BT-Drucksache 18/10141

Export von Brennelementen aus Jülich in die USA und deren Kosten

Vom 25. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10141
18. Wahlperiode 25.10.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hubertus Zdebel, Eva Bulling-Schröter, Caren Lay,
Birgit Menz, Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Export von Brennelementen aus Jülich in die USA und deren Kosten

Die Planungen, hochradioaktiven Atommüll in Form von Kugel-Brennelementen
aus der Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) Jülich bzw. dem Thorium-
Hoch-Temperatur-Reaktor (THTR ) des Kernkraftwerks Hamm per Castor in die
USA zu exportieren und dort in der militärischen Anlage H-Canyon der Savanah
River Site (SRS) wiederaufarbeiten zu lassen, waren bereits mehrfach Gegen-
stand parlamentarischer Anfragen (u. a. Kleine Anfrage „Atommüllexporte aus
Jülich in die USA – Experimente zur Wiederaufarbeitung in Jülich“ der Fraktion
DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/3666). Aufgrund einer Räumungsan-
ordnung durch die zuständige Atomaufsicht in NRW muss der Betreiber ein Kon-
zept vorlegen, das derzeitige Zwischenlager mit 152 Castoren mit hochradioakti-
ven AVR-Atomkugeln zu räumen.
Gegen diese Pläne hat die „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfall-
stoffe“ bereits im Oktober 2015 die Empfehlung ausgesprochen, vollständig auf
Exporte von hochradioaktiven Abfällen zu verzichten, und eine entsprechende ge-
setzliche Regelung vorgeschlagen (vgl. Bundestagsdrucksache 18/9100, S. 59 ff.).
Nach Informationen der Fragestellenden wird von US-amerikanischer Seite mit
Blick auf einen Export dieser Abfälle betont, dass sämtliche Kosten von deutscher
Seite zu tragen sind.
Laut Aussagen der für die radioaktiven Abfälle zuständigen Jülicher Entsor-
gungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN) im April 2016 im Rahmen
eines Nachbarschaftsdialogs (vgl. http://westcastor.blogsport.de/2016/09/26/
juelicher-nachbarschaftsdialog-des-fzj/) entspricht der „Technologische Reife-
grad (TRL)“ der Atomkugelaufarbeitung derzeit dem Grad 4. Als Voraussetzung
für eine Genehmigung zum Export dieser AVR-Abfälle in die USA erwartet US-
DOE laut JEN einen TRL von 6.
Die dabei zusätzlich zu erbringenden technologischen Nachweise sind gemäß
dem „German Fuel Processing Update to the South Carolina Nuclear Advisory
Council“ (vgl. www.admin.sc.gov/files/nac/German%20Fuel%20Processing%
20Update.pdf, Folie 12) im Einklang mit den üblichen Definitionen des TRL:
a) der Nachweis (Labormaßstab), dass die Atomkugelaufarbeitung nicht nur an

unbestrahlten Atomkugeln, sondern auch mit echtem bestrahltem Atommüll
aus AVR oder THTR befriedigend funktioniert, und

b) Projektierung, Bau und Inbetriebnahme einer Pilotanlage zur Aufarbeitung der
Atomkugeln in SRS.

Drucksache 18/10141 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Aus den Zeitplänen (vgl. http://sro.srs.gov/docs/GermanProject/SRNL184.pdf,
Kapitel 14, Stand: 2014) geht hervor, dass zur Schaffung dieser beiden Genehmi-
gungsvoraussetzungen mehrere Jahre Arbeit erforderlich seien.
In der Antwort auf die Kleine Anfrage „Atommüllexporte aus Jülich in die USA –
Experimente zur Wiederaufarbeitung in Jülich“ auf Bundestagsdrucksache
18/3759 hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass die Forschungszentrum Jülich
GmbH (FZJ) am 4. Februar 2013 vier chemisch äquivalente Graphitkugeln an den
US-amerikanischen Empfänger Savannah River Nuclear Solutions (SRNS), Ai-
ken, SC, geliefert hat. „Die enthaltenen Kernmaterialmengen lauten auf 4,16
Gramm U-nat sowie 40,8 Gramm Th-nat. Aus diesem Grund handelt es sich nicht
um Brennelemente im physikalischen Sinne.“

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Stand der Arbeiten

an der Entwicklung einer Technologie zur Wiederaufarbeitung von Kugel-
haufen-Brennelementen in den USA?
Welche Maßnahmen und Schritte sind im Weiteren geplant bzw. vorgesehen?
Bis wann könnte diese Technologie Anwendungsreife erlangt haben?

