BT-Drucksache 18/1063

Rechtliche Situation der Sanktionen gegen den Iran

Vom 3. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1063
18. Wahlperiode 03.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Annette Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Niema Movassat,
Dr. Alexander S. Neu und der Fraktion DIE LINKE.

Rechtliche Situation der Sanktionen gegen den Iran

Seit dem Jahr 1979 verhängten die USA und nach ihnen auch Kanada, Austra-
lien, Südkorea und die Europäische Union (EU) verschiedenste Sanktionen ge-
gen die Islamische Republik Iran. Im Jahr 2006 schloss sich der Sicherheitsrat
der Vereinten Nationen an und begann, mehrere speziell auf das Atomprogramm
des Irans bezogene Sanktionen gegen das Land zu beschließen. Im Jahr 2012
beschloss der Rat der Europäischen Union die Implementierung eines Öl-Em-
bargos gegen den Iran als die bisher am weitesten gehende Maßnahme solcher
Art in Friedenszeiten.
Die iranische Ölwirtschaft hat derzeit mit vielen Problemen zu kämpfen. Die
verschiedenen Formen der wirtschaftlichen Sanktionen haben außerdem einen
einschneidenden Effekt auf die Ökonomie des Landes im Mittleren Osten. Nicht
nur die größten iranischen Wirtschaftszweige leiden unter dem Sanktions-
regime, auch die medizinische Versorgung der iranischen Bevölkerung ist ein-
geschränkt; darüber hinaus wächst die Korruption (www.deutschlandradio-
kultur.de/die-iran-sanktionen-treffen-die-falschen.1005.de.html?dram:article_
id=229239). Die Sanktionen haben das existierende politische System der Is-
lamischen Republik Iran gefestigt und zivilgesellschaftliche Akteure ge-
schwächt (www.heise.de/tp/artikel/40/40308/1.html).
Im Februar 2013 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die EU-
Sanktionen gegen die iranischen Bankhäuser Mellat und Saderat unbegründet
sind, da Verbindungen dieser Geldhäuser zum iranischen Atomprogramm nicht
nachweisbar seien (www.forbes.com/sites/jonmatonis/2013/02/08/eu-court-
strikes-down-swifts-blockade-against-iranian-banks/). Im Oktober desselben
Jahres waren die Sanktionen jedoch weiterhin in Kraft, da die EU-Seite in Be-
rufung gegangen ist (www.taz.de/!125569/). Im Januar dieses Jahres hat die
Bank Mellat ein Gerichtsverfahren gegen die britische Regierung vor dem
Handelsgericht in London angestrengt, um die Blockade ihrer Aktivitäten zu
beenden (http://country.eiu.com/article.aspx?articleid=791474463). Das irani-
sche Bankhaus verklagt Großbritannien in einer Größenordnung von 1 Mrd.
Pfund Sterling, also circa 1,2 Mrd. Euro (english.farsnews.com/newstext.aspx
?nn=13921116001143). Anfang Februar dieses Jahres musste ein weiteres
iranisches Unternehmen nach einem Gerichtsurteil von der EU-Sanktionsliste
genommen werden (www.zawya.com/story/Iranian_company_delisted_by_
EU-ZAWYA20140204043013/).
Mit dem Genfer Abkommen zum iranischen Atomprogramm einigten sich beide
Seiten im Konflikt um das Atomprogramm der Islamischen Republik Iran, dass

Drucksache 18/1063 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
die EU- und USA-Sanktionen gegen den Iran gelockert werden sollen. Sollte das
Moratorium in sechs Monaten durch eine dauerhafte Einigung ersetzt werden,
sollten die auf das iranische Atomprogramm bezogenen EU-Sanktionen gegen
den Iran ganz wegfallen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkreten politischen Forderungen richten die EU und Deutschland

an die iranische Führung als Bedingung für eine Lockerung beziehungs-
weise Aufhebung des Öl-Embargos und der anderen Sanktionen?

2. Da die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Frak-
tion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 17/2829 erklärt hat, sie beob-
achte und bewerte die Wirkung der seitens der EU verhängten Sanktionen
gegen den Iran, welche Auswirkungen haben die bisherigen Sanktionen
(gegebenenfalls Schätzwerte) auf
a) das Bruttoinlandsprodukt des Landes,
b) den Staatshaushalt des Landes,
c) die Inflationsrate des Irans,
d) die Preise für Grundnahrungsmittel,
e) die Anzahl der unter der Armutsgrenze lebenden Menschen,
f) die Gesundheitsversorgung und
g) die Arbeitslosenzahlen?

3. Welche Gerichtsurteile gegen Iran-Sanktionen der EU sind der Bundes-
regierung bekannt (bitte mit Kurzangaben zur Sachlage, Verfahrensstand
bzw. Entscheidung auflisten)?

4. Welche Schlussfolgerungen hat die Prüfung der bisherigen Gerichtsurteile
zu Sanktionen gegen den Iran (Bundestagsdrucksache 17/14813) durch die
Bundesregierung ergeben?

5. Welche noch nicht abgeschlossenen Gerichtsverfahren in diesem Kontext
sind der Bundesregierung bekannt?

6. Welche gerichtlich für unrechtmäßig erklärten Sanktionen hat die EU nach
Kenntnis der Bundesregierung mit welchen Modifikationen und Begrün-
dungen wieder in Kraft gesetzt?

7. Welche Urteile werden hingegen von der Bundesregierung und ihren Part-
nern nach Kenntnis der Bundesregierung in der EU respektiert?

8. Welche Sanktionen der EU würden im Fall einer umfassenden, endgültigen
Einigung im Streit um das iranische Atomprogramm – bei welchem Ver-
treter der USA und der EU die Aufhebung aller „nuklear-bezogenen“ Sank-
tionen versprochen haben – weiter Bestand haben, da sie nicht ausschließ-
lich „nuklear-bezogen“ sind (bitte vollständige Aufzählung im Einzelnen)?

9. Welche Sanktionen der EU sind in Bezug auf den Iran in Kraft, die keinen
Bezug zum Atomprogramm haben, und wie sind diese im Einzelnen
begründet, bzw. was war der Grund für die Beschließung der jeweiligen
Sanktionen?

10. Welche Auswirkungen hat das Genfer Moratorium auf die Haltung der Bun-
desregierung hinsichtlich der Sanktionspolitik der EU?

11. Welche Vorbereitungen trifft die Bundesregierung – vor dem Hintergrund
der beispielsweise langwierigen Aufhebung der Sanktionen gegen Myan-
mar – für den Fall, dass die Sanktionen gegen das Atomprogramm des Irans
aufgehoben werden sollten?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1063
12. Wie viel Zeit wird es nach Kenntnis der Bundesregierung voraussichtlich
beanspruchen, die Sanktionsmaßnahmen gegen das Atomprogramm des
Irans wieder aufzuheben?

13. Inwieweit sieht die Bundesregierung ihre Haltung zu den Sanktionen gegen
den Iran bestätigt, dass diese Sanktionen „zielgerichtet und angemessen“
(Bundestagsdrucksache 17/10508) sind?

14. In welchen Fällen von Verletzungen der Menschenrechte ist die Bundes-
regierung in welcher Form und wann in diesem Jahr an die iranische Regie-
rung herangetreten?

Berlin, den 2. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.