BT-Drucksache 18/1090

Planungen für den Neckarausbau

Vom 4. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1090
18. Wahlperiode 04.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Matthias Gastel, Harald Ebner, Stephan Kühn
(Dresden), Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Planungen für den Neckarausbau

Der Ausbau des Neckars (Staustufen, Schleusen) ist für ein 135-Meter-Schiff
bereits seit einiger Zeit in der Diskussion. Die Wasser- und Schifffahrtsver-
waltung des Bundes (WSV) hat angekündigt, an zwölf Schleusen und sieben
Wehren Arbeiten zur Instandsetzung und zum Ausbau durchzuführen. Ob über
dringend notwendige Ersatzmaßnahmen hinaus ein Ausbau der Schleusen vor
dem Hintergrund der zu erwartenden Verkehre, insbesondere auf dem Abschnitt
stromaufwärts von Heilbronn, wirtschaftlich sinnvoll ist, ist strittig. Das Binnen-
schiff gilt jedoch generell als geräuscharmes und pro transportierter Ladungs-
einheit als energiesparendes Verkehrsmittel.
Durch die WSV ist das Beratungsunternehmen PLANCO Consulting GmbH,
Hamburg beauftragt worden, u. a. das Nutzen-Kosten-Verhältnis des Neckaraus-
baus zu bestimmen. Es hat im Jahr 2006 einen Schlussbericht vorgelegt (Teil 2,
Prognosen und Bewertungsrechnung). Seitdem hat sich die Ausgangslage deut-
lich verändert. So waren noch in der Prognose 2015 (zum Bundesverkehrswege-
plan – BVWP – 2003) 12,130 Millionen Tonnen als mögliche zukünftige Beför-
derung für das Jahr 2015 angegeben worden. Aktuelle Zahlen des Statistischen
Bundesamtes dagegen zeigen: Im Jahr 2012 wurden lediglich 7,253 Millionen
Tonnen per Binnenschiff über den Neckar befördert, Tendenz stagnierend.
Neben der inzwischen veränderten Ausgangslage wird in dem PLANCO-Gut-
achten auch mit fragwürdigen Zahlen zum Nutzen-Kosten-Verhältnis für die
gesamten Bewertungskomponenten zwischen Neckarmündung bis Plochingen
argumentiert, die von verschiedenen Seiten gegenüber den Fragestellern kritisch
hinterfragt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche veränderten Voraussetzungen gibt es hinsichtlich der Ausbauplanun-

gen im Vorfeld des Bundesverkehrswegeplans 2015?
2. Auf welche ermittelten Nutzen-Kosten-Faktoren wird sich die Bundesregie-

rung im Rahmen der Erstellung des Bundesverkehrswegeplans 2015 berufen,
und welche Rolle werden dabei die im PLANCO-Gutachten aus dem Jahr
2006 für den geplanten Neckarausbau errechneten Nutzen-Kosten-Faktoren
(vergleiche: „Entwicklungspotenziale von Güterschiffen über 110 m Länge
(Langfristprognose 2025) und Bewertung erwogener Ausbaumaßnahmen am
Neckar (Schleusenkammerverlängerung)“, PLANCO Consulting 2006,
Hrsg. Wasser- und Schifffahrtsdirektion Südwest, Mainz) spielen?

Drucksache 18/1090 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
3. a) Welchen Unterschied zwischen den als Grundlage zur Nutzen-Kosten-
Analyse im Gutachten aus dem Jahr 2006 verwendeten Prognosewerte
für die beförderten Gütermengen auf dem Neckar (sog. Verkehrs-
prognose 2015 zum Bundesverkehrswegeplan 2003) und den inzwischen
statistisch festgehaltenen Werten stellt die Bundesregierung fest, und wie
bewertet sie diesen?

b) Auf welche Faktoren und Erwartungen ist nach Kenntnissen der Bundes-
regierung die Diskrepanz zwischen der Verkehrsprognose 2015 für den
BVWP 2003 und den tatsächlich beförderten Gütermengen auf dem
Neckar zurückzuführen?

4. Von welcher Schiffsgrößenentwicklung (Güterschiffe) geht die Bundes-
regierung auf dem Rhein und den angrenzenden Flussgebieten innerhalb
der nächsten 20 bis 30 Jahre aus?

5. Welche Gütergruppen werden aktuell zu welchen Anteilen auf der Bundes-
wasserstraße Neckar bewegt (bitte sowohl für die Gesamtstrecke sowie Stre-
ckenabschnitte Rhein–Heilbronn, Heilbronn–Stuttgart, Stuttgart–Plochingen
nennen)?

6. Von welcher Entwicklung geht die Bundesregierung bezüglich des Trans-
portaufkommens von Containern auf dem Neckar in den kommenden Jahr-
zehnten aus?

