BT-Drucksache 18/10677

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 18/10209, 18/10352, 10668 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung

Vom 14. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10677
18. Wahlperiode 14.12.2016
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dr. Julia Verlinden, Oliver Krischer, Annalena Baerbock,
Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Christian Kühn (Tübingen), Steffi Lemke,
Peter Meiwald, Harald Ebner, Matthias Gastel, Stephan Kühn (Dresden),
Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 18/10209, 18/10352, 18/10668 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bestimmungen zur Stromerzeugung
aus Kraft-Wärme-Kopplung und zur Eigenversorgung

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist eine energieeffiziente Form der Energieerzeu-
gung, die perspektivisch vollständig auf Basis regenerativer Brennstoffe betrieben
werden und insbesondere im Winter zur Deckung des Strom- und Wärmebedarfs bei-
tragen kann. Daher muss die KWK weiter ausgebaut werden. Um einen maximalen
Beitrag zum Klimaschutz zu erzielen, sollten die KWK-Anlagen so ausgelegt sein,
dass sie die fluktuierende Energieerzeugung aus Solar- und Windkraftanlagen best-
möglich ergänzen und auch in den KWK-Anlagen selbst zunehmend erneuerbare
Energien eingesetzt werden.
Die Bundesregierung hat im Gesetz zur Neuregelung des Kraft-Wärme-Kopplungsge-
setzes vom 21. Dezember 2015 das Ziel bekräftigt, die KWK ausbauen zu wollen.
Heute trägt die KWK mit etwa 90 Terawattstunden (TWh) zur Stromversorgung bei.
Das geltende Gesetz sieht vor, bis zum Jahr 2020 die Nettostromerzeugung aus KWK-
Anlagen auf 110 TWh und bis zum Jahr 2025 auf 120 TWh anzuheben. Gleichzeitig
will die Bundesregierung einen zusätzlichen Klimaschutzbeitrag von 4 Millionen Ton-
nen CO2-Reduktion bis 2020 durch den Ausbau der KWK erreichen.
Mit den im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen der Förderbedingungen werden
weder die Ausbauziele für die KWK noch die Klimaziele der Bundesregierung er-
reicht. Das sah auch die Mehrheit der geladenen Experten in der Anhörung des Aus-
schusses für Wirtschaft und Energie vom 21. November 2016 so (vgl. hib 683/2016).
Vielmehr werden durch Ausschreibungsverfahren neue Hürden für die KWK geschaf-
fen und es gibt weiterhin keine Planungssicherheit für Investitionen in die KWK.

Drucksache 18/10677 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Der Ausbau der KWK hat sich infolge der Verzögerungen im Gesetzgebungsprozess
für das KWKG 2016 bereits dramatisch verlangsamt. Gleichzeitig geht der Abbau von
KWK-Anlagen weiter. Die beantragten Stilllegungen von KWK-Anlagen wegen feh-
lender Wirtschaftlichkeit liegen allein bis 2019 in einer Größenordnung von 900 Me-
gawatt Leistung.
Auch die dezentrale Versorgung von Gebäuden und Unternehmen aus KWK-Anlagen
wird nach den Plänen der Bundesregierung nicht im notwendigen Maße unterstützt.
Für die Förderung von Wärmenetzen, die eine wichtige Rolle für eine klimaschonende
Wärmeversorgung spielen können, werden neue bürokratische Hürden geschaffen.
Außerdem wird mit dem vorgelegten Gesetzentwurf die Chance vertan, den Umstieg
von kohlebefeuerten KWK-Anlagen auf erneuerbare Energien oder andere klimascho-
nende Technologien wie die Abwärmenutzung zu stärken. Damit bleibt das Gesetz
weit hinter den Anforderungen der Energiewende und des Klimaschutzes zurück.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

ein Gesetz vorzulegen, das die KWK wirksam fördert und den Schwerpunkt auf die
Einsparung von Treibhausgasen legt und daher folgende Anforderungen erfüllt:
1. Begrenzung der Ausschreibungen für KWK-Anlagen auf das aus beihilferechtli-

cher Sicht unabdingbar Notwendige, zumindest aber die Befreiung von der Aus-
schreibungspflicht für Anlagen bis 2 Megawatt (MW) elektrische Leistung.

2. Deutliche Erhöhung der vorgesehenen Ausschreibungsmengen und zwar bereits
von dem Jahr 2017 an.

3. Öffnung der Ausschreibungen auch für Anlagen, die den produzierten Strom teil-
weise zur Eigenversorgung nutzen sowie für Anlagen, die zur unmittelbaren Kun-
denversorgung in direkter räumlicher Nähe dienen – beispielsweise in Form von
eigenen Ausschreibungssegmenten.

4. Ausweitung der geplanten Förderung von Mieterstrommodellen über Fotovoltaik
hinaus auch auf KWK-basierte Versorgungskonzepte.

