BT-Drucksache 18/10065

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD - Drucksache 18/9787 - Entwurf eines Gesetzes zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) b) zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 18/3312 - Statt Rente erst ab 67 - Altersgerechte Übergänge in die Rente für alle Versicherten erleichtern c) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Brigitte Pothmer, Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/5212 - Flexible und sichere Rentenübergänge ermöglichen d) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Britta Haßelmann, Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 18/5213 - Kommunales Ehrenamt stärken - Anrechnung von Aufwandsentschädigungen auf die Rente neu ordnen

Vom 19. Oktober 2016


Deutscher Bundestag Drucksache 18/10065
18. Wahlperiode 19.10.2016

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksache 18/9787 –

Entwurf eines Gesetzes zur Flexibilisierung des Übergangs
vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von
Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben
(Flexirentengesetz)

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Matthias W. Birkwald, Sabine
Zimmermann (Zwickau), Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter
und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 18/3312 –

Statt Rente erst ab 67 – Altersgerechte Übergänge in die Rente
für alle Versicherten erleichtern

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Brigitte Pothmer,
Beate Müller-Gemmeke, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/5212 –

Flexible und sichere Rentenübergänge ermöglichen

Drucksache 18/10065 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

d) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Britta Haßelmann,
Kordula Schulz-Asche, weiterer Abgeordneter und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 18/5213 –

Kommunales Ehrenamt stärken – Anrechnung von
Aufwandsentschädigungen auf die Rente neu ordnen

A. Problem
Zu Buchstabe a

Mehr und mehr ältere Menschen in Deutschland könnten und wollten länger ar-
beiten. Mittlerweile sei mehr als die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen erwerbstätig,
heißt es in dem Gesetzentwurf. Gleichzeitig gebe es auch weiterhin viele Men-
schen, welche es nicht schafften bis zur Regelaltersgrenze weiterzuarbeiten, selbst
wenn sie wollten. Ältere Beschäftigte seien unverzichtbar in der Arbeitswelt. Mit
ihrer Erfahrung und ihrem Potenzial leisteten sie einen wertvollen Beitrag gegen
den Fachkräftemangel.

Zu Buchstabe b

Die rentenrechtliche Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch die Rente erst ab
67 bedeute für Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass sie mit
erhöhten Abschlägen in Rente gehen müssten, kritisiert die Fraktion DIE LINKE.
Die Kombination von Rentenabschlägen mit einem gleichzeitig sinkenden Ren-
tenniveau werde dazu führen, dass immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmer im mittleren und unteren Einkommensbereich auch für die Altersrente
nicht mehr in der Lage sein würden, sich Rentenanwartschaften aufzubauen, die
deutlich oberhalb des Grundsicherungsniveaus lägen.

Zu Buchstabe c

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert, dass sich einige Regelungen
im Arbeits- und Rentenrecht als zu starr erwiesen hätten, um den Bedürfnissen
der Älteren nach einem selbstbestimmten Rentenübergang gerecht zu werden.
Dies stehe auch dem Ziel entgegen, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten, um eine län-
gere Teilhabe am Erwerbsleben zu ermöglichen. So hinderten etwa die Regelun-
gen zum Hinzuverdienst viele Beschäftigte, eine Teilrente in Anspruch zu neh-
men, auch wenn sie gern Schritt für Schritt aus dem Erwerbsleben ausscheiden
würden.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/10065
Zu Buchstabe d

Nach Auslaufen einer Übergangsregelung werde der steuerpflichtige Teil der
Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliches Engagement künftig als Arbeits-
einkommen bzw. Arbeitsentgelt und damit als Hinzuverdienst angesehen werden
und könne in der Folge die Erwerbsminderungsrente bzw. die vorgezogene Al-
tersrente teils erheblich verringern, heißt es im dem Antrag der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN. Diese Regelung werde ab dem 30. September 2017 An-
wendung finden.

B. Lösung
Zu Buchstabe a

Mit dem Gesetz soll flexibles Arbeiten bis zur Regelaltersgrenze und darüber hin-
aus bei besserer Gesundheit durch eine Reihe von Änderungen vor allem im
Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und Dritten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB III) gefördert werden.

In diesem Sinne soll die Möglichkeit, vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine
Teilzeitarbeit durch eine Teilrente zu ergänzen, verbessert werden. Teilrente und
Hinzuverdienst werden flexibel und individuell miteinander kombinierbar. Hin-
zuverdienst wird im Rahmen einer Jahresbetrachtung stufenlos bei der Rente be-
rücksichtigt. Das gilt auch für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Wer eine vorgezogene Vollrente wegen Alters bezieht und weiterarbeitet, erhöht
dadurch künftig regelmäßig den Rentenanspruch. Auch Vollrentnerinnen und
Vollrentner sind fortan in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungs-
pflichtig, bis sie die Regelaltersgrenze erreichen.

Um einen Anreiz für eine Beschäftigung auch nach Erreichen der Regelalters-
grenze zu setzen, wird die Möglichkeit geschaffen, auf die dann bestehende Ver-
sicherungsfreiheit zu verzichten. Die Beschäftigten können so weitere Entgelt-
punkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben und ihren Rentenan-
spruch noch erhöhen. Diese Möglichkeit wird für die nach dem Künstlersozial-
versicherungsgesetz (KSVG) versicherten selbständigen Künstler und Publizisten
entsprechend nachvollzogen.

Versicherte können früher und flexibler als bisher zusätzlich Beiträge in die Ren-
tenversicherung einzahlen, um Rentenabschläge auszugleichen, die mit einer ge-
planten vorzeitigen Inanspruchnahme einer Altersrente einhergehen würden.

Neue Regelungen im Bereich der Prävention und der Rehabilitation sollen die
Leistungen der Rentenversicherung und der Alterssicherung der Landwirte zur
Teilhabe stärken.

Die Beschäftigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer soll für Arbeit-
geber attraktiver werden. Der bisher anfallende gesonderte Arbeitgeberbeitrag zur
Arbeitslosenversicherung für Beschäftigte, die die Regelaltersgrenze erreicht ha-
ben und somit versicherungsfrei sind, entfällt für fünf Jahre.

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/9787 in unveränderter Fas-
sung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD bei Stimm-
enthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Drucksache 18/10065 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Zu Buchstabe b

Die Fraktion DIE LINKE. fordert gesetzliche Regelungen, um die Voraussetzun-
gen dafür zu schaffen, dass ältere Versicherte bis zum Erreichen der Regelalters-
grenze in guter und sicherer Beschäftigung arbeiten könnten, mit dem die Rente
erst ab 67 zurückgenommen und zugleich erleichterte und flexiblere Übergänge
in eine Altersrente geschaffen würden. In diesem Zusammenhang solle u. a. das
unbefristete Arbeitsverhältnis zur Regel gemacht werden, indem im Teilzeit- und
Befristungsgesetz insbesondere in § 14 die Absätze 2, 2a und 3 gestrichen wür-
den.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/3312 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion DIE LINKE.

