BT-Drucksache 18/10131

Aufsichtsrechtliche Konsequenzen aus der Beauftragung einer Politikberatungs-Agentur durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung

Vom 21. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10131
18. Wahlperiode 21.10.2016

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Maria Klein-Schmeink,
Kordula Schulz-Asche, Elisabeth Scharfenberg, Dr. Franziska Brantner,
Katja Dörner, Kai Gehring, Ulle Schauws, Tabea Rößner, Doris Wagner,
Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Aufsichtsrechtliche Konsequenzen aus der Beauftragung einer
Politikberatungs-Agentur durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung

Nach einem Bericht des Handelsblatts vom 18. Oktober 2016 und des Nachrich-
tenmagazins „DER SPIEGEL“ vom 17. September 2016 hat der Vorstand der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Namen der KBV mit einer Agen-
tur für Politikberatung einen Vertrag über Beratungsleistungen und Coachings
geschlossen. Im Rahmen dieser Auftragsvergabe soll es zu diversen Unregelmä-
ßigkeiten gekommen sein. So soll – laut eines internen Berichtes der Innenrevi-
sion der KBV – weder ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren durchgeführt
noch die dafür aufgewendeten Finanzmittel von über 100 000 Euro haushalts-
rechtlich freigegeben worden sein (Handelsblatt vom 18. Oktober 2016, „Der
selbstherrliche Herr Gassen“, DER SPIEGEL vom 17. September 2016, „Interner
Rüffel für Kassenarzt-Chef“).
Die KBV steht bereits seit geraumer Zeit wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten
in der Kritik (vgl. auch Bundestagsdrucksachen 18/7464 und 18/7832). Im Rah-
men der Aufarbeitung dieser Vorgänge wurde auch deutlich, dass das Bundesmi-
nisterium für Gesundheit ihre Funktion als Aufsichtsbehörde in den vergangenen
Jahren nur unzureichend wahrgenommen hatte (Bundestagsdrucksache18/8152).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Liegt der Bundesregierung die Einschätzung der Innenrevision der KBV zu

den o. g. Verträgen mit einer Politikberatungs-Agentur über Beratungsleis-
tungen u. a. zum „KBV-Krisenmanagement“ in den Jahren 2015 und 2016
vor?

2. Auf welcher vertraglichen Grundlage sind die Beratungsleistungen der
Agentur nach Kenntnis der Bundesregierung erbracht worden?

3. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung einen oder mehrere schriftliche
Verträge über die o. g. Leistungen?
Falls nicht, wieso nicht?

4. Welche konkreten Leistungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung In-
halt dieses Vertrags bzw. dieser Verträge?

5. Gegenüber welchen Personen innerhalb der KBV wurden diese Leistungen
nach Kenntnis der Bundesregierung erbracht?

Drucksache 18/10131 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
6. Wann erfolgte nach Kenntnis der Bundesregierung der oder die Beauftragun-
gen der o. g. Agentur, und wer hat diese Beauftragungen erteilt?

7. a) Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung einen Beschluss des Vorstan-
des der KBV zur Beauftragung der Agentur?
Falls ja, wann?
Falls nicht, warum nicht?

b) Falls es keinen solchen Vorstandsbeschluss gab, welche vertragsrechtli-
chen Konsequenzen hat dies nach Einschätzung der Bundesregierung für
die Gültigkeit des Vertrages?

8. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung vor den Beauftragungen der
Agentur ein Vergabeverfahren durchgeführt?
Falls ja, in welcher Form?
Falls nicht, wieso nicht?

9. Inwieweit wurde durch das Auswahlverfahren und die Beauftragungen der
letztendlich ausgewählten Agentur gegen rechtliche Bestimmungen und/oder
die Beschaffungsordnung der KBV verstoßen?

10. Wie viele Angebote für die o. g. Beratungsleistungen wurden nach Kenntnis
der Bundesregierung im Vorfeld der Auftragsvergabe eingeholt?