5. Schaffung wirksamer Anreize zur Umrüstung bestehender Kohle-KWK-Anlagen
auf klimaschonendere Brennstoffe oder erneuerbare Energien; dazu sind Hinder-
nisse für die Modernisierung abzubauen, wie bspw. komplizierte Ausschrei-
bungsverfahren, Einschränkungen im Zuge des Fernwärmeverdrängungsverbotes
oder die teilweisen Belastungen mit der EEG-Umlage nach Modernisierung und
Erweiterung einer Anlage.

6. Erweiterung der speziellen Ausschreibungen für innovative KWK-Anlagen auf
Anlagen, die mit Hilfe von Abwärmenutzung oder ORC-Prozessen klimascho-
nend und besonders effizient Strom und Wärme erzeugen.

7. Streichung der neu eingeführten Pflicht für Wärmenetzbetreiber, die Förderwür-
digkeit eines konkreten Projektes zum Auf- oder Ausbau eines Wärmenetzes in-
dividuell nachzuweisen.

8. Verlängerung der Übergangsfristen für die Anwendung des neuen Gesetzes um
ein Jahr, um einerseits den Bau bereits geplanter und kalkulierter Anlagen zu er-
möglichen und andererseits kein künstliches Strohfeuer für eine kurzfristige Er-
richtung von Neuanlagen anzufachen.

Berlin, den 13. Dezember 2016

Katrin-Göring Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10677
Begründung

Zu 1: Je kleiner die geplanten Anlagen sind, desto höher fallen im Verhältnis Aufwand und Kosten für die Teil-
nahme an Ausschreibungen aus. Damit besteht für kleinere Anlagen eine zusätzliche Hürde bei der Realisierung.
Die Befreiung von der Ausschreibung sollte daher so weit wie möglich ausgedehnt werden.
Zu 2: Um den Negativtrend beim KWK-Ausbau aufzufangen, sind deutlich höhere Ausschreibungsmengen not-
wendig als von der Bundesregierung vorgesehen.
Zu 3: Insbesondere Anlagen zur Objektversorgung, die Strom und Wärme für Gebäude in der direkten räumlichen
Umgebung zur Verfügung stellen und somit die dezentrale Energiewende unterstützen, dürfen in der Fördersys-
tematik nicht benachteiligt werden. Daher sollten Ausschreibungen auch für Anlagen geöffnet werden, die nicht
den gesamten Strom ins öffentliche Netz einspeisen.
Zu 4: Die Beteiligung der Mieterinnen und Mieter an der Energiewende vor Ort ist ein besonders wichtiges
Anliegen, das sowohl der Akzeptanz für den Umbau der Energieversorgung als auch der sozialen Ausgewogen-
heit von Energiewendemaßnahmen zugutekommt. Daher sollte die spezielle Förderung von Mieterstrommodel-
len, die die Bundesregierung bisher nur in Kombination mit Fotovoltaikanlagen angekündigt hat, unbedingt auf
KWK-Anlagen ausgeweitet werden.
Zu 5: Schon das KWKG 2016 hat keine ausreichenden Anreize für den Umstieg von Kohlebefeuerung in KWK-
Anlagen auf vergleichsweise klimaschonendere Erdgasbefeuerung gesetzt oder gar den Einsatz von erneuerbaren
Energien in der KWK ausreichend unterstützt. Mit dem neuen Gesetz drohen durch Ausschreibungsverfahren für
die Modernisierung von Anlagen sowie bei Erweiterung der Anlagen eine Belastung mit anteiliger EEG-Umlage
zusätzliche Hindernisse. Das widerspricht den Erfordernissen des Klimaschutzes.
Zu 6: Bisher werden als innovative KWK-Anlagen nur solche in Verbindung mit erneuerbar erzeugter Wärme
im Gesetz adressiert. Aber auch Abwärmenutzung oder ORC-Verfahren, die ohne zusätzlichen Brennstoffeinsatz
zur Strom- und Wärmeerzeugung in KWK-Anlagen beitragen, müssen im Sinne von Energieeffizienz und Kli-
maschutz gefördert werden.
Zu 7: Insbesondere Nahwärmenetze stellen die entscheidende Infrastruktur für eine energieeffiziente und klima-
schonende Versorgung von Quartieren und Siedlungen dar, wenn erneuerbare Wärme und Abwärme eingespeist
und dezentral genutzt werden. Daher dürfen für den Ausbau solcher Wärmenetze keine zusätzlichen und unnöti-
gen bürokratischen Hürden geschaffen werden.
Zu 8: Schon das KWKG 2016 wurde im Eilverfahren beschlossen. Zwischen Beschluss im Bundestag und In-
krafttreten lagen keine 4 Wochen. Auch das vorliegende Gesetz soll mit Hochdruck durchs Parlament gebracht
werden, so dass die Zeit für eine adäquate Beratung fehlt. Derart kurze Fristen für grundsätzliche Änderungen in
der Fördersystematik bedeuten einen hohen Grad an Investitionsunsicherheit für die betroffenen Unternehmen
und Projekte. Um diesen Missstand wenigstens etwas abzumildern, sind längere Übergangsfristen notwendig.

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