BT-Drucksache 18/1038

Gemeinsame Migrationskontrolle der EU-Grenzagentur FRONTEX und der Bundesregierung mit Regierungen in Nordafrika

Vom 2. April 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/1038
18. Wahlperiode 02.04.2014
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Christine Buchholz, Sevim
Dağdelen, Annette Groth, Inge Höger, Ulla Jelpke, Niema Movassat, Petra Pau
und der Fraktion DIE LINKE.

Gemeinsame Migrationskontrolle der EU-Grenzagentur FRONTEX und der
Bundesregierung mit Regierungen in Nordafrika

Die Berliner Forschungsstelle Flucht und Migration berichtet über einen
„Africa-FRONTEX Intelligence Community (AFIC) Report“, mit dem die Euro-
päische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union (FRONTEX) über eine „gemeinsame
Analyseplattform“ mit nord- und westafrikanischen Ländern verfüge (http://
ffm-online.org/2014/03/17/frontex-afrika-und-mittelmeer-strategie). Dies ge-
schehe unter Einbeziehung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD), der
GSVP-Missionen EUCAP SAHEL Niger und EUBAM Libyen (GSVP = Ge-
meinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik). Ziel sei die Bekämpfung un-
erwünschter („illegaler“) Migration und „grenzbezogener Kriminalität“. Ähn-
liche Kooperationsplattformen gebe es mit Staaten des östlichen Balkans, des
westlichen Balkans und der Türkei.
Der AFIC-Report umfasst demnach „diverses Kartenmaterial, Statistiken, Gra-
fiken und Dokumentenmuster“. Einer der Annexe würde die „Schiffe und
Boote, die für die illegale Migration im Mittelmeer genutzt werden“ typologi-
sieren. Auch würden die aktuellen Migrationsrouten, deren Bedeutung, die Sta-
tionen in den Herkunfts- und Transitstaaten, die Bewegungsformen und die ge-
nutzten Transportmittel dargestellt. Aus Sicht von FRONTEX müssten die
„Kontrollkapazitäten der nord- und westafrikanischen Staaten“ dringend ge-
stärkt werden. In Planung sei eine AFIC-Konferenz in Warschau im Mai 2014.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Was ist der Bundesregierung über einen „Africa-FRONTEX Intelligence

Community (AFIC) Report“ bekannt, auf wessen Veranlassung wurde dieser
wann das erste Mal erstellt, und an wen wird dieser verteilt?

2. Welche nord- und westafrikanischen Länder werden nach Kenntnis der Bun-
desregierung darin aufgeführt?

3. Wie sind nach Kenntnis der Bundesregierung der EAD, die Organe der GSVP
sowie deren Missionen EUCAP SAHEL Niger und EUBAM Libyen in die
AFIC eingebunden?

4. Was genau berichtet der AFIC-Report in den Jahren 2012 und 2013 nach
Kenntnis der Bundesregierung zu den Themen Bekämpfung unerwünschter
(„illegaler“) Migration und „grenzbezogener Kriminalität“?

Drucksache 18/1038 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
5. Inwiefern trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung zu, dass die AFIC-
Berichte auch „diverses Kartenmaterial, Statistiken, Grafiken und Doku-
mentenmuster“ sowie „Schiffe und Boote, die für die illegale Migration im
Mittelmeer genutzt werden“ enthalten, und inwiefern liegt ihr dieses Mate-
rial vor?

6. Welche „Empfehlungen“ oder Forderungen werden nach Kenntnis der Bun-
desregierung im AFIC-Report 2012 und 2013 aufgestellt?

7. Inwiefern und mit welchem Inhalt trifft es zu, dass aus Sicht von FRONTEX
„die „Kontrollkapazitäten der nord- und westafrikanischen Staaten“ drin-
gend gestärkt werden müssten?

8. Was ist der Bundesregierung über eine AFIC-Konferenz in Warschau im
Mai 2014 bekannt, wer bereitet diese vor, und welche Punkte sollen dort
nach jetzigem Stand behandelt werden?

9. Welche Teilnehmenden werden nach Kenntnis der Bundesregierung zur
AFIC-Konferenz in Warschau eingeladen?

10. Über welche eigenen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsicht-
lich der Stürmung des Öltankers „Morning Glory“ vor der Küste Zyperns,
und inwiefern ist sie von welchen Stellen hierzu über die Vorbereitung
oder Durchführung der Maßnahme unterrichtet worden (DER SPIEGEL
vom 17. März 2014)?

11. Was ist der Bundesregierung über eine Beteiligung auch europäischer Spe-
zialkräfte bekannt, die von mehreren Medien berichtet wird, und worum
handelt es sich bei diesen?

