BT-Drucksache 17/9998

zu dem Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Paul Schäfer (Köln), Harald Koch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/7504 - Konversion von Bundeswehrstandorten als Entwicklungschance für Kommunen

Vom 13. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9998
17. Wahlperiode 13. 06. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Inge Höger, Paul Schäfer (Köln), Harald Koch,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/7504 –

Konversion von Bundeswehrstandorten als Entwicklungschance für Kommunen

A. Problem

Auf dem Weg zur Neuausrichtung der Bundeswehr hat der Bundesminister der
Verteidigung am 26. Oktober 2011 ein neues Stationierungskonzept 2011 vorge-
legt. Es legt fest, wo und in welchem Umfang die Bundeswehr in Deutschland
künftig Standorte unterhalten wird. Aufgrund des vorliegenden Stationierungs-
konzepts werden 31 Standorte geschlossen. Darüber hinaus werden 91 Standorte
signifikant reduziert. Die Antragsteller verweisen darauf, dass betroffene Kom-
munen insbesondere in strukturschwachen Regionen vor gewaltige Heraus-
forderungen gestellt werden. Die Chance, die eine Liegenschaftskonversion be-
deuten könne, werde noch immer zu selten wahrgenommen.

B. Lösung

Die Fraktion DIE LINKE. verweist auf die Verantwortung der Bundesregierung,
den Prozess sozialverträglich und im Sinne einer wirtschaftlich nachhaltigen re-
gionalen Entwicklung zu gestalten. Bund und Länder seien in der Pflicht, durch
finanzielle Hilfen sicherzustellen, dass die Kommunen nicht allein gelassen
werden. Gefordert werden deshalb insbesondere ein zwischen Bund und Län-
dern abgestimmtes Konversionsprogramm und ausreichende finanzielle Unter-
stützung dafür.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

Drucksache 17/9998 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben ihre Alternativen
in Form eigener Anträge (Drucksachen 17/9060 und 17/9405) vorgelegt, die der
Deutsche Bundestag zur Mitberatung an den Verteidigungsausschuss überwie-
sen hat.

D. Kosten

Wurden nicht beziffert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9998

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/7504 abzulehnen.

Berlin, den 13. Juni 2012

Der Verteidigungsausschuss

Dr. h. c. Susanne Kastner
Vorsitzende

Anita Schäfer (Saalstadt)
Berichterstatterin

Michael Groschek
Berichterstatter

Joachim Spatz
Berichterstatter

Inge Höger
Berichterstatterin

Omid Nouripour
Berichterstatter

Drucksache 17/9998 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Anita Schäfer (Saalstadt), Michael Groschek, Joachim
Spatz, Inge Höger und Omid Nouripour

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/7504 in seiner 139. Sitzung am 10. November 2011 bera-
ten und zur federführenden Beratung an den Verteidigungs-
ausschuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss,
den Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für
Arbeit und Soziales, den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit sowie den Ausschuss für Tou-
rismus überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller verweisen auf die Erfahrungen mit Stand-
ortschließungen in den vergangenen 20 Jahren, nach denen
mit einem langfristig angelegten und finanziell abgesicher-
ten Konversionsprogramm neue soziale und ökologische
Perspektiven für die Kommunen entstehen können. Im
Rahmen eines zwischen Bund und Ländern abgestimmten
Konversionsprogramms sollen die Kommunen deshalb den
ersten Zugriff auf die zu verwertenden Liegenschaften in
ihrem Territorium erhalten. Eine Bundesbeauftragte oder ein
Bundesbeauftragter für Konversion soll eine entsprechende
interministerielle Arbeitsgruppe koordinieren. Die Kon-
versionsprozesse sollen wissenschaftlich begleitet werden.
Neben der ausreichenden finanziellen Unterstützung durch
die Bundesregierung soll diese sich auch bei der Europä-
ischen Union für konversionsspezifische Fördermittel sowie
Instrumente und Fonds für Strukturhilfe einsetzen. Außer-
dem sollen die kommunale und regionale Gestaltungshoheit
bei der Umsetzung von Konversionsmaßnahmen gestärkt
und die Bevölkerung sowie andere relevante Akteure part-
nerschaftlich beteiligt werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss hat in seiner 75. Sitzung am 23. Mai
2012 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfoh-
len.

