BT-Drucksache 18/10552

Fischfanggrenzen in der Ostsee 2017

Vom 30. November 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10552
18. Wahlperiode 30.11.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Friedrich Ostendorff, Matthias Gastel,
Stephan Kühn (Dresden), Tabea Rößner, Markus Tressel und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fischfanggrenzen in der Ostsee 2017

Viele Fischbestände in der Ostsee befinden sich im Stadium starker Überfi-
schung. Vor allem die Entwicklung des Dorschbestands ist aktuell besonders be-
sorgniserregend.
Die Gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union (GFP) ist ein Grund-
pfeiler nachhaltigeren Fischereimanagements. Dabei ist die Festlegung geeigne-
ter Fanggrenzen von wesentlicher Bedeutung für die Verwirklichung der Ziele
der GFP, insbesondere dafür, das Ziel, die Fischpopulationen schrittweise wieder
aufzufüllen und oberhalb eines Niveaus der Biomasse zu halten, das den höchst-
möglichen Dauerertrag ermöglicht.
Daher verlangt die GFP-Grundverordnung nach Artikel 2 Absatz 2, dass der Grad
der Befischung, welcher den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglichet, soweit
wie möglich bis 2015, und unter allen Umständen schrittweise für alle Bestände
bis spätestens 2020 erreicht wird. Es sollte nur dann gestattet sein, diese Nut-
zungsgrade zu einem späteren Zeitpunkt zu erreichen, wenn durch ihr Erreichen
bis 2015 die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit der betreffenden Fische-
reiflotten ernstlich gefährdet würde.
Der Mehrjahresplan für die Ostsee (Baltic MAP), der nach längeren Verhandlun-
gen mit dem Europäischen Parlament am 6. Juli 2016 in Kraft getreten ist, enthält
weitere spezifische Anforderungen an die Festlegung von Fangfristen für einzelne
Bestände für die Ostsee. Am 10. Oktober 2016 haben die EU-Fischereiminister
eine politische Einigung über die Fangmengenbegrenzungen (TACs = Total
Allowable Catches) für 2017 in der Ostsee erzielt (www.n-tv.de/wirtschaft/
Ostseefischer-duerfen-weniger-Dorsch-fangen-article18828726.html).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Mindestanforderungen empfiehlt die Bundesregierung, um wissen-

schaftlichen Gutachten mehr Gewicht bei der Bestimmung der Fanggrenzen
zu verleihen?

2. Welchen Stellenwert nehmen dabei die Empfehlungen des internationalen
Rates für Meeresforschung (ICES) oder des EU-Beirates für Wissenschaft,
Technik und Ökonomie in der Fischerei (STECF) ein?

http://www.n-tv.de/wirtschaft/Ostseefischer-duerfen-weniger-Dorsch-fangen-article18828726.html
http://www.n-tv.de/wirtschaft/Ostseefischer-duerfen-weniger-Dorsch-fangen-article18828726.html
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3. a) Welche Position hat die Bundesregierung zur weiteren Qualitätssicherung
der wissenschaftlichen Gutachten zu Fangquoten in der Fischerei, und in-
wieweit sollte hier das Instrument der Peer Review eine stärkere Rolle
spielen?

b) Inwieweit sollte bei der Qualitätssicherung der wissenschaftlichen Gut-
achten zu Fangquoten in der Fischerei die Veröffentlichung in wissen-
schaftlichen Publikationen eine stärkere Rolle spielen?

c) Inwieweit sollte bei der Qualitätssicherung der wissenschaftlichen Gut-
achten zu Fangquoten in der Fischerei die Zugänglichmachung der Publi-
kationen in der Öffentlichkeit eine stärkere Rolle spielen?

4. Inwieweit und mit welchen Maßnahmen wurde bei der Festlegung der Fan-
grenze des östlichen Dorschs der in der GFP verankerte Vorsorgeansatz be-
folgt, und inwieweit wurde der Vorsorgeansatz in den ICES-Empfehlungen
nach Auffassung der Bundesregierung ausreichend berücksichtigt?

5. Was waren nach Kenntnis der Bundesregierung die Beweggründe, die Fang-
grenzen für Spotten in der Ostsee weniger stark anzuheben als nach wissen-
schaftlichen Vorgaben möglich gewesen wäre, und inwieweit sind dabei
Ökosystemauswirkungen auf den Dorschbestand bei dieser Entscheidungs-
findung mit eingeflossen?