12. Welche Ministerien bzw. sonstigen Stellen welcher Länder haben den Ein-
satz nach Kenntnis der Bundesregierung bei welchen Stellen der Europä-
ischen Union angefragt, und wo, bzw. von wem wurde dieser vorbereitet?

13. Inwiefern, mit welchem Ergebnis und über welche Kanäle hat die Bundes-
regierung versucht, Kontakt mit dem in Deutschland untergetauchten
libyschen Expremierminister Ali Zeidan aufzunehmen (Schriftliche Frage 14
auf Bundestagsdrucksache 18/946)?

14. Welche weiteren Angaben kann die Bundesregierung zur „prekären Sicher-
heitslage“ und der „unübersichtlichen politischen Situation in Libyen“
sowie den „Schlussfolgerungen“ machen, Teile der EUBAM Libyen nach
Malta zu verlegen (Bundestagsdrucksache 18/626)?

15. Worin besteht die konkrete Arbeit des stellvertretenden Leiters der Abtei-
lung Bundespolizei im Bundesministerium des Innern, Ralf Göbel, der seit
Mai 2012 für die Bundesregierung in den Verwaltungsrat der FRONTEX
entsandt wurde und dort zurzeit den Vorsitz innehat (http://frontex.
europa.eu/about-frontex/organisation/management-board)?

16. Wann und wo haben seit dem Jahr 2012 Treffen des Verwaltungsrates statt-
gefunden?

17. Welche Themen standen jeweils auf der Tagesordnung?
18. Inwiefern kann der Vorsitzende des Verwaltungsrates auf die Tagesordnung

Einfluss nehmen?
19. Inwiefern kann der Vorsitzende des Verwaltungsrates auf die strategische

Ausrichtung von FRONTEX Einfluss nehmen?
20. Inwiefern kann der Vorsitzende des Verwaltungsrates auf die Anbahnung

von Operationen oder sonstiger operativer Maßnahmen von FRONTEX
Einfluss nehmen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/1038
21. Welche eigenen Initiativen bzw. Vorschläge des Bundesinnenministeriums
hat Ralf Göbel seit dem Jahr 2012 im Verwaltungsrat eingebracht?

22. Was ist der Bundesregierung aus Diskussionen in Ratsarbeitsgruppen, Be-
richten aus Brüssel oder ihrer Mitarbeit im FRONTEX-Verwaltungsrat über
den Stand der Verhandlungen eines Arbeitsabkommens zwischen FRON-
TEX und Tunesien, Marokko, Libyen und Ägypten bekannt?

23. Sofern die Länder sich einem derartigen Abkommen verweigern, welche
Gründe werden nach Kenntnis der Bundesregierung hierfür angeführt?

24. Inwiefern hat sich die EU-Grenzagentur FRONTEX in den letzten drei Mo-
naten nach Kenntnis der Bundesregierung mit den Migrationsbewegungen
in den spanischen Enklaven Ceuta und Melilla befasst, und welche Berichte
mit welchem Inhalt hat die Bundesregierung hierzu erhalten?

25. Inwiefern trifft es aus Sicht der Bundesregierung zu, dass – wie den Frage-
stellern bekannt – aus Deutschland in Marokko Abschiebeanstalten finan-
ziert werden?

26. Sofern es sich aus Sicht der Bundesregierung um „Aufnahmezentren“ oder
andere Einrichtungen handelt (www.libe.ma/Pas-de-centres-de-retention-
des-migrants-irreguliers-en-vue-au-Maroc_a48205.html), worin besteht der
Unterschied zu Abschiebeanstalten?

27. Auf welche Weise unterstützt die Bundesregierung Abschiebehaftanstalten
in Salé bei Rabat, in Tanger, Oujda und/oder in Nador?

28. Inwiefern werden marokkanische Abschiebehaftanstalten nach Kenntnis
der Bundesregierung auch von der Europäischen Union unterstützt, und um
welche Leistungen handelt es sich dabei?

29. Worum handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung beim „Optio-
nenpapier zur EU-Unterstützung des Grenzmanagements in der Sahel-
region“ der Europäischen Union, das nach Kenntnis der Fragesteller im ers-
ten Halbjahr 2014 veröffentlicht werden soll?

30. Um welche Länder geht es dabei konkret?
31. Welche „Optionen“ werden im Papier aufgeführt, und wie hat sich die Bun-

desregierung hierzu positioniert, bzw. mit welchem Inhalt wird sie sich in
die Diskussionen einbringen?

Berlin, den 1. April 2014

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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