Zu Buchstabe c

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert die Bundesregierung auf, ei-
nen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Voraussetzungen für flexible und sichere
Rentenübergänge schaffe. Hierfür gelte es u. a., die Beschäftigungssituation älte-
rer Arbeitnehmerinnen und -nehmer deutlich zu verbessern, etwa durch die För-
derung von alterns- und altersgerechten Arbeitsbedingungen, z. B. durch eine
Anti-Stress-Verordnung und durch ein für alle Altersgruppen greifendes betrieb-
liches Gesundheitsmanagement. Ferner sei die Vermittlung von Personen mit ei-
ner teilweisen Erwerbsminderung auf einen Teilzeitarbeitsplatz zu verbessern so-
wie auf die Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten zu verzichten, wenn der Zu-
gang allein aus gesundheitlichen Gründen erfolge. Die Erhöhung der Regelalters-
grenze von 63 auf 65 Jahre bei der Rente wegen Schwerbehinderung sei zurück-
zunehmen u. v. a. m.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/5212 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Zu Buchstabe d

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert gesetzliche Regelungen zur
Stärkung des kommunalen Ehrenamts. Hierzu gehöre es, dass ein Zuverdienst nur
dann auf eine vorgezogene Altersrente bzw. eine Erwerbsminderungsrente ange-
rechnet werde, wenn die Summe aus Zuverdienst und Rente das vorherige Ein-
kommen überschreite. Bei Überschreiten der individuellen Hinzuverdienstgrenze
sei die vorzeitige Altersrente bzw. Erwerbsminderungsrente nur um den exakten
Eurobetrag zu mindern, der diese Grenze überschreite. Solange eine solche Rege-
lung nicht in Kraft sei, solle die bis zum 30.9.2017 befristete Übergangsregelung
verlängert werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 18/5213 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Zu Buchstabe a

Keine.

Zu den Buchstaben b bis d

Annahme eines Antrags oder mehrerer Anträge.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/10065

D. Kosten
Zu Buchstabe a

Die Regelungen dieses Gesetzentwurfs führen ausweislich des Entwurfstextes in
den Zweigen der Sozialversicherung zu folgenden finanziellen Auswirkungen in
Millionen Euro (+ Minderausgaben/Mehreinnahmen; - Mehrausgaben/Minder-
einnahmen). Angabe in Klammern gibt das Jahr an:

gesetzliche Rentenversicherung: 66 (2017), 41 (2018), 6 (2019), -30 (2020);

gesetzliche Krankenversicherung: 1 (2017), 5 (2018), 10 (2019), 16 (2020);

soziale Pflegeversicherung: 0 (2017), 1 (2018), 2 (2019), 3 (2010);

Bundesagentur für Arbeit: -79 (2017), -82 (2018), -84 (2019), -87 (2020).

Die Einführung der Versicherungspflicht vor der Regelaltersgrenze (RAG) und
die Aktivierung der Arbeitgeberbeiträge nach RAG führen in 2017 zunächst zu
Mehreinnahmen in Höhe von 92 Millionen Euro, die durch zunehmende Mehr-
ausgaben gemindert werden. Die Mehrausgaben übersteigen erstmals im
Jahr 2020 die Mehreinnahmen um dann 4 Millionen Euro.

Durch die zum 1. Januar 2017 in Kraft tretenden Änderungen im Bereich der Leis-
tungen zur Teilhabe werden für das Haushaltsjahr 2017 Mehraufwendungen in
Höhe von rund 25,8 Millionen Euro erwartet, die bis zum Jahr 2020 auf rund
27 Millionen Euro jährlich ansteigen werden. Die Mehraufwendungen werden
über die Haushalte der betroffenen Träger innerhalb der in § 220 Absatz 1 Satz 2
SGB VI geregelten Ausgabenbegrenzung für Leistungen zur Teilhabe finanziert.

Durch die Neuregelungen im Bereich der Künstlersozialversicherung entstehen
Mehrkosten im Bundeshaushalt durch einen um maximal 2 Millionen Euro erhöh-
ten Bundeszuschuss zur Künstlersozialversicherung. Durch die Einführung von
Leistungen zur Prävention in der Alterssicherung der Landwirte können bei Aus-
schöpfen des neuen finanziellen Rahmens Mehrkosten für den Bundeshaushalt
von bis zu 4 Millionen Euro jährlich entstehen, die im Deckungsverbund der Titel
in Kapitel 1001 des Einzelplans 10 aufgefangen werden.

Mittelfristig sind keine Auswirkungen auf den Beitragssatz zur allgemeinen Ren-
tenversicherung festzustellen. Insofern entstehen hieraus auch keine Auswirkun-
gen auf den Bundeshaushalt.

Die Regelungen des Gesetzentwurfs führen im Haushalt der Bundesagentur für
Arbeit mittelfristig zu Mehrausgaben in Höhe von rund 7 Millionen Euro sowie
zu Mindereinnahmen in Höhe von rund 80 Millionen Euro jährlich.

Infolge der steuerlichen Abziehbarkeit der aufgrund der Neuregelung gezahlten
Arbeitnehmerbeiträge zur Rentenversicherung kommt es zu Steuermindereinnah-
men bei der Einkommensteuer (inklusive Solidaritätszuschlag) in einer Größen-
ordnung von 10 Millionen Euro jährlich. Diesen Mindereinnahmen stehen nicht
bezifferbare Steuermehreinnahmen infolge der aus den zusätzlichen Beitragszah-
lungen resultierenden höheren Renten gegenüber.

Durch die Änderung der Versicherungspflicht im SGB VI und die Änderungen
im KSVG entsteht für die Bürgerinnen und Bürger einmalig ein Erfüllungsauf-
wand in Höhe von etwa 115.000 Stunden sowie jährlich in Höhe von etwa 7.100
Stunden.

Für die Wirtschaft entsteht durch die Regelungen im SGB III einmaliger Erfül-
lungsaufwand in Höhe von rund 400.000 Euro.

Drucksache 18/10065 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Durch die Änderung der Versicherungspflicht im SGB VI und damit einherge-
hend der Beitragsverfahrensverordnung entsteht einmaliger ein Erfüllungsauf-
wand in Höhe von rund 3,8 Millionen Euro sowie jährlich in Höhe von 460.000
Euro.

Weiterer Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft entsteht nicht.

Die Kompensation des jährlichen Erfüllungsaufwands für die Wirtschaft in Höhe
von 460.000 Euro im Sinne des „One in, one out“-Konzepts der Bundesregierung
soll durch das 6. SGB-IV-Änderungsgesetz erfolgen.

Bürokratiekosten aus Informationspflichten entstehen durch die Pflicht, die Er-
klärung zum Verzicht auf die Versicherungsfreiheit verfügbar zu halten.

Insgesamt dürfte sich durch die Änderungen im SGB VI der Mehraufwand für die
Träger der Rentenversicherung auf einmalig rund 750.000 Euro sowie rund
46 Millionen Euro jährlich belaufen.

Die Regelung zur Weiterbildungsförderung in kleinen und mittleren Unterneh-
men (§ 82 SGB III) verursacht einen geringen einmaligen Erfüllungsaufwand in
den IT-Systemen der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von insgesamt rund 7.000
Euro. Dauerhaft ergibt sich Beratungsbedarf bei Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
nehmern sowie Unternehmen, der zu Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 50.000
Euro je Jahr führt, der innerhalb des Haushalts der Bundesagentur für Arbeit auf-
gefangen wird.