6. a) Welche wissenschaftlichen Gutachten liegen der Bundesregierung vor,
aus denen hervorgeht, dass die Festlegung der Fischfanggrenzen für He-
ring im Golf von Riga gemäß den im Ostsee MAP Anhang 1 Spalte A
festgelegten Bandbreiten zu einer beträchtlichen Zunahme der Biomasse
des Laichbestands führen würde (bitte Gutachten benennen sowie wo und
seit wann sie veröffentlicht wurden)?

b) Welche wissenschaftlichen Gutachten liegen der Bundesregierung vor,
aus denen hervorgeht, dass die Festlegung der Fischfanggrenzen für He-
ring im Golf von Riga gemäß den im Ostsee MAP Anhang 1 Spalte A
festgelegten Bandbreiten die vorhergesehene Zunahme der Biomasse zu
einem hohen Wettbewerb um Nahrung führen würde (bitte Gutachten be-
nennen sowie wo und seit wann sie veröffentlicht wurden)?

c) Welche wissenschaftlichen Gutachten liegen der Bundesregierung vor,
aus denen hervorgeht, dass die Festlegung der Fischfanggrenzen für He-
ring im Golf von Riga gemäß den im Ostsee MAP Anhang 1 Spalte A
festgelegten Bandbreiten ernsthaften Schaden beim Bestand des Hering
im Golf von Riga hervorrufen würde (bitte Gutachten benennen sowie wo
und seit wann sie veröffentlicht wurden)?

7. Welche wissenschaftlichen Gutachten liegen der Bundesregierung vor, die
die Auswirkungen der Einführung der anvisierten Fanggrenzen für die Frei-
zeitfischerei auf die fischereiliche Sterblichkeit des westlichen Dorsches dar-
stellen (bitte Gutachten benennen sowie wo und seit wann sie veröffentlicht
wurden)?

8. Welche wissenschaftlichen Gutachten liegen der Bundesregierung vor, aus
denen die beurteilte Verringerung der fischereilichen Sterblichkeit infolge
der Verlängerung der vorübergehenden Schließung der Fischerei des westli-
chen Ostseekabeljaus (Dorsch) hervorgeht?

9. Welche ist die von der Bundesregierung erwartete maximale fischereiliche
Sterblichkeit für den westlichen Dorsch im Jahr 2017 (bitte genaue Berech-
nung beifügen)?

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10. Inwieweit wurde bei der Festlegung der Fangrenzen für den westlichen

Dorsch die ICES Advise Rule befolgt, wie in der Antwort der Bundesregie-
rung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
(Bundestagsdrucksache 18/8954) bekräftigt wurde?

11. Inwieweit, zu welchem Zeitpunkt und mit welchen Maßnahmen hat die Bun-
desregierung die Öffentlichkeit darüber informiert, wie die politisch verein-
barten Fangmöglichkeiten im Einklang mit dem Ostseemehrjahresplan ste-
hen?

12. Inwieweit hat die Bundesregierung untersucht, in welchem Ausmaß die in
den letzten Jahren deutlich oberhalb wissenschaftlicher Empfehlungen fest-
gesetzten Fanggrenzen für den westlichen Dorsch zur Entwicklung der Bio-
masse beigetragen haben, und wie interpretiert die Bundesregierung diese
Untersuchung im Hinblick auf die Festsetzung zukünftiger Fanggrenzen?

13. Inwieweit und mit welchen Maßnahmen wird die Bundesregierung die poli-
tisch vereinbarten Maßnahmen für die Freizeitfischer des westlichen Dor-
sches und ggf. weiterer Fische kontrollieren, wie viele Mitarbeiter welcher
Behörden werden mit diesen Kontrollen beauftragt?

14. Inwieweit und in welchem Umfang erachtetet die Bundesregierung weitere
Kontrollen auf See als notwendig, um ein Überschreiten der politisch verein-
barten Fanggrenzen für den westlichen Dorsch zu verhindern, und welche
Maßnahmen trifft sie in diesem Zusammenhang?

15. Inwieweit und mit welchen Maßnahmen ist eine Zusammenarbeit mit den
anderen EU-Mitgliedstaaten und eventuell der Europäischen Fischereiauf-
sichtsagentur (EUFA) angedacht, um die Freizeitfischerei effektiv zu kon-
trollieren?

16. Inwieweit und in welchem Umfang erachtet die Bundesregierung weitere
Kontrollen auf See als notwendig, um ein Überschreiten der politisch verein-
barten Fanggrenzen für den westlichen Dorsch zu verhindern?

17. Inwieweit stimmt sich die Bundesregierung mit den anderen Anrainerstaaten
ab, um die Datenlage über die Freizeitfischerei auf den westlichen Dorsch zu
verbessern, und welche konkreten Maßnahmen sind vorgesehen?

18. Welche transparenten und objektiven Kriterien wendet die Bundesregierung
bei der Zuteilung der Fangmöglichkeiten für den westlichen Dorsch an, in-
wieweit wurden ökologische und wirtschaftliche Kriterien benutzt?

19. Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung, betroffenen Fischern Gelder für
die vorübergehende oder endgültige Einstellung der Fangtätigkeiten zur Ver-
fügung zu stellen, und welche Mittel stehen nach Kenntnis der Bundesregie-
rung hierfür aus der Europäischen Union, dem Bundeshaushalt bzw. den
Haushalten der Länder zur Verfügung?

Berlin, den 29. November 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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