BT-Drucksache 18/10897

zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Dr. Anton Hofreiter, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/8618 - Bäuerlicher Milchviehhaltung eine Zukunft geben - Milchmenge jetzt begrenzen

Vom 18. Januar 2017


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10897
18. Wahlperiode 18.01.2017

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Dr. Anton Hofreiter, Oliver
Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/8618 –

Bäuerlicher Milchviehhaltung eine Zukunft geben – Milchmenge jetzt
begrenzen

A. Problem
Die Antragsteller verweisen darauf, dass seit dem Wegfall der Milchquotenrege-
lung der Europäischen Union (EU) im April 2015 die Milchmenge in der EU
deutlich zugenommen hat. Die Folge ist laut ihnen ein dramatischer Verfall der
Milchpreise zu Lasten der Milcherzeuger. Nach ihrer Auffassung hat die Men-
gensteigerung in zahlreichen Ländern der EU besonders nach dem Wegfall der
Milchquote bei stagnierenden Absatzmärkten zur gegenwärtigen Krise auf dem
Milchmarkt geführt. Deutschland hat an dieser Entwicklung laut der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen wesentlichen Anteil. Die Krise auf dem
Milchmarkt stellt für sie eine Bedrohung für die gesamte Struktur der Milcher-
zeugung mit großen volkswirtschaftlichen Verlusten dar.

Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll die Bundesregie-
rung insbesondere dazu aufgefordert werden, gestaffelte, nicht rückzahlbare So-
forthilfen an Milchbetriebe bereitzustellen, die ihre Erzeugung im Vergleich zu
einem zweijährigen Vergleichszeitraum für die Dauer von mindestens einem Jahr
senken, um die Menge wirkungsvoll zu reduzieren, sowie die Molkereien aufzu-
fordern, ihre Möglichkeiten zur Absprache von Produktionsmengen zu nutzen
und durch Bonuszahlungen an Milcherzeuger bei Mengenreduzierung die Anlie-
ferungsmenge zu reduzieren. Zudem soll die Bundesregierung u. a. aufgefordert
werden, Maßnahmen vorzulegen, um die Verhandlungsposition der Erzeuger
durch Änderungen im Kartell-, Wettbewerbs- und Genossenschaftsrecht gegen-
über den Molkereien und dem Lebensmittelhandel unmittelbar, wirkungsvoll und
tatsächlich zu stärken.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

Drucksache 18/10897 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10897
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/8618 abzulehnen.

Berlin, den 18. Januar 2017

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Alois Gerig
Vorsitzender

Kees de Vries
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter

Drucksache 18/10897 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Kees de Vries, Dr. Wilhelm Priesmeier, Dr. Kirsten
Tackmann und Friedrich Ostendorff

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 173. Sitzung am 2. Juni 2016 den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Drucksache 18/8618 erstmals beraten und an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft
zur federführenden Beratung und zur Mitberatung an den Ausschuss für Wirtschaft und Energie sowie den Aus-
schuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller verweisen darauf, dass seit dem Wegfall der Milchquotenregelung der Europäischen Union
(EU) im April 2015 die Milchmenge in der EU deutlich zugenommen hat. Die Milchanlieferung in der EU habe
im ersten Quartal 2016 ca. 5,6 Prozent über dem Vorjahr gelegen. Die Folge ist laut Antragsteller ein dramatischer
Verfall der Milchpreise zu Lasten der Milcherzeuger. Bei den Erzeugerpreisen für Milch ist ihnen zufolge im
Vergleich zum Jahr 2014 ein Preisrückgang von 50 Prozent festzustellen. Die Betriebe machen laut der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit jedem Liter produzierter Milch Verlust, in dessen Folge ein Strukturbruch unter
den Milchbauern im Land droht. Über 3 200 Betriebe, d. h. 4,2 Prozent aller deutschen Milcherzeuger, haben
nach Darstellung der Antragsteller im Jahr 2015 ihren Betrieb aufgegeben.

Nach Auffassung der Antragsteller hat die Mengensteigerung in zahlreichen Ländern der EU besonders nach dem
Wegfall der Milchquote bei stagnierenden Absatzmärkten zur gegenwärtigen Krise auf dem Milchmarkt geführt.
Deutschland hat an dieser Entwicklung laut der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen wesentlichen Anteil.
Die Krise auf dem Milchmarkt stellt für sie eine Bedrohung für die gesamte Struktur der Milcherzeugung mit
großen volkswirtschaftlichen Verlusten dar. Der Preisrückgang bei Milch bedeutet ihr zufolge einen Einkom-
mensverlust in Milliardenhöhe für die deutschen Milcherzeuger.