Bei der Künstlersozialkasse (KSK) führen die Neuregelungen im KSVG zu einem
einmaligen geschätzten Erfüllungsaufwand von rund 170.000 Euro. Der laufende
Erfüllungsaufwand hierfür ist aufgrund der geringen Fallzahlen zu vernachlässi-
gen.

Durch die Abschaffung der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitsförderung bei sozial-
versicherungspflichtig Beschäftigten oberhalb der Regelaltersgrenze wird die
Wirtschaft, einschließlich mittelständischer Unternehmen, mittelfristig um bis zu
80 Millionen Euro je Jahr entlastet.

Zu den Buchstaben b bis d

Konkrete Kostenrechnungen wurden nicht angestellt.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/10065
Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9787 unverändert anzunehmen;

b) den Antrag auf Drucksache 18/3312 abzulehnen;

c) den Antrag auf Drucksache 18/5212 abzulehnen;

d) den Antrag auf Drucksache 18/5213 abzulehnen.

Berlin, den 19. Oktober 2016

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Kerstin Griese
Vorsitzende

Peter Weiß
Berichterstatter
Drucksache 18/10065 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
Bericht des Abgeordneten Peter Weiß

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

1. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9787 ist in der 193. Sitzung des Deutschen Bundestages am 29. Septem-
ber 2016 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Haushaltsaus-
schuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Energie, den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft sowie den
Ausschuss für Gesundheit zur Mitberatung überwiesen worden. Der Haushaltsausschuss befasst sich zudem ge-
mäß § 96 GOBT mit der Vorlage.

Der Antrag auf Drucksache 18/3312 ist in der 73. Sitzung des Deutschen Bundestages am 4. Dezember 2014 an
den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur Beratung überwiesen worden.

Der Antrag auf Drucksache 18/5212 ist in der 116. Sitzung des Deutschen Bundestages am 3. Juli 2015 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Ausschuss für Wirtschaft und Ener-
gie, den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie den Ausschuss für Gesundheit zur Mitbera-
tung überwiesen worden.

Der Antrag auf Drucksache 18/5213 ist in der 116. Sitzung des Deutschen Bundestages am 3. Juli 2015 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung sowie an den Innenausschuss sowie den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen worden.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und Energie, der Ausschuss für Ernährung und
Landwirtschaft sowie der Ausschuss für Gesundheit haben den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9787 in ihren
Sitzungen am 19. Oktober 2016 beraten und dem Deutschen Bundestag gleichlautend mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN die Annahme des Gesetzentwurfs in unveränderter Fassung empfohlen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie, der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie
der Ausschuss für Gesundheit haben den Antrag auf Drucksache 18/5212 in ihren Sitzungen am 19. Oktober
2016 beraten und dem Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die
Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ableh-
nung empfohlen.

Der Innenausschuss sowie der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben den Antrag auf
Drucksache 18/5213 in ihren Sitzungen am 19. Oktober 2016 beraten und dem Deutschen Bundestag mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung empfohlen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Mit der zunehmenden Beschäftigung älterer Menschen steige der Bedarf an flexiblen Übergangsmöglichkeiten
vom Erwerbsleben in den Ruhestand, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Wer seine Erwerbstätigkeit
nicht abrupt beenden möchte und daher in Teilzeit arbeite, solle die Möglichkeit haben, das Teilzeitgehalt durch
eine sich flexibel anpassende Teilrente zu ergänzen. Die Flexibilisierung der Teilrente könne ein Schlüssel zu
einer längeren Lebensarbeitszeit sein. Sie könne Menschen dazu anregen, bis zur Regelaltersgrenze in Teilzeit

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/10065
weiter zu arbeiten, statt die Erwerbstätigkeit vollständig einzustellen und eine vorgezogene Altersrente in voller
Höhe zu beziehen. Auch nach Erreichen der Regelaltersgrenze bestehe mitunter das Interesse, die Beschäftigung
fortzusetzen oder eine neue aufzunehmen.

Die bisher geltenden Regelungen unterstützten das flexible Arbeiten im Rentenalter nicht ausreichend. Dies gelte
etwa für die Kombinierbarkeit von Einkommen aus Teilzeitarbeit und vorgezogener Altersteilrente. So könnten
Versicherte heute nur zwischen einer Altersvollrente mit einem Hinzuverdienst von maximal 450 Euro monatlich
einerseits und einer Teilrente in Höhe von zwei Dritteln, der Hälfte oder einem Drittel mit einem höheren Hinzu-
verdienst andererseits wählen. Für jede dieser Teilrenten gelte eine individuelle Hinzuverdienstgrenze. Werde
diese überschritten, so sinke die Rente auf die Höhe derjenigen Teilrente, deren Hinzuverdienstgrenze noch ein-
gehalten werde. Werde die Grenze für die Teilrente in Höhe von einem Drittel überschritten, entfalle der Renten-
anspruch. Dies könne insbesondere in den Fällen, in denen die jeweilige Hinzuverdienstgrenze nur geringfügig
überschritten werde, dazu führen, dass die Rente über den eigentlichen Hinzuverdienst hinaus unverhältnismäßig
stark gekürzt werde. Auch deshalb werde das geltende Teilrentensystem als Hinderungsgrund für praxistaugliche
tarifvertragliche Vereinbarungen für einen gleitenden Übergang aus dem Erwerbsleben in den Ruhestand ange-
sehen.

Nach geltendem Recht bestehe bei Bezug einer vollen Altersrente Versicherungsfreiheit, so dass Rentenversiche-
rungsbeiträge von den Versicherten nicht zu zahlen seien. Der vom Arbeitgeber zur Vermeidung von Wettbe-
werbsverzerrungen am Arbeitsmarkt an die Rentenversicherung zu leistende Beitragsanteil bleibe rentenrechtlich
ohne Auswirkungen. Durch eine Beschäftigung neben einer Altersvollrente - ob vor oder nach Erreichen der
Regelaltersgrenze - lasse sich daher derzeit keine höhere Rente mehr erreichen, um so beispielsweise die Renten-
abschläge abzumildern, die aus einem vorgezogenen Rentenbeginn resultierten.

Auch die Möglichkeit, Abschläge bei vorgezogenen Altersrenten durch frühzeitige Zahlungen auszugleichen, sei
derzeit nicht attraktiv genug gestaltet. So könnten diese Ausgleichszahlungen heute grundsätzlich erst ab dem
55. Lebensjahr erfolgen, mit der Folge, dass dann hohe Summen binnen relativ kurzer Zeit aufzubringen seien.

Zu Buchstabe b

Die Fraktion DIE LINKE. argumentiert, dass die Beschäftigungssituation der Älteren nach wie vor schlecht sei.
Gerade in der Altersübergangsphase weise nach wie vor ein Großteil dieser Beschäftigten keinerlei Erwerbsbe-
teiligung mehr auf. Die Quote der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stürze nach dem 60. Lebensjahr
regelrecht ab. Im Alter von 64 Jahren sei nur noch knapp jeder Zehnte (9,1 %) in einem solchen Beschäftigungs-
verhältnis, knapp ein Drittel davon in Teilzeit. Zum Vergleich: Die Beschäftigungsquote der 55- bis 60-Jährigen
betrage 55 % (Zweiter Bericht der Bundesregierung gemäß § 154 Absatz 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
zur Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre). Entgegen dem allgemeinen Trend habe die Zahl älterer Ar-
beitsloser deutlich zugenommen: Sie sei für die 55 Jahre Alten und Älteren bundesweit von 423.000 im Jahr 2008
auf 571.000 in 2013 angestiegen. Dies habe einem Anteil von 23,2 % an allen Arbeitslosen und einer Zunahme
um 35 % innerhalb von fünf Jahren entsprochen. Auch die Erwerbsminderungsrente (EM-Rente) sei für die meis-
ten gesundheitsgeschädigten älteren Beschäftigten keine Option.

