmittel-Außenhandels-
verordnung

u n v e r ä n d e r t

Dem § 15 Absatz 1 der Betäubungsmittel-Außen-
handelsverordnung vom 16. Dezember 1981 (BGBl. I
S. 1420), die zuletzt durch Artikel 3 der Verordnung
vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1180) geändert worden
ist, wird folgender Satz angefügt:

„Satz 1 Nummer 2 gilt auch für den in der Anlage III
des Betäubungsmittelgesetzes aufgeführten Cannabis
in Form von getrockneten Blüten.“

Artikel 3 Artikel 3

Änderung der Betäubungsmittel-Verschrei-
bungsverordnung

u n v e r ä n d e r t

Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverord-
nung vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74, 80), die zu-
letzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 11. Novem-
ber 2015 (BGBl. I S. 1992) geändert worden ist, wird
wie folgt geändert:

1. In § 1 Absatz 1 Satz 1 wird nach dem Wort „Zu-
bereitungen“ ein Komma und werden die Wörter
„Cannabis auch in Form von getrockneten Blü-
ten,“ eingefügt.

2. § 2 Absatz 1 Buchstabe a wird wie folgt geändert:

a) Nach Nummer 2 wird folgende Nummer 2a
eingefügt:

„2a. Cannabis in Form von getrockneten
Blüten 100 000 mg,“.

b) Die bisherige Nummer 2a wird Nummer 2b.

3. In § 3 Absatz 1 Buchstabe b wird nach dem Wort
„Amfetamin,“ das Wort „Cannabis,“ eingefügt.

4. In § 4 Absatz 1 Buchstabe b wird nach dem Wort
„Alfentanil,“ das Wort „Cannabis,“ eingefügt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/10902

Entwurf Beschlüsse des 14. Ausschusses

Artikel 4 Artikel 4

Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch

§ 31 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Ge-
setzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Geset-
zes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482),
das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 12 des Gesetzes vom
17. Februar 2016 (BGBl. I S. 203) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

§ 31 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch – Ge-
setzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Geset-
zes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482),
das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 12 des Gesetzes vom
17. Februar 2016 (BGBl. I S. 203) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:

1. Die Überschrift wird wie folgt gefasst: 1. u n v e r ä n d e r t

㤠31

Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermäch-
tigung“.

2. Folgender Absatz 6 wird angefügt: 2. Folgender Absatz 6 wird angefügt:

„(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden
Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit
Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder
Extrakten in standardisierter Qualität und auf Ver-
sorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen
Dronabinol oder Nabilon, wenn

„(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden
Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit
Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder
Extrakten in standardisierter Qualität und auf Ver-
sorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen
Dronabinol oder Nabilon, wenn

1. eine allgemein anerkannte, dem medizini-
schen Standard entsprechende Leistung im
Einzelfall nicht zur Verfügung steht,

1. eine allgemein anerkannte, dem medizini-
schen Standard entsprechende Leistung

a) nicht zur Verfügung steht oder

b) im Einzelfall nach der begründeten
Einschätzung der behandelnden Ver-
tragsärztin oder des behandelnden
Vertragsarztes unter Abwägung der
zu erwartenden Nebenwirkungen
und unter Berücksichtigung des
Krankheitszustandes der oder des
Versicherten nicht zur Anwendung
kommen kann,

2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht
auf eine spürbare positive Einwirkung auf
den Krankheitsverlauf oder auf schwerwie-
gende Symptome besteht und

2. eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht
auf eine spürbare positive Einwirkung auf
den Krankheitsverlauf oder auf schwerwie-
gende Symptome besteht.

3. die oder der Versicherte sich verpflichtet, an
einer bis zum … [einsetzen: Datum des letz-
ten Tages des auf das Inkrafttreten folgenden

3. entfällt

Drucksache 18/10902 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Entwurf Beschlüsse des 14. Ausschusses

60. Monats] laufenden nichtinterventionel-
len Begleiterhebung zum Einsatz dieser Arz-
neimittel teilzunehmen.

Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für
eine Versicherte oder einen Versicherten der Ge-
nehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der
Leistung zu erteilen ist. Mit der Begleiterhebung
wird das Bundesinstitut für Arzneimittel und Me-
dizinprodukte beauftragt. Die Vertragsärztin oder
der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach
Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiter-
hebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut
für Arzneimittel und Medizinprodukte in anony-
misierter Form. Das Bundesinstitut für Arzneimit-
tel und Medizinprodukte darf die nach Satz 4
übermittelten Daten nur in anonymisierter Form
und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Be-
gleiterhebung verarbeiten und nutzen. Das Bun-
desministerium für Gesundheit wird ermächtigt,
durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustim-
mung des Bundesrates bedarf, das Verfahren zur
Durchführung der Begleiterhebung einschließlich
der anonymisierten Datenübermittlung zu regeln.
Das Bundesministerium für Gesundheit kann die
Ermächtigung nach Satz 6 durch Rechtsverord-
nung auf das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte übertragen. Auf der Grundlage
der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 3
regelt der Gemeinsame Bundesausschuss inner-
halb von sechs Monaten nach der Übermittlung
der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines
Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewäh-
rung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2
Nummer 6.“

Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für
eine Versicherte oder einen Versicherten der nur
in begründeten Ausnahmefällen abzulehnen-
den Genehmigung der Krankenkasse, die vor Be-
ginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die
Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leis-
tung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung
nach § 37b, ist über den Antrag auf Genehmi-
gung nach Satz 2 abweichend von § 13 Ab-
satz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach
Antragseingang zu entscheiden. Das Bundesin-
stitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird
mit einer bis zum … [einsetzen: Datum des
letzten Tages des auf das Inkrafttreten folgen-
den 60. Monats] laufenden nichtinterventionel-
len Begleiterhebung zum Einsatz der Arznei-
mittel nach Satz 1 beauftragt. Die Vertragsärztin
oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung
nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Be-
gleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundes-
institut für Arzneimittel und Medizinprodukte in
anonymisierter Form; über diese Übermittlung
ist die oder der Versicherte vor Verordnung
der Leistung von der Vertragsärztin oder dem
Vertragsarzt zu informieren. Das Bundesinsti-
tut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die
nach Satz 5 übermittelten Daten nur in anonymi-
sierter Form und nur zum Zweck der wissen-
schaftlichen Begleiterhebung verarbeiten und nut-
zen. Das Bundesministerium für Gesundheit wird
ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der
Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Um-
fang der zu übermittelnden Daten, das Verfah-
ren zur Durchführung der Begleiterhebung ein-
schließlich der anonymisierten Datenübermitt-
lung sowie das Format des Studienberichts
nach Satz 8 zu regeln. Auf der Grundlage der Er-
gebnisse der Begleiterhebung nach Satz 4 regelt
der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von
sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergeb-
nisse der Begleiterhebung in Form eines Studien-
berichts das Nähere zur Leistungsgewährung in
den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Num-
mer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesin-
stitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
auf seiner Internetseite veröffentlicht.“

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/10902

Entwurf Beschlüsse des 14. Ausschusses

Artikel 5 Artikel 5

Änderung des Grundstoffüberwachungsgesetzes Änderung des Grundstoffüberwachungsgesetzes

§ 19 des Grundstoffüberwachungsgesetzes vom
11. März 2008 (BGBl. I S. 306), das zuletzt durch Ar-
tikel 51 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I
S. 1474) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

§ 19 des Grundstoffüberwachungsgesetzes vom
11. März 2008 (BGBl. I S. 306), das zuletzt durch Ar-
tikel 51 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I
S. 1474) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. In Absatz 1 Nummer 4 werden die Wörter „Kate-
gorie 1, 2 oder 3“ durch die Wörter „Kategorie 1,
2, 3 oder 4“ ersetzt.

1. u n v e r ä n d e r t

2. In Absatz 5 wird die Angabe „18. August 2005“
durch die Angabe „30. Dezember 2013“ ersetzt.

2. In Absatz 5 wird die Angabe „18. August 2005“
durch die Angabe „21. September 2016“ ersetzt.

Artikel 6 Artikel 6

Inkrafttreten Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung
in Kraft.

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung
in Kraft.

Drucksache 18/10902 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Karin Maag, Burkhard Blienert, Frank Tempel und Maria
Klein-Schmeink

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8965 in seiner 183. Sitzung am 7. Juli 2016
in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außer-
dem hat er ihn zur Mitberatung an den Innenausschuss und den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz
überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/6361 in seiner 183. Sitzung am 7. Juli 2016 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außerdem hat er
ihn zur Mitberatung an den Innenausschuss, den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe und den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Dieses Gesetz dient nach Angaben der Bundesregierung dazu, die Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit von
weiteren Cannabisarzneimitteln herzustellen, wie z. B. von getrockneten Cannabisblüten und Cannabisextrakten
in standardisierter Qualität. Damit solle Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen nach
entsprechender Indikationsstellung und bei fehlenden Therapiealternativen ermöglicht werden, diese Arzneimittel
zu therapeutischen Zwecken in standardisierter Qualität durch Abgabe in Apotheken zu erhalten.

Für eine ausreichende qualitätsgesicherte Versorgung mit Cannabisarzneimitteln solle der Anbau von Cannabis
ausschließlich zu medizinischen Zwecken in Deutschland unter Beachtung der Vorgaben des Einheits-Überein-
kommens über Suchtstoffe von 1961 ermöglicht werden. Die Aufgaben nach diesen internationalen Vorgaben
sollen nach dem Willen der Bundesregierung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
übertragen werden.

