BT-Drucksache 18/10445

zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Jan Korte, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE., der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/1613 - Beabsichtigte und unbeabsichtigte Auswirkungen des Betäubungsmittelrechts überprüfen

Vom 25. November 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10445
18. Wahlperiode 25.11.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Frank Tempel, Jan Korte, Matthias W. Birkwald,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
sowie der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink, Elisabeth
Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
‒ Drucksache 18/1613 ‒

Beabsichtigte und unbeabsichtigte Auswirkungen des Betäubungsmittelrechts
überprüfen

A. Problem
Die Antragsteller stellen fest, dass die derzeitige Drogenprohibitionspolitik welt-
weit immer häufiger infrage gestellt wird. Expertinnen und Experten sprächen
sich für eine grundlegende Überarbeitung der Prohibition aus, denn der repressive
und militarisierte Ansatz vernachlässige bis heute präventive Maßnahmen und
Ursachenbekämpfung sowie den Schutz der Bevölkerung und der Menschen-
rechte. Andere europäische Länder hätten bereits den Weg der Entkriminalisie-
rung eingeschlagen. Da erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit und Verhältnis-
mäßigkeit des geltenden Betäubungsmittelrechts bestünden, müsse die Verbots-
politik einer umfassenden Evaluation und enttabuisierten Prüfung unterzogen
werden.

B. Lösung
Die Bundesregierung solle eine externe wissenschaftliche Evaluierung initiieren
und dem Bundestag die Ergebnisse zeitnah vorlegen. Die Überprüfung der Aus-
wirkungen der Verbotspolitik solle von unabhängigen Expertinnen und Experten
aus Wissenschaft und Praxis (mindestens Rechtswissenschaft, Suchthilfe, Sozial-
arbeit, Konsumentenverbände, Medizin, Kriminologie, Public Health, Erzie-
hungswissenschaft und Polizei) durchgeführt werden und der Politik Handlungs-
empfehlungen unterbreitet werden.
Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und einer Stimmenthaltung aus der Fraktion der SPD.
Drucksache 18/10445 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten
Die Kosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10445
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 18/1613 abzulehnen.

Berlin, den 9. November 2016

Der Ausschuss für Gesundheit
Dr. Edgar Franke
Vorsitzender
Dr. Harald Terpe
Berichterstatter

Drucksache 18/10445 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht des Abgeordneten Dr. Harald Terpe