2. Welche genauen Beträge sind im Zusammenhang mit dem Projekt „US-Op-
tion“ in den Jahren 2014, 2015 und bis heute jeweils für welche Teilprojekte
und insgesamt seit Aufnahme des Projekts US-Option ausgegeben worden
(bitte in Tabelle auflisten mit der jeweiligen (Teilprojekt-)Bezeichnung und
Beträgen)?

3. Welche Teilprojekte finden derzeit statt, und bis wann sollen diese jeweils
abgeschlossen sein?

4. Bis wann erwartet die Bundesregierung eine Einschätzung darüber, ob ein
Transport dieser Brennelemente in die USA zur dortigen Verarbeitung tech-
nisch überhaupt möglich sein könnte?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Empfehlungen der „Kommission La-
gerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“ hinsichtlich eines generellen Verbots
von Exporten hoch radioaktiver Abfälle?
Wenn sie dies positiv bewertet, teilt die Bundesregierung die Auffassung,
dass ein Export der AVR-Brennelemente in die USA damit nicht mehr in
Frage kommt und die entsprechende Zusammenarbeit zwischen den Verant-
wortlichen in Jülich und den USA umgehend beendet werden muss?
Wenn nein, warum nicht?

6. Sind inzwischen bestrahlte Atombrennelementkugeln zur Erfüllung von Vo-
raussetzung unter a) gemäß „German Fuel Processing Update to the South
Carolina Nuclear Advisory Council“ in die USA gesandt worden, oder ist
das in Planung?
Wenn ja, wann sollen diese Transporte etwa stattfinden?
Welche Kosten sind nach Kenntnis der Bundesregierung für dieses Teilpro-
jekt veranschlagt?

7. Gibt es vertragliche Vereinbarungen zur Planung/Errichtung der in Voraus-
setzung unter b) des „German Fuel Processing Update to the South Carolina
Nuclear Advisory Council“ genannten Pilotanlage zur Atomkugelaufarbei-
tung, oder wird über eine solche Pilotanlage verhandelt?
Wenn ja, wie sehen sie im Einzelnen aus, und welche Kosten werden für die
Planung/Errichtung/Inbetriebnahme der Pilotanlage veranschlagt?
Von welchen Betriebskosten der Pilotanlage (TRL 7) ist auszugehen?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10141
8. Sollte es im Rahmen der Räumung der AVR-Brennelemente aus Jülich zu
einer Einlagerung in Ahaus kommen, kann die Bundesregierung ausschlie-
ßen, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt dennoch in die USA exportiert
werden?

9. Hat es nach Kenntnis der Bundesregierung inzwischen seitens der Verant-
wortlichen für die AVR-Brennelemente eine Voranfrage bei dem Bundesamt
für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mit dem Ziel gegeben, zu prüfen, ob
eine grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit für einen Export der AVR-
Brennelemente in die USA besteht, wie es nach unseren Kenntnissen der
TÜV NORD AG im April 2015 in einer Bewertung des Detailkonzepts des
FZJ vorgeschlagen hat?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht?

10. Welche konkreten Schritte oder Maßnahmen zur Vorbereitung des Baus ei-
nes neuen Zwischenlagers in Jülich hat es bis heute gegeben?
Welche Gutachten bzw. sonstigen Prüfungen und Planungen waren/sind da-
mit verbunden?
Welche Kosten sind bis heute dabei entstanden?

Berlin, den 25. Oktober 2016

Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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