BT-Drucksache 18/10612

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Katja Kipping, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/8657 - Rechenschaftspflicht und entwicklungspolitisches Mandat der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG stärken

Vom 12. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10612
18. Wahlperiode 12.12.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Katja Kipping, Dr. Gesine
Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/8657 –

Rechenschaftspflicht und entwicklungspolitisches Mandat der Deutschen
Investitions- und Entwicklungsgesellschaft DEG stärken

A. Problem
Die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (DEG) ist als
100-prozentiges Tochterunternehmen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)
mit einem Portfolio von 7,979 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2015 eine der
größten europäischen Entwicklungsfinanzierer. Als Vertreterin einer „unterneh-
merischen EZ“ ist sie nach Auskunft der Bundesregierung eine wichtige Säule der
deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ).

Dennoch ist in der deutschen Öffentlichkeit bisher wenig über die Arbeit der DEG
und deren Finanzierungen bekannt. Denn die öffentliche Rechenschaftspflicht ist
ebenso wie deren politische Regulierung bisher nur schwach ausgeprägt. Dies ist
auch die Folge der rechtlichen Konstruktion der DEG als Gesellschaft.

Dies führt nach Auffassung der Antragsteller zu der paradoxen Situation, dass die
DEG laut Bundesregierung zwar im Rahmen deren entwicklungspolitischer
Grundsätze und Maßnahmen arbeite, sich gleichzeitig aber strikteren Kontrollen
oder Vorgaben entziehe. Ausnahmen seien die wenigen Fälle, in denen die DEG
als Durchführungsorganisation der staatlichen EZ agiere.

Seit 2015 eröffnet die DEG Basisdaten zu ihren Neugeschäften, wobei die finan-
zierten Unternehmen dieser Veröffentlichung zustimmen müssen. Zudem sind die
Ergebnisse der Umwelt- und Sozialrisikoprüfungen, die den Finanzierungen vo-
rausgehen, weiterhin nicht einsehbar, was eine kritische öffentliche Begleitung
der Arbeit der DEG erschwert.

Die antragstellende Fraktion erachtet diese aber als dringend notwendig, denn in
den letzten Jahren seien, teils durch Zufall oder durch aufwendige Recherchen,
Informationen zu mehreren von der DEG finanzierten Projekten publik geworden,

Drucksache 18/10612 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
die starke Zweifel am entwicklungspolitischen Nutzen der Projekte und negative
Konsequenzen für lokale Bevölkerungsgruppen belegen würden.

Um sicherzustellen, dass die Förderpraxis der DEG tatsächlich dem Allgemein-
wohl zugutekommt, ist nach Auffassung der Antragsteller eine stärkere politische
Regulierung der DEG notwendig. Diese müsse insbesondere drei Ziele verfolgen:
1.) Verankerung einer öffentlichen Rechenschaftspflicht der DEG; 2.) Stärkung
des entwicklungspolitischen Auftrags der DEG; 3.) Aufwertung der von DEG-
Finanzierung betroffenen Bevölkerungsgruppen bei Planung, Durchführung und
Anfechtung von Projekten.

B. Lösung
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10612
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 18/8657 abzulehnen.

Berlin, den 21. September 2016

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Johannes Selle
Berichterstatter

Christoph Strässer
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

Drucksache 18/10612 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Johannes Selle, Christoph Strässer, Niema Movassat und
Uwe Kekeritz

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 18/8657 in seiner 179. Sitzung am 23.06.2016 beraten
und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur federführenden Beratung und an
den Haushaltsausschuss und den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe zur Mitberatung überwie-
sen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller fordern die Bundesregierung auf, die öffentliche Rechenschaftspflicht der DEG zu stärken. Dies
solle geschehen, indem sie die DEG dazu verpflichte, nur diejenigen Unternehmen und Finanzintermediäre zu
finanzieren, die der Veröffentlichung einiger Informationen der von der DEG direkt oder indirekt finanzierten
Projekte zustimmen. Außerdem solle sie alle Finanzierungsvorhaben mitsamt der Umwelt-und Sozialrisikoprü-
fungen 60 Tage bei Projekten der Risikogruppe A bzw. 30 Tage bei Projekten anderer Risikogruppen vor Ver-
tragsabschluss veröffentlichen. Schließlich solle die Bundesregierung der DEG einen parlamentarischen Beirat
zur Seite stellen.