Zu Buchstabe c

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN führt an, dass die Beschäftigungssituation der 60- bis 65-Jährigen sich
in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert habe. Sowohl die Erwerbs- und Erwerbstätigenquote als auch der
Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter hätten sich in diesem Zeitraum verdoppelt. Mittlerweile arbei-
teten 35 Prozent aller 60- bis 65-Jährigen in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Al-
lerdings werde die Arbeitsmarktsituation umso schlechter, je näher das Alter an die 65 rücke. Liege etwa die
Erwerbstätigenquote der 60-Jährigen noch bei fast 72 Prozent, so stünden nur 33 Prozent der 64-Jährigen in Lohn
und Brot. Im Vergleich zu anderen Altersgruppen hinke die Beschäftigungssituation Älterer deutlich hinterher.
Auch bei der Erwerbstätigenquote gebe es eklatante Unterschiede. So erreichten etwa die 35- bis 40-Jährigen
83,5 Prozent, die Älteren aber nur knapp 50 Prozent.

Angesichts dieses Befundes müssten ältere Menschen die Chance bekommen, länger zu arbeiten. Hierzu gehörten
eine ausreichende Finanzierung der betrieblichen Gesundheitsförderung, der beruflichen Rehabilitation ebenso
wie eine Anti-Stress-Verordnung und eine spezielle Arbeitsschutzstrategie gegen psychische Erkrankungen. Dar-

Drucksache 18/10065 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
über hinaus müssten auch die Arbeitgeber mehr in alterns- und altersgerechte Arbeitsplätze, betriebliches Ge-
sundheitsmanagement, die Qualifikation älterer Beschäftigter und den Umbau betrieblicher Abläufe und Struktu-
ren investieren.

Ferner gebe es für viele Bezieherinnen und Bezieher einer teilweisen Erwerbsminderungsrente keinen konkreten
Teilzeitarbeitsplatz. Ohne Beschäftigungsverhältnis erhielten sie ausnahmsweise eine volle Erwerbsminderungs-
rente. Dieser Rechtsanspruch dürfe nicht in Frage gestellt werden. Gleichzeitig sei die hohe Zahl an Arbeitsmarkt-
rentnerinnen und -rentnern aber ein klares Indiz für die schlechte Situation am Teilzeitarbeitsmarkt. Die Integra-
tionsbemühungen für diesen Personenkreis seien ausbaufähig u. v. a. m.

Zu Buchstabe d

Im Zuge einer geänderten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Bestehen eines abhängigen Beschäfti-
gungsverhältnisses mit beitragspflichtigem Arbeitsentgelt bei ehrenamtlichen Bürgermeistern seien die Renten-
versicherungsträger mit Wirkung zum 21.8.2010 dazu übergegangen, den steuerpflichtigen Teil der Aufwands-
entschädigungen für kommunale Ehrenbeamtinnen und Ehrenbeamte, z. B. ehrenamtliche Bürgermeister und
Ortsvorsteher oder Beigeordnete sowie ehrenamtlich in kommunalen Vertretungskörperschaften Tätige, z. B. eh-
renamtliche Gemeinderatsmitglieder, Kreistagsmitglieder, Stadträtinnen und Stadträte und des Weiteren Mitglie-
der der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenälteste, Versichertenberaterinnen und Versichertenberater oder
Vertrauenspersonen der Sozialversicherungsträger (§ 41 SGB IV) als zu berücksichtigenden Hinzuverdienst zu
werten, heißt es in der Antragsbegründung. Nach einer früheren Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger
hätten Aufwandsentschädigungen nur in der Höhe als Hinzuverdienst gegolten, in der sie einen konkreten Ver-
dienstausfall ersetzten.

Die Änderung der Rechtsauffassung habe für den genannten Personenkreis bürgerschaftlich Engagierter teils er-
hebliche Folgen. Soweit der steuerpflichtige Teil der Aufwandsentschädigung die jeweilige Hinzuverdienstgrenze
überschreite, werde die vorgezogene Altersrente bzw. die Erwerbsminderungsrente umgehend in Drittelstufen
gekürzt. Die Rechtsauffassung der Rentenversicherungsträger sei bis heute nicht umgesetzt worden, weil der Ge-
setzgeber bis zum 30.9.2015 eine fünfjährige Übergangsregelung verabschiedet habe, um das Vertrauen des ge-
nannten Personenkreises in die frühere Rechtsauffassung zu schützen.

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/9787 und des
Antrags auf Drucksache 18/5213 in seiner 87. Sitzung am 29. September 2016 aufgenommen und die Durchfüh-
rung einer öffentlichen Anhörung von Sachverständigen beschlossen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung der Anträge auf Drucksachen 18/3312 und 18/5212 in
seiner 50. Sitzung am 30. September 2015 aufgenommen und die Durchführung einer öffentlichen Anhörung von
Sachverständigen beschlossen. Die Anhörung fand in der 89. Sitzung am 17. Oktober 2016 statt.

Die Teilnehmer der Anhörung haben schriftliche Stellungnahmen abgegeben, die in der Ausschussdrucksache
18(11)762 zusammengefasst sind.

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverständige haben an der Anhörung teilgenommen:

Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)

Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)

Bundesagentur für Arbeit

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation e. V. DEGEMED

Deutsche Rentenversicherung Bund

Deutscher Caritasverband e. V.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/10065
Prof. Dr. Eckart Bomsdorf

Alwin Baumann

Dr. Johannes Geyer

Jutta Schmitz

Heinz Landwehr

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert, dass der vorliegende Gesetzentwurf keine nennenswerten
Verbesserungen schaffe, um sozial abgesicherte Übergänge in die Rente zur Regel zu machen. Die Rente mit 67,
das sinkende Rentenniveau und der Reha-Deckel blieben unangetastet. Teile des Pakets zielten ferner darauf ab,
dass „Weiterarbeiten über 67“ hinaus künftig üblich und für die Arbeitgeber attraktiver werde. Es fehle jedoch
weiterhin an wirklichen Angeboten für all jene, die nicht bis 65 oder gar 67 arbeiten könnten – sei es aus gesund-
heitlichen Gründen oder weil sie keinen Arbeitsplatz hätten. In diesem Kontext sei es zu begrüßen, dass die unter
Umständen auftretende Lücke zwischen Ende des Arbeitslosengelds beziehungsweise dem Krankengeld/Kran-
kentagegeld und dem Beginn einer befristeten Erwerbsminderungsrente geschlossen werden solle und die Be-
troffenen in diesen Fällen abgesichert seien und nicht mehr auf die Sozialhilfe verwiesen würden. Hier müsse
aber noch nachjustiert werden, um die Lücke vollständig zu schließen. Der Prüfauftrag für ein Arbeitssicherungs-
geld müsse, wie im Abschlussbericht der Arbeitsgruppe vereinbart, ebenfalls umgesetzt werden.

