BT-Drucksache 18/10464

Absprachen mit Dänemark zur Veränderung der "Konvention zur Verhinderung von Staatenlosigkeit" und der Europäischen Menschenrechtskonvention

Vom 25. November 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10464
18. Wahlperiode 25.11.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko,
Jan Korte, Niema Movassat und der Fraktion DIE LINKE.

Absprachen mit Dänemark zur Veränderung der „Konvention zur Verhinderung
von Staatenlosigkeit“ und der Europäischen Menschenrechtskonvention

Europaweit erleben wir im Zusammenhang mit dem Aufstieg des sog. Rechtspo-
pulismus eine Verschärfung von Gesetzen, die die Rechte von Flüchtlingen und
Migranten betreffen. Insbesondere im Kontext des bevorstehenden dänischen
Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarats ab November 2017 existieren nach
Kenntnis der Fragesteller Projekte zur Änderung internationaler Konventionen,
wie dem „Übereinkommen zur Verhinderung von Staatenlosigkeit“ der Organi-
sation der Vereinten Nationen (UNO) und einer Veränderung der Interpretation
der „Europäischen Menschenrechtskonvention“ (EMRK).
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) führt zurzeit eine
Kampagne zur „Beendigung von Staatenlosigkeit“ bis zum Jahr 2024 durch
(www.unhcr.org/ibelong-campaign-to-end-statelessness.html). Der ehemalige
Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, António Guterres, cha-
rakterisiert Staatenlosigkeit als „eine tiefgehende Verletzung der Menschenrechte
einer Person“ (www.refworld.org/docid/545b47d64.html). Nach Angaben der
Vereinten Nationen (VN) sind weltweit mindestens 10 Millionen Menschen von
Staatenlosigkeit betroffen (www.unhcr.org/stateless-people.html). Im Jahr 1961
wurde aufgrund der Lage der Staatenlosen ein „Übereinkommen zur Verhinde-
rung von Staatenlosigkeit“ erreicht. Diesem Übereinkommen sind 66 Nationen,
darunter Dänemark und die Bundesrepublik Deutschland, beigetreten.
Am 10. November 2016 verkündete die dänische Ausländer-, Integrations- und
Wohnungsministerin Inger Støjberg im Rahmen einer Ausschusssitzung im däni-
schen Parlament, dass sich die dänische Regierung an neun weitere Regierungen
gewandt hätte, um eine Änderung des „Übereinkommens zur Verhinderung von
Staatenlosigkeit“ zu erreichen (www.ft.dk/webtv/video/20161/uui/td.1349271.
aspx?as=1).
Weiterhin hat die dänische Regierung nach eigenen Angaben eine „Taskforce“
aus Beamten des Justizministeriums und des Außenministeriums berufen, um bis
November 2017 die übrigen 46 Mitgliedstaaten des Europarats zu kontaktieren,
mit dem Ziel, eine restriktivere Migrationspolitik möglich zu machen. Dabei soll
es um eine grundsätzliche Änderung der EMRK gehen. Zudem sollen nach Me-
dienberichten die Befugnisse des Europäischen Gerichtshofs für Menschen-
rechte (EGMR) in Straßburg eingeschränkt werden (http://politiken.dk/indland/
ECE3464102/ny-task-force-skal-udfordre-konventioner/).

http://www.unhcr.org/ibelong-campaign-to-end-statelessness.html
http://www.ft.dk/webtv/video/20161/uui/td.1349271.aspx?as=1
http://www.ft.dk/webtv/video/20161/uui/td.1349271.aspx?as=1
http://politiken.dk/indland/ECE3464102/ny-task-force-skal-udfordre-konventioner/
http://politiken.dk/indland/ECE3464102/ny-task-force-skal-udfordre-konventioner/
Drucksache 18/10464 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. War Deutschland unter den neun, nach Angaben der dänischen Ausländer-,
Integrations- und Wohnungsministerin Inger Støjberg bezüglich der Ver-
änderung des „Übereinkommens zur Verhinderung der Staatenlosigkeit“,
kontaktierten Länder (www.ft.dk/webtv/video/20161/uui/td.1349271.aspx?
as=1)?
a) Falls ja, was war dabei die Haltung der Bundesregierung?
b) Falls ja, was waren Inhalt und Ergebnis der Konsultation?
c) Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung entsprechende Konsultatio-

nen zwischen Dänemark und anderen EU-Mitgliedstaaten, und wenn ja,
mit welchen?