7. Von welcher erhöhten Transportmenge pro Schiff wird im Untersuchungs-
zeitraum für das PLANCO-Gutachten ausgegangen, und inwieweit schlägt
sich dieser Wert im Nutzen-Kosten-Verhältnis nieder?

8. Warum wurde als Summe der Nutzen Neckarmündung bis Plochingen im
Gutachten (ebd., S. 47) ein Wert von 107 846 T Euro (Preisstand des Jahres
1998) angegeben, wenn durch nach Auffassung der Fragesteller korrekte
Anwendung der Barwertmethode mit dem Preisstand des Jahres 2000 ein
Wert von 101 660 T Euro der korrekte zu verwendende Wert wäre (Abzin-
sung/Diskontierung auf den Preisstand des Jahres 2000)?

9. Warum wurden die Investitionskosten für diese Strecke im Gutachten (ebd.,
S. 47) mit 67 089 T Euro angegeben, während bei nach Auffassung der
Fragesteller korrekter Berechnung die Kosten mit dem Preisstand des Jahres
2000 (Barwert 2000) mit 126 207 T Euro deutlich höher ausfallen müssten?

10. Auf welches Nutzen-Kosten-Verhältnis würde man nach Berechnungen der
Bundesregierung kommen, wenn gemäß den Fragen 8 und 9 nach Auf-
fassung der Fragesteller methodisch korrekte Nutzen- bzw. Kostenwerte
herangezogen würden?

11. Welche Einordnung in den Bundesverkehrswegeplan 2015 ist möglich,
wenn das Nutzen-Kosten-Verhältnis für den Ausbau der Wasserstraße von
der Neckarmündung bis Plochingen unter 1 beträgt?

12. Wie wäre bei geändertem Nutzen-Kosten-Verhältnis gemäß Frage 10 die
Verlängerung der Baumaßnahme über Heilbronn bzw. Stuttgart hinaus im
Rahmen des Bundesverkehrswegeplans 2015 zu bewerten?

13. Welche Rolle werden nach Auffassung der Bundesregierung die Netzkate-
gorisierung und die damit zusammenhängenden Gütertransportmengen bei
den Ausbauprioritäten der Schleusen und Wehre am Neckar spielen?

14. a) Durch welche Baumaßnahmen soll nach Auffassung der Bundesregie-
rung die Befahrbarkeit der Neckarschleifen, insbesondere der Neckar-
schleife Lauffen, im Zuge des Ausbaus gewährleistet werden?

b) Welche Einschränkungen der Befahrbarkeit der Neckarschleife Lauffen
wird es auch nach einem Ausbau für 135-Meter-Schiffe geben?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1090
15. Mit welchen Maßnahmen plant die Bundesregierung im Rahmen des
Bundesverkehrswegeplans 2015, den wasserseitigen Containerumschlag in
den Häfen Stuttgart, Heilbronn und Plochingen intermodal mit den Ver-
kehrsträgern Schiene und Straße zu vernetzen und so zu stärken?

16. Welche Veränderungen der Betriebszeiten der Schleusen sind nach erfolg-
tem Ausbau der Neckarschleusen vorgesehen?

17. Mit welchen Kosten für den Ausbau des Neckars wäre nach Kenntnissen der
Bundesregierung zum heutigen Stand zu rechnen (bitte Gesamtkosten sowie
Streckenabschnitte Neckarmündung–Heilbronn, Heilbronn–Stuttgart, Stutt-
gart–Plochingen nennen)?

18. Welche Schienen- und Straßenkorridore soll der gesteigerte Transport von
Gütern auf der Bundeswasserstraße Neckar im Falle eines Schleusenaus-
baus entlasten?

19. a) Wie wird sich nach Kenntnissen der Bundesregierung durch den zu-
künftigen Transport von Kerosin zwischen dem Hafen Plochingen und
dem Flughafen Stuttgart der Güterumschlag des Hafens Plochingen ver-
ändern, wenn dort der Kerosinumschlag wegfällt (vergleiche Presse-
mitteilung Flughafen Stuttgart GmbH vom 11. März 2014 „Weniger
Gefahrgut auf der Straße – Kerosin künftig per Pipeline“, unter Nennung
des Güterumschlags im Hafen Plochingen in den Jahren 2010 bis 2013
sowie Prognosen für die Jahre 2014 bis 2020)?

b) Welche Zukunftsaussichten werden demnach dem Tanklager am Hafen
Plochingen durch die Bundesregierung beigemessen, und wie bewertet
sie die in der Pressemitteilung genannten schwierigen räumlichen Ver-
hältnisse?

Berlin, den 4. April 2014

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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