Der Finanzausschuss hat in seiner 90. Sitzung am 13. Juni
2012 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfoh-
len.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 81. Sitzung am 8. Fe-
bruar 2012 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion der
SPD die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in
seiner 72. Sitzung am 13. Juni 2012 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE

GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die
Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
106. Sitzung am 13. Juni 2012 mit den Stimmen der Frak-
tionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die
Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat in seiner 75. Sitzung am 13. Juni 2012 mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung des Antrags empfohlen.

Der Ausschuss für Tourismus hat in seiner 59. Sitzung am
13. Juni 2012 mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung des An-
trags empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Verteidigungsausschuss hat seine Beratungen in seiner
120. Sitzung am 13. Juni 2012 aufgenommen und abge-
schlossen. Als Ergebnis empfiehlt er mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die
Ablehnung des Antrags.

Im Verlauf der Ausschussberatungen verwiesen die Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP darauf, dass man stets über
Parteigrenzen hinweg bemüht gewesen sei, Konversionsfol-
gen für die Kommunen erträglich zu gestalten. So sei 1993
der Anteil der Länder am Umsatzsteueraufkommen zur Lin-
derung der mit dem Truppenabbau nach dem Kalten Krieg
verbundenen Lasten von 35 auf 37 Prozent angehoben wor-
den. Die Mehreinnahmen der Länder hierdurch seien 1995
durch die Mehrwertsteuererhöhung von 14 auf 15 Prozent
noch einmal gestiegen. Im Vergleich zu den Bundeswehrre-
formen von 2001 und 2004 sei die jetzige Schließung von
32 Standorten zudem ein eher kleinerer Schritt. Zu den auch
für die Konversion nutzbaren Förderprogrammen gehörten
die Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der
regionalen Wirtschaftsstruktur, der Europäische Fonds für
regionale Entwicklung und der Europäische Sozialfonds.
Zudem stehe das Städtebau-Förderprogramm zur Verfügung,
das für die kritischen Jahre bis 2016 auch aufgestockt werde.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) betei-
lige sich finanziell an städteplanerischen Voruntersuchungen
bis hin zur Bauleitplanung sowie einzelnen Standortentwick-
lungsmaßnahmen. Nach Beschluss des Haushaltsausschus-
ses vom 21. März 2012 erhielten die Kommunen eine Erst-
zugriffsoption zum Verkehrswert der Liegenschaften ohne
Bieterverfahren. Damit sei der Großteil der Forderungen im
Rahmen des finanzielle Machbaren bereits erfüllt. Im Übri-
gen hätten die Kommunen mit ihrer Planungshoheit auch er-
hebliche Preisgestaltungsmöglichkeiten.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9998

Die Fraktion der SPD erwiderte, einige Punkte seien noch
nicht hinreichend für die Kommunen geklärt. Dies gelte für
die Frage der Altlastenbeseitigung, aber auch für die Frage
der Programmausstattung. Der hier gegebene Hinweis auf
die Programmausstattung sei schließlich nur ein Notbehelf
gewesen, nachdem die Programme zuvor erheblich gekürzt
worden seien. Die Fördermöglichkeiten für die Kommunen
seien keinesfalls hinreichend. Deshalb blieben die Forderun-
gen weiterhin aktuell.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies auf die Stellungnahme
des Städte- und Gemeindebunds von Februar 2012, in der
neben der Planungssicherheit hinsichtlich der Kosten der
Liegenschaften auch gefordert werde, dass die Liegenschaf-
ten frei von Altlasten übergeben werden sollten. Besonders
kritisiert werde dort auch der gesetzlich festgeschriebene
Vermarktungsansatz der BImA. Gerade dies sei u. a. Anlass
für die eingebrachten Forderungen gewesen, aber den Kom-
munen müsse auch ein Konversionsfonds mit Mitteln aus
dem Verteidigungshaushalt zur Seite gestellt werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellte fest, mit
der Arbeit der BImA sei kaum jemand zufrieden. Deshalb
müsse das BImA geändert werden und bei der Konversion
künftig die Bürgerbeteiligung an erster Stelle stehen. Wich-
tig sei zudem eine frühe Einbindung der Kommunen. Der
Wehretat sei im Übrigen nicht für die Konversion da, und die
von der Fraktion DIE LINKE. geforderten Förderpro-
gramme trügen nicht zur Übersichtlichkeit der vorhandenen
Instrumente bei.

Berlin, den 13. Juni 2012

Anita Schäfer (Saalstadt)
Berichterstatterin

Michael Groschek
Berichterstatter

Joachim Spatz
Berichterstatter

Inge Höger
Berichterstatterin

Omid Nouripour
Berichterstatter

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