Durch die Herstellung der Verschreibungsfähigkeit für weitere Cannabisarzneimittel im Betäubungsmittelgesetz
sollen die Patientinnen und Patienten bei entsprechender ärztlicher Feststellung der medizinischen Indikation in
einem für die Therapie erforderlichen Umfang versorgt werden können, ohne dass dabei die Sicherheit und Kon-
trolle des Betäubungsmittelverkehrs gefährdet werde.

Mit den Änderungen im Betäubungsmittelgesetz seien Änderungen in anderen Rechtsvorschriften verbunden. Das
betreffe notwendige Anpassungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung und der Betäubungsmittel-
Außenhandelsverordnung sowie Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zur Regelung der Erstattungs-
fähigkeit von Cannabisarzneimitteln. Für bestimmte Fälle solle eine Möglichkeit der Erstattung in der gesetzli-
chen Krankenversicherung geschaffen werden.

Darüber hinaus würden Änderungen im Grundstoffüberwachungsgesetz vorgenommen, die nicht mit den Ände-
rungen im Betäubungsmittelgesetz zusammenhingen. Diese Änderungen dienten der Anpassung der Strafvor-
schrift an geändertes EU-Recht zu Drogenausgangsstoffen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/10902

Die Änderungen im Betäubungsmittelgesetz, in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung und in der Be-
täubungsmittel-Außenhandelsverordnung dienten der Umsetzung der oben genannten Ziele.

Mit dem Gesetz werde zudem für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung in eng begrenzten Ausnah-
mefällen ein Anspruch auf Versorgung mit Cannabisarzneimitteln in Form von getrockneten Blüten oder Extrak-
ten und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon geschaffen.

Der Bundesrat hat in seiner 946. Sitzung am 17. Juni 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76
Absatz 2 des Grundgesetzes Stellung zu nehmen. In seiner Stellungnahme schlägt er vor, die Versorgung mit
Cannabisarzneimitteln in der GKV nicht an die Zustimmung der Versicherten zur Teilnahme an einer Begleiter-
hebung und zur Übermittlung entsprechender Daten zu knüpfen. Der Bundesrat bittet zudem zu prüfen, ob bei
Cannabis in Form von getrockneten Blüten eine Standardisierung auf einen definierten Gehalt an Tetrahydrocan-
nabinol (THC) erfolgen sollte. Zum Gesetzentwurf insgesamt bittet der Bundesrat, im weiteren Gesetzgebungs-
verfahren eine Regelung zur Überwachung des Anbaus von Nutzhanf vorzusehen, die die geltenden Vorschriften
an neue Anbaumethoden anpasst (Drucksache 18/8965).

Die Bundesregierung teilt in ihrer Gegenäußerung die Bedenken des Bundesrates zur Verknüpfung von Begleit-
erhebung und Leistungsanspruch nicht. Dem Anliegen der Länder, das der Prüfbitte zur Standardisierung des
THC-Gehalts bei Cannabis in Form von getrockneten Blüten zugrunde liege, werde entsprochen. Entsprechende
Maßnahmen seien bereits eingeleitet. Die Bundesregierung unterstütze das Anliegen des Bundesrates, die Über-
wachungsregelung bezüglich des Anbaus von Nutzhanf zur Fasergewinnung an neue Anbaumethoden anzupas-
sen, und werde im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens einen Formulierungsvorschlag unterbreiten
(Drucksache 18/8965).

Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat gemäß § 6 Absatz 1 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen
Normenkontrollrates (NKRG) eine Stellungnahme abgegeben. Er kommt zu dem Ergebnis, dass das Bundesmi-
nisterium für Gesundheit die Kosten transparent und nachvollziehbar dargestellt hat. Der Nationale Normenkon-
trollrat macht im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellungen der Gesetzesfol-
gen im vorliegenden Regelungsvorhaben geltend.

Zu Buchstabe b

Die Antragsteller sind der Auffassung, dass Menschen mit schweren Erkrankungen Zugang zu allen Behand-
lungsmethoden haben müssen, die ihnen eine realistische Aussicht auf Heilung oder Linderung bieten. Allein die
Aussicht auf Heilung oder Linderung einer Erkrankung solle entscheidend sein, ob eine Therapiemethode recht-
lich zulässig und durch die gesetzlichen Krankenkassen auch erstattungsfähig sei. Die heutigen Restriktionen
beim Zugang zu Cannabis als Medizin seien dagegen ideologisch motiviert. Es sei bezeichnend, dass die wenigen
heutigen Möglichkeiten, Cannabis oder Cannabinoide als Medizin zu verwenden oder straffrei zu besitzen, weit-
gehend nur Reaktionen auf Gerichtsurteile oder internationale Arzneimittelzulassungen gewesen seien. Bundes-
regierung und Koalition seien weit davon entfernt, die medizinische Anwendung von Cannabis jenseits orthodo-
xer Denkverbote zu regeln. Weder medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse noch die Betäubungsmittelsicher-
heit könnten begründen, warum Menschen mit schweren Erkrankungen eine möglicherweise wirksame Therapie-
option vorenthalten werde. Selbst wenn eine der wenigen Ausnahmegenehmigungen des Bundesinstituts für Arz-
neimittel und Medizinprodukte (BfArM) vorliege, sei eine entsprechende Therapie nicht gesichert. Die monatli-
chen Kosten beliefen sich auf schätzungsweise 300 bis 600 €, bei einer Therapie mit dem einzigen verordnungs-
fähigen Cannabinoid Dronabinol auf etwa 250 bis 400 €. Da die Krankenkassen diese Mittel in der Regel nicht
übernehmen und Menschen mit schweren Erkrankungen in Deutschland die Kosten meist nicht selbst tragen
könnten, blieben viele Genehmigungen Makulatur. Menschen mit schweren Erkrankungen würden so gezwungen,
zur Linderung ihrer Leiden das Risiko von Geld- und Gefängnisstrafen in Kauf zu nehmen.