Die Zwangsverrentung von Menschen im SGB-II-Bezug sei ganz abzuschaffen. Ein Schritt in die richtige Rich-
tung sei die vorgesehene Änderung der Unbilligkeitsverordnung, um diese zumindest einzuschränken. Unbillig
solle eine Zwangsverrentung künftig auch sein, wenn die Rente unterhalb der Grundsicherung liege. Diese Ein-
schränkung solle im Rahmen der „SGB-II-Unbilligkeitsverordnung“ umgesetzt werden, welche das BMAS ge-
mäß § 13 Abs. 2 SGB II autonom ändern könne, weshalb es im vorliegenden Gesetzentwurf nicht enthalten sei.
Wünschenswerterweise solle dies unmittelbar im § 12a SGB II geregelt werden. Zumindest aber müsse die Ein-
schränkung der Zwangsverrentung über die Verordnung zwingend umgesetzt werden. Positiv sei das Ziel der
flexibleren Ausgestaltung der Teilrenten und der erhöhte Hinzuverdienst. Hier bestünden allerdings noch Prob-
leme und Nachbesserungsbedarf. Ebenfalls positiv sei es, die Leistungen zur Teilhabe (Reha) auszubauen und zu
stärken. Dies sei dringend geboten. Ebenso seien die geplanten umfassenderen Renteninformationen zu begrüßen.
Allerdings bedürfe es bezüglich der Leistungen zur Teilhabe wie auch der zusätzlichen Informationen eines deut-
lichen Ausbaus des Beratungsangebots der Rentenversicherung bis hinein in die Betriebe, damit die Versicherten
auch um ihre Rechte und Möglichkeiten wüssten. Dies müsse personell und finanziell entsprechend hinterlegt
werden.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) begrüßt die mit dem „Flexirentengesetz“
verfolgten Ziele, das flexible Arbeiten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zu erleichtern und zu fördern
sowie das Weiterarbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus attraktiver zu machen. Erfreulich sei, dass keine
neuen Frühverrentungsmodelle vorgeschlagen und insbesondere die Forderungen nach neuen Rentenzugängen
schon ab dem 60. Lebensjahr sowie nach Einführung eines „Arbeitssicherungsgeldes“ nicht aufgegriffen würden.
Leider habe jedoch der Mut zu spürbaren Erleichterungen für die Beschäftigung älterer Arbeitnehmer gefehlt.
Hierzu hätten z. B. eine deutlichere Lockerung und Vereinfachung der Hinzuverdienstgrenzen sowie die Beseiti-
gung von arbeitsrechtlichen Hemmnissen bei der erneuten Beschäftigung von ehemaligen Mitarbeitern im Ren-
tenalter gehört. Die geplanten Maßnahmen würden daher nur sehr begrenzte Wirkung auf die Beschäftigung Äl-
terer haben.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) begrüßt die Umsetzung der Vorschläge aus dem Koa-
litionsvertrag. Damit werde eine Beschäftigung bis zur Regelaltersgrenze und ggf. sogar darüber hinaus für Ar-
beitnehmer und Arbeitgeber attraktiver und lohnender. Die geplanten Neuregelungen zur Teilrente führten zu
höheren und flexibleren Hinzuverdienstgrenzen als die gegenwärtigen Teilrentenregelungen. Im Detail rege das
Handwerk Änderungen an, um die Regelungen noch einfacher und praxistauglicher zu gestalten. So solle geprüft
werden, ob der Hinzuverdienstdeckel nicht gestrichen werden könne. Außerdem solle die Variante der Festlegung
einer bestimmten Teilrentenhöhe und Berechnung des jeweiligen Hinzuverdienstes als Regelfall angesehen wer-
den. Auch die vorgesehenen Änderungen bei der Beschäftigung von Regelaltersrentnern, die (befristete) Strei-
chung des arbeitgeberseitigen Arbeitslosenversicherungsbeitrags und die Rentenwirksamkeit der arbeitgebersei-
tigen Rentenbeiträge bei optionaler Beitragsentrichtung durch den Arbeitnehmer seien sinnvoll und reduzierten

Drucksache 18/10065 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
die immer wieder bemängelte Benachteiligung bei Beschäftigung von Regelaltersrentnern. Die Einführung einer
Sonderregelung bei der Förderung von Weiterbildung nach dem SGB III für Betriebe mit weniger als zehn Be-
schäftigten werde ebenfalls begrüßt. Dies dürfte zu einer Steigerung der Weiterbildungsaktivitäten, gerade in
Kleinstbetrieben, beitragen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) begrüßt die geplanten Regelungen zur erweiterten Weiterbildungsförderung
von Beschäftigten in Kleinbetrieben und zur Schließung der Sicherungslücke beim Übergang in eine befristete
Rente wegen voller Erwerbsminderung. Der befristete Wegfall des isolierten Arbeitgeberbeitrags zur Arbeitslo-
senversicherung könne vor dem Hintergrund der Gesetzesintention zur Steigerung der Attraktivität der Beschäf-
tigung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nachvollzogen werden. Die beantragte Wiedereinführung
der Erstattungspflicht in der Arbeitslosenversicherung und der Förderung von Altersteilzeit durch die BA werde
nicht empfohlen.

Die Deutsche Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (DEGEMED) begrüßt ebenfalls das Ziel des Ge-
setzgebers, mit dem Flexirentengesetz (FlexiG) Prävention und Rehabilitation für Arbeitnehmer zu stärken. Prä-
vention und Rehabilitation seien zentrale Instrumente, um Berufstätige länger im Erwerbsleben zu halten und
Erwerbsminderungsrenten zu verhindern. Das Potential von Prävention und Rehabilitation werde aktuell noch
nicht ausreichend ausgeschöpft. Das liege zum Teil daran, dass es bislang noch nicht gelungen sei, eine echte
Präventionskultur in Betrieben und Unternehmen zu entwickeln und die notwendige Sensibilität für den Bedarf
an diesen Leistungen und ihre Möglichkeiten herzustellen. Das FlexiG solle daher zur Entwicklung einer abho-
lenden Präventions- und Rehabilitationsstrategie genutzt werden. Die Träger der Deutschen Rentenversiche-
rung (DRV) sollten künftig auf ihre Versicherten aktiv zugehen und in ihre Rentenauskunft auch Informationen
über individuelle Leistungsansprüche bei Präventions- und Rehabilitationsleistungen aufnehmen. Zu begrüßen
sei, dass Leistungen zur Prävention, Kinder- und Jugendrehabilitation und Nachsorge nun zu Pflichtleistungen
der DRV werden sollten und nicht mehr den bisherigen Ausgabenbegrenzungen in § 31 Abs. 3 SGB VI unterlie-
gen. Die veränderten Regelungen würden dazu beitragen, auf den steigenden Leistungsbedarf flexibler und sach-
gerechter zu reagieren. Die geplante Leistungsausweitung werde zu einer intensiveren Ausnutzung des Reha-
Budgets der DRV führen. Um dieser weiter eine aktive Präventions- und Rehabilitationsstrategie zu ermöglichen,
müsse das Reha-Budget bedarfsgerecht ausgestaltet und die bisherige Regelung einer „Demografiekomponente“
in § 287b SGB VI weiterentwickelt werden. Ungelöst bleibe außerdem das Problem der gleichrangigen Zustän-
digkeit der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der DRV für Leistungen zur medizinischen Reha-
bilitation für Kinder und Jugendliche. Es werde vorgeschlagen, für diese Leistungen die vorrangige Zuständigkeit
der DRV einzuführen.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund unterstützt das Anliegen, den Übergang vom Erwerbsleben in die Ren-
tenphase stärker zu flexibilisieren, um das Rentenversicherungssystem auf die absehbaren Herausforderungen des
demografischen Wandels einzustellen. Die bereits zuvor eingeführte Möglichkeit, Teilrenten in Anspruch zu neh-
men, sei allerdings u. a aufgrund der angespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt sowie alternativer arbeits-
rechtlicher beziehungsweise tarifvertraglicher Instrumente nur von wenigen Rentenbeziehern genutzt worden.
Zwischenzeitlich habe sich zum einen die Lage am Arbeitsmarkt im Sinne einer deutlichen Entspannung merklich
verändert. Zu anderen habe in den letzten Jahren das Ziel des Erhalts der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitneh-
mern als Voraussetzung für einen hohen Beschäftigungsstand an Bedeutung gewonnen. Vor diesem Hintergrund
sei das mit dem von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Flexirentengesetz verfolgte Ziel zu begrüßen, flexibles
Arbeiten bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze bei besserer Gesundheit zu erleichtern und zu fördern sowie
das Weiterarbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus attraktiver zu machen.