Aus Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden Lösungsvorschläge gebraucht, die an den Ursachen
der Krise ansetzen. Sie hält es für eine zentrale Aufgabe, die Milchmenge kurzfristig zu reduzieren und gleich-
zeitig die bäuerlichen Betriebe, die unter der Krise am stärksten leiden, zu unterstützen, um die Misere auf dem
Markt zu überstehen. Laut der Antragsteller nutzt der Lebensmitteleinzelhandel die Krise für sich im erheblichen
Maße aus. Ermöglicht wird dies ihrer Meinung nach durch die starke Marktkonzentration im Lebensmitteleinzel-
handel und bei den Molkereien. Die Erzeuger haben nach Auffassung der Antragsteller dadurch in diesem
Marktumfeld eine schlechte Verhandlungsposition und sind in ihrer Funktion als Mengenanbieter gefangen. Die
Molkereien haben nach Auffassung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Kosten der Milcherzeuger
über Jahre hinweg große Rückstellungen gebildet und von der Mengenausweitung bei der Milch profitiert. Die
Lösung der Krise im Bereich Milch ist nach Auffassung der Antragsteller eine Aufgabe der EU. Deutschland und
mit ihr die Bundesregierung muss ihrer Meinung nach als größtes Milcherzeugerland der EU dazu einen wesent-
lichen Anteil leisten.

Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 18/8618 soll die Bundesregierung
aufgefordert werden,

1. gestaffelte, nicht rückzahlbare Soforthilfen an Milchbetriebe bereitzustellen, die ihre Erzeugung im Vergleich
zu einem zweijährigen Vergleichszeitraum für die Dauer von mindestens einem Jahr senken, um die Menge
wirkungsvoll zu reduzieren.

Die Bundesregierung muss dafür die von der Kommission der EU im sogenannten Non-Paper vom 23. März
2016 dargestellten Möglichkeiten von an Mengenreduzierung gekoppelten Direkthilfen nutzen und sich dar-
über hinaus in Brüssel für ein koordiniertes Vorgehen zur Mengenreduzierung auf EU-Ebene einsetzen;

2. die Molkereien aufzufordern, ihre Möglichkeiten zur Absprache von Produktionsmengen zu nutzen und durch
Bonuszahlungen an Milcherzeuger bei Mengenreduzierung die Anlieferungsmenge zu reduzieren.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10897

Sollten Molkereien und die Marktbeteiligten nicht freiwillig (bis zum 31. Juli 2016) wirkungsvolle Maßnah-
men zur Mengenreduzierung und zur Erhöhung der Auszahlungspreise vorlegen, muss die Bundesregierung
die Möglichkeiten einer zeitlich befristeten entschädigungslosen Mengenbegrenzung nach Art. 221 der Ge-
meinsamen Marktorganisation (GMO) für landwirtschaftliche Erzeugnisse nutzen und darüber hinaus die
Einführung eines zeitlich befristeten unteren Festpreises für Milch (z. B. durch die Festsetzung von Kosten-
Sätzen, Handelsspannen, Zahlungs- und Lieferungsbedingungen) prüfen;

3. Maßnahmen vorzulegen, um die Verhandlungsposition der Erzeuger durch Änderungen im Kartell-, Wettbe-
werbs- und Genossenschaftsrecht gegenüber den Molkereien und dem Lebensmittelhandel unmittelbar, wir-
kungsvoll und tatsächlich zu stärken.

Eine Änderung und Flexibilisierung der Lieferbeziehungen auf dem Markt, wie z. B. durch eine Abschaffung
der Abnahmeverpflichtung, dürfen keinesfalls zu einer Verschlechterung der Verhandlungsposition der Er-
zeuger, einer Gefährdung der Milchablieferung, insbesondere in Berggebieten, Randlagen und benachteilig-
ten Regionen, und einer weiteren Konzentration auf dem Milchmarkt führen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner 100. Sitzung am 18. Januar 2017 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/8618 abzulehnen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat in seiner 100. Sitzung am 18. Januar
2017 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 18/8618 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

1. Abschließende Beratung

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Drucksache 18/8618 in seiner 74. Sitzung am 18. Januar 2017 abschließend beraten.

2. Abstimmungsergebnis

Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen
Bundestag die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/8618 zu empfehlen.
Berlin, den 18. Januar 2017

Kees de Vries
Berichterstatter

Dr. Wilhelm Priesmeier
Berichterstatter

Dr. Kirsten Tackmann
Berichterstatterin

Friedrich Ostendorff
Berichterstatter
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