11. a) Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung im Zusammenhang mit diesen
Angeboten Auffälligkeiten, die wettbewerbsrechtlich relevant sein könn-
ten?
Falls ja, welche Auffälligkeiten waren dies?

b) Wurden diese Auffälligkeiten durch das Bundesministerium für Gesund-
heit oder die KBV selbst den zuständigen Behörden gemeldet, und falls
nicht, wieso nicht?

12. Inwieweit gab es nach Kenntnis der Bundesregierung bereits vor Einholung
dieser Angebote Kontakte zwischen der letztendlich ausgewählten Agentur
und Mitgliedern des KBV-Vorstandes?
Falls ja, mit wem und welchen Inhalt hatten diese Kontakte?

13. Inwieweit hätte die Auftragsvergabe durch die Rechtsabteilung der KBV
vorab geprüft werden müssen, und falls ja, ist dies geschehen?

14. Welche Beträge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des
oder der Verträge von der KBV an die beauftragte Agentur bislang gezahlt?

15. a) Waren diese Beträge in die jeweiligen Haushalte der KBV veranschlagt?
Falls nicht, warum nicht, und auf welcher Grundlage wurden die Mittel
dann ausgezahlt?

b) Inwieweit verstieß dieses Vorgehen gegen § 78 Absatz 3 Satz 3 des Fünf-
ten Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), §§ 73 Absatz 1 Satz 2, 75 Ab-
satz 1 SGB IV in Verbindung mit der Verordnung über das Haushaltswe-
sen in der Sozialversicherung (SVHV)?

c) Falls die zusätzlichen Ausgaben nicht im Haushaltsplan veranschlagt
waren, wurde eine entsprechende Einwilligung des KBV-Vorstandes dem
Bundesministerium für Gesundheit als Aufsichtsbehörde nach §§ 78 Ab-
satz 3 Satz 3 SGB V, 73 Absatz 2 Satz 1 SGB IV angezeigt?
Falls nicht, warum nicht?

16. Waren die von der beauftragten Agentur gestellten Einzelrechnungen an die
KBV nach Kenntnis der Bundesregierung korrekt?

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10131

17. Wer hat nach Kenntnis der Bundesregierung diese Einzelrechnungen auf ihre

sachliche und rechnerische Richtigkeit hin geprüft und die Zahlung angeord-
net?

18. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung diesbezüglich eine Mittelfrei-
gabe durch die Haushaltsverantwortlichen der KBV?
Falls nicht, warum nicht?

19. Inwieweit steht die Mittelverwendung für den bzw. die o. g. Beraterverträge
mit dem Gesetzeszweck der KBV im Einklang?

20. Wurde durch die Vergabe und Durchführung des bzw. der Verträge gegen
weitere Rechtsvorschriften oder interne Vorgaben der KBV verstoßen, und
falls ja, gegen welche?

21. Auf welchen Zeitraum sind nach Kenntnis der Bundesregierung der bzw. die
Verträge mit der beauftragten Agentur ausgelegt?

22. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung der oder die Verträge vorzeitig
beendet, und falls ja, warum?

23. Welche Empfehlungen gibt die Innenrevision der KBV nach Kenntnis der
Bundesregierung zum weiteren Umgang mit dem bzw. den Beratungsverträ-
gen?

24. Wer wurde nach Kenntnis der Bundesregierung mit der externen Prüfung der
Vorgänge, wie sie vom KBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Andreas Gassen
angekündigt wurde (DER SPIEGEL vom 17. September 2016), beauftragt,
und wann liegen die Ergebnisse dieser Prüfung vor?

25. Welche aufsichtsrechtlichen Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung
aus den o. g. Vorgängen, und welche konkreten Maßnahmen hat sie in die-
sem Zusammenhang bereits ergriffen bzw. wird sie ergreifen?

Berlin, den 18. Oktober 2016

Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion

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