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 18/1613 in seiner 39. Sitzung am 5. Juni 2014 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Gesundheit überwiesen. Außerdem hat er
den Antrag zur Mitberatung an den Innenausschuss, den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, den Fi-
nanzausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie, den Ausschuss für Arbeit und Soziales, den Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie den
Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller stellen fest, dass die derzeitige Drogenprohibitionspolitik weltweit immer häufiger in Frage
gestellt wird. Neben dem Schildower Kreis sprächen sich weitere Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen so-
wie anerkannte Personen der Zeitgeschichte für eine grundlegende Überarbeitung der Prohibition aus, denn der
repressive und militarisierte Ansatz vernachlässige bis heute präventive Maßnahmen, Ursachenbekämpfung so-
wie den Schutz der Bevölkerung und der Menschenrechte. Andere europäische Länder, wie beispielsweise Por-
tugal und die Schweiz, hätten den Weg der Entkriminalisierung eingeschlagen. Da erhebliche Zweifel an der
Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit des geltenden Betäubungsmittelrechts bestünden, müsse die Verbotspolitik
einer umfassenden Evaluation und enttabuisierten Prüfung unterzogen werden. Die Bundesregierung solle eine
externe wissenschaftliche Evaluierung initiieren und die Ergebnisse dem Bundestag zeitnah vorgelegen. Die
Überprüfung der Auswirkungen der Verbotspolitik solle von unabhängigen Expertinnen und Experten aus Wis-
senschaft und Praxis (mindestens Rechtswissenschaft, Suchthilfe, Sozialarbeit, Konsumentenverbände, Medizin,
Kriminologie, Public Health, Erziehungswissenschaft und Polizei) durchgeführt und der Politik Handlungsemp-
fehlungen unterbreitet werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat in seiner 95. Sitzung am 9. November 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlos-
sen, dem Plenum des Deutschen Bundestages die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/1613 zu empfehlen.
Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat in seiner 117. Sitzung am 9. November 2016 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN beschlossen, dem Plenum des Deutschen Bundestages die Ablehnung des Antrags auf Druck-
sache 18/1613 zu empfehlen.
Der Finanzausschuss hat in seiner 92. Sitzung am 9. November 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlos-
sen, dem Plenum des Deutschen Bundestages die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/1613 zu empfehlen.
Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat in seiner 94. Sitzung am 9. November 2016 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN beschlossen, dem Plenum des Deutschen Bundestages die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
18/1613 zu empfehlen.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner 93. Sitzung am 9. November 2016 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN beschlossen, dem Plenum des Deutschen Bundestages die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
18/1613 zu empfehlen.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10445
Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat in seiner 75. Sitzung am 9. November 2016 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, dem Plenum des Deutschen Bundestages die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 18/1613 zu empfehlen.
Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe hat in seiner 73. Sitzung am 9. November 2016 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, dem Plenum des Deutschen Bundestages die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 18/1613 zu empfehlen.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat in seiner 69. Sitzung am 9. Novem-
ber 2016 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beschlossen, dem Plenum des Deutschen Bundestages die Ablehnung
des Antrags auf Drucksache 18/1613 zu empfehlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 21. Sitzung am 8. Oktober 2014 die Beratungen zum Antrag auf
Drucksache 18/1613 aufgenommen und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen.
Die öffentliche Anhörung fand in der 24. Sitzung am 5. November 2014 statt. Als sachverständige Anhörpersonen
waren eingeladen: Gabriele Bartsch, Prof. Dr. Lorenz Böllinger, Daniel Brombacher, Dr. Jörg Gölz, Kerstin Jüng-
ling, Dr. Harald Hans Körner, Hans-Günter Meyer-Thompson, Jörn Patzak, André Schulz, Werner Sipp, Prof. Dr.
Heino Stöver und Prof. Dr. Rainer Thomasius. Auf das entsprechende Wortprotokoll und die als Ausschussdruck-
sachen verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird Bezug genommen.
In seiner 93. Sitzung am 9. November 2016 hat der Ausschuss seine Beratungen abgeschlossen.
Als Ergebnis empfiehlt der Ausschuss für Gesundheit mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und einer Stimmenthaltung
aus der Fraktion der SPD, den Antrag auf Drucksache 18/1613 abzulehnen.
Die Fraktion der CDU/CSU vertrat die Ansicht, die Forderung nach einer externen Evaluierung sei aus dem
Blickwinkel der Opposition zwar verständlich, aber ihrer Ansicht nach der falsche Weg. Der Ausschuss habe sich
sowohl in der letzten als auch in dieser Legislaturperiode in Anhörungen regelmäßig und öffentlich über die ak-
tuellen Probleme in der Drogenpolitik informiert. Weiter widme sich die Drogenbeauftragte der regelmäßigen
Beobachtung des Betäubungsmittelrechts. Das Parlament werde sich die politische Bewertung nicht von externen
Sachverständigen abnehmen lassen. Man sei politisch verantwortlich und verfüge über die erforderlichen Kom-
petenzen. Einen Drogenkrieg wie im Antrag unterstellt, gebe es in Deutschland nicht. Die aktuelle Drogenpolitik
setze neben der Strafbewehrung vor allem auf Prävention, Therapie und Ausstiegshilfen. Beides zusammen sei
der richtige Weg. Dies schlage sich auch in den Zahlen nieder.
Die Fraktion der SPD führte aus, dass der Antrag aus dem Jahr 2014 zwar inhaltlich grundsätzlich wichtige
Fragen aufwerfe, aber insgesamt veraltet sei. Ein externer Expertenkreis sei nicht der richtige Weg, um sich mit
dieser Thematik auseinanderzusetzen. Vielmehr hätte zu Beginn der Legislaturperiode eine Enquetekommission
zum Betäubungsmittelrecht eingesetzt werden müssen. Das sei bedauerlicherweise versäumt worden. Drei Jahre
später sei die Zeit über den Antrag hinweggegangen. Mit den Fragen zum Betäubungsmittelgesetz, die dem An-
trag zu Grunde lägen, müsse man sich im Plenum auseinandersetzen.
Die Fraktion DIE LINKE. führte an, sie sei sich bezüglich des Ergebnisses zu dem der Expertenkreis gekommen
wäre, sehr sicher. Man habe sich intensiv mit den Auffassungen in Rechts- Gesundheits- und Sozialwissenschaf-
ten auseinandergesetzt. Der Weg der ergebnisoffenen Evaluierung sei ein Entgegenkommen an die Regierungs-
koalition gewesen, man hätte jedoch über die passende Verfahrensform sprechen können. Auch in Portugal habe
man Wege jenseits des politischen Mainstream gewählt, um neue Wege einzuschlagen. Es sei jedoch positiv zu
vermerken, dass sich der Gesundheitsausschuss zwar langsam, aber weitaus fachlicher als in den vorangegange-
nen Legislaturperioden mit dem Thema auseinandersetze.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte fest, es sei wohlfeil zu behaupten, der Antrag sei der falsche
Weg gewesen und stattdessen hätte eine Enquetekommission berufen werden müssen. Im Rahmen der durch den
Antrag angestoßenen parlamentarischen Debatte habe nach dem besseren Weg gesucht werden können, dies sei
jedoch durch die Ausschussmehrheit versäumt worden. Die Evaluation des Betäubungsmittelgesetzes durch einen

Drucksache 18/10445 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
wissenschaftlichen Expertenkreis hätte die Möglichkeit für eine unabhängige und ergebnisoffene Einschätzung
des Nutzens und der Wirkungen der derzeitigen Drogenpolitik eröffnet.

Berlin, den 9. November 2016
Dr. Harald Terpe
Berichterstatter

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