Die Bundesregierung solle schnellstmöglich gewährleisten, dass die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz vom Can-
nabis im Sinne von § 3 Absatz 2 Betäubungsmittelgesetz vom BfArM nicht ausnahmsweise, sondern in der Regel
erteilt werde, wenn bei Menschen mit schweren Erkrankungen eine nicht ganz entfernte Aussicht auf einen The-
rapieerfolg bestehe. Die bürokratischen Hürden für die Beantragung seien zu senken und die Gebühren für die
Bearbeitung abzuschaffen. Außerdem solle die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Ländern gewähr-
leisten, dass Inhaberinnen und Inhaber einer BfArM-Genehmigung bei polizeilichen Kontrollen vor weiterer Ver-
folgung und Verurteilung zuverlässig geschützt seien. Das gelte insbesondere für Kontrollen im Straßenverkehr,

Drucksache 18/10902 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

soweit eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit im Einzelfall nicht nachgewiesen worden sei. Die Bundes-
regierung wird zudem aufgefordert, sich im Europäischen Rat und bei Verhandlungen mit Drittstaaten dafür ein-
zusetzen, dass Inhaberinnen und Inhaber einer Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Can-
nabis auch bei Reisen ins Ausland vor Strafverfolgung und Verurteilung geschützt seien. Über die richtigen Maß-
nahmen der Patientin bzw. des Patienten bei Auslandsreisen solle das Auswärtige Amt umfassend und länderspe-
zifisch informieren.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Innenausschuss hat in seiner 101. Sitzung am 18. Januar 2017 einstimmig beschlossen zu empfehlen, den
Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8965 anzunehmen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 127. Sitzung am 18. Januar 2017 einstimmig
beschlossen zu empfehlen, den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/8965 in geänderter Fassung anzunehmen.

Der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung hat in seiner 49. Sitzung am 1. Juni 2016 im Rah-
men seines Auftrags zur Überprüfung von Gesetzentwürfen und Verordnungen der Bundesregierung auf Verein-
barkeit mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie gemäß Einsetzungsantrag festgestellt, dass eine Nachhaltig-
keitsrelevanz des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/8965 gegeben ist. Die Darstellung der Nachhaltigkeitsprü-
fung im Gesetzentwurf sei plausibel. Eine Nachhaltigkeitsrelevanz des Gesetzentwurfs ist gegeben. Der Bezug
zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie ergibt sich hinsichtlich der Managementregel 4 (Gefahren und unvertret-
bare Risiken für die menschliche Gesundheit vermeiden).

Zu Buchstabe b

Der Innenausschuss hat in seiner 101. Sitzung am 18. Januar 2017 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlos-
sen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6361 abzulehnen.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 127. Sitzung am 18. Januar 2017 mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6361 abzulehnen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 77. Sitzung am 18. Januar 2017 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6361 abzulehnen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung hat in seiner 83. Sitzung am 18. Januar
2017 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 18/6361 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 83. Sitzung am 6. Juli 2016 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung auf Drucksache 18/8965 vorbehaltlich der Überweisung durch das Plenum des Deutschen Bun-
destages eine öffentliche Anhörung durchzuführen. Der Ausschuss hat in seiner 85. Sitzung am 6. September
2016 beschlossen, zu dem Antrag auf Drucksache 18/6361 eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

In seiner 86. Sitzung am 21. September 2016 hat der Ausschuss die Beratungen über die Vorlagen aufgenommen.

