BT-Drucksache 17/9997

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs des Bundesrates - Drucksachen 17/1221, 17/9841 - Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs

Vom 12. Juni 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9997
17. Wahlperiode 12. 06. 2012

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Caren Marks, Petra Crone, Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Christel Humme, Ute Kumpf, Franz Müntefering, Aydan Özog˘uz, Thomas
Oppermann, Sönke Rix, Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Stefan Schwartze,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs des Bundesrates
– Drucksachen 17/1221, 17/9841 –

Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die neue Rechtssituation zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs zwei
Jahre nach Inkrafttreten zu evaluieren und die Ergebnisse in einem Bericht
der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag vorzulegen, wobei bereits
nach einem Jahr nach Inkrafttreten der Änderungen die ersten Erfahrungen in
der Umsetzung der neuen Berechnungsgrundlagen in einem Zwischenbericht
der Bundesregierung gegenüber dem Parlament zu berichten sind.

Für die Evaluation sollen u. a. folgende Fragestellungen leitend sein:

– Hat die Neuregelung zu der angestrebten Verwaltungsvereinfachung ge-
führt, und woran lässt sich diese festmachen?

– Welche Bearbeitungsdauer von Elterngeldanträgen lag vor Inkrafttreten
des Gesetzes und welche liegt durchschnittlich danach vor (getrennt nach
abhängig Beschäftigten und Selbstständigen)?

– Hat sich diese durch die Reform messbar verkürzt, und wenn ja, wie?

– Welche Erfahrungen haben die Verwaltungen mit den veränderten Berech-
nungsgrundlagen in der Zeit gesammelt (gibt es weniger Klärungserfor-
dernisse durch Nachfragen, konnte die Bearbeitungsdauer der Anträge
speziell bei Selbstständigen verkürzt werden u. a.)?

– Haben die veränderten Berechnungsgrundlagen zu vermehrten Nachfra-

gen der Elterngeldberechtigten geführt?

– Gibt es für die Verwaltung erkennbar benachteiligte Gruppen von Eltern-
geldbezieherinnen und -beziehern durch die Vereinfachung des Eltern-
geldvollzugs (in Bezug auf die Höhe des Elterngeldes), und wenn ja,
welche sind dies?

Drucksache 17/9997 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

– Hat sich die Inanspruchnahme des Elterngeldes durch die veränderten Be-
rechnungsgrundlagen geändert (zum Beispiel bezogen auf die Dauer der
Inanspruchnahme von Müttern und Vätern durch ein ggf. bei ihnen ge-
ringeres Elterngeld, einen Anstieg der Teilzeiterwerbstätigkeit während
des Elterngeldbezugs u. a. m.)?

– Welche Auswirkungen hat die Neuregelung auf die Kosten des Eltern-
geldes im Bundeshaushalt?;

2. umgehend eine Lösung für Elterngeldberechtigte vorzulegen, die aufgrund
eigener Behinderung oder aufgrund einer Behinderung des Kindes durch die
vorgesehene Neuregelung des Elterngeldvollzugs schlechter gestellt werden;

3. eine erneute Reform des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes unter
anderem dazu zu nutzen,

a) die Anrechnungsfreiheit des Elterngeldes auf Leistungen nach dem Zweiten
und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und nach § 6a des Bundeskinder-
geldgesetzes (Kinderzuschlag) wieder herzustellen,

b) den doppelten Anspruchsverbrauch zu beseitigen,

c) eine Weiterentwicklung mit dem Ziel der Stärkung einer partnerschaft-
lichen Teilung von Erziehungs- und Erwerbsarbeit vorzulegen.

Berlin, den 12. Juni 2012

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

Begründung

Der vorliegende Gesetzentwurf zielt auf eine erhebliche Vereinfachung des
Elterngeldvollzugs. Dies soll unter anderem damit erreicht werden, dass Pau-
schalierungen der Abzüge bei der Elterngeldberechnung erfolgen und steuer-
liche Freibeträge entfallen. Der Charakter des Elterngeldes als Lohnersatzleis-
tung soll dabei gewahrt werden.

Um also den Vollzug des Elterngeldes zu vereinfachen, hat sich der Bundesrat
für eine Orientierung am Einkommensteuerrecht entschieden. Die Übernahme
des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs birgt indes eine Fülle von Pro-
blemen.

Ob mit diesen Regelungen das Ziel der Verwaltungsvereinfachung jedoch wirk-
lich erreicht wird und damit eine elternfreundliche Verwaltung und auch schnel-
lere Bearbeitung für alle Elterngeldbezieherinnen und -bezieher messbar erfolgt,
soll entsprechend evaluiert werden, zumal bisher keine verlässlichen Daten etwa
über die Bearbeitungsdauer von Elterngeldanträgen vorliegen.

Auch bleibt sorgsam zu prüfen, ob die erstrebte Verwaltungsvereinfachung nicht
auf Kosten bestimmter Gruppen von Elterngelberechtigten erfolgt und damit zu
einer nicht vertretbaren Ungleichbehandlung von Elterngeldberechtigten und
anderen Familien kommt, die nach wie vor die im Steuerrecht verankerten
Regelungen in Anspruch nehmen können.

Zu der Gruppe der durch den Elterngeldvollzug nun schlechter gestellten Eltern-
geldberechtigten scheint bereits jetzt erkennbar die Gruppe von Eltern zu zählen,
die aufgrund eigener Behinderung oder aufgrund eines Kindes mit Behinderung

nicht mehr die Möglichkeit erhalten, entsprechende Freibeträge eintragen lassen
zu können, um so entsprechende Mehrbelastungen abzufangen. Dies führt im

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9997

Ergebnis zu geringeren Elterngeldbeträgen. Diese Folge ist von den Sachver-
ständigen in der Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend des Deutschen Bundestages entsprechend kritisch bewertet worden und
es ist eine Lösung – gegebenenfalls außerhalb dieses Gesetzes mit Hilfe eines
Pauschbetrages – eingefordert worden.

Ob eine Lösung allerdings in einer Ausnahme lediglich für diese Gruppe der
Elterngeldberechtigten sinnvoll und ausreichend ist und nicht auch andere Fa-
miliensituationen dann in den Blick genommen werden müssen, auch dafür
sollte die Evaluation die notwendigen Hinweise liefern können. Sofern gesetz-
licher Handlungsbedarf ersichtlich wird, ist die Bundesregierung aufgefordert,
dies entsprechend zügig umzusetzen.

Inzwischen liegen der Bundesregierung mehrere Berichte und Auswertungen
über die Inanspruchnahme, die Wirkungen und den Reformbedarf des im Jahr
2007 eingeführten Elterngeldes vor bzw. hat sie diese selbst kommuniziert. Um
so verwunderlicher erscheint es, dass dieser Gesetzentwurf nicht dazu genutzt
wurde, entsprechende Rechtsänderungen vorzunehmen. Eine Weiterentwick-
lung des Elterngeldes erscheint in Anbetracht der Fülle von Erkenntnissen und
guten Vorschlägen zwingend und die Bundesregierung muss umgehend handeln.

Dazu hätten auch die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP in ihrem
zum Gesetzentwurf vorgelegten Änderungsantrag entsprechend ihren Verein-
barungen im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP zum Elterngeld
einen sinnvollen Beitrag leisten können.

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