Die Rentenversicherungspflicht von berufstätigen Altersvollrentnern vor Erreichen der Regelaltersgrenze, die
Möglichkeit für jenseits der Regelaltersgrenze berufstätige Altersvollrentner, die Arbeitgeberbeiträge zu aktivie-
ren, die Ergänzung der Rentenauskunft um Informationen zu flexiblen Übergängen und die Ausweitung der Mög-
lichkeit, Rentenabschläge auszugleichen, würden dem oben genannten Ziel des Gesetzentwurfs gerecht. In ande-
ren Regelungsbereichen dagegen bestehe Nachbesserungsbedarf. So sei beim neuen Teilrenten- und Hinzuver-
dienstrecht zwar anzuerkennen, dass die auf die Teilrentenstufen des geltenden Rechts zurückgehenden und von
den Betroffenen als ungerecht empfundenen „Stufenabstürze“ und die damit verbundenen Rückforderungen von
Rentenbeträgen in erheblicher Höhe vermieden würden. Erreicht werde dies durch die vorgesehene stufenlose
Anrechnung des die jährliche Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Betrags auf die Rente. Zu kritisieren sei al-
lerdings, dass das neue Recht in der gegenwärtigen Ausgestaltung dazu führen werde, dass bei so gut wie allen

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/10065
Teilrenten nachträgliche Abrechnungen mit Korrekturbescheiden und Rückforderungen oder Nachzahlungen er-
forderlich würden. Grund dafür sei vor allem das Verfahren der sogenannten Spitzabrechnung: Die Einkommen-
sprognose für ein Jahr werde zum jeweils nächsten 1. Juli mit dem tatsächlich erzielten Hinzuverdienst verglichen,
die (Teil-)Rente unter Berücksichtigung des tatsächlichen Hinzuverdienstes nachträglich neu berechnet und ge-
gebenenfalls entstehende Überzahlungen zurückgefordert beziehungsweise zu wenig gezahlte Rente nachgezahlt.
Damit würden in der Praxis bei nahezu allen Teilrenten nachträgliche Korrekturen erforderlich, da es unwahr-
scheinlich sei, dass das prognostizierte Arbeitsentgelt dem tatsächlichen Arbeitsentgelt entspreche. Dieses Ver-
fahren der Spitzabrechnung werde bei den Betroffenen Verunsicherung und Unverständnis auslösen. Angesichts
der regelmäßigen nachträglichen Korrekturen würde bei ihnen der Eindruck entstehen, sie hätten bei der Angabe
ihres Hinzuverdienstes etwas falsch gemacht. Dies sei problematisch, gerade mit Blick auf das Ziel, Menschen
im Alter zur Weiterarbeit zu veranlassen. Viele Korrekturen und die damit verbundenen Rückforderungen bezie-
hungsweise Nachzahlungen bedeuteten erheblichen Aufwand für die Betroffenen und die Verwaltung. Sie seien
zudem hoch streitanfällig u. a. m.

Der Deutsche Caritasverband begrüßt flexiblere Übergänge vom Erwerbsleben in den Ruhestand als wün-
schenswert. Diese entsprächen den Wünschen vieler Arbeitnehmer. Die tatsächlichen Optionen für Flexibilität
würden sich in der Praxis aber schon deshalb unterschiedlich für einzelne Arbeitnehmer gestalten, weil eine Ver-
kürzung der Arbeitszeit in der Regel nur mit Zustimmung des Arbeitsgebers möglich sei. Die Regelung zum
Hinzuverdienst sei für die Versicherten zudem schwer zu durchschauen, da der Hinzuverdienstdeckel individuell
berechnet werden müsse. Die flexiblere Teilrente biete mehr Möglichkeiten, Rente und Erwerbseinkommen zu
kombinieren und ermögliche somit einen flexibleren Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Die Inan-
spruchnahme einer Teilrente berge für Geringverdiener jedoch auch Gefahren. Es stelle sich die Problematik, dass
sie in Zeiten, in denen sie später – z. B. aus gesundheitlichen Gründen – nicht mehr hinzuverdienen könnten,
möglicherweise auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sein würden. Das Instrument gebe andererseits Men-
schen in gesundheitlich belasteten Berufen die Möglichkeiten, Arbeitsbelastungen zu reduzieren und den vorzei-
tigen Gang in die Rente abzufedern. Der Deutsche Caritasverband plädiere vor diesem Hintergrund für eine be-
fristete Einführung des Instruments und eine begleitende Evaluierung, die insbesondere die Wirkung für Gering-
verdiener in den Blick nehme.

Die Hinzuverdienstregelungen würden auf die Erwerbsminderungsrente übertragen. So begrüßenswert dies sei,
bleibe dennoch das eigentliche Problem ungelöst: Viele Menschen seien trotz Erwerbsminderungsrente auf er-
gänzende Grundsicherung im Alter angewiesen, da die Abschläge zu einer erheblichen Senkung des Auszahlbe-
trags führten. Die Caritas setze sich für eine Senkung bzw. Abschaffung der Abschläge ein, da kranke Menschen
im Unterschied zu freiwillig in Rente gehenden Personen keine Optionen hätten. Eine angemessene medizinische
Begutachtung müsse sicherstellen, dass das System der Erwerbsminderung nur den Menschen zu Gute komme,
die aus gesundheitlichen Gründen wirklich zum Ausscheiden aus dem Arbeitsleben gezwungen seien. Eine wei-
tere Reformoption wäre auch die Anhebung der Zurechnungszeiten auf das 64. Lebensjahr u. a. m.

