BT-Drucksache 18/10543

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/10241 - Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr sofort beenden und keine Ausbildung von Jugendlichen an Waffen b) zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Dr. Franziska Brantner, Agnieszka Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/981 - Keine Rekrutierung Minderjähriger in die Bundeswehr

Vom 1. Dezember 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10543
18. Wahlperiode 01.12.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Norbert Müller (Potsdam), Katrin Kunert,
Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/10241 –

Rekrutierung von Minderjährigen für die Bundeswehr sofort beenden und
keine Ausbildung von Jugendlichen an Waffen

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Tom Koenigs, Dr. Franziska Brantner,
Agnieszka Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/981 –

Keine Rekrutierung Minderjähriger in die Bundeswehr

A. Problem
Die Bundesrepublik Deutschland bekräftigt in verschiedenen internationalen Ab-
kommen die Schutzverpflichtung gegenüber Kindern und Jugendlichen im Hin-
blick auf die Beteiligung an bewaffneten Konflikten und die Einziehung zum Mi-
litärdienst. Um jedoch Jugendliche bereits ab dem vollendeten 17. Lebensjahr für
die Bundeswehr freiwillig zu rekrutieren, nutzt Deutschland die Ausnahmemög-
lichkeiten des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des
Kindes. Nach Ansicht der antragstellenden Fraktionen werde dadurch die Glaub-
würdigkeit der diplomatischen Bemühungen Deutschlands auf internationaler
Ebene, den Einsatz und die Rekrutierung von Minderjährigen für bewaffnete Kon-
flikte konsequent zu ächten, gefährdet.

Die Antragsteller fordern, das Mindestalter für die Rekrutierung und die Einstel-
lung zum Dienst bei der Bundeswehr auf 18 Jahre gesetzlich festzulegen sowie

Drucksache 18/10543 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
bis zum Inkrafttreten einer solchen Regelung auf die Ausbildung Minderjähriger
im Umgang mit Waffen zu verzichten.

B. Lösung
Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/10241 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/981 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen
Keine.

D. Kosten
Wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10543
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 18/10241 abzulehnen;

b) den Antrag auf Drucksache 18/981 abzulehnen.

Berlin, den 30. November 2016

Der Verteidigungsausschuss

Wolfgang Hellmich
Vorsitzender

Michaela Noll
Berichterstatterin

Dr. Fritz Felgentreu
Berichterstatter
Christine Buchholz
Berichterstatterin

Doris Wagner
Berichterstatterin
Drucksache 18/10543 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht der Abgeordneten Michaela Noll, Dr. Fritz Felgentreu, Christine Buchholz
und Doris Wagner

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/10241 in seiner 199. Sitzung am 10. November 2016
zur federführenden Beratung an den Verteidigungsausschuss sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend sowie an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe überwiesen.

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/981 in seiner 115. Sitzung am 2. Juli 2015 im ver-
einfachten Verfahren zur federführenden Beratung an den Verteidigungsausschuss sowie zur Mitberatung an den
Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Nach den Vorlagen setze sich die Bundesrepublik Deutschland international gegen jegliche Beteiligung von Kin-
dern an bewaffneten Konflikten und gegen ihre Rekrutierung in militärische oder paramilitärische Organisationen
ein. Mit der Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes habe sich
die Bundesrepublik Deutschland dazu bekannt, das Mindestalter für die Einziehung zum Militärdienst und zur
Teilnahme an bewaffneten Konflikten auf 18 Jahre festzulegen. Um jedoch Jugendliche bereits ab dem vollende-
ten 17. Lebensjahr für die nationalen Streitkräfte freiwillig zu rekrutieren, nutze Deutschland die Ausnahmemög-
lichkeiten des Fakultativprotokolls. Seit dem Aussetzen der Wehrpflicht habe sich nach Angaben der Bundesre-
gierung der Anteil der Minderjährigen an den gesamten Diensteintritten von 4,7 Prozent auf 7,2 Prozent im Jahr
2015 erhöht. Für die Glaubwürdigkeit des Engagements Deutschlands auf internationaler Ebene, den Einsatz und
die Rekrutierung von Minderjährigen für bewaffnete Konflikte konsequent zu ächten, bedürfe es jedoch nach
Ansicht der antragstellenden Fraktionen eines konsequenten Schutzes von Minderjährigen im eigenen Land. Auch
habe der Ausschuss für die Rechte des Kindes der Vereinten Nationen im Jahr 2014 der Bundesrepublik Deutsch-
land erneut empfohlen, das Mindestalter für die Rekrutierung in die Bundeswehr auf 18 Jahre festzulegen. Hinzu
komme, dass Personen, die vor Abschluss der Entwicklung ihres Gehirnes an Waffen ausgebildet würden sowie
das Töten anderer Menschen erlernten, signifikant stärker von Traumastörungen betroffen seien.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat in seiner 77. Sitzung am 30. November 2016 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/10241 empfohlen.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 74. Sitzung am 30. November 2016
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrages auf Drucksache 18/10241 und die Ablehnung des
Antrages auf Drucksache 18/981 empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Verteidigungsausschuss hat die Anträge in seiner 80. Sitzung am 30. November 2016 beraten und empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung der Anträge.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10543
Im Verlauf der Ausschussberatung erklärt die Fraktion der CDU/CSU, die Bundeswehr habe ausreichende
Schutzmaßnahmen für die minderjährigen Rekrutinnen und Rekruten installiert. Beispielsweise finde eine frei-
willige Rekrutierung erst ab 17 Jahren statt und das Einverständnis der Eltern werde benötigt. Sie würden an der
Waffe ausgebildet, aber nicht an der Waffe eingesetzt. Auch werde auf die psychische Stabilität der Rekruten
geachtet. Die jungen Menschen sollten über ihre berufliche Laufbahn entscheiden können. Dabei sei es wichtig,
dass sie für ihre berufliche Zukunft ein Bild vom Beruf des Soldaten erhalten könnten, und ihnen nicht ein mög-
licher Weg versperrt werde. Nach Abschluss der Schulzeit orientierten sich junge Menschen. Bei einer Anhebung
der Altersgrenze auf 18 Jahre müssten diese an der Bundeswehr interessierten Jugendlichen erst in einer Warte-
schleife verharren, was faktisch dazu führen würde, dass letztendlich der Berufsweg in die Bundeswehr nicht
eingeschlagen werde.