2. Hat die Bundesregierung Kenntnis über andere Länder, mit welchen die dä-
nische Regierung in dem benannten Rahmen in Kontakt getreten ist?

Falls ja, welche Erkenntnisse gibt es über die angesprochenen Themen?
3. Inwieweit gibt es Überlegungen in der Bundesregierung im Rahmen des dä-

nischen Vorsitzes im Europarat auf weitere Verschärfungen des Asylrechts
oder des Staatsbürgerschaftsrechts zu drängen?

4. Gibt es Überlegungen in der Bundesregierung zur Veränderung des „Über-
einkommens zur Verhinderung der Staatenlosigkeit“?

Falls ja, in welchem Rahmen, und in welche Richtung gehen diese?
5. Hat die Bundesregierung mit anderen EU-Staaten über eine Veränderung des

„Übereinkommens zur Verhinderung von Staatenlosigkeit“ kommuniziert?
Wenn ja, mit welchen Staaten, und welchem Ergebnis?

6. Wie viele Staatenlose leben in Deutschland?
7. Wie hat sich die Bundesregierung bisher für das im Jahr 2014 vom UNHCR

ausgegebene Ziel eingesetzt, dass es bis 2024 keine Staatenlosigkeit mehr
geben soll, und welche weiteren Schritte gedenkt sie zukünftig zu gehen
(www.unhcr.org/ibelong-campaign-to-end-statelessness.html)?

8. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Ziele der von der dänischen
Ausländer-, Integrations- und Wohnungsministerin erwähnten „Task
Force“?

9. Welche Länder hat die dänische Regierung nach Kenntnis der Bundesregie-
rung im Sinne der benannten „Taskforce“ kontaktiert, und welchen Inhalt
hatten diese Gespräche?

10. Gab es bisher Kontakte der Bundesregierung zur dänischen „Taskforce“ oder
sind solche für die Zukunft vorgesehen (http://politiken.dk/indland/ECE
3464102/ny-task-force-skal-udfordre-konventioner/)?
a) Falls ja, was war Inhalt der Kontakte?
b) Falls ja, war das „Übereinkommen zur Verhinderung von Staatenlosig-

keit“ teil der Gespräche, und wie war die Position der Bundesregierung
dazu?

c) War eine Änderung der EMRK Thema?
Falls ja, worum dreht sich das Änderungsprojekt, und welche Position hat
die Bundesregierung in diesem Rahmen vertreten?

11. Gibt es Konsultationen der Bundesregierung mit Dänemark oder anderen
EU-Staaten zur Veränderung der Interpretation der EMRK?

Falls ja, in welchem Sinne?

http://www.ft.dk/webtv/video/20161/uui/td.1349271.aspx?as=1
http://www.ft.dk/webtv/video/20161/uui/td.1349271.aspx?as=1
http://www.unhcr.org/ibelong-campaign-to-end-statelessness.html
http://politiken.dk/indland/ECE3464102/ny-task-force-skal-udfordre-konventioner/
http://politiken.dk/indland/ECE3464102/ny-task-force-skal-udfordre-konventioner/
Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10464

12. Gibt es Konsultationen der Bundesregierung mit Dänemark oder anderen

EU-Staaten zur Einschränkung der Interventionsmöglichkeiten des EGMR
in die nationale Gesetzgebung?

13. Haben Treffen der Bundesregierung mit Vertretern der dänischen Regierung
betreffend der Vorbereitung des Vorsitzes im Europarat 2017 in Hinsicht auf
mögliche Gesetzesverschärfungen, die Flucht und Migration betreffen, statt-
gefunden (falls ja, bitte ausführlich erläutern)?

Berlin, den 24. November 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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