Der Sachverständige Prof. Dr. Eckart Bomsdorf stellt fest, dass die mit dem Gesetzentwurf verfolgten Ziele
einer größeren Attraktivität der Teilhabe am Erwerbsleben bei gleichzeitigem Bezug einer (Teil-)Rente prinzipiell
erreicht würden. Ebenso werde die Verstärkung der Prävention und Rehabilitation als Voraussetzung der längeren
Mitwirkung am Arbeitsleben umgesetzt. Bzgl. des Hinzuverdienstes bei Rentenbezug vor Erreichen der Regelal-
tersgrenze werde in dieser Stellungnahme auf folgende Änderungs- bzw. Ergänzungsvorschläge verwiesen: Die
Hinzuverdienstgrenze solle dynamisiert und eventuell anders festgesetzt werden. Der im Gesetzentwurf vorgese-
hene, kompliziert zu berechnende und nicht zieladäquate Hinzuverdienstdeckel solle gestrichen werden. Dies
würde praktisch dazu führen, dass ein individueller Deckel, der sich in seiner Höhe als Summe aus der Hinzuver-
dienstgrenze und dem Zweieinhalbfachen der jeweiligen Vollrente bestimme, automatisch wirke. Es solle also
keineswegs auf einen Hinzuverdienstdeckel verzichtet werden. Die 10-%-Regelung für die Mindesthöhe der Teil-
rente bei fester Wahl des Prozentsatzes einer Teilrente solle auch für die mithilfe eines Hinzuverdienstes be-
stimmte Teilrente gelten.

Der Sachverständige Alwin Baumann begrüßt ausdrücklich die Ausführungen zur Kinder- und Jugendrehabili-
tation im Rahmen der Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Flexirentengesetz. Damit werde das Enga-
gement der Deutschen Rentenversicherung für chronisch kranke Kinder und Jugendliche auch gesetzlich festge-
schrieben. Durch die Regelungen würden die Leistungen zur Kinder- und Jugendrehabilitation transparenter. Da-
mit könne der trotz steigendem Bedarf zu verzeichnende Rückgang der Anträge aufgehalten werden. Die Ausge-
staltung der Leistungen zur Kinder- und Jugendrehabilitation als Pflichtleistung und als eigenständige Regelung

Drucksache 18/10065 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
sei notwendig, um für die Betroffenen, die Fach- und allgemeine Öffentlichkeit klarzustellen, dass das Ziel der
Deutschen Rentenversicherung, die spätere Erwerbsfähigkeit zu ermöglichen, auch für chronisch kranke Kinder
und Jugendliche gelte. Hier gehe es um den Bezug auf die Teilhabe an Schule und Ausbildung. Dieser Bezug
sollte in § 15a ausdrücklich erwähnt werden.

Der Sachverständige Dr. Johannes Geyer folgert, dass die bestehende Form der Teilrente so wenig genutzt
worden sei, dass geringe Änderungen in den bestehenden Regelungen wohl weitgehend folgenlos bleiben würden.
Im Hinblick auf die Auswirkungen deutlicher Veränderungen auf die Inanspruchnahme der Teilrente könnten
plausible Erwartungen formuliert werden. Man könne davon ausgehen, dass der neue stufenlose Anrechnungstarif
für Anspruchsberechtigte an den Hinzuverdienstgrenzen eine Verbesserung bedeute, da größere Rentenkürzungen
vermieden werden könnten, wenn die Hinzuverdienstgrenze nur geringfügig überschritten werde. Auch die Un-
sicherheit bezüglich eines Einkommensverlustes durch Rentenentzug werde verringert und damit die Entschei-
dung zur Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit erleichtert. Das Verfahren zur Berechnung des
Hinzuverdienstdeckels bleibe jedoch kompliziert, was auch für das Verfahren zur Berechnung der Rente anhand
einer jährlichen Einkommensprognose mit „Spitzabrechnung“ gelte. Insgesamt müsse es als offen gelten, ob das
neue Modell häufiger genutzt werden würde. Demgegenüber bliebe eine geringfügige Beschäftigung weiterhin
relativ attraktiv.

Da noch keine belastbaren Studien über die fehlende Inanspruchnahme der Teilrente vorlägen, sei offen, welchen
Bedarf sie überhaupt und unter welchen Voraussetzungen sie diesen vermehrt decken könnte. So reiche allein der
Bedarf von Beschäftigten nach einer Arbeitsreduktion nicht aus; sie müssten auch die Möglichkeit dazu haben
und sich die damit verbundenen Rentenabschläge leisten können. Zudem hätten sie eventuell Zugang zu attrakti-
veren Übergangsmodellen. Im Unterschied zur Teilrente sei die Altersteilzeit deutlich häufiger zu beobachten.
Daneben existierten auf betrieblicher Ebene weitere Instrumente, die Beschäftigte für einen gleitenden Übergang
nutzen könnten. Dies gelte insbesondere für den öffentlichen Dienst und größere Unternehmen. Diese Varianten
des gleitenden Übergangs setzten oft früher an als die Teilrente und eröffneten Beschäftigten schon deswegen
mehr Gestaltungsmöglichkeiten für ihren Altersübergang u. a. m.

Die Sachverständige Jutta Schmitz verweist darauf, dass in der wissenschaftlichen Diskussion stets darauf hin-
gewiesen werde, dass der Rentenübergang in den seltensten Fällen direkt aus Erwerbstätigkeit erfolge, sondern in
die beiden Ereignisse ‚Arbeitsmarktaustritt‘ und ‚Renteneintritt‘ zerfalle. Obwohl die Erwerbsbeteiligung Älterer
insgesamt gestiegen sei, habe der Anteil von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die unmittelbar aus (lang-
jähriger) Beschäftigung in die Rente gingen, im Zeitverlauf abgenommen. Gewachsen sei die Gruppe der Perso-
nen, die vor dem Rentenbeginn arbeitslos oder in der Freistellungsphase der Altersteilzeit gewesen seien. Die
reine Betrachtung der Durchschnittwerte von Altersgruppen, wie sie die Bundesregierung in der Problemstellung
des Flexirentengesetzes vornehme, verwässere diesen Befund. Der steigenden Erwerbstätigkeit der Älteren ins-
gesamt stehe eine nach wie vor unzureichende und teilweise sinkende Erwerbsbeteiligung der rentennahen Jahr-
gänge gegenüber. Insgesamt beschränkten sich die im vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenden Maßnahmen zur
Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand im Wesentlichen auf die Neufassung der
Teilrente sowie Anreizregelungen zur Erwerbstätigkeit im Rentenalter. Die Bundesregierung lege damit einen
wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung des Altersübergangs vor. Vor dem Hintergrund der gravierenden Prob-
lematik könnten die Regelungen allerdings nur den Auftakt einer dringend zu vertiefenden Rentendebatte darstel-
len, und keineswegs alle Problemlagen des Altersübergangs lösen u. a. m.