Die Anhörung fand in der 87. Sitzung am 21. September 2016 statt. Als sachverständige Organisationen waren
eingeladen: ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Me-
dizin e. V. (ACM), Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Er-
krankung und ihren Angehörigen e. V. (BAG SELBSTHILFE), Bundesärztekammer (BÄK), Bundesverband der
Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH), Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI), Bundesverband

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/10902

für Körper- und Mehrfachbehinderte e. V. (BVKM), Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychothera-
peuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland e. V. (BVSD), Deutsche Gesellschaft für Palliativ-
medizin e. V. (DGP), Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e. V. (DGS), Deutsche Multiple Sklerose Gesell-
schaft Bundesverband e. V. (DMSG), Deutsche Schmerzgesellschaft e. V. (DGSS), Deutscher Hanf Verband
(DHV), Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA), GKV-Spitzenverband, Internationale Arbeitsgemeinschaft für
Cannabinoidmedikamente (IACM), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Medizinischer Dienst des Spit-
zenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS), Selbsthilfenetzwerk Cannabis als Medizin (SCM), Tourette
Gesellschaft Deutschland e. V. (TGD), Zentrum für Seelische Gesundheit / Tourette Ambulanz Klinik für Psy-
chiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. (PKV). Als Ein-
zelsachverständige waren geladen: Dr. Franjo Grotenhermen, Prof. Dr. Kirsten R. Müller-Vahl, Maximilian Ple-
nert, Dr. Oliver Tolmein und Dr. Michael A. Überall.

Auf das entsprechende Wortprotokoll der öffentlichen Anhörung und die als Ausschussdrucksachen verteilten
Stellungnahmen der Sachverständigen wird verwiesen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat seine Beratungen über die Vorlagen in seiner 101. Sitzung am 18. Januar
2017 fortgesetzt und abgeschlossen. Als Ergebnis empfiehlt er einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs auf
Drucksache 18/8965 in geänderter Fassung.

Ferner hat der Ausschuss für Gesundheit mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen zu empfehlen, den Antrag
auf Drucksache 18/6361 abzulehnen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat eine Reihe von Änderungen zu verschiedenen Aspekten des Gesetzentwurfs
auf Drucksache 18/8965 beschlossen. Diese haben im Wesentlichen folgenden Inhalt:

Hinsichtlich der Erstattung der Leistung sind die Voraussetzungen auch dann erfüllt, wenn im Einzelfall zwar
abstrakt noch andere allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen in Erwägung
gezogen werden könnten, die behandelnde Vertragsärztin oder der behandelnde Vertragsarzt aber im Einzelfall
zu der begründeten Einschätzung kommt, dass diese Leistungen unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwir-
kungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des jeweiligen Versicherten nicht zur Anwendung
kommen können.

Es wird klargestellt, dass wegen der Verwendung anonymisierter Daten keine Einwilligung des Versicherten zur
Weitergabe der Erhebungsdaten erforderlich ist. Die bislang als § 31 Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 SGB V – neu –
formulierte Voraussetzung der Teilnahme an der Begleiterhebung für den Leistungsanspruch entfällt daher. Dar-
über, dass eine Begleiterhebung durchgeführt wird, informiert der behandelnde Arzt den Versicherten. Die Be-
gleiterhebung erfolgt auf Grundlage einer Verordnung des BMG. Deshalb wird die Möglichkeit der Übertragung
der Verordnungsermächtigung auf das BfArM gestrichen.

Für die erstmalige Leistung bei einem Versicherten ist die Genehmigung durch die Krankenkasse vorgesehen.
Dafür ist gesetzlich eine Frist von drei bzw. fünf Wochen bei Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Kran-
kenversicherung vorgegeben. Für Versicherte, die Leistungen im Rahmen der spezialisierten ambulanten Pallia-
tivversorgung erhalten, wird die Genehmigungsfrist auf drei Tage verkürzt. Zudem ist die Genehmigung nur in
begründeten Ausnahmefälle abzulehnen.

Die Überwachungsregelung in § 24a des Betäubungsmittelgesetzes zum Anbau von Nutzhanf zur Fasergewin-
nung wird an neue Anbaumethoden angepasst. Mit der Änderung in § 19 des Grundstoffüberwachungsgesetzes
wird die Verweisung auf die EU-Grundstoffverordnungen an das kürzlich erneut geänderte europäische Recht
angepasst.

Die Änderungsanträge der Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Ausschussdrucksache 18(14)0233.1 wurden
einstimmig angenommen.

Zu dem Gesetzentwurf lag dem Ausschuss für Gesundheit eine Petition vor, zu der der Petitionsausschuss um
eine Stellungnahme gemäß § 109 GO-BT gebeten hat. Die Petition wurde in den Beratungen des Ausschusses
berücksichtigt. Der Petitionsausschuss wurde entsprechend informiert.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, Cannabis habe bisher nur per Import und mit einer Ausnahmegenehmigung
zu medizinischen Zwecken genutzt werden können. Mit diesem Gesetzentwurf werde nun die Versorgung der