Weiter fordern die Antragsteller die Bundesregierung auf, den entwicklungspolitischen Auftrag der DEG zu stär-
ken und zu spezifizieren. Dazu solle sie die DEG verpflichten, entwicklungspolitische Vorgaben des BMZ, wie
den Leitfaden zur Berücksichtigung von menschenrechtlichen Standards und Prinzipien zwingend anzuwenden.
Das gelte ebenso für die bislang freiwilligen Leitlinien zu Landnutzungsrechten, den die DEG zukünftig bei ihren
Geschäftstätigkeiten zwingend umsetzen solle.

Schließlich solle die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass die Position der von DEG-Finanzierungen be-
troffenen Bevölkerungsgruppen gestärkt werde. Dazu sollten vor Finanzierungszusagen verbindliche und trans-
parente Konsultationsmechanismen mit der lokalen Bevölkerung etabliert werden, inklusive eines Vetorechts für
die legitimierten Vertretungsorgane. Der DEG-Beschwerdemechanismus möge dahingehend reformiert werden,
dass die Liste der Standards erweitert werden mögen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage 18/8657 in seiner 81. Sitzung am 22.09.2016 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat die Vorlage 18/8657 in seiner 68. Sitzung am
21.09.2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des
Antrags.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Vorlage in seiner 64. Sitzung
am 21.09.2016 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stim-
men der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung
des Antrags.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10612
Die Fraktion DIE LINKE. erklärt, dass der vorliegende Antrag Forderungen enthalte, mit denen die Rechen-
schaftspflicht und das entwicklungspolitische Mandat der DEG gestärkt werden solle. Es gehe nicht darum, die
Abwicklung der Gesellschaft herbeizuführen, denn sicherlich seien viele DEG-Finanzierungen entwicklungspo-
litisch sinnvoll. Es gehe in dem Antrag auch nicht darum, die DEG grundsätzlich schlecht zu machen, sondern es
gehe um ganz konkrete Projekte, die nicht funktionierten, wie beispielsweise ADDAX Bioenergy in Sierra Leone,
der Barro Blanco Damm in Panama, Feronia in der Demokratischen Republik Kongo oder ein Windparkprojekt
in Kenia. Es gebe zwar das Beschwerdepanel, was einen Fortschritt darstelle, aber man müsse immer nach dem
Effekt fragen. Wenn man bei Barro Blanco eine Beschwerde einreiche, das Beschwerdepanel zu dem Schluss
komme, dass einiges schief gelaufen sei, und diese Beurteilung keine Konsequenzen habe, dann sei das Verfahren
unsinnig. Den Leuten vor Ort gehe es nämlich nicht darum, auf einem Stück Papier Recht zu bekommen, sondern
es gehe um konkrete Konsequenzen. Die mit Zustimmung der Unternehmen veröffentlichten Projektdaten seien
immer noch nicht transparent genug. Eine Seite zu einem 14 Millionen Euro Projekt der höchsten Risikostufe
reiche nicht aus. Die DEG habe zugesagt, sich an IFC-Standards zu orientieren, und das bedeute, dass die Umwelt-
und Sozialrisikoprüfung bei Hochrisikoprojekten 60 Tage früher veröffentlicht würde, was die Fraktion DIE
LINKE. sehr begrüßen würde. Nach Aussagen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages sei
es in diesem Zusammenhang durchaus möglich, privatwirtschaftliche Vereinbarungen mit Unternehmen zu ver-
einbaren, bei der das Rechtsargument nicht gelten würde. Deswegen fordere man in dem Antrag eine höhere
öffentliche Rechenschaftspflicht und Transparenz.