Der Sachverständige Heinz Landwehr verweist darauf, dass die Stiftung Warentest in der mit dem Gesetzent-
wurf verfolgten Änderung der Hinzuverdienstregelung für Altersteilrenten einen positiven Schritt sehe. Sie bringe
Teilrentnern mehr Planungssicherung und schütze sie besser vor Überraschungen. Bisher könnten geringfügige
Überschreitungen von Hinzuverdienstgrenzen eine erhebliche Reduzierung der Rente bedeuten. Das wäre in Zu-
kunft ausgeschlossen. Dennoch stünden Versicherte bzw. Teilrentner auch in Zukunft vor dem Problem, dass sie
in der Übergangsphase von einem früheren Renteneintritt bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Hinzuver-
dienstgrenzen sowie neuerdings einen Hinzuverdienstdeckel beachten müssten, während sie später nach Erreichen
der Regelaltersgrenze unbegrenzt hinzuverdienen könnten. Zudem sei nach dem Gesetzentwurf für die Festlegung
der Teilrente der voraussichtliche kalenderjährliche Hinzuverdienst zu berücksichtigen. Der konkrete Hinzuver-
dienst stehe aber erst zu Beginn des Folgejahres fest. Das habe zur Folge, dass bei einer Änderung des Hinzuver-
diensts Rentenbescheide aufgehoben würden und Rentner erhaltene Leistungen gegebenenfalls zurückzahlen
müssten. Diese Regelung sei aus Sicht der Versicherten bzw. Teilrentner nachteilig und wenig transparent.

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/10065
Zusammenfassend zeige die Betrachtung, dass die Flexirente nach dem jetzigen Gesetzentwurf für Versicherte
bzw. Teilrentner mit durchschnittlicher oder niedriger Altersvollrente größere Spielräume für den Hinzuverdienst
bringen werde. Bei höheren Altersvollrenten könnten sich je nach Höhe des Hinzuverdiensts deutliche Nachteile
ergeben. Der Nachteil beträfe sowohl bestehende Rentenleistungen als auch geplante Altersrenten. Diese Nach-
teile sollten mit der in § 302 Absatz 6 SGB VI im Entwurf vorgesehen Bestandsschutzregelung vermieden wer-
den. Auch wenn sie insgesamt nur wenige Einzelfälle betreffen dürften, wäre es aus Sicht der betroffenen Versi-
cherten zu begrüßen, sie zeitlich auszuweiten. Jetzt würden nur diejenigen davon profitieren, die zum geplanten
Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Regelung, dem 1. Juli 2017, bereits eine Teilrente bezögen. Das erscheine für
die Planung eines flexiblen Übergangs recht eng.

Weitere Einzelheiten der Stellungnahmen sind den Materialzusammenstellungen sowie den Protokollen der An-
hörungen zu entnehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Gesetzentwurf auf Drucksache 18/9787 sowie die Anträge auf
Drucksachen 18/3312, 18/5212 und 18/5213 in seiner 90. Sitzung am 19. Oktober 2016 abschließend beraten. Der
Ausschuss für Arbeit und Soziales hat dem Deutschen Bundestag dabei mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 18/9787 in unveränderter Fassung empfohlen.

Beim Antrag auf Drucksache 18/3312 hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales die Ablehnung mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. empfohlen.

Beim Antrag auf Drucksache 18/5212 hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales die Ablehnung mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen.

Beim Antrag auf Drucksache 18/5213 hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales die Ablehnung mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU begrüßte das Gesetz als sehr gelungen. So lasse sich der Übergang von Arbeit in
den Ruhestand fließender und individueller gestalten. Der Übergang in den Ruhestand und in längeres Arbeiten
werde vor allem mit der Teilrente attraktiver gestaltbar. Viele Rentner würden aus unterschiedlichen Gründen
gern länger arbeiten, einfach aus Freude an ihrer Arbeit oder an den damit verbundenen sozialen Kontakten. Dazu
verfügten sie oft auch über die notwendige geistige und körperliche Fitness. Dem müsse die Politik entsprechen.
Auch die Gesundheitsprävention sei ein wichtiger Baustein des neuen Gesetzes und bringe wesentliche Fort-
schritte.

Die Fraktion der SPD hob hervor, dass das Gesetz vor allem Prävention und Rehabilitation stärke. Es sei ein
Meilenstein besonders bei der Rehabilitation für Kinder und Jugendliche. Die ambulante Kinder-Rehabilitation
werde gestärkt und das familiäre Umfeld der Kinder künftig einbezogen. Prävention und Nachsorge würden künf-
tig zu Pflichtleistungen. Das sei ein großer Fortschritt. Ein neuer, niedrigschwelliger Zugangsweg werde durch
den verbindlichen Gesundheitscheck geschaffen. Das im Sozialrecht verankerte Wunsch- und Wahlrecht gelte
selbstverständlich auch für die neu geschaffenen Teilhabeleistungen im Bereich der Prävention, Nachsorge und
Kinderrehabilitation. Die SPD-Fraktion setze sich dafür ein, dass die Regelungen zum Rentenzugang stärker als
bisher an den Bedürfnissen der Bürger und Bürgerinnen orientiert würden. Das sei Aufgabe der Politik. Künftig
würden zudem die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Rentner wesentlich transparenter gestaltet als bisher. Auch
die stufenlose Regelung bei den Teilrenten sei ein Fortschritt. Mehr Sicherheit und Übersichtlichkeit bei den
Zuverdienstmöglichkeiten würden die Entscheidung für eine Teilrente für viele erleichtern.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte den Gesetzentwurf als vertane Chance, künftig mehr Menschen gesund in
Rente gehen lassen. Die Regelaltersgrenze von 67 Jahren sei viel zu hoch. Insbesondere breche der Gesetzentwurf
mit der Trennung von Erwerbsleben und Ruhestand. Es fördere arbeitende Rentner. Der Ruhestand ohne beglei-
tende Erwerbstätigkeit drohe damit mittelfristig in Misskredit zu geraten. Es erhöhe sich noch stärker der Druck,

Drucksache 18/10065 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode
das sinkende Rentenniveau durch zusätzliche Arbeit und Einsparungen zu kompensieren. Dagegen biete das Ge-
setz nichts gegen die wachsenden Probleme beim Übergang vom Erwerbsleben in die Rente – beispielsweise bei
Arbeitslosigkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze. Das programmiere Altersarmut. Anderen Änderungen
stimme die Fraktion zu, etwa dass Arbeitgeber für Erwerbsarbeit neben der Rente Beiträge zur Rentenversiche-
rung zahlen müssten. Auch die Regelungen zu Prävention und Rehabilitation seien gut. Daher werde die Fraktion
den Gesetzentwurf nicht ablehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, sie trete ebenfalls für flexiblere Übergänge in die Rente
ein. Der Gesetzentwurf berücksichtige allerdings für gesundheitlich beeinträchtigte Personen in keiner Weise
Möglichkeiten durch eine Reduktion der Arbeitszeit dem Erwerbsleben erhalten zu bleiben. Für diesen Personen-
kreis bedürfe es Regelungen für einen angemessenen Ausgleich der Abschläge auf eine Teilrente. Das sei ein
Fehler; denn hier lägen die Probleme vieler Menschen, die die Regelaltersgrenze in Arbeit erreichen wollten.
Bisher klaffe für viele Menschen eine Lücke zwischen Erwerbsaustritt und Renteneintritt, etwa bei späterer Ar-
beitslosigkeit. Auf der anderen Seite erkenne die Fraktion die Verbesserungen bei Rehabilitation und Prävention
durch den Gesetzentwurf an. Daher werde man diesen nicht ablehnen.

Berlin, den 19. Oktober 2016

Peter Weiß
Berichterstatter

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