Drucksache 18/10902 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Patienten mit Cannabis für ausschließlich medizinische Zwecke deutlich verbessert. Schwerkranke Menschen
müssten bestmöglich versorgt werden, daher über nehme die Krankenkasse künftig die Kosten für Cannabis als
Medizin, wenn ihnen nicht anders geholfen werden könne. Ärzte könnten zum Beispiel für Schmerzpatienten
bestimmte Arzneimittel verordnen, dazu gehörten getrocknete Blüten und bestimmte Extrakte in standardisierter
Qualität. Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte werde als staatliche Cannabis-Agentur den An-
bau und die qualitätsgesicherte Versorgung in Deutschland ausschreiben, die komplette Ernte aufkaufen und Her-
steller, Großhändler und Apotheken versorgen. Alle Beteiligten müssten die betäubungs- und arzneimittelrechtli-
chen Vorschriften einhalten. Es sei dabei wichtig zu betonen, dass es um ein Arzneimittel gehe. Mit einer Begleit-
erhebung werde der medizinische Nutzen, den diese Versorgungsart habe, erfasst. Die Datenlage in Deutschland
sei nach wie vor sehr dünn und es gebe kaum evidenzbasierte Nachweise, dass Cannabis besser als andere The-
rapien geeignet sei. In Anerkennung des hohen Leidensdruck der betroffenen Menschen betrete man nun diesen
neuen Weg, der durchaus mutig sei.

Die Fraktion der SPD bemerkte, die Vorgeschichte und die Verabschiedung dieses Gesetzes zeigten, dass die
Koalition ihre Verantwortung wahrnehme und Lösungen finde. Es sei ein Riesenschritt in Richtung einer Verbes-
serung der Therapiemöglichkeiten der Betroffenen. Die Debatte und insbesondere auch der Blick über die natio-
nalen Grenzen hätten zu einer Entideologisierung beigetragen. Dies sei ein großer Fortschritt. Studien aus Israel,
wo Cannabis als Medizin bereits seit längere Zeit verwendet werde, hätten eindeutige Hinweise auf den medizi-
nischen Nutzen von Cannabis hervorgebracht. Man werde die Ergebnisse der Anwendung in Deutschland genau
analysieren und die Entwicklung im Interesse der betroffenen Patienten weiter vorantreiben. Es gelte, die eigenen
Erfolge selbstbewusst nach außen zu tragen und sich nicht durch verfälschende Medienkampagnen ablenken zu
lassen.

Die Fraktionen der CDU/CSU und SPD gaben folgende Notiz zu Protokoll:

„Ganz entscheidend für eine ausreichende und qualitätsgesicherte Versorgung mit Cannabisarzneimitteln sind
auch die verschreibenden Ärztinnen und Ärzte. Um eine flächendeckende und hochwertige Versorgung zu ge-
währleisten, wird an die zuständigen Organisationen der Ärzteschaft appelliert, die erforderlichen Fort- und Wei-
terbildungsangebote sowie Informationsmaterialien zu entwickeln und zur Verfügung zu stellen.“

Die Fraktion DIE LINKE. begrüßte das vorliegende Gesetz, da nun die medizinische Verwendung von Cannabis
in der Medizin endlich rechtlich geregelt sei. Viele schwerkranke Patienten hätten geklagt, weil ihre Versorgung
mit medizinischem Cannabis nicht sichergestellt gewesen sei und hätten auch in höchster Instanz Recht bekom-
men. Der Ausschuss habe sich auch deshalb intensiv mit der Thematik befasst und sich im Rahmen von Anhö-
rungen und Delegationsreisen in Länder, die Erfahrung mit der medizinischen Verwendung von Cannabis hätten,
informiert. Auch die Anträge der Oppositionsfraktionen hätten zur nun vorliegenden Regelung beigetragen. Kri-
tisch angemerkt werden müsse aber, dass die Datenlage nach wie vor nicht valide sei und auch künftig die Wirk-
samkeit und Verwendbarkeit von Cannabis in der Medizin nicht umfänglich erforscht werde. Zu kritisieren sei
auch, dass der Arzt nur Schwerstkranken medizinisches Cannabis verordnen dürfe, wenn keine andere Therapie
mehr in Frage kommt. Hier gebe es noch Spielraum. Grundsätzlich sei der Gesetzentwurf aber ein entscheidender
Schritt für die Patientinnen und Patienten. Deshalb werde die Fraktion zustimmen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nannte das Gesetz einen Meilenstein. Nach vielen Jahren des ideo-
logischen Streits und vielen durch die Betroffenen selbst durchgesetzten Gerichtsurteilen werde Cannabis für die
medizinische Verordnung freigegeben. Zu begrüßen sei, dass die ursprünglich im Gesetzentwurf vorgesehenen
Hürden durch die Änderungsanträge abgebaut worden seien. Wichtig sei, dass nun der Anspruch auf die Versor-
gung mit medizinischem Cannabis formuliert sei, wenn aus ärztlicher Sicht keine Einwände bestünden. Dadurch
werde das Primat der ärztlichen Beurteilung in den Vordergrund gestellt und den Patientinnen und Patienten ent-
scheidend geholfen. Die Details z. B. zur Anonymisierung der Daten seien verbessert worden. Trotz Kritik an
Details werde man dem Gesetzentwurf zustimmen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/10902