Die Fraktion der CDU/CSU stellt fest, dass im Jahr 2015 die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable De-
velopment Goals, SDGs) angenommen worden seien, die bis 2030 umgesetzt sein sollten. In diesen Zielen sei
verankert, dass man sie nicht erreichen werde, wenn man die private Wirtschaft nicht mitnehmen würde, die
Arbeitsplätze schaffen würde. Bei Delegationsreisen des AwZ, an denen im Übrigen alle teilnehmen würden,
wünschten die Partnerländer in Gesprächen mehr deutsche Investitionen. Diese Staaten hätten aber keinerlei Mög-
lichkeiten der Überprüfung, weil sie die Fazilität, die Behörden und die Institutionen nicht hätten, um internatio-
nale Standards zu überprüfen. Wenn private Unternehmen in solche Staaten gehen würden, dann bräuchten sie
eine Finanzierungsbegleitung, die etwas von dem Geschäft verstehen würde, und dann könne man dankbar sein,
dass die DEG existiere. In dem vorliegenden Antrag werde grundsätzlich hinterfragt, ob die DEG ein geeignetes
Instrument sei oder ob sie das Gegenteil von dem bewirke, was sie eigentlich wolle. Die DEG unterliege als
Kreditinstitut dem Kreditwesengesetz, und sie beachte diese Standards freiwillig. Die Unternehmen hätten begrif-
fen, dass eine Zusammenarbeit mit der DEG einen Mehrwert darstelle und sie Reputation hinzugewinnen würden.
Die DEG versuche, in den Partnerländern einen Standard wie in Deutschland zu erreichen, was die Zufriedenheit
der Beschäftigten und dadurch bedingt einen Produktivitätszuwachs einschließe. Das sei genau der richtige Weg,
und deshalb lehne die Fraktion der CDU/CSU den vorliegenden Antrag ab.

Die Fraktion der SPD konstatiert, dass es gut und richtig sei, dass man sich ausführlich mit dem Thema und den
Problemen beschäftige, die es innerhalb der DEG offensichtlich gebe. Die angesprochenen Kritikpunkte seien
öffentlich diskutiert worden, insbesondere das Projekt ADDAX, und es gebe niemanden innerhalb der DEG, der
solche Fehlinvestitionen oder Probleme nicht überprüfen und gegebenenfalls Rechenschaft einfordern wolle. Es
sei sicherlich interessant, wie sich die Einbindung des Menschenrechtskonzepts des BMZ konkret in den Ge-
schäftsprojekten der DEG widerspiegeln werde. Das Bankgeheimnis spiele eine große Rolle und sei eine rechtli-
che Vorgabe, die jede Bank beachten müsse. Im Rahmen einer Vereinbarung mit der DEG könne der Bankkunde
dann einer Veröffentlichung und den Transparenzvorgaben zustimmen, aber er könne am Ende auch weiterhin
auf seinem Bankgeheimnis bestehen. Der entscheidende Punkt sei, ob die DEG in der Lage wäre, solche Geschäfte
dann abzulehnen. Es gebe Hinweise, dass die DEG eine Institution sei, die Steuererleichterungen in den Ländern
nutze, in denen sie arbeite. Es gebe aber auch Zahlen, dass exorbitante Steuereinnahmen in den Ländern rekrutiert
würden. Die DEG leiste insgesamt gute Arbeit und aus diesem Grund lehne die Fraktion der SPD den vorliegen-
den Antrag ab.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weist darauf hin, dass die Einrichtung des DEG-Beschwerdepanels
im Jahr 2015 bereits vor 20 Jahren hätte geschehen müssen. Insofern sei endlich ein Fehler korrigiert worden. Die
grundsätzliche Infragestellung der DEG sei in dem vorliegenden Antrag nicht zu sehen. Man warte allerdings
allesamt auf die Auflistung positiver Beispiele und auf präzise Informationen zu Projekten. Bei dem Projekt Fe-
ronia in der Demokratischen Republik Kongo gebe die DEG 15 Millionen Euro aus, und es gehe um eine Fläche
von 110.000 Hektar, aber man wisse immer noch nicht, wie viele Kleinbauern dort lebten und wie die Lebens-

Drucksache 18/10612 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
mittelversorgung dieser Menschen zukünftig geregelt sein würde. Bei ADDAX in Sierra Leone könne man fest-
stellen, dass die Lebensmittelversorgung schlechter geworden, die Wasserversorgung miserabel und die verspro-
chenen Arbeitsplätze auch nicht konkretisiert worden seien. Das Bankgeheimnis sei Bestandteil der DEG-Ver-
träge, aber wenn das Geld wirklich benötigen werde, dann wären man durchaus bereit, transparent zu sein und
Daten zu übermitteln. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN würde sich bei dem Antrag enthalten.

Berlin, den 21. September 2016

Johannes Selle
Berichterstatter

Christoph Strässer
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Uwe Kekeritz
Berichterstatter

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