Die Fraktion der SPD stellt fest, die Handhabung der Rekrutierung für die Bundeswehr sei rechtstaatlich nicht
zu beanstanden und stehe nicht im Widerspruch zur VN-Kinderrechtskonvention. Die bestehende Praxis komme
vielmehr dem Interesse der jungen Menschen entgegen, da sie nach ihrer Schulausbildung keine Warteschleife
überbrücken müssten. Auch dürfe es bei der Rekrutierung aufgrund des Alters der Rekrutinnen und Rekruten
keine Differenzierung in zwei Klassen geben. Dennoch sollte zukünftig diese bestehende Praxis durch ein besse-
res System abgelöst werden. Das bestehe jedoch gerade nicht in der Anhebung der Altersgrenze. Vielmehr sollte
ein Vorbereitungsdienst in den zivilen Strukturen der Bundeswehr bis zur Volljährigkeit der Rekruten eingerichtet
werden, um einerseits dem Jugendschutz zu genügen, aber andererseits keine Wartezeit entstehen zu lassen.

Die Fraktion DIE LINKE. verweist darauf, dass es zu der Thematik auch einen Bericht der Kinderkommission
des Deutschen Bundestages gebe, in dem nicht die Rekrutierungsproblematik der Bundeswehr, sondern das Inte-
resse und Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen im Vordergrund stehe. Die Problematik sei virulent, denn in den
letzten fünf Jahren habe es eine Verdreifachung der Zahlen von minderjährigen Rekrutinnen und Rekruten in der
Bundeswehr gegeben. Die Bundeswehr habe gerade nicht ausreichende Schutzmaßnahmen für die Jugendlichen
getroffen. Wichtig hervorzuheben bei der beantragten Anhebung der Altersgrenze auf 18 Jahre sei die Glaubwür-
digkeit Deutschlands im internationalen Bereich bei seinen Bemühungen, den Einsatz von Minderjährigen für
bewaffnete Konflikte zu ächten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betont, die Jugendlichen müssten geschützt werden. Das Jugend-
schutzgesetz regele den Zugang zu Spielhallen und den Konsum von Zigaretten. Dieser Schutz könne nicht auf-
hören, wenn Minderjährige eine Uniform trügen. Anstatt diese Praxis der Rekrutierung junger Menschen einzu-
dämmen, würden die Zahlen vielmehr ansteigen. Auch habe der VN-Ausschuss für die Rechte des Kindes der
Bundesrepublik Deutschland erneut empfohlen, das Mindestalter auf 18 Jahre festzulegen. Das Argument einer
Warteschleife überzeuge nicht, denn oftmals sei nur ein kurzer Zeitraum betroffen und es gebe vielfältige sinn-
volle Möglichkeiten des Engagements, die genutzt werden könnten.

Berlin, den 30. November 2016

Michaela Noll
Berichterstatterin

Dr. Fritz Felgentreu
Berichterstatter
Christine Buchholz
Berichterstatterin

Doris Wagner
Berichterstatterin
Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com
Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de

anzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.