B. Besonderer Teil

Soweit der Ausschuss für Gesundheit die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/8965
empfiehlt, wird auf die Begründung in der Drucksache verwiesen. Zu den vom Ausschuss vorgenommenen Än-
derungen ist darüber hinaus Folgendes zu bemerken:

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1a (§ 24a des Betäubungsmittelgesetzes)

Hanf (Cannabis) ist nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) mit Ausnahme der in Anlage III des BtMG gere-
gelten Verwendung zu medizinischen Zwecken (vgl. Artikel 1 Nummer 4) grundsätzlich ein nicht verkehrsfähi-
ges Betäubungsmittel der Anlage I des BtMG. Allerdings darf Nutzhanf zur Fasergewinnung unter engen Voraus-
setzungen (nur bestimmte zugelassene Sorten mit einem Gehalt von Tetrahydrocannabinol – THC – von unter 0,2
Prozent) von Unternehmen der Landwirtschaft angebaut werden. Dieser Anbau unterliegt der Überwachung durch
die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Auf ausgewählten Flächen werden von der Hanf-
pflanze Proben entnommen und der THC-Gehalt untersucht. Nach § 24a ist der Anbau von Nutzhanf bis zum 1.
Juli eines jeden Anbaujahres bei der BLE anzuzeigen. Inzwischen gibt es jedoch eine neue Anbaumethode, bei
der der Anbau erst nach diesem Stichtag erfolgt. Es ist also nicht möglich, dass bereits die „ausgesäte“ Sorte
angegeben wird und die amtlichen Saatgutetiketten vorgelegt werden. Daher wird die Regelung dahin angepasst,
dass die Einschränkung „ausgesät“ gestrichen wird, so dass für jeden Anbau die Verpflichtung zur Anzeige der
Sorte gilt und bei Aussaat nach dem 1. Juli der Termin für die Vorlage der amtlichen Etiketten nach Satz 3 Num-
mer 3 auf den 1. September festgesetzt wird.

Zu Artikel 4

Zu Nummer 2 (§ 31 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

Zu Absatz 6

Zu Satz 1 Nummer 1

Die Begründung des Gesetzentwurfs macht bereits deutlich, dass die in Nummer 1 formulierte gesetzliche Vo-
raussetzung des Leistungsanspruchs nicht bedeutet, dass eine Versicherte oder ein Versicherter langjährig schwer-
wiegende Nebenwirkungen ertragen muss, bevor die Therapiealternative eines Cannabisarzneimittels genehmigt
werden kann. Durch den neu eingefügten Zusatz wird klargestellt, dass die Voraussetzung der Nummer 1 sowohl
erfüllt ist, wenn eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung für eine be-
stimmte Erkrankung oder Symptomatik schon nicht vorhanden ist (Buchstabe a) als auch dann, wenn im konkre-
ten Fall zwar abstrakt noch andere, allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen
in Erwägung gezogen werden könnten, die behandelnde Vertragsärztin oder der behandelnde Vertragsarzt aber
im konkreten Fall zu der begründeten Einschätzung kommt, dass diese anderen Leistungen unter Abwägung der
zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des jeweiligen
Versicherten nicht zur Anwendung kommen können (Buchstabe b).

Zu Satz 1 Nummer 2

Folgeänderung zur Streichung von Satz 1 Nummer 3

Zu Satz 1 Nummer 3

Gemäß § 3 Absatz 6 des Bundesdatenschutzgesetzes versteht man unter dem Anonymisieren das Verändern per-
sonenbezogener Daten derart, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr
oder nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten oder
bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können (vgl. auch Erwägungsgrund 26 der VO 2016/679).
Für die Verwendung anonymisierter Daten findet das Datenschutzrecht keine Anwendung. Insbesondere bedarf
es nicht der Einwilligung des Patienten zur Weitergabe der Erhebungsdaten der Begleiterhebung in anonymisier-
ter Form durch den Arzt. Die Versicherten sind von dem Vertragsarzt oder der Vertragsärztin darüber zu infor-
mieren, dass ihre Daten anonymisiert an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über-
mittelt werden.

Drucksache 18/10902 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Zu Satz 2

Die Versorgung von Versicherten mit schwerwiegenden Erkrankungen soll durch den Anspruch auf Versorgung
mit Cannabis nach Satz 1 verbessert werden. Die Genehmigungsanträge bei der Erstverordnung der Leistung sind
daher nur in begründeten Ausnahmefällen von der Krankenkasse abzulehnen. Damit wird auch der Bedeutung der
Therapiehoheit des Vertragsarztes oder der Vertragsärztin Rechnung getragen.

Zu Satz 3 – neu –

Die Palliativversorgung dient dem Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung schwerstkranker Menschen,
die an einer nicht heilbaren, fortschreitenden und weit fortgeschrittenen Erkrankung bei einer zugleich begrenzten
Lebenserwartung leiden, zu erhalten, zu verbessern und ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zum Tod zu er-
möglichen. Um Versicherten in dieser Situation die Betreuung in der vertrauten Umgebung des häuslichen oder
familiären Bereichs zu ermöglichen bzw. die Versorgung in stationären Pflegeeinrichtungen entsprechend zu er-
gänzen, hat der Gesetzgeber in § 37b einen Anspruch auf spezialisierte ambulante Palliativversorgung geschaffen.

Auch diesen Versicherten soll die Therapie mit Cannabisarzneimitteln zur Linderung der Symptome nach der hier
neu geschaffenen Regelung zur Verfügung stehen. Da es sich um Versicherte handelt, deren Lebenserwartung
begrenzt ist, ist die im Regelfall vorgesehene Frist zur Entscheidung über Genehmigungsanträge nach § 13 Ab-
satz 3a Satz 1 von höchstens drei bzw. fünf Wochen bei Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme, insbe-
sondere der Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung, nicht angemessen. Die Regelung
verkürzt diese Frist daher für Versicherte, denen die Leistung im Rahmen einer Versorgung nach § 37b verordnet
wird, auf einen Zeitraum von bis zu drei Tagen. Den Umständen des Einzelfalles angemessen haben Krankenkas-
sen zügig zu entscheiden.

Zu Satz 4 – neu –

Folgeänderung zur Streichung von Satz 1 Nummer 3, da die Übertragung der 60 Monate dauernden Begleiterhe-
bung an das BfArM nun nicht mehr in Satz 1 geregelt wird.

Zu Satz 5 – neu –

Auch wenn es bei der Begleiterhebung um die Übermittlung anonymisierter Daten geht, ist es aus Gründen der
Patientenautonomie sachgerecht, Versicherte über diese Übermittlung zu informieren und so mögliche Verunsi-
cherungen zu vermeiden. Vertragsärztinnen und Vertragsärzte haben Versicherte daher vor der Verordnung der
Leistung über diese anonymisierte Datenübermittlung zu informieren. Diese Aufklärung kann im persönlichen
Gespräch anhand eines vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Verfügung gestellten In-
formationsblattes über die vorgesehene Begleiterhebung erfolgen.

Zu Satz 6 – neu –

Folgeänderung zur Einfügung des neuen Satzes 3, da der Verweis wegen des eingefügten neuen Satzes 3 anzu-
passen ist.

Zu Satz 7 des Gesetzentwurfs

Da von der Subdelegationsermächtigung kein Gebrauch gemacht werden soll, kann diese gestrichen werden.

Zu Satz 7 – neu –

Die Änderungen dienen der Klarstellung.

Zu Satz 8

Folgeänderung zur Einfügung des neuen Satzes 3, da der Verweis wegen des eingefügten neuen Satzes 3 anzu-
passen ist.

Zu Satz 9

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) veröffentlicht gemäß § 17 Absatz 1 Satz 4 seiner Geschäftsordnung
die tragenden Gründe seiner Richtlinien-Beschlüsse im Internet. Die Entscheidung des G-BA nach Satz 8 erfolgt
auch auf der Grundlage der Ergebnisse des Studienberichts, der daher zu veröffentlichen ist.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/10902

Zu Artikel 5 (§ 19 des Grundstoffüberwachungsgesetzes)

Mit der Änderung wird die Verweisung in § 19 Absatz 5 auf die Verordnung (EG) Nr. 273/2004 und die Verord-
nung (EG) Nr. 111/2005 an das kürzlich erneut geänderte europäische Recht angepasst. Damit sind auch für die
Strafvorschriften des § 19 die am 21. September 2016 geltenden Fassungen der Verordnungen maßgeblich. Mit
Wirkung vom 21. September 2016 wurden Chlorephedrin und Chlorpseudoephedrin als Stoffe in Kategorie 1 der
Liste der erfassten Stoffe der Verordnungen aufgenommen (Delegierte Verordnung (EU) 2016/1443 der Kom-
mission vom 29. Juni 2016 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 273/2004 des Europäischen Parlaments und
des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 111/2005 des Rates betreffend die Aufnahme bestimmter Drogenaus-
gangsstoffe in die Liste der erfassten Stoffe, ABl. L 235 vom 1.9.2016, S. 6). Diese Stoffe können zur unerlaubten
Herstellung von Metamfetamin missbraucht werden. Durch die Anpassung der Verweisung werden die Strafvor-
schriften des § 19 auf den unerlaubten Umgang mit Chlorephedrin und Chlorpseudoephedrin erstreckt.

Berlin, den 18. Januar 2017

Karin Maag
Berichterstatterin

Burkhard Blienert
Berichterstatter

Frank Tempel
Berichterstatter

Maria Klein-Schmeink
Berichterstatterin

Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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